Demenz: Symptome, Formen und Verlauf
Wenn Denk- und Gedächtnisleistungen im Alter deutlich nachlassen, liegt oft eine Demenz vor. Auf welche Symptome man außerdem achten sollte, um die Krankheit frühzeitig behandeln zu können.
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Unter Demenz versteht man eine zumeist fortschreitende Verminderung der geistigen Fähigkeiten. Dabei lassen unter anderem Gedächtnisleistung, Urteilsvermögen und Lernfähigkeit nach. Die Erkrankung liegt vor, wenn außer einer Beeinträchtigung des Gedächtnisses (Amnesie) noch mindestens ein weiteres der folgenden Symptome auftritt:
- Störungen des Bewegungsablaufs
- Sprachstörungen
- Schwierigkeiten beim (Wieder-) Erkennen von Personen und Gegenständen
- Schwierigkeiten beim Meistern von Alltagssituationen
In den meisten Fällen treten Demenzerkrankungen im fortgeschrittenen Alter auf. Es ist wichtig, sie deutlich von Symptomen des normalen Alterungsprozesses abzugrenzen. In Deutschland leiden etwa eine Million Menschen an der Krankheit, Prognosen gehen von einem starken Anstieg in den nächsten Jahrzehnten aus.
Formen der Demenz
Demenz ist ein Oberbegriff für mehrere Erkrankungsbilder. Ärzte unterscheiden zwischen leichten, mittleren und schweren Formen, wobei die Krankheit in vielen Fällen immer weiter voranschreitet. Außerdem unterteilen sie Demenzerkrankungen in primäre und sekundäre Formen. Sekundäre Demenzformen sind diejenigen Demenzerkrankungen, die als Folge einer anderen Grunderkrankung entstehen.
Formen primärer Demenz:
Alzheimer: Mit rund 60-70 Prozent ist sie die häufigste Form der Demenz. Es handelt sich um eine chronische, nicht heilbare Erkrankung, bei der fortschreitend Nervenzellen untergehen.
Vaskuläre Demenzerkrankung: Von der zweithäufigsten Demenzform sind etwa 15-20 Prozent der Erkrankten betroffen. Sie entsteht aufgrund von Durchblutungsstörungen im Gehirn.
Lewy-Körperchen-Demenz: Charakteristisch für diese Form der Demenz sind starke Schwankungen der Symptome, die von nachlassenden geistigen Fähigkeiten bis zu Halluzinationen reichen.
Frontotemporale Demenz (Morbus Pick): Bei dieser Demenzerkrankung kommt es zum Abbau von Nervenzellen im Stirn- und Schläfenbereich. Betroffene Patienten entwickeln ein für sie untypisches auffälliges und rücksichtsloses Verhalten.
Ursachen und Risikofaktoren von Demenz
Der wichtigste Risikofaktor für Demenz ist das Alter. Daneben spielen genetische Faktoren, die ethnische Zugehörigkeit und das Geschlecht eine Rolle. Aber auch Gesundheitzustand und Lebensstil wirken sich auf das Demenzrisiko aus.
Entstehung primärer Demenzerkrankungen
Bei Alzheimer, der häufigsten Form der Demenz, führen Ablagerungen in und zwischen den Nervenzellen des Gehirns zu einer Zerstörung dieser Zellen. Dadurch nimmt die Gehirnmasse ab und die Hirnleistungen werden schwächer.
Die zweithäufigste Demenzform ist die vaskuläre Demenz. Hierbei werden die Nervenzellen aufgrund von Durchblutungsstörungen im Gehirn geschädigt. Durchblutungsstörungen treten zum Beispiel infolge von Arteriosklerose (Arterienverkalkung) und/oder einem Schlaganfall auf.
Wenn Erkrankungen oder der Lebensstil zur Demenz führen
Mögliche Ursachen einer Demenz sind auch Erkrankungen oder ein Lebenswandel, der zu einer nachhaltigen Schädigung des Gehirns führt:
Kopf- und Schädelverletzungen, zum Beispiel Schläge auf den Kopf beim Boxen
Hirntumoren und Metastasen anderer Tumoren im Gehirn
Blutungsneigung aufgrund einer gestörten Blutgerinnung
Störungen der Produktion oder des Abflusses der Rückenmarksflüssigkeit (Liquor)
Stoffwechselstörungen (zum Beispiel chronische Leber- oder Nierenerkrankungen) und Mangelzustände
Autoimmunerkrankungen (Krankheiten, bei denen sich das Abwehrsystem des Körpers gegen eigenes Gewebe richtet)
Giftstoffe
Alkohol, Drogen und missbräuchlich verwendete Medikamente können zum Verlust kognitiver Fähigkeiten führen
Morbus Parkinson
Chorea Huntington
Creutzfeldt-Jakob-Krankheit
Creutzfeldt-Jakob-Krankheit
Trotz der Aufmerksamkeit, die der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK) aufgrund ihrer Verwandtschaft mit dem "Rinderwahn" in früheren Jahren in den Medien entgegengebracht wurde, handelt es sich bei ihr um eine extrem seltene Form von Demenz. Die Demenz durch die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit kann ohne erkennbare äußere Ursache auftreten (sporadische CJK), erblich bedingt sein (hereditäre CJK), oder auf einer Infektion beruhen (erworbene CJK).
Die wichtigsten Symptome sind der Verlust geistiger Fähigkeiten, Gangunsicherheit, Krämpfe und steife Muskeln sowie Sehstörungen. Die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit verläuft fast immer sehr aggressiv. Im Durchschnitt leben die Betroffenen nach dem Auftreten der ersten Symptome noch etwa ein halbes Jahr. Die Diagnose kann durch den Nachweis von Prionen (entarte Proteine) in der Rückenmarksflüssigkeit (Liquor) gestützt werden. Eine Behandlung, die sich gegen die krankheitsauslösenden Prionen richten würde, gibt es bisher nicht. Die Therapie beschränkt sich deshalb darauf, die auftretenden Symptome zu lindern.
Typische Symptome bei Demenz
Bei Demenzerkrankungen treten hauptsächlich Symptome wie das Nachlassen des Gedächtnisses und Urteilsvermögens, Orientierungsschwierigkeiten im Alltag, Probleme beim Erkennen von bekannten Personen oder Gegenständen sowie Wesensveränderungen auf.
Sollte man manchmal Namen oder Termine vergessen, muss das kein Anzeichen für eine Demenz sein. Vergesslichkeit ist ganz normal und kann zum Beispiel durch Stress verursacht werden. Erst wenn sich die Symptome häufen, ist es ratsam, einen Arzt aufzusuchen.
Folgende Anzeichen sind typisch für Demenz:
- Keine Erinnerung an getroffene Vereinbarungen oder Verabredungen
- Betroffene haben Mühe, Gesprächen zu folgen
- Dinge oder Personen werden vergessen
- Gegenstände werden verlegt
- Zunehmende Probleme bei komplexen Handlungen wie Kochen oder Einkaufen
Mitunter kommen Wortfindungsstörungen, Orientierungslosigkeit und depressive Verstimmungen hinzu.
Aggressivität und Hilflosigkeit bei Demenz
Damit dem Umfeld die nachlassenden geistigen Fähigkeiten nicht auffallen, ziehen sich Demenzkranke anfangs immer mehr zurück, Verhalten und Persönlichkeit verändern sich mit der Zeit.
Da zunächst hauptsächlich das Kurzzeitgedächtnis betroffen ist, können demente Menschen ihr Leben noch ohne fremde Hilfe meistern. Schreitet die Demenz voran, entweder kontinuierlich oder schubförmig, lassen die geistigen Fähigkeiten weiter nach und die Alltagsbewältigung wird immer schwerer.
Bei einem mittleren Schweregrad der Demenz können nur noch einfache Handlungen ohne Hilfe verrichtet werden und es treten zusätzliche Symptome wie Wutausbrüche und Aggressivität auf. Eigentlich vertraute Personen und Gegenstände werden irgendwann nicht mehr erkannt. Bei einer schweren Demenz ist der Betroffene gänzlich auf fremde Hilfe angewiesen. Gezielte Äußerungen sind kaum noch möglich und die Wahrnehmungsfähigkeit ist deutlich getrübt.
Verlauf: Demenz oft über Jahre stabil
Ein Fortschreiten von einer leichten zu einer mittleren und später zu einer schweren Demenz zieht sich oft über den Zeitraum mehrerer Jahre. Dabei verschlechtert sich der Zustand entweder kontinuierlich oder schubförmig oder er bleibt über unterschiedlich lange Zeiträume hin stabil. Die Krankheit dauert in seltenen Fällen bis zu 20 Jahre an.
Die Demenz lässt sich in verschiedene Stadien einteilen, deren Übergänge fließend sind:
Leichte Demenz: vermehrte Vergesslichkeit und Orientierungsprobleme
Mittelschwere Demenz: Nachlassen der geistigen Fähigkeiten bis zu einem Grad, bei dem der Alltag allein nicht mehr bewältigt werden kann
Schwere Demenz: Versiegen der Sprache, Hilfsbedürftigkeit in allen Belangen des täglichen Lebens, Harninkontinenz und Stuhlinkontinenz
Verdacht auf Demenz: Das wird untersucht
Wenn außer einer Beeinträchtigung des Gedächtnisses weitere Symptome auftreten, die für eine Demenz sprechen, sollte am ein Arzt aufgesucht werden. Er diagnostiziert eine Demenz anhand verschiedener neurologischer und psychiatrischer Untersuchungen sowie bildgebender Verfahren. Zunächst wird sich der Arzt mit der Krankengeschichte befassen (Anamnese) und nach den Symptomen fragen. Sind innerhalb der Familie bereits Fälle von Demenz aufgetreten, liegt eventuell eine familiäre Veranlagung vor.
Geistige Fähigkeiten auf dem Prüfstand
Anhand verschiedener Tests überprüft der Arzt die geistigen Fähigkeiten:
Wie gut funktionieren Lang- und Kurzzeitgedächntis?
Wie gut ist die Ausdrucksfähigkeit?
Inwieweit haben Orientierung und Lernfähigkeit nachgelassen?
Werden Personen und Dinge (wieder-)erkannt?
Wie ist das Verhalten in Alltagssituationen?
Wie gut ist das sprachliche und allgemeine Verständnis?
Zusätzlich zu den neuropsychologischen Tests führt der Arzt eine körperliche Untersuchung durch. Dabei stellt er beispielsweise anhand bildgebender Verfahren wie der Magnetresonanztomographie (MRT) mögliche Veränderungen am Gehirn fest. Ergänzend dazu werden häufig Blutuntersuchungen und eine Messung der Gehirnaktivität (EEG) vorgenommen.
Therapie: Wie Demenz behandelt wird
Eine Demenz ist in der Regel nicht heilbar. Durch eine entsprechende Behandlung lässt sich der Krankheitsverlauf jedoch verzögern. Hauptziel ist es, die Lebenssituation und vor allem Lebensqualität des Betroffenen zu verbessern. Die Therapie einer Demenz hängt von der Demenzform ab und besteht üblicherweise aus verschiedenen Bausteinen.
Bei sekundären Demenzformen richtet sich die Behandlung nach der bestehenden Grunderkrankung.
Medikamente gegen den Fortschritt
Empfehlungen zur medikamentösen Therapie gibt die Deutsche Gesellschaft für Neurologie in ihrer aktuellen Leitlinie nur für Alzheimer-Demenz. Bei leichter bis mittelschwerer Form verordnen Ärzte Acetylcholinesterase-Hemmer, um die geistigen Fähigkeiten zu verbessern und dem Patienten die Verrichtung von alltäglichen Aktivitäten zu ermöglichen. Durch den Wirkstoff Memantin (NMDA-Rezeptor-Antagonist) lässt sich der Krankheitsverlauf bei einer mittelschweren bis schweren Alzheimer-Demenz positiv beeinflussen. Zur Behandlung der Demenz bei leichtem bis mittelschwerem Morbus Parkinson wird Rivastigmin (Cholinesterase-Hemmer) empfohlen.
Wird die Demenz durch eine andere Grunderkrankung verursacht, so behandelt der Arzt diese individuell medikamentös.
Leichte Demenz lässt sich mit Ginkgo-Extrakt behandeln
Ebenfalls in der Leitlinie empfohlen wird der Einsatz von von Ginkgo Biloba EGb 761 bei leichter bis mittelschwerer Alzheimer-Demenz oder vaskulärer Demenz ohne psychotische Verhaltenssymptome. Für diese Patientengruppen gibt es laut Leitlinie Hinweise für die Wirksamkeit auf die geistigen Fähigkeiten (Kognition). Das Ginkgo-Präparat gibt es rezeptfrei in der Apotheke zu kaufen.
Die Heilpflanze Rosenwurz soll die Ausschüttung der Botenstoffe im Gehirn anregen und für die richtige Balance der Neurotransmitter sorgen, die bei Alzheimer gestört ist. Darüber hinaus erwies sich Gelbwurz (Kurkuma) als vorbeugend und wirksam gegen Alzheimer. Weitere Heilkräuter aus der ayurvedischen und chinesischen Medizin sind Gotu Kola (indischer Wassernabel) und Jiaogulan-Blätter. Sie sollen die Blutzirkulation und Denkfähigkeit verbessern. Johanniskraut dagegen wirkt gegen depressive Verstimmungen, die häufig eine Alzheimerdemenz begleiten.
Nicht-medikamentöse Behandlung
Ein wichtiger Bestandteil der Demenz-Therapie sind nicht-medikamentöse Behandlungsmethoden. Dazu gehören vor allem:
das Üben von alltäglichen Aufgaben, zum Beispiel Kochen, Aufräumen oder Einkaufen
Gedächtnistraining: Sudoku, Auswendiglernen von Texten, zum Beispiel Gedichte oder Witze
Bewegungstherapie: Besonders geeignet ist Tanzen, denn das Trainieren von Schrittfolgen oder verschiedenen Figuren fördert Konzentration und Kurzzeitgedächtnis. Weitere Optionen sind Tai-Chi oder Qi Gong.
Verhaltens- und Psychotherapie
Stimulation durch Musik, Aromen oder Licht, zum Beispiel Klangtherapie mit Steinen
Ernährung bei Demenz: Blaubeeren beispielsweise enthalten Anthocyane (pflanzlicher Farbstoff), die den Abbau des Botenstoffs Dopamin verzögern und dadurch die Gedächtnisleistung verbessern. Ein Vitamin-D-Mangel könnte im Zusammenhang mit einem Rückgang der Gehirnleistung stehen. Die zu den B-Vitaminen gehörende Folsäure schützt Gehirnzellen vor dem Absterben.
Angehörige sollten in die Behandlung einbezogen werden. Dabei wird hauptsächlich der Umgang mit Demenzerkrankten im Alltag vermittelt. Es ist zum Beispiel sinnvoll, Stolperfallen aus dem Umfeld des Betroffenen zu entfernen und wichtige Gegenstände gut sichtbar zu platzieren.
Kann man Demenz vorbeugen?
Zwar sind bei vielen Formen der Demenz die genauen Ursachen noch nicht hinreichend bekannt – Studien haben jedoch gezeigt, dass das Risiko für Demenzerkrankungen mit Lebensstilfaktoren zusammenhängt.
Die WHO empfiehlt in einer Leitlinie daher folgende Maßnahmen, um primären Demenzerkrankungen vorzubeugen:
Körperliche Aktivität
Nicht Rauchen
Gesunde und ausgewogene Ernährung. Die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln mit Vitamin B und E ist laut WHO hingegen nicht sinnvoll für die Vorbeugung von Demenzerkrankungen.
Gewichtsreduktion bei Menschen mittleren Alters mit Übergewicht oder Adipositas
Alkoholkonsum reduzieren
Kognitives Training bei älteren Erwachsenen
Behandlung von Bluthochdruck, Diabetes mellitus und Dyslipidämie
Wichtig sind regelmäßige Vorsorge- und Routineuntersuchungen, um eine beginnende Demenz sowie vorhandene Risikofaktoren frühzeitig zu erkennen.
Wo Betroffene und Angehörige Rat und Hilfe finden
Wer bei sich selbst oder einer Person aus dem näheren Umfeld Symptome für Demenz feststellt, sollte sich zunächst an den Hausarzt wenden. Dieser wird bei Bedarf Neurologen und Psychiater hinzuziehen. Außerdem finden Betroffene und Angehörige Rat bei der Deutschen Alzheimer Gesellschaft.
Anlaufstellen für Informationen und Hilfe:
• Alzheimer Forschung Initiative e.V.