Penicillin: Wechselwirkungen des Antibiotikums mit Pille, Alkohol und Milch
Nach höchsten wissenschaftlichen Standards verfasst und von Expert*innen geprüftDie Entdeckung des Penicillins war eine medizinische Revolution, das Antibiotikum rettete unzählige Leben. Die durchschlagende Wirkung gegen Bakterieninfektionen bringt aber auch Nachteile wie Resistenzen und Penicillinallergie mit sich. Erfahren Sie mehr über die Anwendung und verschiedenen Arten von Penicillin.
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Kurzübersicht: Häufige Fragen und Antworten
Wie wirkt Penicillin?
Wie lange dauert es bis Penicillin wirkt?
Was ist der Unterschied zwischen Antibiotika und Penicillin?
Artikelinhalte im Überblick:
- Was ist Penicillin?
- Wirkungsweise
- Penicicillin-Arten
- Wechselwirkungen
- Nebenwirkungen & Penicillinallergie
- Penicillin während Schwangerschaft?
- Resistenzen
- Entdeckung
Was ist Penicillin?
Penicillin ist das älteste, kommerziell eingesetzte Antibiotikum. Der Begriff stammt aus dem Griechischen und bedeutet "gegen das Leben". Gemeint ist aber nicht das Leben von Patient*innen, sondern das der Bakterien.
Anwendung von Penicillin
Wie andere Antibiotika wirkt Penicillin nur gegen bakterielle Erreger, nicht aber gegen Viren, Parasiten oder Pilze. Mittlerweile gibt es unterschiedliche Penicilline, die bei verschiedenen bakteriellen Infektionskrankheiten eingesetzt werden. Dazu gehören beispielsweise:
- Mittelohrentzündung
- Mandelentzündung
- Nasennebenhöhlenentzündung
- Bronchitis
- Lungenentzündung
- Hirnhautentzündung
- Scharlach
- Syphilis
- Harnwegsinfektionen
Wie wirken Penicilline?
Penicilline gehören zu den Beta-Lactam-Antibiotika und greifen die Zellwand der Bakterien im Wachstumsstadium an. Sie binden sich an spezielle Enzyme, welche eine Schlüsselrolle beim Aufbau der Zellwand spielen und machen diese schwach. Durch diese Störung können sich die Bakterien nicht vermehren, und bestehende Bakterienzellen werden instabil und sterben ab.
Besonders wirksam sind Penicilline daher gegen Bakterien, die sich aktiv vermehren und ihre Zellwand aufbauen müssen. Problematisch sind hingegen die Ruheformen der Bakterien, bei denen die Zellwand bereits vollständig ausgebildet ist. Diese kann durch das Antibiotikum nämlich nicht zerstört werden, die Keime bleiben erhalten. Darum ist es so wichtig, die Einnahme des Penicillins auch nach Abklingen der Symptome fortzusetzen, um auch die zunächst überlebenden Bakterien zu töten.
Penicillin G, Penicillin V und Co.: Welche Arten des Antibiotikums gibt es?
Penicillin kommt in verschiedenen Formen vor. Dabei unterscheiden sich etwa Penicillin G und Penicillin V maßgeblich in der Art ihrer Verabreichung.
Einige Vertreter der Penicilline sind:
- Benzylpenicillin (Penicillin G)
- Phenoxymethylpenicillin (Penicillin V)
- Oxacillin (Penicillinase-fest)
- Dicloxacillin (Penicillinase-fest)
- Flucloxacillin (Penicillinase-fest)
- Ampicillin
- Amoxicillin
Benzylpenicillin (Penicillin G)
Dank der Entdeckung von Penicillin waren Infektionskrankheiten wie Lungenentzündungen, mit Bakterien infizierte Wunden und ähnliches kein Todesurteil mehr. Trotzdem stieß Penicillin immer wieder an seine Grenzen: Zum einen kann es nur gegen grampositive Bakterien eingesetzt werden, zum anderen ist Penicillin als solches nicht säurestabil. Das bedeutet, dass eine orale Aufnahme des Medikaments dessen Wirkung zunichte machen würde. Deshalb muss Penicillin G (Benzylpenicillin) intravenös beziehungsweise intramuskulär gespritzt oder als Infusion verabreicht werden. Der Vorteil ist, dass die Wirkung dadurch sehr intensiv und zeitnah einsetzt.
Phenoxymethylpenicillin (Penicillin V)
Später entdeckten Biochemiker im österreichischen Kundl das säurestabile und dadurch oral anwendbare Penicillin V (Phenoxymethylpenicillin). Dies erleichterte den Patienten die Anwendung sowie Dosierung. Die Wirkung fällt aber mindestens um die Hälfte schwächer aus als bei Penicillin G.
Abgesehen von Penicillin G und Penicillin V gibt es zahlreiche Wirkstoffe, die zu den Penicillinen gehören. Jeder Wirkstoff weist andere Anwendungsgebiete und Stärken auf. Darum ist es optimal, wenn der Arzt vor dem Verschreiben eines Medikaments herausfindet, welcher Bakterienstamm genau die jeweilige Krankheit ausgelöst hat.
Penicillinase-feste Penicilline: Oxacillin, Dicloxacillin, Flucloxacillin
Penicillinase-feste Wirkstoffe sind weniger empfindlich dafür, vom Enzym Penicillinase angegriffen zu werden, das die Bakterien zu ihrer Verteidigung bilden. Diese Penicilline wirken nur gegen Staphylokokken. Ihr bekanntester Vertreter ist der sogenannte Krankenhauskeim, Staphylococcus aureus. Dieser Erreger ist jedoch häufig bereits resistent gegen die genannten Wirkstoffe und sorgt so vor allem in Krankenhäusern für Probleme.
Ampicillin und Amoxicillin
Diese beiden Wirkstoffe werden ebenfalls oral eingenommen und sind gängig gegen Infektionen der Atem- und Harnwege, bei Mittelohrentzündung oder Blutvergiftung.
Resistenzen: Bakterien-Enzym lässt Penicillin unwirksam werden
Manche Bakterienstämme bilden Penicillinase aus, ein Enzym, das den Wirkstoff Penicillin abbaut. Genau das beschreibt der Begriff Resistenzbildung: dass ein Medikament dem Krankheitserreger gegenüber wirkungslos geworden ist. Dieser Mechanismus ist nur einer von verschiedenen, mit denen sich Bakterien im Rahmen einer Antibiotikaresistenz vor der Wirkung des Antibiotikums schützen.
Im schlimmsten Fall werden dadurch andere, harmlose Bakterien getötet und die schädlichen Bakterien können sich leichter vermehren, was eine massive Verschlechterung des Krankheitsverlaufs bewirkt. So müssen immer wieder neue Beta-Lactam-Antibiotika entwickelt werden, um die weit verbreiteten Resistenzen zu umgehen. Teilweise kommt es auch zu Kreuzresistenzen, was bedeutet, dass selbst Penicillin-Wirkstoffe, gegen die sich noch keine Resistenz entwickelt hat, ohne Wirkung bleiben.
Penicillin: Entdeckung aus Versehen
Der britische Wissenschaftler Alexander Fleming machte 1928 eine zufällige Entdeckung in seinem Labor am St. Mary’s Hospital in London, die die medizinische Wissenschaft nachhaltig verändern sollte. Während eines Urlaubs ließ Fleming mehrere mit Bakterien beimpfte Petrischalen unbeaufsichtigt. Bei seiner Rückkehr stellte er fest, dass Schimmelpilze einige dieser Schalen besiedelt hatten. Besonders bemerkenswert war der Befund in einer Schale, die vom Schimmelpilz Penicillinum notatatum befallen war: Hier waren die Bakterienkulturen im Bereich des Pilzbefalls deutlich zurückgegangen, ein Phänomen, das als "Hemmhof" bezeichnet wird.
Fleming intensivierte daraufhin seine Experimente mit dem Schimmelpilz und entdeckte, dass dessen Ausscheidungsprodukte grampositive Bakterien wie Staphylokokken, Streptokokken und Pneumokokken abtöten konnten. Dieser Effekt zeigte sich jedoch nicht bei gramnegativen Krankheitserregern wie Salmonellen. Zudem erwies sich der Schimmelpilz als ungefährlich für Tiere und Menschen. Obwohl Fleming das Potenzial von Penicillinum als antibakterielles Medikament nicht erkannte, veröffentlichte er 1929 seine Forschungsergebnisse, die den Grundstein für spätere therapeutische Anwendungen legten.
Weiterentwicklung in den 1940er-Jahren
Ernst Boris Chain und Howard Florey erforschten 1938 Mikroorganismen, die Bakterien abtöten. Im Zuge ihres Projekts stießen sie auf die Daten von Fleming, extrahierten daraufhin den Wirkstoff aus dem Schimmelpilz Penicillinum und testeten es zunächst an Mäusen:
Experiment: 50 Tiere wurden mit einer tödlichen Dosis Bakterien infiziert. 25 bekamen anschließend Penicillinum
Ergebnis: Alle 25 unbehandelten Mäuse starben, von den therapierten überlebten 24.
Die beiden Forscher benannten das Medikament nach dem ursprünglichen Pilzstamm. So entstand das erste Antibiotikum, das unter dem Namen Penicillin bekannt wurde.
Bedeutung von Penicillin im Zweiten Weltkrieg
Während des Zweiten Weltkriegs erwies sich Penicillin als entscheidend für die medizinische Versorgung verwundeter Soldaten und wurde zu einer wichtigen Ressource für die Alliierten. Die Produktion des Antibiotikums wurde strategisch in die USA verlagert, um den Bedarf zu decken. Dort entdeckten Wissenschaftler, dass die Kultivierung des Pilzes Penicillinum chrysogenum in flüssigen Nährmedien die Produktion des lebensrettenden Medikaments signifikant steigern konnte. Diese Innovation ermöglichte es, größere Mengen an Penicillin herzustellen und somit mehr Leben zu retten.
Fleming, Chain und Florey erhielten im Jahr 1945 den Nobelpreis für den medizinischen Fortschritt, den die Entdeckung des neuen Medikaments mit sich brachte.
Erster mit Penicillin behandelter Patient starb
Ein englischer Polizist, der sich beim Rasieren geschnitten und dessen Wunde sich infiziert hatte, wurde als erster Mensch mit Penicillin behandelt. Die Infektion und das Fieber verschwanden, die Behandlung mit Penicillin wurde abgebrochen. Einen Monat später starb der Mann an einem Rückfall. Damit war klar, dass Penicillin über längere Zeit verabreicht werden muss, auch wenn die Symptome bereits abgeklungen waren.
Nebenwirkungen und Penicillinallergie
Neben der Resistenz ist die Allergie gegen bestimmte Antibiotika ein verbreitetes Problem. Das Immunsystem des Patienten richtet sich in diesem Fall gegen den Wirkstoff, indem es Antikörper bildet. Die darauffolgenden allergischen Reaktionen können von Hautausschlag bis hin zum anaphylaktischen Schock reichen.
Da Penicillin nicht nur gegen Krankheitserreger wirkt, sondern gegen viele weitere Bakterien, werden im Zuge der Therapie auch nützliche Bakterienkulturen in Darm und Scheide abgetötet. Dieses Ungleichgewicht kann zu Durchfall oder Scheidenpilz führen. Sollte eine solche Reaktion bereits bekannt oder zu erwarten sein, können Patienten etwa mit probiotischen Zäpfchen gegensteuern. Am besten spricht man mit dem Arzt oder Apotheker, welche Möglichkeiten der Vorsorge es gibt.
Wechselwirkungen: Wie verträgt sich Penicillin mit anderen Medikamenten und Lebensmitteln?
Immer wieder ist zu lesen, dass Milchprodukte die Wirkung von Antibiotika einschränken. Das ist jedoch nur bedingt richtig. Es stimmt, dass das in der Milch enthaltene Kalzium die Aufnahme des Wirkstoffs erschweren kann. Jedoch trifft dies nicht auf alle Antibiotika zu. Vor allem von dieser Wechselwirkung betroffen sind die Wirkstoffe Ciprofloxacin, Norfloxacin und Doxycyclin. Die Wirkung von Penicillin wird durch Milch hingegen kaum beeinflusst.
Auf Alkohol sollten Patienten während der Behandlung mit Penicillin und anderen Antibiotika jedoch verzichten, da sich die Wirkungen beider Stoffe gegenseitig ungünstig beeinflussen können.
Bei der Behandlung mit Penicillin kann es zu Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten kommen. Hier gilt es, die Packungsbeilage zu studieren bzw. den behandelnden Arzt oder Apotheker zu fragen. Generell ist davon auszugehen, dass Antibiotika die Wirkung hormoneller Verhütungsmittel (etwa Pille, Verhütungsring und -pflaster) vermindern. Während einer Penicillintherapie sollten Paare also zusätzlich auf ein mechanisches Verhütungsmittel wie ein Kondom zurückgreifen.
Dürfen Schwangere Penicillin nehmen?
Bemerkt eine Frau während der Penicillintherapie, dass sie schwanger ist, sollte sie das umgehend mit ihrem Arzt oder Apotheker besprechen. Viele Antibiotika haben zwar keine negative Wirkung auf den Fötus. Allerdings sind hier die Schwangerschaftswoche und der genaue Wirkstoff ausschlaggebend, weshalb jeder Fall individuell abgeklärt werden muss.