Den Blutdruck verstehen
Zu hoher Blutdruck oder zu niedriger, schwankende Blutdruckwerte nachts oder nach dem Sport und wie wird der Blutdruck richtig gemessen? Der Blutdruck ist ein wichtiger Marker für die Gesundheit. Doch viele wissen darüber nicht richtig Bescheid.
Kaum ein anderes Körpersignal ist so einfach festzustellen und sagt so viel über die Gesundheit aus wie der Blutdruckwert. Vor allem Bluthochdruck gilt als wichtiger Hinweis, dass die Gefäße verengt sind. Das wiederum gefährdet Herz, Hirn und Nieren. Bluthochdruck gilt als Risikofaktor Nummer eins für Herzinfarkt und Schlaganfall. Diese Fakten sind inzwischen allgemein bekannt. Weniger bekannt ist jedoch, durch welche Mechanismen im Körper der Blutdruck entsteht, wie Blutdruckabfall und Blutdruckanstieg sich erklären lassen sowie weitere Details zum Phänomen Blutdruck.
Hoher und niedrige Blutdruckwert, systolisch und diastolisch
Blutdruck entsteht durch die Pulswelle, mit der das Herz das Blut durch die Schlagadern pumpt. Dabei lässt sich jeweil ein niedrigerer und ein höherer Wert messen. Der Spitzendruck wird dabei medizinisch als systolischer bezeichnet, der Minimaldruck als diastolischer Druck.
- Der systolische zeigt den Druck, wenn das Herz angespannt ist, sich zusammenzieht und die Pulswelle kommt.
- Der diastolische entsteht, wenn das Herz sich entspannt und die Pulswelle abebbt.
Lifeline/Wochit
Die Maßeinheit für Blutdruckwerte
Maßeinheit für den Blutdruck ist Millimeter Quecksilbersäule (mmHg). Früher wurde der Blutdruck mechanisch mit Hilfe einer Quecksilbersäule gemessen – in manchen Praxen kann man diese Geräte noch heute sehen. Je nachdem, wie hoch der Druck das Quecksilber in dem Röhrchen steigen lässt, wird deshalb die Bezeichnung mmHg verwendet.
Ideale Blutdruckwerte liegen bei 120 zu 80 mmHg
Dabei teilen Ärzte den Blutdruck entsprechend seiner Werte in verschiedene Gruppen ein. Sie reichen von normal bis zu starkem Bluthochdruck (Hypertonie Grad 3). Diese Ordnung wurde von der WHO festgelegt und basiert auf zahlreichen Studien:
Blutdruck | Systole | Diastole |
optimal | < 120 | < 80 |
normal | < 130 | < 90 |
hoch-normal | 130 bis139 | 85 bis 89 |
Hypertonie Grad 1 |
140 bis 159 | 90 bis 99 |
Hypertonie Grad 2 | 160 bis 179 | 100 bis 109 |
Hypertonie Grad 3 | >180 | >110 |
Gelockerte Vorgaben für Hochrisikopatienten
Vor allem die so genannten Hochrisikopatienten, also Menschen mit Herz- und Nierenschäden, sollten dabei laut Empfehlung der WHO die Normalwerte von 130 zu 90 auf keinen Fall überschreiten. Die European Society of Hypertension (ESH) und die European Society of Cardiology (ESC) hat jedoch in ihren aktuellen Leitlinien festgelegt, dass für diese Patienten Werte von 140 zu 90 ausreichend sind. Die Erklärung: Gerade diese Patienten können so niedrige Blutdruckwerte wie von der WHO gefordert meist nicht erreichen. Das setzt Patient und Arzt zusätzlich unter Druck. Außerdem sei ein medizinischer Nutzen für die Patienten nicht ersichtlich. Professor Dr. med. Reinhold Kreutz, Sprecher der Sektion Arzneimittel der Deutschen Hochdrucklige in einer Pressemitteilung: "Eine zu aggressive blutdrucksenkende Therapie kann unter Umständen mehr schädigen, als ein etwas höherer Wert“.
Den Blutdruck rechts oder links messen
Linker oder rechter Arm – auf welcher Seite sollte gemessen werden? Das ist im Prinzip egal. Wird der Blutdruck zum ersten Mal gemessen, sollte die Untersuchung an beiden Armen durchgeführt werden. An dem Arm, an dem der Wert höher ist, sollte dann in Zukunft immer gemessen werden. Ausschlaggabend ist nämlich immer der höhere Wert.
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- Blutdruckwerte werden in mmHg angegeben, also Millimeter Quecksilbersäule. Hier die Quecksilbersäule eines Standmessgeräts auf 120 - dem idealen systolischen Wert.
- Thinkstock
Die verschiedenen Möglichkeiten, die Blutdruckwerte zu messen
Um festzustellen, wie hoch der Blutdruck ist, gibt es mehrere Möglichkeiten:
Selbstmessung digital am Handgelenk:
Eine Druckmanschette mit Computer wird um das Handgelenk gelegt, das bei der Messung auf Höhe des Herzens sein sollte. Die Manschette bläst sich auf, bis kein Blut mehr durch die Adern fließt und misst damit den systolischen Druck im Blutgefäß. Danach lässt sie die Luft wieder ab und misst dabei den diastolischen Druck. Zusätzlich wird der Puls, also die Herzschläge pro Minute (Herzfrequenz), festgestellt.
Blutdruckmesswerte mit App:
Eine weitere Option für die Selbstmessung sind kleine, digitale Messgeräte, die mit einer App auf Smartphone, Tablet oder Computer verbunden sind. Sie werten die Daten aus und machen sie kompatibel, etwa zur Langzeitkontrolle durch den Arzt
Oberarmmessung:
In Praxen und Kliniken wird manchmal noch mit einem Standgerät gearbeitet. Es besteht aus Manometer und Manschette, die um den Oberarm gelegt wird. Gleichermaßen gibt es Oberarmgeräte zur Selbstmessung. Wichtig dabei ist wieder, dass der Messpunkt auf Höhe des Herzens liegt. Galt die Oberarmmessung früher als aussagestärker als die am Handgelenk, sind beide Messformen heute gleichermaßen sicher und gut.
Weißkittel-Hochdruck
Vor allem, wenn die Messung durch medizinisches Personal oder den Arzt durchgeführt wird, reagieren besonders sensible Menschen mit Blutdruckanstieg. Dieses Phänomen bezeichnet man als "Weißkittel-Bluthochdruck". Auf den ersten Blick haben die Betroffenen einen zu hohen Blutdruck. Messen sie jedoch selbst öfter zu Hause, ist der Blutdruck wieder normal.
24-Stunden-Blutdruckmessung
Eine weitere Möglichkeit, die tatsächlichen Werte herauszufinden und eine echte Hypertonie zu bestätigen oder auszuschließen, ist die 24-Stunden-Blutdruckmessung. Der Arzt verordnet sie auch dann, wenn die Messungen stark unterschiedliche Werte liefern. Der Patient erhält in der Praxis das 24-Stunden-Blutdruckmessgerät. Die Manschette wird um den Oberarm angelegt, ein daran angeschlossener kleiner Computer am Gürtel befestigt. Das Gerät misst nun tagsüber alle 15 Minuten und nachts alle halbe Stunde den Blutdruck, sammelt die Daten und erstellt daraus ein Blutdruckprofil. Am nächsten Tag nimmt der Arzt dem Patienten das Gerät wieder ab und wertet die Daten aus.
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- Die Manschette sollte fest anliegen, das Messgerät sich auf der Innenseite des Handgelenks befinden. Wenn es dann noch auf Herzhöhe ist - mit der Hand etwas abstützen oder vor die Brust legen - stimmt die Messung.
- Thinkstock
Richtige Blutdruckwerte selbst messen – 9 Tipps
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Normale Schwankungen der Blutdruckwerte
Allerdings ist der Blutdruck nicht immer gleich. Es gibt ganz natürliche Blutdruckschwankungen. So sinkt der Blutdruck bei Nacht während des Schlafens. Er ist dann meist 15 bis 20 mmHg niedriger als tagsüber. Die am Morgen vom Körper produzierten Hormone, körperliche Tätigkeiten, physische und psychische Aktivitäten lassen den Blutdruck am Tag wieder ansteigen.
Blutdruckschwankungen bei Bluthochdruck
Bei Patienten mit Hypertonie sind die Blutdruckschwankungen zwischen Tag und Nacht ein wichtiger Marker. Sie geben manchmal Hinweise auf die Grunderkrankung, die den Bluthochdruck auslöst. Darüberhinaus muss sich die Behandlung danach richten, ob der Blutdruck nachts abfällt oder nicht, gleich bleibt oder nachts sogar höher ist als bei Tag. Ein Beispiel: Sinkt zu hoher Blutdruck nachts nicht ab, kann eine Nierenerkrankung Ursache für die Hypertonie sein. Ist der Blutdruck nachts höher als am Tag, besteht die Hypertonie vermutlich schon länger und Organschäden sind bereits entstanden.
Dr. Heart / Expertenteam
Sport lässt Blutdruck steigen und fallen
Um normale, sogar gesunde Blutdruckschwankungen handelt es sich dagegen in Zusammenhang mit Sport. Während des Trainings steigt vor allem der systolische Wert an. Das Herz muss jetzt mehr Blut durch die Adern pumpen um möglichst viel Energie in Form von Sauerstoff in die Muskeln zu transportieren. Nach Ende der Belastung sinkt der Blutdruck rasch wieder und erreicht normale Werte, oftmals sogar optimale Werte. Dieser Effekt kann bis zu 22 Stunden nach Trainigsende anhalten. Je besser trainiert ein Mensch ist, desto rascher sinkt der Blutdruck übrigens wieder ab. Zusätzlich lässt sich durch regelmäßigen Sport zu hoher Blutdruck oftmals dauerhaft senken, was viele Studien beweisen konnten.
Zu niedriger Blutdruck ist (k)eine Krankheit
Neben zu hohem Blutdruck gibt es auch viele Menschen, die zu niedrige Werte aufweisen, also unter 105 zu 65 mmHg. Betroffen sind meist junge, schlanke Frauen. Niedriger Blutdruck (Hypotonie) ist in der Regel nicht krankhaft und völlig harmlos. Im Gegenteil – er schont die Gefäße und hält damit auch die Organe jung und leistungsfähig. Anders als Bluthochdruck, der anfangs meist keine Symptome macht, kann sich Hypotonie jedoch durch ziemlich unangenehme Anzeichen äußern: Schwindel, Herzrasen, Ohrenklingen, Sehstörungen, Kopfschmerzen und Müdigkeit. Medikamente sind trotzdem meist nicht nötig. Vernünftige, vollwertige Ernährung und viel Trinken sind sinnvoll. Lässt sich eine permanente Kreislaufschwäche aber nicht über die Lebensweise ausgleichen, so sind hierfür Kreislauf stabilisierende Medikamente verfügbar.
Zu niedriger Blutdruck und Sport
Wie Hypertoniker profitieren auch Hypotoniker von Sport. Sie müssen dabei keine Angst haben, dass nach dem Training die Werte noch weiter in den Keller sinken. Sport gleicht Blutdruck nämlich in beide Richtungen aus: Zu hohe Werte sinken dauerhaft, zu niedrige steigen etwas an und der Blutdruck stabilisiert sich auf Dauer.
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