Anämie: Formen, Ursachen und Symptome der Blutarmut
Eine Anämie (Blutarmut) liegt vor, wenn es zu wenig des Blutfarbstoffs Hämoglobin gibt. Welche Symptome sind neben Müdigkeit, Blässe und Konzentrationsschwierigkeiten noch Anzeichen für eine Blutarmut und welche Ursachen kommen infrage?
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Ursächlich können sowohl eine verminderte Blutbildung als auch ein gesteigerter Abbau beziehungsweise Verlust von roten Blutkörperchen sein. Anämien lassen sich nach ihren zugrundeliegenden Ursachen oder anhand der veränderten Blutwerte einteilen.
Artikelinhalte im Überblick:
Anämie-Formen: Aplastische, hämolytische und ernährungsbedingte Blutarmut
Grundsätzlich lässt sich zwischen erworbenen und angeborenen Anämien unterscheiden. Die häufigsten Formen der Anämie sind:
Eisenmangelanämie: Sie ist die häufigste Form der erworbenen Formen von Blutarmut. Etwa 80 Prozent aller Anämien beruhen auf einem Eisenmangel. Neben Blutverlust als Ursache kann Eisenmangel auch ernährungsbedingt auftreten.
Renale Anämie: Da ein für die Blutbildung wichtiges Hormon, das Erythropoetin (auch "Epo" genannt), von der Niere produziert wird, können auch Nierenerkrankungen zu einer Blutarmut führen, was als "renale Anämie" bezeichnet wird.
Aplastische Anämie: Bei der sogenannten aplastischen Anämie ist nicht nur die Produktion der roten Blutkörperchen, sondern die Bildung von mindestens zwei der drei Blutzellarten (also rote Blutkörperchen, weiße Blutzellen und/oder Blutplättchen) vermindert oder aufgehoben.
Erbliche hämolytische Anämien: Beispiele sind die Kugelzellanämie, die Sichelzellanämie und die sogenannte Thalassämie.
Folsäure-Mangelanämie: Folsäure ist an der Bildung von Blutzellen beteiligt, weshalb ein Mangel mit Blutarmut einhergehen kann.
Vitamin-B12-Mangelanämie: Auch ein Mangel an Vitamin B12 (Cobalamin) kann zur einer Anämie führen. Neben einer unzureichenden Zufuhr über die Nahrung kann die Ursache für eine bestimmte Form der B12-Mangelanämie auch ein Defzit am wichtigen Verdauungsenzym Intrinsic Factor sein.
Wichtige Blutwerte zur Einteilung von Anämien
Wichtige Parameter für die Einteilung von Anämien sind die Größe der roten Blutkörperchen (auch MCV oder mittleres Zellvolumen) sowie ihre Beladung mit Blutfarbstoff (auch MCH, mittlerer Zellhämoglobingehalt).
Bei einer Anämie können beide Werte erniedrigt, normal oder erhöht sein. Die roten Blutkörperchen können also eher klein, normal groß oder vergrößert sein. Ihnen kann es an Blutfarbstoff (Hämoglobin) mangeln, oder sie können damit übermäßig beladen sein. Auch eine normale Beladung mit Hämoglobin pro Erythrozyt kommt bei Anämien vor.
Anämie-Symptome: Diese Anzeichen verraten eine Blutarmut
Bei allen Formen der Blutarmut ist der Sauerstofftransport gestört. Deshalb sind die Grundsymptome oft gleich: Haut und Schleimhäute sind blass, Betroffene fühlen sich leicht erschöpft, leiden unter Konzentrationsschwäche und Kopfschmerzen. Manche Patienten berichten zudem über Luftnot bei Belastung oder einen auch in Ruhe erhöhten Herzschlag.
Viele Menschen haben eine beginnende Eisenmangelanämie, ohne Symptome wahrzunehmen. Sie werden erst durch eine Routine-Blutuntersuchung darauf aufmerksam. Eine ausgeprägte Anämie kann dagegen schon bei leichter körperlicher Tätigkeit zu Atemnot oder rascher Pulsbeschleunigung führen.
Entzündungen von Haut und Schleimhäuten bei Eisenmangelanämie
Bei Eisenmangel kann es zusätzlich zu Entzündungen von Haut und Schleimhäuten kommen. Eingerissene Mundwinkel, brüchige Nägel, Haarausfall, trockene Haut, gelegentlich auch mit Juckreiz, und Schluckbeschwerden (bei Entzündung der Speiseröhre) können auftreten. Ein Teil der Patienten verspürt auch abnorme Essgelüste, zum Beispiel auf Kalk oder Erde.
Gelbfärbung und Gallensteine bei hämolytischer Anämie
Patienten mit hämolytischen Anämien, also beispielsweise Kugelzellanämie, Sichelzellkrankheit oder Thalassämie, weisen zusätzlich zu den typischen Begleiterscheinungen einer Blutarmut auch Zeichen des gesteigerten Blutabbaus auf. Da der Abbau von Blutzellen in der Milz stattfindet, ist diese meist vergrößert. Ein Abbauprodukt ist das sogenannte Bilirubin. Entsteht mehr Bilirubin, als der Körper ausscheiden kann, lagert es sich im Körper ab.
In der Folge können sich Haut und Schleimhäute gelb färben, als erstes ist meist die weißes Augenhaut (Sklera) betroffen. Die Gelbfärbung wird auch Ikterus genannt. Zudem können sich durch die Ansammlung von Bilirubin Gallensteine bilden, die bei Verschluss der Gallenabflusswege starke Schmerzen bereiten können.
Knochenschmerzen und Organschäden bei Sichelzellenanämie
In einigen europäischen Ländern werden alle Säuglinge nach der Geburt untersucht, ob sie die Sichelzellkrankheit haben (sogenanntes Neonatal-Screening). In Deutschland gibt es eine solche Reihenuntersuchung für dieses Krankheitsbild bisher nicht. Daher wird die Diagnose meist mehr oder weniger zufällig in der Kindheit gestellt. Sind die Beschwerden nicht so stark ausgeprägt oder suchen die Betroffenen erst spät einen Arzt auf, kommt es auch vor, dass die Diagnose erst im Erwachsenenalter gestellt wird.
Wenn sich die roten Blutkörperchen zu Sichelzellen verformen, können sie kleine Blutgefäße verstopfen. In der Folge wird die Sauerstoffzufuhr zum Gewebe unterbrochen. Typisch sind Knochenschmerzen und Organschäden. Die Milz verliert bereits im ersten Lebensjahr ihre Abwehrfunktion. Aus diesem Grund sind Patienten mit Sichelzellkrankheit sehr infektgefährdet.
Infekte und Entwicklungsstörungen bei Thalassämie
Die schwere Verlaufsform der Thalassämie, die sogenannte Thalassaemia major, wird ebenfalls bereits im frühen Kindheitsalter symptomatisch: Es treten Fieberschübe, Infekte und Entwicklungsstörungen auf.
Neurologische Beschwerden bei Vitamin-B-12-Mangelanämie
Das (heute seltene) Vollbild einer perniziösen Anämie, einer Sonderform der Vitamin-B12-Mangelanämie, umfasst neben der für alle Anämie-Formen typischen Symptomatik und einer häufig bestehenden Magenschleimhautentzündung auch neurologische Beschwerden. Dazu zählen Muskelschwäche, Gangunsicherheiten sowie schmerzhafte oder kribbelnde Missempfindungen an Händen und Füßen bis hin zu Lähmungen. Diese neurologischen Zusatzsymptome entstehen nicht bei der folsäuremangelbedingten Anämie.
Liegen die genannten Beschwerden vor, sollte untersucht werden, ob eine der oben erwähnten Anämieformen vorliegt.
Anämie-Auslöser: Ursachen der verschiedenen Blutarmut-Formen
Eisenmangelanämie durch Blutverlust
Hierzulande liegt die Ursache für einen Eisenmangel mit eisenhaltigen Lebensmitteln vorbeugen meist in einem Verlust des Eisens aufgrund von Blutverlusten. Blutungen im Verdauungstrakt sind für etwas mehr als die Hälfte aller Eisenmangelanämien verantwortlich. Im Verdauungssystem werden solche Blutungen vom Betroffenen meist nicht wahrgenommen.
Hohe Blutverluste können auftreten bei:
- Hypermenorrhoe: Was tun bei verstärkter Menstruation?
- Hämorrhoiden: Symptome und Behandlung
- Magenschleimhautentzündung: Symptome, Dauer und Behandlung oder -geschwüren
- Magen-Darm-Tumoren
- Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen
Für die Eisenmangelanämie spielt hierzulande auch die Einnahme von Schmerzmitteln eine Rolle, da diese die Bildung von Geschwüren begünstigen können. Diese und andere erworbene Anämien können zudem als Begleiterscheinung anderer Krankheiten auftreten, etwa bei Infektions- oder Krebserkrankungen.
Ernährungsbedingte Eisenmangelanämie
Vor allem in unterentwickelten Ländern, aber auch hierzulande, spielt auch eine verminderte Zufuhr von Eisen durch Mangel- oder Fehlernährung eine ebenso wichtige Rolle für Eisenmangelanämien. Auch Essstörungen wie Magersucht (Anorexie): Symptome erkennen und behandeln und Bulimie: Raus aus der Ess-Brech-Sucht führen zu Störungen in der Eisenversorgung. In Schwangerschaft und Stillzeit sowie im Wachstum ist der Eisenbedarf zudem erhöht.
Vitamin-B-12- und Folsäure-Mangelanämie
Wird der Körper unzureichend mit UG⎪ Vitamin B12: Mangel mit diesen Lebensmitteln vorbeugen und/oder Folsäure versorgt, kommt es zu einer Störung der Produktion der roten Blutkörperchen im Knochenmark. Es werden unreife, verhältnismäßig große Zellen in die Blutbahn entlassen, die zu viel Hämoglobin geladen haben und eine verkürzte Lebensdauer haben.
Gründe für die unzureichende Versorgung mit Vitamin B12 können unter anderem eine streng vegane Ernährung oder Alkoholmissbrauch sein. Eine Vitamin-B12-Mangelanämie kann auch vorkommen, wenn für die Verdauung ein wichtiges Eiweiß, der sogenannte Intrinsic Factor, fehlt. Dann sprechen Mediziner von Perniziosa.
In Industrienationen ist eine unzureichende Versorgung mit Folsäure über die Ernährung eher seltenen. Neben Alkoholismus können die Einnahme von Medikamenten sowie verschiedene Krankheiten zu einem Folsäure-Mangel führen, durch den die Blutbildung gestört wird.
Myelodysplastischen Syndrom (MDS): Beim myelodysplastischen Syndrom (MDS) führen im Laufe des Lebens erworbene, krankhafte Veränderungen von Knochenmarkszellen (aufgrund genetischer Veranlagung oder durch Umwelteinflüsse) zu einer Überschwemmung des Körpers mit unreifen und funktionslosen Blutzellen, die normale Blutproduktion findet nur noch sehr eingeschränkt statt.
Erbliche hämolytische Anämien
Hämolytische Anämien sind Formen von Blutarmut, die auf einem gesteigerten Blutzellenabbau (Hämolyse) beruhen, weshalb die Lebensdauer der Erythrozyten verkürzt ist.
Thalassämie: Ein Beispiel für eine Anämie, der sowohl eine gestörte Blutproduktion als auch ein gesteigerter Blutabbau zugrundeliegt, ist die Thalassämie. Dies ist der Oberbegriff für unter anderem bei Menschen aus dem Mittelmeerraum verbreitete Erbkrankheiten, die mit einer Störung der Blutfarbstoffproduktion einhergehen. Es kommt zu einer hypochromen Anämie (den roten Blutkörperchen mangelt es also an Farbstoff) und zu einer gesteigerten Hämolyse, also zum vermehrten Abbau der roten Blutkörperchen.
Kugelzellanämie: Die Kugelzellanämie oder hereditäre Sphärozytose ist die häufigste Form der hämolytischen Anämien. In Deutschland gibt es etwa 33.000 Patienten mit Kugelzellanämie. Dem Krankheitsbild liegen Defekte der Erythrozytenwand aufgrund eines Gendefekts zugrunde. Die roten Blutkörperchen verlieren ihre Verformbarkeit und werden in der Milz beschleunigt abgebaut.
Sichelzellenanämie: Dagegen produziert das Knochenmark bei der ebenfalls angeborenen Sichelzellenanämie einen fehlerhaften Blutfarbstoff. Dies führt dazu, dass sich die Erythrozyten bei Sauerstoffmangel sichelartig verformen und so Blutgefäße verstopfen können.
Diagnose der Blutarmut: Wie stellt mein Arzt eine Anämie fest?
Eine Anämie wird vom Arzt in der Regel bei einer Blutuntersuchung festgestellt. Im Gespräch mit dem Patienten sollte der Arzt nach weiteren Beschwerden fragen.
Rund 70 Prozent des Eisens im Blut liegt im Hämoglobin vor, dem für den Sauerstofftransport verantwortlichen roten Blutfarbstoff. Bei der Routine-Untersuchung des Blutes wird die Zahl der roten Blutkörperchen sowie Gehalt an Hämoglobin bestimmt. Sind die Werte erniedrigt, so deutet dies auf eine latente Eisenmangelanämie hin.
Die beiden entscheidenden Blutwerte für die Diagnose einer Anämie sind der Blutfarbstoff und der Zellanteil am Blutvolumen, der sogenannte Hämatokrit. Beide Werte fallen natürlicherweise bei Frauen etwas niedriger aus als bei Männern. Eine Anämie liegt vor, wenn der Hämoglobinwert bei Frauen unter 12 Gramm (g)/Deziliter (dl) beziehungsweise bei Männern unter 13 g/dl sinkt oder der Hämatokrit bei Frauen weniger als 38 Prozent bzw. bei Männern weniger als 42 Prozent ausmacht. Im Kindesalter gelten wiederum andere Grenzwerte.
Die betroffenen Patienten können durch Blässe auffallen und klagen vielleicht über Müdigkeit. Der Arzt sollte im Gespräch nach weiteren Beschwerden sowie Vorerkrankungen des Patienten selbst und in seiner Familie fragen. Auch eine gründliche körperliche Untersuchung hilft dabei, die richtige Diagnose zu stellen.
Anhand weiterer Blutwerte wie der Größe und des Farbstoffgehalts der roten Blutkörperchen lässt sich die Anämie genauer eingrenzen. Hinter einer Blutarmut, bei der die roten Blutkörperchen klein sind und wenig Farbstoff tragen (also eine "mikrozytäre hypochrome Anämie"), kann sich zum Beispiel eine Eisenmangelanämie oder eine Thalassämie verbergen.
Um welche Form der Anämie handelt es sich?
Sind die Erythrozyten normal groß und mit einer normalen Hämoglobinmenge beladen, ("normozytäre normochrome Anämie") könnte es sich um eine hämolytische Anämie, eine akute Blutungsanämie, eine aplastische oder eine renale Anämie handeln. Sind die roten Blutkörperchen groß und mit viel Blutfarbstoff beladen ("makrozytäre hyperchrome Anämie"), könnte dem ein Mangel an Vitamin B12 oder Folsäure zugrundeliegen.
Um einen Eisenmangel zu erfassen, wird unter anderem das Speicherprotein des Eisens, das sogenannte Ferritin, bestimmt. Bei Eisenmangel ist seine Konzentration im Blut erniedrigt. Wird ein erniedrigter Eisenspiegel festgestellt, muss nach einer möglichen Blutungsquelle gefahndet werden.
Um beispielsweise hämolytische Anämien von aplastischen oder renalen Anämien zu unterscheiden, zählt man die Vorläuferzellen der roten Blutkörperchen, die sogenannten Retikulozyten. Ist die Blutbildung gestört, etwa bei aplastischer Anämie oder weil das in der Niere produzierte Blutbildungshormon fehlt, gibt es wenig Vorläuferzellen im Blut. Ist das Knochenmark hingegen intakt und versucht es, einem erhöhten Blutzellabbau (Hämolyse) mit einer verstärkten Neubildung von roten Blutkörperchen entgegenzuwirken, sind die Retikulozyten erhöht. Weitere Anzeichen für eine Hämolyse ist die vermehrte Ansammlung von Abbauprodukten wie beispielsweise Bilirubin im Blut.
Darüber hinaus lassen sich die typischen krankhaften Formen roter Blutkörperchen unter dem Mikroskop erkennen: bei der Sichelzellanämie verformen sie sich bei luftdichtem Verschluss sichelförmig, bei der Thalassämie können sie wie Schießscheiben wirken, und bei der Kugelzellanämie sehen sie teilweise tatsächlich kugelig aus. Besteht der Verdacht auf eine Sichelzellkrankheit oder eine Thalassämie, muss das Labor dem durch eine Hämoglobin-Analyse nachgehen. Auch die typischen Membrandefekte der Kugelzellen können spezielle Untersuchungsverfahren sichtbar machen.
Ein Mangel an anderen Nährstoffen und Vitaminen wie Vitamin B12 und Folsäure: Tagesbedarf, Lebensmittel und Bedeutung in Schwangerschaft lässt sich ebenfalls durch Blutuntersuchungen nachweisen.
Behandlung von Anämien
Je nach Ursache der Blutarmut ist die Therapie unterschiedlich. Eisenmangel kann durch entsprechende Medikamente und durch ausgewogenere Ernährung ausgeglichen werden, bei erblich bedingter Blutarmut können die Gabe von Blutkonseren, Schmerzmedikation oder eine Stammzellentransplantation angebracht sein.
Grundsätzlich gibt es kausale und symptomatische Therapieansätze. Bei einer Anämie, die durch eine Blutung im Verdauungstrakt hervorgerufen wurde, ist die Blutstillung natürlich die erste, kausale Therapiemaßnahme. Zusätzlich können Blutkonserven gegeben werden. Besteht aufgrund der Blutung ein Eisenmangel, wird dieser mit Eisentabletten ausgeglichen. Als Therapie wird Eisen als zweiwertiges Eisen in Tablettenform oder als Saft verabreicht.
Viele Patienten reagieren jedoch mit Magen-Darm-Störungen, sodass sich eine maximale Tagesdosis von 100 Milligramm und die Einnahme zu oder kurz vor den Mahlzeiten empfehlen. Die Therapie muss mindestens über einen Zeitraum von sechs Wochen durchgeführt werden, um eine sichere Auffüllung der Eisenspeicher im Körper zu gewährleisten. Der Erfolg sollte durch Laboruntersuchungen überprüft werden. Die typische Schwarzfärbung des Stuhls bei der Einnahme von Eisentabletten ist kein Grund zur Beunruhigung.
Und: Der Genuss von Schwarztee während der Therapie vermindert die Eisenresorption erheblich. Beruht ein Eisen- oder sonstiger Nährstoffmangel auf einer mangelhaften Ernährung oder Esstörungen, ist die Umstellung der Essgewohnheiten wiederum eine kausale Behandlung.
Stammzelltransplantation und Bluttransfusion
Für viele der komplexeren Anämieformen gibt es keine kausale Therapie. Vor allem die erblichen Krankheiten lassen sich nicht ursächlich behandeln, da ihnen ja ein Gendefekt zugrundeliegt, der sich (noch) nicht beheben lässt.
Eine kurative, also heilende Behandlungsmöglichkeit stellt bei Thalassämie, Sichelzellkrankheit und aplastischer Anämie jedoch die Stammzelltransplantation: Knochenmark vom Spender dar. Hierbei spendet ein Verwandter dem Patienten Stammzellen aus Blut oder Knochenmark. Diese nisten sich im Knochenmark des Empfängers ein und sorgen dort für die Bildung gesunder Blutzellen.
Hierfür müssen allerdings bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, insbesondere eine genetische Kompatibilität ("Verträglichkeit") von Spender und Empfänger, damit es nicht zu Abstoßungsreaktionen kommt.
Als symptomatische Behandlung kommt bei den hämolytischen Anämieformen die Gabe von Blutkonserven in Betracht. Insbesondere bei der schweren Verlaufsform der Thalassämie sind regelmäßige Transfusionen (etwa alle drei Wochen) meist unverzichtbar.
Durch die vielen Blutkonserven kommt es allerdings zu einer Eisenüberladung des Organismus. Hierfür ist wiederum eine sogenannte Eiseneliminationstherapie angezeigt, die ebenfalls Nebenwirkungen mit sich bringen kann.
Die typischen Schmerzkrisen bei Patienten mit Sichelzellanämie können je nach Schweregrad mit unterschiedlich starken Schmerzmitteln behandelt werden.
Bei der Kugelzellanämie hat es sich bewährt, die ohnehin bereits früh funktionslose Milz chirurgisch zu entfernen. Dadurch normalisiert sich die Lebensdauer der Erythrozyten, auch wenn Membrandefekt und Kugelform erhalten bleiben. Es kommt zu einer vollständigen Normalisierung von Hämoglobinkonzentration und Retikulozytenzahl; das heißt, die Anämie wird behoben. Die Milz sollte allerdings nicht vor dem sechsten Lebensjahr entfernt werden. Zudem ist die lebenslang erhöhte Infektionsgefahr der Betroffenen zu berücksichtigen. Anämie: Formen, Ursachen und Symptome der Blutarmut
Patienten mit aplastischer Anämie benötigen Transfusionen der betroffenen Blutzellen, also gegebenenfalls Konserven von roten Blutkörperchen und/oder von Blutplättchen (Thrombozyten). Wenn möglich, sollte eine Stammzelltransplantation erfolgen. Ganz ohne Behandlung verläuft die Krankheit im Erwachsenenalter in sieben von zehn Fällen tödlich. Zum Vergleich: Zehn Jahre nach einer Stammzellspende von Verwandten sind bis zu acht von zehn Patienten wieder gesund. Findet sich kein kompatibler Spender, stellen immunsuppressive Medikamente eine weitere Behandlungsmöglichkeit dar.
Die perniziöse Anämie lässt sich durch die Gabe von Vitamin B12 behandeln. Dazu erhält der Patient zunächst einmal pro Woche, dann alle sechs Monate eine Spritze in den Muskel. Ein Folsäuremangel lässt sich mithilfe von Tabletten ausgleichen.
Prävention der Blutarmut: Kann man einer Anämie vorbeugen?
Ein gravierender Eisenmangel ist in industrialisierten Ländern selten. Während des Wachstums, in der Schwangerschaft oder bei starker Regelblutung sollte jedoch auf eisenhaltige Nahrungsmittel geachtet werden. Denn eine ausgewogene Ernährung ist die beste Vorbeugung vor einer Eisenmangelanämie.
Dies gilt auch für Vegetarier: Pflanzliche Nahrung enthält zwar besonders viel Eisen, der gleichzeitig hohe Phosphatgehalt verhindert aber eine gute Verfügbarkeit für den Körper. Hülsenfrüchte, Roggen und Kopfsalat sollten deshalb einen festen Platz im Speiseplan haben. Wesentlich leichter nimmt der Organismus Eisen aus Nahrungsmitteln tierischer Herkunft auf.
Eisen in der Schwangerschaft
In Europa leidet etwa jede zehnte Frau im gebärfähigen Alter an einer Eisenmangelanämie. In Entwicklungsländern ist sogar mehr als die Hälfte der Frauen betroffen. Weltweit weist jeder vierte Mensch einen Eisenmangel auf. Während des Wachstums, in der Schwangerschaft oder bei starker Regelblutung sollte jedoch auf eisenhaltige Nahrungsmittel geachtet werden. Schwangere Frauen, Frühchen und Neugeborene, die weniger als 2.500 Gramm wiegen, bekommen heute prophylaktisch Eisengaben.
Für Patienten mit hämolytischen Anämien spielt der Schutz vor Infektionskrankheiten in der Prävention eine zentrale Rolle, da die Milz im weiteren Krankheitsverlauf ihre Abwehrfunktion meist einbüßt. Aus diesem Grund sind bei Kindern mit Kugelzellanämie, Sichelzellkrankheit oder Thalassämie die Schutzimpfungen besonders wichtig, vor allem gegen Pneumokokken, Haemophilus influenzae und Meningokokken.
Auch Ringelröteln: Harmlos, aber in der Schwangerschaft gefährlich sind gefürchtet. Eine Infektion mit dem sogenannten Parvovirus B19 kann eine aplastische Krise auslösen, also die Bildung von roten und weißen Blutzellen sowie von Blutplättchen zum Versiegen bringen. Patienten, die noch keine Ringelröteln durchgemacht haben, sollten daher Kontakte zu Erkrankten meiden.
Nach einer Entfernung der Milz beispielsweise bei Kugelzellanämie wird eine lebenslange Antibiotika-Prophylaxe empfohlen. In Studien wird derzeit die Möglichkeit überprüft, die Milz nicht vollständig zu entfernen, sondern einen aktiven Rest im Körper der Patienten zu belassen und so die Antibiotika-Dauergabe zu verkürzen.
Eltern von Säuglingen und Kleinkindern mit Sichelzellanämie sollten lernen, die Milz ihrer Kinder zu tasten. Normalerweise liegt die Milz versteckt unter dem linken Rippenbogen und lässt sich gar nicht tasten. Ist sie tastbar, deutet dies auf eine Vergrößerung hin.
Wenn die Milz bei Sichelzellkrankheit plötzlich größer wird, kann dem ein lebensbedrohlicher Zustand zugrundeliegen, die sogenannte "Milzsequestration". Dabei wird fast das gesamte Blut, das eigentlich durch den Körper fließen soll, in der Milz zurückgehalten. Da es nicht mehr für den Kreislauf zur Verfügung steht, kommt es zu einem Schockzustand mit schnellem Herzschlag, niedrigem Blutdruck und extremer Blässe.
Eine Milzsequestration kann sich sehr rasch entwickeln und tödlich sein. Zu Beginn klagt das Kind oft über Bauchschmerzen, es wird blass und schlapp und will nicht mehr essen. Manchmal tritt auch Fieber auf. Jeder Sichelzellpatient mit Bauchschmerzen sollte deshalb unbedingt einem Arzt vorgestellt werden. Im Falle einer Milzsequestration können Transfusionen, aber auch die sofortige chirurgische Entfernung der Milz angezeigt sein.
Bei Patienten mit Sichelzellanämie können zudem jährliche Ultraschall-Kontrollen der großen hirnversorgenden Gefäße sinnvoll sein, um einen drohenden Infarkt des Gehirngewebes rechtzeitig zu entdecken. Besteht ein erhöhtes Risiko, kann eine Transfusionsbehandlung nötig werden.
Weiterhin sollten Patienten mit Sichelzellkrankheit auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr achten sowie Alkohol, Zigaretten und andere krisenauslösende Faktoren (beispielsweise Unterkühlung) meiden.
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