Penicillin: Wechselwirkungen des Antibiotikums mit Pille, Alkohol und Milch
Die Entdeckung des Penicillins war eine medizinische Revolution, das Antibiotikum rettete unzählige Leben. Die durchschlagende Wirkung gegen Bakterieninfektionen bringt aber auch Nachteile wie Resistenzen und Penicillinallergie mit sich.
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Penicillin ist das älteste, kommerziell eingesetzte Antibiotikum. Dieser Fachbegriff kommt aus dem Griechischen und bedeutet "gegen das Leben". Es ist jedoch nicht das Leben des Patienten gemeint, sondern das der Bakterien. Wichtig zu wissen ist, dass Penicillin – wie alle anderen Antibiotika – nur gegen bakterielle Erreger wirkt, nicht jedoch gegen Viren, Parasiten oder Pilze.
Artikelinhalte im Überblick:
- Entdeckung von Penicillin
- Welche Penicicillin-Arten gibt es?
- Wirkungsweise des Antibiotikums
- Nebenwirkungen und Penicillinallergie
- Wechselwirkungen mit Medikamenten und Lebensmitteln
- Penicillin während Schwangerschaft?
Medizinrevolution aus Versehen: Die Entdeckung von Penicillinum notatum
1928 entdeckte der britische Forscher Alexander Fleming per Zufall die bakterizide Wirkung des Schimmelpilzes Penicillinum notatatum. Er ließ einige mit Bakterien beimpfte Petrischalen in seinem Versuchslabor im St. Mary’s Hospital in London stehen, als er sich in den Urlaub verabschiedete. Bei seiner Rückkehr waren einige Schalen mit Schimmelpilzen befallen. Erstaunlich daran: In jener Schale, die vom Schimmelpilz Penicillinum infiziert worden war, waren die Bakterienkulturen im Bereich des Befalls zurückgegangen ("Hemmhof").
Fleming führte infolgedessen weitere Versuche mit dieser Pilzart durch und stellte fest, dass die Ausscheidungsprodukte des Pilzes grampositive Bakterien wie Staphylokokken, Streptokokken oder Pneumokokken abtöten, nicht aber gramnegative Krankheitskeime wie Salmonellen, und dass dieser Schimmelpilz für Tiere und Menschen ungefährlich ist. Zwar kam er nicht auf die Idee, Penicillinum als antibakterielles Medikament einzusetzen, veröffentlichte im Jahr 1929 aber seine Forschungsergebnisse.
Ernst Boris Chain und Howard Florey erforschten 1938 Mikroorganismen, die Bakterien abtöten. Im Zuge ihres Projekts stießen sie auf die Daten von Fleming, extrahierten daraufhin Penicillinum und testeten es zunächst an Mäusen: 50 Tiere wurden mit einer tödlichen Dosis Bakterien infiziert, 25 bekamen anschließend Penicillinum. Alle 25 unbehandelten Mäuse starben, von den therapierten überlebten 24. Die beiden Forscher benannten das Medikament nach dem ursprünglichen Pilzstamm – das erste Antibiotikum namens Penicillin war geboren.
Darum starb der erste mit Penicillin behandelte Patient
Ein englischer Polizist, der sich beim Rasieren geschnitten und dessen Wunde sich infiziert hatte, wurde als erster Mensch mit Penicillin behandelt. Die Infektion und das Fieber verschwanden, die Behandlung mit Penicillin wurde abgebrochen. Einen Monat später starb der Mann an einem Rückfall. Damit war klar, dass Penicillin über längere Zeit verabreicht werden muss, auch wenn die Symptome bereits abgeklungen waren.
Im Zweiten Weltkrieg spielte Penicillin eine große Rolle in der Versorgung verwundeter Soldaten; die Alliierten hatten diese medizinische Waffe auf ihrer Seite. Die Produktion von Penicillin wurde in die USA verlagert, wo man herausfand, dass die Kultivierung in flüssigen Nährmedien und der Pilzstamm Penicillinum chrysogenum größere Mengen an Penicillin liefern.
Fleming, Chain und Florey erhielten im Jahr 1945 den Nobelpreis für den medizinischen Fortschritt, den die Entdeckung des neuen Medikaments mit sich brachte.
Penicillin G, Penicillin V und Co.: Welche Arten des Antibiotikums gibt es?
Penicillin kommt in verschiedenen Formen vor. Dabei unterscheiden sich etwa Penicillin G und Penicillin V maßgeblich in der Art ihrer Verabreichung.
Einige Vertreter der Penicilline sind:
- Benzylpenicillin (Penicillin G)
- Phenoxymethylpenicillin (Penicillin V)
- Oxacillin (Penicillinase-fest)
- Dicloxacillin (Penicillinase-fest)
- Flucloxacillin (Penicillinase-fest)
- Ampicillin
- Amoxicillin
Benzylpenicillin (Penicillin G)
Dank der Entdeckung von Penicillin waren Infektionskrankheiten wie Lungenentzündungen, mit Bakterien infizierte Wunden und ähnliches kein Todesurteil mehr. Trotzdem stieß Penicillin immer wieder an seine Grenzen: Zum einen kann es nur gegen grampositive Bakterien eingesetzt werden, zum anderen ist Penicillin als solches nicht säurestabil. Das bedeutet, dass eine orale Aufnahme des Medikaments dessen Wirkung zunichte machen würde. Deshalb muss Penicillin G (Benzylpenicillin) intravenös beziehungsweise intramuskulär gespritzt oder als Infusion verabreicht werden. Der Vorteil ist, dass die Wirkung dadurch sehr intensiv und zeitnah einsetzt.
Phenoxymethylpenicillin (Penicillin V)
Später entdeckten Biochemiker im österreichischen Kundl das säurestabile und dadurch oral anwendbare Penicillin V (Phenoxymethylpenicillin). Dies erleichterte den Patienten die Anwendung sowie Dosierung. Die Wirkung fällt aber mindestens um die Hälfte schwächer aus als bei Penicillin G.
Abgesehen von Penicillin G und Penicillin V gibt es zahlreiche Wirkstoffe, die zu den Penicillinen gehören. Jeder Wirkstoff weist andere Anwendungsgebiete und Stärken auf. Darum ist es optimal, wenn der Arzt vor dem Verschreiben eines Medikaments herausfindet, welcher Bakterienstamm genau die jeweilige Krankheit ausgelöst hat.
Penicillinase-feste Penicilline: Oxacillin, Dicloxacillin, Flucloxacillin
Penicillinase-feste Wirkstoffe sind weniger empfindlich dafür, vom Enzym Penicillinase angegriffen zu werden, das die Bakterien zu ihrer Verteidigung bilden. Diese Penicilline wirken nur gegen Staphylokokken. Ihr bekanntester Vertreter ist der sogenannte Krankenhauskeim, Staphylococcus aureus. Dieser Erreger ist jedoch häufig bereits resistent gegen die genannten Wirkstoffe und sorgt so vor allem in Krankenhäusern für Probleme.
Ampicillin und Amoxicillin
Diese beiden Wirkstoffe werden ebenfalls oral eingenommen und sind gängig gegen Infektionen der Atem- und Harnwege, bei Mittelohrentzündung oder Blutvergiftung.
Wirkungsweise: So macht Penicillin Bakterien den Garaus
Penicilline gehören zu den Beta-Lactam-Antibiotika und greifen die Zellwand der Bakterien im Wachstumsstadium an. Die Beschädigung führt zum Tod der Erreger. Problematisch sind Ruheformen der Bakterien, bei denen die Zellwand bereits vollständig ausgebildet ist. Diese kann durch das Antibiotikum nämlich nicht zerstört werden, die Keime bleiben erhalten. Darum ist es so wichtig, die Einnahme des Penicillins auch nach Abklingen der Symptome fortzusetzen, um auch die zunächst überlebenden Bakterien zu töten.
Resistenzen: Bakterien-Enzym lässt Penicillin unwirksam werden
Manche Bakterienstämme bilden Penicillinase aus, ein Enzym, das den Wirkstoff Penicillin abbaut. Genau das beschreibt der Begriff Resistenzbildung: dass ein Medikament dem Krankheitserreger gegenüber wirkungslos geworden ist. Dieser Mechanismus ist nur einer von verschiedenen, mit denen sich Bakterien im Rahmen einer Antibiotikaresistenz vor der Wirkung des Antibiotikums schützen.
Im schlimmsten Fall werden dadurch andere, harmlose Bakterien getötet und die schädlichen Bakterien können sich leichter vermehren, was eine massive Verschlechterung des Krankheitsverlaufs bewirkt. So müssen immer wieder neue Beta-Lactam-Antibiotika entwickelt werden, um die weit verbreiteten Resistenzen zu umgehen. Teilweise kommt es auch zu Kreuzresistenzen, was bedeutet, dass selbst Penicillin-Wirkstoffe, gegen die sich noch keine Resistenz entwickelt hat, ohne Wirkung bleiben.
Nebenwirkungen und Penicillinallergie
Neben der Resistenz ist die Allergie gegen bestimmte Antibiotika ein verbreitetes Problem. Das Immunsystem des Patienten richtet sich in diesem Fall gegen den Wirkstoff, indem es Antikörper bildet. Die darauffolgenden allergischen Reaktionen können von Hautausschlag bis hin zum anaphylaktischen Schock reichen.
Da Penicillin nicht nur gegen Krankheitserreger wirkt, sondern gegen viele weitere Bakterien, werden im Zuge der Therapie auch nützliche Bakterienkulturen in Darm und Scheide abgetötet. Dieses Ungleichgewicht kann zu Durchfall oder Scheidenpilz führen. Sollte eine solche Reaktion bereits bekannt oder zu erwarten sein, können Patienten etwa mit probiotischen Zäpfchen gegensteuern. Am besten spricht man mit dem Arzt oder Apotheker, welche Möglichkeiten der Vorsorge es gibt.
Wechselwirkungen: Wie verträgt sich Penicillin mit anderen Medikamenten und Lebensmitteln?
Immer wieder ist zu lesen, dass Milchprodukte die Wirkung von Antibiotika einschränken. Das ist jedoch nur bedingt richtig. Es stimmt, dass das in der Milch enthaltene Kalzium die Aufnahme des Wirkstoffs erschweren kann. Jedoch trifft dies nicht auf alle Antibiotika zu. Vor allem von dieser Wechselwirkung betroffen sind die Wirkstoffe Ciprofloxacin, Norfloxacin und Doxycyclin. Die Wirkung von Penicillin wird durch Milch hingegen kaum beeinflusst.
Auf Alkohol sollten Patienten während der Behandlung mit Penicillin und anderen Antibiotika jedoch verzichten, da sich die Wirkungen beider Stoffe gegenseitig ungünstig beeinflussen können.
Bei der Behandlung mit Penicillin kann es zu Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten kommen. Hier gilt es, die Packungsbeilage zu studieren bzw. den behandelnden Arzt oder Apotheker zu fragen. Generell ist davon auszugehen, dass Antibiotika die Wirkung hormoneller Verhütungsmittel (etwa Pille, Verhütungsring und -pflaster) vermindern. Während einer Penicillintherapie sollten Paare also zusätzlich auf ein mechanisches Verhütungsmittel wie ein Kondom zurückgreifen.
Dürfen Schwangere Penicillin nehmen?
Bemerkt eine Frau während der Penicillintherapie, dass sie schwanger ist, sollte sie das umgehend mit ihrem Arzt oder Apotheker besprechen. Viele Antibiotika haben zwar keine negative Wirkung auf den Fötus. Allerdings sind hier die Schwangerschaftswoche und der genaue Wirkstoff ausschlaggebend, weshalb jeder Fall individuell abgeklärt werden muss.