Sexsucht: Wenn Lust zur Droge wird

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Sexsucht (Hypersexualität) ist eine ernst zu nehmende Verhaltenssucht, die oft mit großem Leidensdruck einhergeht. Sucht jemand immer die schnelle Erregung – egal, mit wem – leiden die Person vermutlich unter Sexsucht. Ab wann spricht man von Sexsucht, welche Ursachen gibt es und was hilft?

Liebeskummer
© unsplash.com/Daria Litvinova

Sexsucht ist eine psychische Störung, bei dem ein zwanghafter Sexualtrieb, auch Hypersexualität oder Erotomanie genannt, Betroffene nicht mehr loslässt. Sexsüchtige erfahren beim Sex immer weniger Befriedigung und müssen, ähnlich wie Abhängige bei stoffgebundenen Süchten, die Dosis immer weiter erhöhen.

Im Überblick:

Sexsucht: Anzeichen und Folgen

Was ist Sexsucht?

Sexsucht bei Frauen heißt Nymphomanie, Sexsucht bei Männern Satyriasis oder Donjuanismus. Schätzungen zufolge leiden Männer drei- bis viermal häufiger an Sexsucht als Frauen, insgesamt sind etwa zwischen einem und sechs Prozent der erwachsenen Deutschen von Nymphomanie oder Satyriasis betroffen.

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Gedanken an Sex beherrschen das Leben

Ein überdurchschnittliches Sexualverlangen ist noch längst keine Sexsucht. Kritisch bis krankhaft wird es erst, wenn die Lust auf Sex die Form von Zwangsgedanken annimmt, die den ganzen Tag das Bewusstsein beherrschen, sodass andere Verpflichtungen in den Hintergrund rücken.

Bei einer Sexsucht leiden Jobleben und/oder Partnerschaft unter der Abhängigkeit und Sex wird benutzt, um negative Gefühle wie Enttäuschung und Demütigung zu kompensieren. Ein weiteres Anzeichen, dass es sich um eine behandlungsbedürftige Sucht nach Sex handelt, ist, wenn durch den übersteigerten Trieb auch andere Personen zu Schaden kommen.

Genau wie Kauf-, Arbeits- und Spielsucht zählt die Sexsucht zu den stoffunabhängigen Süchten oder Verhaltenssüchten. Dennoch kommt es, genau wie bei der Abhängigkeit von einer Substanz, zu einem Gewöhnungseffekt und dadurch zur Dosissteigerung. Sexsüchtige verspüren mit der Zeit immer weniger Befriedigung. Es kann sogar eine Art Beschaffungskriminalität aus der Sexsucht resultieren. Beim plötzlichen Absetzen der Droge Sex haben Betroffene Entzugserscheinungen.

Weitere Symptome bei Sexsucht können Sie hier nachlesen.

Ursachen: Auslöser von Sexsucht

Obwohl Sexsucht definitionsgemäß nicht zu den substanzgebundenen Süchten gehört, steckt dahinter eine stoffliche Abhängigkeit – nach körpereigenen Botenstoffen wie dem "Kuschelhormon" Oxytocin, das unter anderem beim Sex ausgeschüttet wird.

In Familien von Sexsüchtigen gibt es häufig Alkoholiker oder andere Abhängigkeiten, eine genetische Veranlagung zur Entwicklung der Sucht ist anzunehmen. Die weitaus größte Rolle für die Entstehung einer Sexsucht spielen aber offenbar Erfahrungen von körperlichem oder seelischem Missbrauch in der Kindheit. Viele Sexsüchtige mussten im Laufe ihres Lebens mehrere traumatische Erfahrungen erleben.

Das Risiko, eine Sexsucht zu entwickeln, ist zudem größer, wenn im Elternhaus Sex zum Tabuthema erklärt oder gar als schmutzig, sündig oder schlecht verdammt wurde, etwa im Rahmen eines streng religiösen Erziehungsstils.

Sexsüchtige wollen noch einmal zum Gipfel des Lustgefühls

Eine weitere Ursache von Sexsucht sehen Experten in der überwältigenden Gefühlsintensität der ersten sexuellen Erfahrungen. Betroffene versuchen rastlos, diese Empfindungen zu wiederholen, erreichen aber niemals den ersehnten Gefühlsgipfel. Auf lange Sicht erreichen sie eher das Gegenteil – ein Abstumpfen gegenüber sexueller Stimulation. Echte Befriedigung rückt in weite Ferne, es kommt zur Toleranzentwicklung, weshalb der Sexsüchtige immer weiter die Dosis erhöht und zunehmend die Kontrolle über das eigene Verhalten verliert.

Satyriasis: Sexsucht von Männern

Als Satyriasis bezeichnet man die Sexsucht von Männern. Der Begriff ist angelehnt an Satyrn aus der griechischem Mythologie, ein Mischwesen aus Pferd oder Esel und Mensch, das fast immer mit steil erigiertem Penis dargestellt wird. Eine weitere Bezeichnung für Sexsucht bei Männern ist Donjuanismus, benannt nach der Romanfigur Don Juan.

Sexsüchtige Männer vernachlässigen insbesondere Freunde, Familie, Beziehung und Beruf, weil der Drang nach sexueller Betätigung und immer neuen "Kicks" außer Kontrolle gerät und sämtliche Zeit und Energie der Betroffenen in Anspruch nimmt.

Dass der "Einstieg" in die Sexsucht schon sehr jungen Männern möglich ist, liegt unter anderem daran, dass Pornografie für jeden kostenlos und in großer Menge verfügbar ist. Bei sexsüchtigen Männern findet sich häufig eine Kombination aus Sex- und Arbeitssucht.

Nymphomanie: Sexsucht von Frauen

Der Begriff Nymphomanie kommt von Nymphen – den Naturgöttinnen aus der griechischen Mythologie. Das "Krankheitsbild" der Nymphomanin ist als solches noch umstrittener als Sexsucht an sich. Denn in die Bewertung des Sexualverhaltens und der Promiskuität einer Frau spielen häufig immer noch überholte Moralvorstellungen hinein.

Negativ besetzte Begriffe wie "Schlampe", "mannstoll" oder "Luder" zeigen es: Wechselt eine Frau häufig ihren Geschlechtspartner, finden das große Teile der Gesellschaft verwerflich, selbst wenn sie selbiges für einen Mann akzeptieren.

Wird Sex für eine Frau tatsächlich zur Sucht, steckt häufig eine tief sitzende Bindungsangst dahinter. Mit Sex versuchen Nymphomaninnen dann, ihr Bedürfnis nach Nähe zu kompensieren. Generell lebt eine Nymphomanin ihre Sucht häufiger mit tatsächlichen Sexpartnern aus, während sexsüchtige Männer tendenziell eher exzessiv Pornografie konsumieren (Pornosucht) oder Prostituierte aufsuchen.

Eine Nymphomanin setzt sich vielen Gefahren aus

In pornografischen Veröffentlichungen oder Annoncen Prostituierter wird "nymphoman" und "Nymphomanin" als Aushängeschild gebraucht, um das Bild einer immer willigen Frau zu propagieren. Echte Nymphomaninnen leiden dagegen unter ihrer Hypersexualität und den zwanghaften Gedanken an Geschlechtsverkehr. Ein normales Leben zu führen, ist ihnen durch die Last mit der Lust nicht möglich. Häufig leiden Nymphomaninnen zusätzlich an weiteren Süchten, etwa einer Essstörung.

Sexsüchtige Frauen setzen sich häufig einem hohen Risiko aus, das nicht nur die Übertragung von Geschlechtskrankheiten mit einschließt: Vier von zehn Nymphomaninnen erleben im Lauf ihrer "Sexkarriere" Misshandlung oder Vergewaltigung. In manchen Fällen wenden sexsüchtige Frauen auch Gewalt an, um an die nächste Dosis der Droge Sex zu kommen.

Diagnose: So wird Sexsucht festgestellt

Lange Zeit wurde Sexsucht als Krankheit kontrovers diskutiert. Seit 2018 ist das zwanghaft gesteigerte Sexualverhalten als psychische Störung anerkannt und soll ab 2022 auch im Diagnoseschlüssel der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gelistet sein.

Hauptkennzeichen für Sexsucht ist der Leidensdruck, den ein Betroffener oder eine Betroffene empfindet. Wichtigstes Diagnosekriterium für einen Arzt oder Therapeuten ist die Beschreibung des Sexualverhaltens. Nehmen die Gedanken an und die Ausübung von Sex so viel Energie und Zeit in Anspruch, dass andere Pflichten und Hobbys vernachlässigt werden, steckt sehr wahrscheinlich eine Sexsucht dahinter.

Sexsucht: Verlauf

Am Beginn der Sexsucht steht die gedankliche Fixierung auf Geschlechtsverkehr und sexuelle Befriedigung. Eine Sexsucht kann mit zwanghafter, übermäßig häufiger Selbstbefriedigung und dem exzessiven Konsum von Pornografie anfangen. Häufig folgen sexuelle Beziehungen mit schnell wechselnden Partnern. Viele Sexsüchtige suchen Prostituierte auf und beanspruchen Dienstleistungen wie Telefon- und Cybersex.

Im Zusammenhang mit Sexsucht treten im späteren Verlauf außerdem häufig Straftaten und Ordnungswidrigkeiten wie die öffentliche Zurschaustellung von Masturbation oder den eigenen Geschlechtsteilen (Exhibitionismus), sexuelle Belästigung oder Voyeurismus auf. Auch kann es zu obszönen Anrufen oder anderen Übergriffen kommen.

Sexsucht beherrscht das ganze Leben

Ist die Sexsucht bereits so weit fortgeschritten, dass Sexualität zum alles beherrschenden Lebensbereich geworden ist, helfen meist nur eine lange Psychotherapie und eine Selbsthilfegruppe dabei, von dem zerstörerischen Verhalten loszukommen.

Sexsucht: Web-Tipps und Selbsthilfe

Obwohl Sexsucht als therapiebedürftige Krankheit in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt ist, suchen viele Betroffene aus Scham keinen Therapeuten auf. Den Weg aus der Sexsucht finden allerdings nur sehr wenige Nymphomaninnen und Satyriasiker ohne Hilfe. Viele Sexsüchtige warten zu lange, bis sie Unterstützung suchen und verleugnen wie alle Abhängigen den Suchtcharakter ihres Problems. Oft ist es schon zu Straftaten, Voyeurismus oder Exhibitionismus gekommen, bevor eine Therapie begonnen wird.

Lesen Sie hier alles Wichtige zur Therapie bei Sexsucht.

Der Austausch mit anderen Betroffenen spielt bei der Bewältigung von Sexsucht eine große Rolle – gerade weil die Sucht einen so privaten Lebensbereich betrifft. Im Gespräch mit anderen Sexsüchtigen lässt sich die Krankheit enttabuisieren und die Rückfallgefahr mindern. Hier gibt es Hilfe für Sexsüchtige:

Selbsthilfe-Angebote bei Sexsucht:

  • Die Anonymen Sexaholiker (AS) sind ein Abkömmling der Anonymen Alkoholiker (AA) und haben deren Therapie-Leitsätze übernommen.
  • SLAA (Sex and Love Addicts Anonymous) – die Anonymen Sex- und Liebessüchtigen helfen sich gegenseitig dabei, die Sexbesessenheit ruhigzustellen. Sie bieten außerdem 40 Fragen zur Selbstdiagnose an.
  • S-Anon wendet sich an Opfer von Sexsüchtigen und bringt Angehörige oder Partner von Sexsüchtigen zusammen, die stark unter einer Co-Abhängigkeit leiden können. Sie wenden ebenfalls die zwölf Schritte der AA an.

Buch-Tipps zum Thema Sexsucht

Weiterführende Informationen gibt es außerdem hier:

  • Kornelius Roth: Sexsucht - ein Ratgeber für Betroffene und Angehörige, 6., aktualisierter Auflage, Ch. Links Verlag, 2018
  • Michael Broda, Wolfgang Senf: Psychotherapie im Dialog - sexuelle Störungen. Thieme 2013
  • Roth, K.: Sexsucht – Ein Ratgeber für Betroffene und Angehörige, 5., aktual. Auflage, Christoph Links Verlag, Berlin, 2016

 

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