Blutbildung und Teil des Immunsystems

Knochenmark: Aufbau, Funktion und Knochenmarkspende

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Das Knochenmark liegt im Inneren vieler Knochen und ist ein lebensnotwendiges Organ. Wie das Knochenmark aufgebaut ist, welche Funktionen es hat und welche Erkrankungen mit dem Knochenmark zusammenhängen, erfahren Sie hier.

Knochenmark: Organ im Inneren des Knochens
© Getty Images/Yuri_Arcurs

Das Knochenmark (Medulla ossium) ist ein schwammartiges und sehr nährstoffreiches Gewebe im Knocheninneren. Seine Hauptaufgabe besteht darin, Blutzellen zu bilden.

Artikelinhalte im Überblick:

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So ist das Knochenmark aufgebaut

Man findet das Knochenmark vor allem in den langen Röhrenknochen an den verdickten Enden und in den flachen Knochen wie Brustbein, Schulterblättern und Hüftknochen. Auch in den flachen Schädelknochen findet sich Knochenmark. Unterschieden wird zwischen gelbem und rotem Knochenmark. Bei Neugeborenen gibt es nur rotes Knochenmark, das im Laufe des Lebens immer mehr vom gelben Knochenmark (auch Fettmark genannt) verdrängt wird.

Das Knochenmark ist von feinen Blutgefäßen durchzogen, die zum einen der Versorgung dienen und zum anderen die neu entstanden Blutzellen aufnehmen. Die Blutbildung (Hämatopoese) ist Hauptaufgabe des Knochenmarks.

Funktionen des Knochenmarks

Das Knochenmark ist das wichtigste Organ für die Blutbildung – in ihm sind Stammzellen enthalten, die immer wieder neue lebensnotwendige Blutzellen herstellen können. Auch die Knochenmarkzellen selbst werden dort synthetisiert. Rotes und gelbes Knochenmark unterscheiden sich in ihrer Funktion.

Gelbes Knochenmark (Medulla ossium flava):

Das gelbe Knochenmark entsteht aus rotem Knochenmark und ist nicht an der Hämatopoese beteiligt, da es keine Stammzellen mehr enthält. Der Anteil des gelben Knochenmarks nimmt im Laufe des Lebens zu – rotes Knochenmark wird durch gelbes Fettmark nach und nach ersetzt. Eine Rückbildung zu rotem, blutbildendem Knochenmark ist nicht möglich. Die gelbliche Farbe entsteht durch die Einlagerung von Fett in die Retikulumzellen. Das gelbe Knochenmark ist hauptsächlich ein Fettspeicher.

Rotes Knochenmark (Medulla ossium rubra)

Nur im roten Knochenmark befinden sich hämatopoetische Stammzellen, also Zellen, die sich in spezialisierte Blutzellen umwandeln können. Hier werden alle Blutzellen gebildet:

  • Erythrozyten: Die roten Blutkörperchen machen einen Großteil der Zellen im Blut aus. Sie transportieren Sauerstoff, der an den roten Blutfarbstoff Hämoglobin gebunden wird, zu den Organen und anderen Zellen.

  • Leukozyten: Die weißen Blutkörperchen sind ein wesentlicher Teil des Immunsystems. Sie reagieren auf Bakterien und Viren und machen sie unschädlich. Sie können Krankheitserreger abwehren, indem sie zum Beispiel durch Antikörper bilden oder  den schädlichen Keim aufnehmen, die Phagozytose durch sogenannte Fresszellen. Werden nicht genügend weiße Blutkörperchen gebildet, hat das gravierende Folgen für das Immunsystem.

  • Thrombozyten: Blutblättchen sind wichtig für die Blutgerinnung. Nach einer Verletzung sorgen sie dafür, dass die Blutung gestillt wird, indem sie die Gefäße wieder nach außen ihn abdichten. Ohne Thrombozyten würden Menschen schon bei der kleinsten Verletzung verbluten. Stecknadelgroße Einblutungen (Petechien) in der Haut können ein Hinweis auf zu wenig Thrombozyten sein.

Leukozyten im Blut: Das bedeuten erhöhte und zu niedrige Werte

Knochenmarkserkrankungen: Störungen bei der Blutbildung

Die Zellen des Blutes sind kurzlebig und müssen ständig erneuert werden, daher werden Milliarden neue Blutzellen täglich im Knochenmark gebildet. Besteht beispielsweise eine Infektion im Körper, bildet er mehr Leukozyten zur Immunabwehr. Gerät dieser Prozess außer Kontrolle und werden nicht mehr genug Blutkörperchen gebildet, hat das verheerende Folgen für den ganzen Körper.

Blutstammzellen können durch Bestrahlung und Chemotherapie zerstört werden. Patienten*innen benötigen dann eine Stammzelltransplantation, um weiterhin die lebensnotwendigen Blutbestandteile bilden zu können.

Auch können einige Erkrankungen zu einer Störung der Hämatopoese führen:

Erkrankungen des Knochenmarks führen zu einer veränderten Zusammensetzung der zellulären Bestandteile des Blutes. Dies zeigt sich anhand des Hämatokritwerts.

Knochenmark und Stammzelltransplantation

Eine Knochenmarktransplantation wird notwendig, wenn die Hämatopoese durch eine erworbene oder angeborene Erkrankung nicht mehr angemessen funktioniert. Häufig kommt sie bei der Behandlung von Blutkrebs zum Einsatz: Durch die Knochenmarktransplantation können zum Beispiel wirkungsvollere Chemo- und Strahlentherapien (Hochdosistherapie) bei Tumorerkrankungen eingesetzt werden. Die Krebszellen werden besser abgetötet, allerdings auch die blutbildenden Stammzellen.

Bei einer Knochenmarktransplantation werden gesunde Stammzellen übertragen, damit nach erfolgreicher Transplantation selbst wieder Blutzellen hergestellt werden können. Die transplantierten Stammzellen können entweder

  • von einem*einer passenden Spender*in (allogen) oder
  • dem*der Empfänger*in (autolog) selbst kommen.

Die autologe Stammzelltransplantation ist allerdings vergleichsweise selten.

Die Stammzelltransplantation ist mit einem sehr hohen Risiko verbunden – vor der Spende muss das gesamte blutbildende Knochenmark des*der Erkrankten durch Bestrahlung oder Chemotherapie zerstört werden. Danach muss die Transplantation schnell erfolgen, denn Patient*innen können in dieser Phase keine Blutzellen bilden. Da das Immunsystem enorm geschwächt ist, muss eine Infektion unbedingt vermieden werden.

Die Transfusion der Stammzellen ist ein unkomplizierter Eingriff: die von dem*der Spendenden entnommenen Stammzellen werden per Infusion oder Spritze in die Blutlaufbahn des*der Empfängers*Empfängerin entlassen. Ist die Transfusion erfolgreich, wandern die übertragenen Stammzellen ins Knochenmark und bilden dort neue Blutzellen.

Knochenmarkspende: Spendersuche und Typisierung

Nur in wenigen Fällen ist eine autologe Spende möglich, bei der einer Person Stammzellen entnommen und später wieder transplantiert werden. In den meisten Fällen muss ein*eine passender Spender*in gefunden werden.

Voraussetzung ist die Übereinstimmung einer Vielzahl gewebetypischer Merkmale mit dem*der Empfänger*in, um eine Abstoßungsreaktion zu vermeiden – besonders wichtig sind die sogenannten Leukozytenantigene (HLA). In vielen Fällen sind die Geschwister kompatibel. Andere Familienmitglieder passen sehr viel seltener.

Findet sich keine spendende Person im Kreis der Familie, muss in Knochenmarkspenderregistern nach einem*einer Fremdspender*in gesucht werden. Die Wahrscheinlichkeit eine geeignete Person zu finden, ist jedoch sehr gering. Je mehr Menschen sich bei nationalen und internationalen Knochenmarkspenderregistern eintragen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit für Erkrankte passende Hilfe zu bekommen.

Die Typisierung erfolgt über einen Abstrich der Mundschleimhaut oder eine Blutprobe. Sogar zuhause kann der Wangenabstrich erfolgen und dann eingeschickt werden.

So funktioniert die Stammzellenspende

Kommt eine registrierte Person oder ein Angehöriger als Spender*in infrage, ist in einem Großteil der Fälle keine Operation für die Entnahme erforderlich.

Periphere Stammzellenspende

Nicht nur im Knochenmark, auch in der Blutbahn befinden sich hämatopoetische Stammzellen, allerdings in geringerer Konzentration. Vor der Entnahme werden Wachstumsfaktoren zur Vermehrung der Zellen verabreicht. Nach einigen Tagen können die Stammzellen direkt aus dem Blut entnommen werden. Die Spende dauert einige Stunden und wird an ein bis zwei aufeinanderfolgenden Tagen durchgeführt.

Die verabreichten Medikamente sind in der Regel gut verträglich, können allerdings grippeähnliche Symptome hervorrufen. Während der peripheren Stammzellenspende (Leukapherese) kann es zu Schwindel und Kreislaufproblemen kommen. Die ambulant durchgeführte Entnahme der Stammzellen ist jedoch sehr risikoarm und kommt in circa 80 Prozent der Fälle infrage.

Knochenmarkspende: Wie funktioniert der Eingriff?

Ist die Stammzellgewinnung aus dem Blut nicht möglich, wird eine Knochenmarkspende durchgeführt. Unter Vollnarkose wird mithilfe einer Hohlnadel aus dem Beckenkamm bis zu 1,5 Liter Knochenmark und Blut entnommen. Die Spende dauert für gewöhnlich eine Stunde und der*die Spender*in kann meist noch am selben Tag das Krankenhaus wieder verlassen. Schmerzen an der Einstichstelle klingen schnell wieder ab. Es werden etwa fünf Prozent des Spenderknochenmarks entnommen, nach einigen Wochen hat sich dieses wieder regeneriert.

Neben den Risiken der Vollnarkose können Infektionen und Blutungen auftreten, die Knochenmarkspende ist aber an sich ungefährlich. Langfristige gesundheitliche Folgen sind bei gesunden Menschen nicht zu erwarten.

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