Die wichtigsten Antworten zum Ur-Antibiotikum

Penicillin: Wechselwirkungen des Antibiotikums mit Pille, Alkohol und Milch

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Die Entdeckung des Penicillins war eine medizinische Revolution, das Antibiotikum rettete unzählige Leben. Die durchschlagende Wirkung gegen Bakterieninfektionen bringt aber auch Nachteile wie Resistenzen und Penicillinallergie mit sich. Erfahren Sie mehr über die Anwendung und verschiedenen Arten von Penicillin.

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© Getty Images/Sinhyu

Kurzübersicht: Häufige Fragen und Antworten

Wie wirkt Penicillin?

Wie lange dauert es bis Penicillin wirkt?

Was ist der Unterschied zwischen Antibiotika und Penicillin?

Artikelinhalte im Überblick:

13 wirkungsvolle Antibiotika aus der Natur

Was ist Penicillin?

Penicillin ist das älteste, kommerziell eingesetzte Antibiotikum. Der Begriff stammt aus dem Griechischen und bedeutet "gegen das Leben". Gemeint ist aber nicht das Leben von Patient*innen, sondern das der Bakterien.

Anwendung von Penicillin

Wie andere Antibiotika  wirkt Penicillin nur gegen bakterielle Erreger, nicht aber gegen Viren, Parasiten oder Pilze. Mittlerweile gibt es unterschiedliche Penicilline, die bei verschiedenen bakteriellen Infektionskrankheiten eingesetzt werden. Dazu gehören beispielsweise:

Wie wirken Penicilline?

Penicilline gehören zu den Beta-Lactam-Antibiotika und greifen die Zellwand der Bakterien im Wachstumsstadium an. Sie binden sich an spezielle Enzyme, welche eine Schlüsselrolle beim Aufbau der Zellwand spielen und machen diese schwach. Durch diese Störung können sich die Bakterien nicht vermehren, und bestehende Bakterienzellen werden instabil und sterben ab.

Besonders wirksam sind Penicilline gegen grampositive Bakterien. Gramnegative Bakterien sind von einer Art Schutzkapsel (Membran) umschlossen, die das Eindringen von Penicillin erschwert. Breitspektrum-Antibiotika können aber auch hramnegative Bakterien abtöten.

Penicillin G, Penicillin V und Co.: Verschiedene Arten von Penicillin

Penicillin kommt in verschiedenen Formen vor. Einige Vertreter der Penicilline sind:

  • Amoxicillin
  • Ampicillin
  • Benzylpenicillin (Penicillin G)
  • Dicloxacillin (Penicillinase-fest)
  • Flucloxacillin (Penicillinase-fest)
  • Oxacillin (Penicillinase-fest)
  • Phenoxymethylpenicillin (Penicillin V)
  • Piperacillin

Die Anwendung unterscheidet sich je nach Penicillin-Art. Während Penicillin G beispielsweise intavenös oder intramuskulär verabreicht wird, können Amoxicillin und Penicillin V oral eingenommen werden.

Jeder Wirkstoff weist andere Anwendungsgebiete und Stärken auf. Daher ist es wichtig, dass Fachleute vor der Verschreibung eines Medikaments genau bestimmen, welcher Bakterienstamm die betreffende Krankheit verursacht hat.

Wechselwirkungen: Wie verträgt sich Penicillin mit anderen Medikamenten und Lebensmitteln?

Penicilline können nur wirksam helfen, wenn Sie richtig angewendet werden. Grundsätzlich sollten sich Patient*innen daher an die ärztliche Verordnungen oder die Angaben auf dem Beipackzettel halten.

Es ist auch wichtig, den*die Arzt*Ärztin über die Einnahme von anderen Medikamenten zu informieren, da es unter Umständen zu Wechselwirkungen kommen kann.

Alkohol und Penicillin – besser nicht!

Auf Alkohol sollte während der Behandlung mit Penicillin und anderen Antibiotika besser verzichtet werden, da sich die Wirkungen beider Stoffe gegenseitig ungünstig beeinflussen können.

Penicillin und Milch – zusammen unwirksam?

Tatsächlich vertragen sich Milchprodukte mit vielen Antibiotika nicht, da das enthaltene Kalzium die Aufnahme des Wirkstoffs erschweren kann. Die Wirkung von Penicillin wird durch Milch hingegen kaum beeinflusst.

Allerdings wird bei beispielsweise bei Penicillin V oder Ampicillin die Einnahme auf nüchternen Magen empfohlen, da die Geschwindigkeit, mit der der Wirkstoff in den Blutkreislauf gelangt (Bioverfügbarkeit) durch Nahrung stark vermindert wird.

Vorsicht bei Penicillin und Verhütungsmitteln wie der Pille

Generell ist davon auszugehen, dass Antibiotika die Wirkung hormoneller Verhütungsmittel (etwa Pille, Verhütungsring und -pflaster) vermindern. Während einer Penicillin-Therapie sollten Paare also zusätzlich auf ein mechanisches Verhütungsmittel wie ein Kondom zurückgreifen.

Diese gefährlichen Wechselwirkungen sollten Sie kennen

Dürfen Schwangere Penicillin nehmen?

Penicilline gelten als sicherste Antibiotika, die während der Schwangerschaft eingesetzt werden können. Sowohl Penicillin G als auch Penicillin V sind laut Embryotox unbedenklich für das Baby. Dennoch wird eine ärztliche Verordnung nur noch sorgsamer Nutzen-Risiko-Abwägung empfohlen.

Nebenwirkungen und Penicillinallergie

Da Penicillin nicht nur gegen Krankheitserreger wirkt, sondern gegen viele weitere Bakterien, werden im Zuge der Therapie auch nützliche Bakterienkulturen in Darm und Scheide abgetötet. Dieses Ungleichgewicht kann zu Durchfall oder Scheidenpilz führen.

Sollte eine solche Reaktion bereits bekannt oder zu erwarten sein, können Patient*innen etwa mit probiotischen Zäpfchen gegensteuern. Am besten sollte man vorher ärztlich abklären lassen, welche Möglichkeiten der Vorsorge es gibt.

Etwa 10 Prozent der Bevölkerung glaubt zudem, allergisch gegen Penicillin zu sein. Das liegt daran, dass sie in der Vergangenheit ein mit Durchfall, Hautrötungen oder Juckreiz auf die Medikamente reagiert haben. Allerdings können diese Symptome auch von Infekten selbst oder anderen Medikamenten verursacht worden sein. Zudem muss eine Penicillinallerige nicht lebenslang bestehen. Etwa die Hälfte der Betroffenen weist 5 Jahre nach der letzten Reaktion keine Überempfindlichkeit mehr auf.

Schätzungen sind etwa 85 bis 90 Prozent der Menschen, die glauben eine Penicillinallergie zu haben, nicht (mehr) allergisch. Ob tatsächlich eine Allergie vorliegt, kann in einer allerlogischen Praxis, beispielsweise mittels Pricktest, abgeklärt werden.

Resistenzen: Bakterien-Enzym lässt Penicillin unwirksam werden

Manche Bakterienstämme bilden Penicillinase aus, ein Enzym, das den Wirkstoff Penicillin abbaut. Genau das beschreibt der Begriff Resistenzbildung: dass ein Medikament dem Krankheitserreger gegenüber wirkungslos geworden ist. Dieser Mechanismus ist nur einer von verschiedenen, mit denen sich Bakterien im Rahmen einer Antibiotikaresistenz vor der Wirkung des Antibiotikums schützen.

Im schlimmsten Fall werden dadurch andere, harmlose Bakterien getötet und die schädlichen Bakterien können sich leichter vermehren, was eine massive Verschlechterung des Krankheitsverlaufs bewirkt. So müssen immer wieder neue Beta-Lactam-Antibiotika entwickelt werden, um die weit verbreiteten Resistenzen zu umgehen. Teilweise kommt es auch zu Kreuzresistenzen, was bedeutet, dass selbst Penicillin-Wirkstoffe, gegen die sich noch keine Resistenz entwickelt hat, ohne Wirkung bleiben.

Penicillin: Entdeckung aus Versehen

Der britische Wissenschaftler Alexander Fleming machte 1928 eine zufällige Entdeckung in seinem Labor am St. Mary’s Hospital in London, die die medizinische Wissenschaft nachhaltig verändern sollte. Während eines Urlaubs ließ Fleming mehrere mit Bakterien beimpfte Petrischalen unbeaufsichtigt. Bei seiner Rückkehr stellte er fest, dass Schimmelpilze einige dieser Schalen besiedelt hatten. Besonders bemerkenswert war der Befund in einer Schale, die vom Schimmelpilz Penicillinum notatatum befallen war: Hier waren die Bakterienkulturen im Bereich des Pilzbefalls deutlich zurückgegangen, ein Phänomen, das als "Hemmhof" bezeichnet wird.

Fleming intensivierte daraufhin seine Experimente mit dem Schimmelpilz und entdeckte, dass dessen Ausscheidungsprodukte grampositive Bakterien wie Staphylokokken, Streptokokken und Pneumokokken abtöten konnten. Dieser Effekt zeigte sich jedoch nicht bei gramnegativen Krankheitserregern wie Salmonellen. Zudem erwies sich der Schimmelpilz als ungefährlich für Tiere und Menschen. Obwohl Fleming das Potenzial von Penicillinum als antibakterielles Medikament nicht erkannte, veröffentlichte er 1929 seine Forschungsergebnisse, die den Grundstein für spätere therapeutische Anwendungen legten.

Weiterentwicklung in den 1940er-Jahren

Ernst Boris Chain und Howard Florey erforschten 1938 Mikroorganismen, die Bakterien abtöten. Im Zuge ihres Projekts stießen sie auf die Daten von Fleming, extrahierten daraufhin den Wirkstoff aus dem Schimmelpilz Penicillinum und testeten es zunächst an Mäusen:

  • Experiment: 50 Tiere wurden mit einer tödlichen Dosis Bakterien infiziert. 25 bekamen anschließend Penicillinum

  • Ergebnis: Alle 25 unbehandelten Mäuse starben, von den therapierten überlebten 24.

Die beiden Forscher benannten das Medikament nach dem ursprünglichen Pilzstamm. So entstand das erste Antibiotikum, das unter dem Namen Penicillin bekannt wurde.

Bedeutung von Penicillin im Zweiten Weltkrieg

Während des Zweiten Weltkriegs erwies sich Penicillin als entscheidend für die medizinische Versorgung verwundeter Soldaten und wurde zu einer wichtigen Ressource für die Alliierten. Die Produktion des Antibiotikums wurde strategisch in die USA verlagert, um den Bedarf zu decken. Dort entdeckten Wissenschaftler, dass die Kultivierung des Pilzes Penicillinum chrysogenum in flüssigen Nährmedien die Produktion des lebensrettenden Medikaments signifikant steigern konnte. Diese Innovation ermöglichte es, größere Mengen an Penicillin herzustellen und somit mehr Leben zu retten.

Fleming, Chain und Florey erhielten im Jahr 1945 den Nobelpreis für den medizinischen Fortschritt, den die Entdeckung des neuen Medikaments mit sich brachte.

Erster Penicillin-Patient starb

Ein englischer Polizist, der sich beim Rasieren geschnitten und dessen Wunde sich infiziert hatte, wurde als erster Mensch mit Penicillin behandelt. Die Infektion und das Fieber verschwanden, die Behandlung mit Penicillin wurde abgebrochen. Einen Monat später starb der Mann an einem Rückfall. Damit war klar, dass Penicillin über längere Zeit verabreicht werden muss, auch wenn die Symptome bereits abgeklungen waren.

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