Muskelschmerzen: Ursachen und Hilfe bei Myalgien
Zu intensiver Sport wird am nächsten Tag oft mit einem Muskelkater quittiert. Doch hinter Muskelschmerzen am Bein, Oberarm, im Oberschenkel oder sogar am ganzen Körper können auch andere Ursachen stecken: Ernste Krankheiten wie Muskelschwund oder Parkinson melden sich mit dem Symptom Muskelschmerzen. Wann ärztliche Hilfe suchen?
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Wer zu lange in einer verkrampften Haltung vor dem Computer sitzt oder dauerhaft gestresst ist, spürt häufig unangenehme Muskelschmerzen. Treten Schmerzen oder Krämpfe direkt nach intensivem Sport auf und bessern sich nach einigen Tagen wieder, besteht kein Grund zur Sorge. Muskelschmerzen sind außerdem häufige Begleiter von Infektionskrankheiten, wie zum Beispiel Corona, Grippe oder Erkältung. Wenn hinter den Schmerzen Verletzungen oder ernsthafte Erkrankungen stecken, ist Vorsicht geboten.
Artikelinhalte im Überblick:
Akut oder chronisch: Die Einteilung bei Muskelschmerzen
Medizinisch werden Muskelschmerzen ganz allgemein als Myalgie bezeichnet (griechisch: myos = Muskel, algos = Schmerz). Sie sind meist nur ein Symptom, das in Verbindung mit verschiedenen Ursachen und Erkrankungen auftritt. Myalgien lassen sich auf vielen verschiedenen Ebenen einteilen: Sie können akut – zum Beispiel beim Sport – oder chronisch auftreten. Chronische Muskelschmerzen werden zu einer eigenständigen Erkrankung. Das ist etwa bei länger andauernden Fehlhaltungen der Fall. Außerdem werden Myalgien hinsichtlich ihres Schmerzcharakters in stechend, ziehend oder brennend unterschieden. Auch Intensität und Dauer des Schmerzes lassen sich näher bestimmen.
Muskelschmerzen: Lokal oder überall?
Am häufigsten entstehen Schmerzen als Folge von Muskelverspannungen. Sie sind auf bestimmte Körperstellen beziehungsweise Muskeln oder Muskelgruppen begrenzt. Wie auch die verletzungsbedingt schmerzende Muskulatur zählt man sie zu den lokalisierten Muskelschmerzen. Meist sind Über- oder Fehlbelastungen schuld – etwa aufgrund falscher Sitzhaltungen, Stress oder monotone Bewegungen, zum Beispiel beim Autofahren oder Arbeiten am Computer (sogenannter Mausarm).
Teile der Muskulatur kontrahieren sich verstärkt und bleiben angespannt. Die verhärteten Stellen sind manchmal als kleine Knötchen tastbar. Mediziner sprechen bei diesem durch Muskelverspannungen ausgelösten Krankheitsbild auch vom myofaszialen Schmerzsyndrom. Im Volksmund sind jedoch "Muskelverspannung" oder "Muskelverhärtung" die gängigen Bezeichnungen.
Sind die Schmerzen nicht auf einzelne Muskeln oder Körperpartien begrenzt, sondern betreffen den gesamten Körper, sprechen Experten von generalisierten Muskelschmerzen.
Von Infektionen bis Tumoren: Ursachen der Myalgie
Auf den ersten Blick ist es nicht leicht, die Gründe für Muskelschmerzen zu erkennen. Besonders häufige, aber weniger bedenkliche Ursachen sind:
Muskelverspannungen und -verhärtungen, zum Beispiel durch Bewegungsmangel oder Fehlhaltungen bei langem Sitzen. Oft sind der Nacken, Rücken oder die Schultern betroffen.
Muskelkater nach intensiver sportlicher Betätigung, Überbeanspruchung/Überlastung, langer Trainingspause oder ungewohnten Bewegungen
Muskelkrämpfe (oft Wadenkrämpfe) aufgrund von Magnesiummangel oder nach starker körperlicher Belastung. Muskelkrämpfe dauern in der Regel nur wenige Sekunden bis Minuten an.
Muskelverletzungen wie Muskelriss, Muskelfaserriss, Muskelprellungen oder Muskelzerrungen
Muskelentzündungen und Erkrankungen der Muskulatur
Muskelentzündungen können Muskelschmerzen hervorrufen. Folgende Krankheiten stehen mit Muskelschmerzen in Verbindung:
Infektionskrankheiten: Die Verursacher können Bakterien (zum Beispiel Staphylokokken, Borrelien), Viren (etwa Adenoviren, Coxsackie-Viren, Coronaviren, Grippeviren) oder Parasiten (beispielsweise winzige Fadenwürmer, Trichinen) sein
Dermatomyositis: Das körpereigene Immunsystem greift Haut, Muskulatur und innere Organe (wie Nieren oder Lunge) an
Polymyositis: Es handelt sich um eine entzündliche Erkrankung der Skelettmuskulatur
interstitielle Myositis: Das Bindegewebe zwischen den Muskeln wird zerstört.
Daneben gibt es eine Reihe weiterer Erkrankungen, welche die Muskeln beeinträchtigen und zu Muskelschmerzen führen.
Degenerative Muskelerkrankungen (Muskelschwund): Die Muskulatur baut sich bei Patienten mit degenerativen Myopathien schleichend ab und verändert ihre Struktur. Am bekanntesten sind die Muskeldystrophie Duchenne und die Becker-Muskeldystrophie. Beides sind Erbkrankheiten und die Kinder kommen schon mit der Muskelerkrankung zur Welt.
Myotonien: Muskelerkrankungen, bei denen die Muskulatur nach einer kräftigen Anspannung verzögert erschlafft.
Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis: Bei der Fibromyalgie empfinden Betroffene, dass die Muskelschmerzen überall auftreten. Die Polymyalgia rheumatica geht mit einer Gefäßentzündung (Vaskulitis) einher. Typisch sind Muskelschmerzen, Muskelsteifigkeit und manchmal auch eine Schwäche der Muskulatur im Schultergürtel, Nacken und Becken.
Tumoren der Muskulatur
Weitere Ursachen von Muskelschmerzen
Erkrankungen des Nervensystems: Ein Beispiel ist die Parkinson-Krankheit (Morbus Parkinson, Schüttellähmung), die mit Muskelsteifigkeit und Muskelkrämpfen einhergeht. Auch die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist mit schmerzenden Muskeln verbunden.
Erkrankungen des Skeletts und der Gelenke: Beispiele sind Knochenschwund (Osteoporose), Gelenkverschleiß (Arthrose), Morbus Bechterew, Bandscheibenvorfall oder Hexenschuss. Betroffene nehmen die Schmerzen nicht nur in den Knochen und Gelenken, sondern auch in den Muskeln wahr.
Stoffwechselerkrankungen, beispielsweise Störungen des Kohlenhydrat-, Fettsäure- oder Purinstoffwechsels, die sich auf Struktur und Funktion des Muskels auswirken.
Hormonelle Erkrankungen wie eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose)
Infektionskrankheiten, etwa eine Erkältung (grippaler Infekt), Corona oder Grippe (Influenza)
Borreliose: Bakterielle Infektion mit Borrelien nach einem Zeckenstich
Depressionen/Angstzustände: Muskelschmerzen treten begleitend auf
Wechseljahre: Neben Hitzewallungen, Schweißausbrüchen und Stimmungstief leiden viele Frauen auch unter Muskelschmerzen.
Medikamente, Drogen und Gifte als Auslöser
Manche Medikamente können als Nebenwirkung Muskelschmerzen auslösen. Dazu gehören bestimmte Antibiotika (Penicilline), Cholesterinsenker gegen zu hohe Blutfette (Statine), das Herz-Kreislauf-Medikament Chinidin, der Wirkstoff Cimetidin gegen Sodbrennen oder das Parkinson-Mittel Levodopa. Auch ein hoher Konsum von Alkohol oder Heroin kann eine Myalgie hervorrufen. Die Giftstoffe Strychnin in Rattengift und Tetanustoxin stehen ebenfalls in Verbindung mit Muskelschmerzen.
Diagnose bei Muskelschmerzen nicht einfach
Eine schmerzende Muskulatur kann von harmloser, vorübergehender Natur sein oder auf ernste Erkrankungen hindeuten. Lassen Sie vor allem länger andauernde Muskelschmerzen von einem Arzt abklären. Auch Muskelverletzungen wie eine Muskelprellung, Muskelzerrung oder einen Muskelriss müssen ärztlich schnell behandelt werden, damit die Verletzung ausheilt und keine Folgeschäden entstehen. Am Anfang der Diagnose steht das Gespräch zwischen Betroffenen und Arzt*Ärztin, der zu den genauen Beschwerden und der Krankengeschichte befragt.
Im Anschluss folgt eine körperliche Untersuchung, bei der die schmerzenden Körperregionen abgetastet werden. Dabei wird geprüft, ob die Schmerzen durch Beklopfen oder Druck auslösbar sind, ob sich kleine, druckempfindliche Knötchen oder eine Delle in der Muskulatur (Muskelriss) ertasten lassen und ob ein Hämatom (Hinweis auf Muskelfaserriss) sichtbar ist. Manchmal untersucht der*die Arzt*Ärztin weitere Organe und Strukturen, etwa das Knochen- und Gelenksystem oder die Haut. Bei der Dermatomyositis finden sich Hautverfärbungen im Gesichtsbereich.
Außerdem werden die Bewegungen, Reflexe und das Gangbild beurteilt. Diese liefern Hinweise auf eine Erkrankung der Nerven wie die Parkinsonkrankheit.
Blutuntersuchung, CT oder Biopsie sind weitere Untersuchungen
Um der Ursache noch genauer auf die Spur zu kommen, folgen oft weitere Untersuchungen. Beispiele sind:
Blutuntersuchung: Anhand einer Blutprobe wird ein Differentialblutbild (Zusammensetzung der weißen Blutkörperchen) angefertigt und verschiedene Werte bestimmt, zum Beispiel die Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSK) oder das C-reaktive Protein (CRP). Die Werte zeigen, ob Entzündungen im Körper vorliegen. Der Creatinkinase-Wert (CK-Wert) liefert Hinweise auf eine Muskelerkrankung: Erhöhte CK-Werte finden sich unter anderem bei Muskelverletzungen, Muskelentzündungen, Polymyositis und Dermatomyositis. Dagegen deuten erhöhte Leberwerte auf einen vermehrten Alkoholkonsum oder Medikamente als Ursache hin.
Ultraschalluntersuchung (Sonographie), um zum Beispiel Muskelentzündungen zu erkennen
Computertomographie (CT)
Magnetresonanztomographie (MRT, Kernspintomographie)
Elektromyographie (EMG): Dabei wird die elektrische Spannung im Muskel gemessen und auf einem Bildschirm sichtbar gemacht. So lassen sich Muskelkrankheiten erkennen, die mit anhaltenden Muskelkontraktionen und einer verzögerten Erschlaffung der Muskulatur nach Anspannung einhergehen. Die Elektromyographie liefert zudem Hinweise auf entzündliche oder degenerative Muskelkrankheiten, bei denen es zum fortschreitenden Abbau von Muskulatur und Umbauprozessen kommt.
Gewebeprobe (Biopsie): Der*Die Arzt*Ärztin entnimmt Gewebe aus dem verdächtigen Muskel (Muskelbiopsie) und ein*e Patholog*in untersucht es unter dem Mikroskop. So lassen sich Muskelerkrankungen aufdecken.
Muskelschmerzen: Therapie hängt vom Auslöser ab
Die Therapie hängt immer von der Ursache ab. Ist eine bestehende Grunderkrankung schuld an der Myalgie, wird diese behandelt, dann bessern sich meist auch die Muskelschmerzen. In der Regel wird eine Kombination mehrerer Maßnahmen zur Myalgie-Therapie eingesetzt.
Schonung und Ruhigstellung
Bei Muskelkater, -zerrung, -prellung sowie einem Muskelriss oder -faserriss sind Schonung und Ruhigstellung angesagt. Manchmal müssen Sie nicht nur einige Tage, sondern mehrere Wochen oder sogar Monate auf körperliche Aktivität und Belastung der Muskeln verzichten, damit die Verletzung ohne Folgen ausheilt. In seltenen Fällen ist eine Operation nötig.
Kälte und Wärme
Kälte ist ein gutes Mittel gegen akute Muskelschmerzen. Zur Kältebehandlung eignen sich Eispackungen aus der Gefriertruhe oder zerstoßene Eiswürfel, die man in ein Handtuch wickelt. Vorsicht: Das Eis niemals direkt auf die Haut geben, sondern immer ein Handtuch dazwischen legen. Andernfalls drohen Erfrierungen. Kühlend wirken auch nasse Handtücher oder Quarkwickel.
Wärme eignet sich eher bei chronischen Muskelschmerzen, zum Beispiel in Form von Wärmflaschen oder einem Kirschkernkissen, Bäder, warme Güsse, Fangopackungen oder Saunabesuchen. Auch Wärmepflaster sind gut bei verspannten Muskeln und lockern sie.
Schmerzmedikamente und Muskelrelaxanzien
Schmerzmittel lindern Schmerzen, wirken entzündungshemmend und abschwellend. Häufig eingesetzt werden Schmerzmedikamente aus der Gruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR), etwa Ibuprofen, Diclofenac oder Naproxen. Auch Präparate mit Arnika, Teufelskralle oder Beinwell wirken gegen eine schmerzende Muskulatur. Schmerzmittel gibt es in Form von Tabletten, Cremes, Gels oder Schmerzpflastern. Wer diese länger als eine Woche einnehmen muss, um die Schmerzen zu lindern, sollte unbedingt eine Arztpraxis aufsuchen.
Zusätzlich können muskelentspannende Mittel (Muskelrelaxanzien) zum Einsatz kommen, diese sollten aber nicht über einen längeren Zeitraum eingenommen und immer ärztlich verordnet werden. Manchmal injizieren Ärzt*innen Schmerzmittel direkt in die Muskulatur, um die Weiterleitung von Schmerzimpulsen zu blockieren. Oft ist erst danach eine Physiotherapie möglich. Bewegung ist – in ärztlicher Absprache – dennoch wichtig: In Ruhe baut sich die Muskulatur ab und es entwickelt sich eine Abwärtsspirale aus stärker werdenden Schmerzen und zunehmender Schonhaltung.
Physiotherapie, Entspannung und alternative Heilmethoden
Eine physiotherapeutische Behandlung versucht mittels Bewegungstherapie und physikalischen Therapien, Muskeln, Knochen und Gelenke wieder zu mobilisieren, Muskelschmerzen zu lindern und die Beweglichkeit zu verbessern. Dazu eignen sich Massagen, Elektrotherapie, Wasserbehandlungen sowie Kälte- und Wärmeanwendungen. Wer häufiger unter Muskelverspannungen und Rückenschmerzen leidet, versucht es am besten mit einer Rückenschule. Dabei wird die Muskulatur gestärkt und rückenfreundliche Verhaltensweisen beim Sitzen oder Heben schwerer Lasten erlernt.
Daneben sind Akupunktur, Entspannungstechniken (autogenes Training, progressive Muskelentspannung), Yoga, Tai Chi oder Qigong einen Versuch wert. Sind die Schmerzen psychischer Natur, ist eine Psychotherapie der richtige Weg.
Chronische Muskelschmerzen behandeln
Muskelschmerzen können auch chronisch und damit zu einer eigenständigen Erkrankung werden. Ein Beispiel ist das Fibromyalgie-Syndrom. Dann kommt die multimodale Schmerztherapie nach dem Stufenschema der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zum Einsatz, die aus mehreren Bausteinen besteht:
- Schmerzmedikamente zur Schmerzlinderung
- Bewegungstherapie (Sport)
- Physiotherapie
- physikalische Behandlungen
- Psychotherapie
- Entspannungstraining
- Patientenschulung: Fachleute vermitteln Betroffenen Wissen zu den chronischen Schmerzkrankheiten
Ziel der multimodalen Schmerztherapie ist es, mit der Erkrankung besser umgehen und den Alltag gut bestreiten zu können. Dies wirkt sich positiv auf die Lebensqualität aus.
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