Diabetes mellitus: Formen, Ursachen und Folgen
Rund sechs Millionen Menschen in Deutschland sind an Diabetes mellitus erkrankt. Was genau ist Diabetes, auch Zuckerkrankheit genannt? Wie kommt es zu dieser chronischen Stoffwechselstörung und welche Folgen hat die Diagnose für Betroffene?
Diabetes mellitus ("honigsüßer Durchfluss") ist eine Erkrankung des Stoffwechsels, genauer des Zuckerstoffwechsels. Die chronische Krankheit hat verschiedene Ursachen und spielt weltweit eine immer größere Rolle. In Deutschland sind etwa sieben bis acht Prozent aller Menschen betroffen – Tendenz steigend. Hinzu kommen Menschen mit einer gestörten Glukosetoleranz, was als Vorstufe zum Diabetes angesehen wird (Prädiabetes). Außerdem wird von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen.
Grundsätzlich werden zwei Hauptformen des Diabetes mellitus unterschieden: Diabetes Typ-1 und Diabetes Typ-2. Daneben gibt es seltenere Sonderformen wie Diabetes insipidius, LADA (latent autoimmune diabetes in adults – ein spät auftretender Typ-1-Diabetes), MODY (Maturity Onset Diabetes of the Young – Erwachsenendiabetes, der schon bei Kindern und Jugendlichen auftritt) und den Schwangerschaftsdiabetes. Sie unterscheiden sich deutlich bezüglich Ursachen und Therapien.
Im Überblick:
- Ursachen für Diabetes
- Symptome und Anzeichen für Diabetes mellitus
- Untersuchungen und Diagnose bei Diabetes mellitus
- Behandlung von Diabetes
- Folgeerkrankungen bei Diabetes
- Prognose und Vorsorge bei Diabetes
Ursachen für Diabetes
Unsere Körperzellen bevorzugen Zucker zur Energiegewinnung. Insulin übernimmt dabei die Rolle eines Türöffners: Es informiert die Zellen, dass die Türen geöffnet werden müssen, weil Zucker vor der Tür steht. Befindet sich viel Zucker im Blut, bekommt die Bauchspeicheldrüse die Information, Insulin bereitzustellen, um den Zucker für die Zellen zugänglich zu machen. Über das Blut wird das Insulin zu den Zellen gebracht, die dann den Zucker zur Energiegewinnung nutzen können.
Gemäß der WHO werden die zwei Hauptformen Typ-1- und Typ-2-Diabetes unterschieden:
Beim Typ-1-Diabetes liegt eine Funktionsstörung der Betazellen (Inselzellen) der Bauchspeicheldrüse (Lagerhanssche Inseln im Pankreas) vor. Dadurch besteht ein absoluter Insulinmangel. Deshalb wird diese Diabetesform auch als insulinabhängiger Diabetes bezeichnet. Er zeigt sich meist bereits im Kindes- und Jugendalter. Die Ursache für die nicht funktionierenden Betazellen ist entweder immunlogisch vermittelt oder unbekannt (idiopathisch), was meist der Fall ist. Typ-1-Diabetes wird vererbt, ist also genetisch bedingt. Bis zu zehn Prozent der Menschen mit Diabetes leiden an dieser Form von Diabetes.
Beim Typ-2-Diabetes sind die Inselzellen zunächst insulinempfindlich. Im Laufe der Zeit kommt es zu einer vorwiegenden Insulinresistenz mit relativem Insulinmangel bis hin zu einer vollständigen Insulinresistenz. Das bedeutet, dass zwar zunächst ausreichend Insulin von der Bauchspeicheldrüse produziert wird, die Körperzellen aber zunehmend unempfindlich dagegen werden, bis sie gar nicht mehr auf das Hormon reagieren (Insulinresistenz). Das Insulin wirkt hier nicht mehr gut und öffnet die Zellen für die Zuckeraufnahme nicht richtig. Meistens liegt auch hier eine genetische Veranlagung vor. Dazu müssen jedoch noch andere Faktoren kommen: Übergewicht und Bewegungsmangel sind die wichtigsten. Sie sind dafür verantwortlich, dass die Zelltüren „klemmen“. Mehr als 90 Prozent der Diabetiker leiden an einem Typ-2-Diabetes.
Symptome und Anzeichen für Diabetes mellitus
Typische Symptome für Diabetes Typ-1 sind ständiger Durst und vermehrter Harndrang. Auch ein starker Gewichtsverlust ist ein Anzeichen für Typ-1-Diabetes. Weitere Symptome können sein:
Müdigkeit/Schwäche/Antriebslosigkeit
Starker Hunger oder Appetitlosigkeit
Plötzlicher Gewichtsverlust
Schlecht heilende Wunden
Erhöhte Anfälligkeit für Infekte
Sehstörungen ("Verschwommensehen")
Typ-2-Diabetes zeigt sich meistens nicht so deutlich anhand von typischen Symptomen. Diese sind meist weniger ausgeprägt und unspezifischer. Anzeichen für Typ-2-Diabetes können sein:
Antriebs- und Leistungsschwäche, Müdigkeit, Konzentrationsschwäche
Depressive Verstimmung
Übersteigerter Appetit und unverhältnismäßig viel Essen
Infektanfälligkeit
Im schlimmsten Fall bereits Folgeerkrankungen
Untersuchungen und Diagnose bei Diabetes mellitus
Bei Verdacht auf Diabetes sollte zunächst der Hausarzt aufgesucht werden. Allerdings sind die Symptome oft so uneindeutig, dass gar nicht an Diabetes gedacht wird. Menschen, die in letzter Zeit ungewöhnlich viel Durst verspüren, häufig zur Toilette müssen (auch nachts), sich abgeschlagen fühlen und in deren Familie Diabetes bekannt ist, sollten sich unbedingt an einen Arzt wenden.
Nach der Erhebung der Krankheitsgeschichte (Anamnese) wird der Mediziner folgende Untersuchungen durchführen:
Bestimmung des Nüchtern-Blutzuckers im Blut
Bestimmung des HbA1c-Werts (Langzeitblutzucker) im Blut
Oraler Glukosetoleranztest (oGTT), auch Zuckerbelastungstest genannt
Werte bei Diabetes
Bei den verschiedenen Untersuchungen, die der Arzt bei Verdacht auf Diabetes durchführen kann, ergeben sich mehrere Werte, die bei Diabetes auffällig sind:
Nüchtern-Blutzucker: Liegt er wiederholt über 126 mg/dl, liegt ein Diabetes vor. Mehrfache Nüchtern-Blutzuckerwerte zwischen 100 und 125 mg/dl sprechen für einen Prädiabetes. Ein normaler Zuckerwert liegt nüchtern unter 125, besser unter 100 mg/dl.
HbA1c-Wert: Liegt der HbA1C bei 6,5 Prozent oder höher, liegt ein Diabetes vor. Bei einem HbA1c zwischen 5,7 bis 6,4 Prozent besteht bereits ein Prädiabetes. Gesunde Menschen liegen mit ihrem HbA1c-Wert unter 5,7 Prozent.
Oraler Glukosetoleranztest (oGTT): Zwei Stunden nach Aufnahme einer Glukoselösung liegt bei Werten über 200 mg/dl sehr wahrscheinlich ein Diabetes vor.
Bei Typ-1-Diabetes können außerdem Antikörper gegen die Bauchspeicheldrüse oder Insulin im Blut festgestellt werden. 90 Prozent der Neu-Erkrankten tragen diese in sich.
Behandlung von Diabetes
Bei Typ-1-Diabetes muss der absolute Insulinmangel ausgeglichen werden. Insulin kann dem Körper auf verschiedene Arten zugeführt werden: per Spritze oder Pumpe. Außerdem gibt es unterschiedliche Insulinarten.
Beim Typ-2-Diabetes spielen zum einen nichtmedikamentöse Maßnahmen zur Behandlung eine wichtige Rolle, zum anderen stehen eine Reihe von Medikamenten zur Regulierung des Blutzuckerspiegels zur Verfügung. Alle Behandlungsmaßnahmen sollen schwere Folgeerkrankungen an Nerven, Gefäßen und Organen vorbeugen. Dabei ist auch die Kontrolle des Blutzuckerspiegels durch regelmäßige Blutzuckermessung unbedingt notwendig.
Die wichtigsten nichtmedikamentösen Maßnahmen sind:
- richtige Ernährung,
- ausreichend Bewegung und somit
- Abbau von Übergewicht
Zu den Medikamenten bei Diabetes zählen:
- orale, blutzuckersenkende Medikamente
- Insulin
Nur in wenigen, fortgeschrittenen Fällen müssen Typ-2-Diabetiker Insulin spritzen. Der Blutzuckerspiegel lässt sich normalerweise gut über eine richtige Ernährung, ausreichend Bewegung und blutzuckersenkende Medikamente regulieren. Wenn die Bauchspeicheldrüse entlastet wird, kann auch das Insulin wieder leichter Blut in die Zellen transportieren.
Es gibt heute vielfältige Behandlungsmöglichkeiten, die helfen können, das Leben mit Diabetes gut in den Griff zu bekommen. Moderne und leicht zu bedienende Blutzuckermessgeräte machen die Kontrolle des Blutzuckerspiegels über eine Blutzuckermessung deutlich einfacher als noch vor einigen Jahren.
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Folgeerkankungen bei Diabetes
Bei einem schlecht eingestellten Diabetes ist das Risiko hoch, dass feine und große Blutgefäße, Nerven und Organe wie die Niere durch den dauerhaft zu hohen Blutzucker geschädigt werden. Deshalb sind bei Diabetes vor allem diese Folgeerkrankungen häufig:
Diabetischer Fuß (Wundheilungsstörung)
Diabetische Retinopathie (Augenerkrankung)
Diabetische Neuropathie (Nervenerkankung)
Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Diabetische Nephropathie (Nierenschädigung)
Aufgrund der möglichen Folgeerkrankungen sollten die Füße, die Augen und der Blutdruck sowie die Blutfettwerte regelmäßig untersucht werden. Besonders die Füße sind gefährdet, da durch die möglicherweise schlechte Durchblutung bereits kleine Wunden durch verzögerte Wundheilung zu großen Problemen führen können.
Prognose und Vorsorge bei Diabetes
Aktuelle Forschungen belegen, dass ein gutes Selbstmanagement in Bezug auf die chronische Krankheit das Leben von Diabetikern deutlich verlängert. Das gilt sowohl für Typ-1- als auch für Typ-2-Diabetes.
Typ-1-Diabetes ist eine chronische Krankheit, die nicht heilbar ist. Bei Typ-1-Diabetikern spielt die lebenslange Versorgung mit Insulin eine sehr wichtige Rolle. Durch die heutigen Möglichkeiten der Behandlung ist ein nahezu normales Leben möglich. Das Risiko für Folgeerkrankungen ist jedoch hoch, was bei guter Einstellung aber deutlich gesenkt wird.
Typ-2-Diabetes ist ebenfalls nicht heilbar, kann jedoch gut in den Griff bekommen werden. Dazu gehören eine Umstellung der Lebensführung und der Ernährung. Oft führt schon eine dadurch erreichte Gewichtsabnahme dazu, dass sich der Blutzuckerspiegel normalisiert. So kann das Risiko für Folgeerkrankungen deutlich gesenkt werden.
Im Rahmen eines DMP-Programms bei Diabetes beim Hausarzt (Disease Management Programm) werden die Blutwerte und Füße regelmäßig kontrolliert, sodass die Therapie jederzeit angepasst werden kann. Durch diese engmaschige Betreuung soll das Risiko für die bekannten Folgeerkrankungen deutlich gesenkt werden.
Bei genetischer Vorbelastung und anderen Risikofaktoren kann dem Ausbruch eines Typ-2-Diabetes vorgebeugt werden. Wenn die Blutzuckerwerte immer mal wieder erhöht sind, werden folgende Maßnahmen empfohlen, die den Ausbruch des Diabetes in den meisten Fällen verhindern:
Gewichtsabnahme um 5-7 Prozent innerhalb von drei Monaten
Mindestens 2,5 Stunden körperliche Aktivität pro Woche
Mindestens 15 Gramm faserhaltige Ballaststoffe pro 1.000 Kilokalorien
Maximal 30 Prozent Fettanteil in der Nahrung
Maximal 10 Prozent gesättigte Fettsäuren in der Nahrung
Außerdem sollte der Blutzucker regelmäßig kontrolliert werden und mit einem Internisten oder Diabetologen abgestimmt werden, damit der Diabetes nicht fortschreitet und Gefäße, Nerven und Organe geschont werden.