Knieprothese - künstliches Kniegelenk
Beim Einsatz einer Knieprothese werden geschädigte Anteile des Kniegelenks oder das gesamte Kniegelenk gegen künstliche Ersatzstücke ausgetauscht.
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Eine Knieprothese ist eine innere Prothese, gehört zu den so genannten Endoprothesen und wird auch als künstliches Kniegelenk bezeichnet. Darunter versteht man Ersatzstücke aus verschiedenen ähnlichen Materialien (Kunststoff, Metall), die das Knie ganz oder teilweise ersetzen.
Der Einsatz einer Prothese in innere Kniegelenksstrukturen (Knie-Endoprothetik) kann ebenso wie der Ersatz des Hüftgelenks zu den derzeit erfolgreichsten orthopädischen Operationen gezählt werden. Studien belegen, dass nach zehn Jahren noch 90 bis 95 Prozent der Patienten mit ihrer Prothese im Knie zufrieden sind. Nach 15 Jahren sind es immerhin noch fast 90 Prozent.
In Deutschland wurden 2015 rund 173.000 Operationen durchgeführt, bei denen eine Knieprothese implantiert wurde.
Das Verfahren hat eine lange Geschichte: Erste, allerdings eher experimentelle Implantationen einer Prothese wurden bereits gegen Ende des 19. Jahrhunderts durchgeführt. Wesentliche Fortschritte in der fanden jedoch erst vor 30 Jahren statt. Seither wurden die verschiedenen Systeme für die Prothese im Knie ständig weiterentwickelt, wobei die Tendenz heute zum vollständigen Ersatz der zerstörten Gelenkoberflächen geht. Die Haltbarkeit für ein künstliches Kniegelenk beträgt heute durchschnittlich etwa zwölf bis 15 Jahre.
Häufigste Indikation für Knieprothese: Gelenkverschleiß
Ein künstliches Kniegelenk wird überwiegend bei Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis eingesetzt, so bei
Häufigster Grund für den Einsatz einer Knieprothese ist der Verschleiß der knorpelüberzogenen Gelenkflächen im Knie, die sogenannte Gonarthrose. Auslöser für diese Arthrose im Knie sind:
- Kniegelenksverletzungen,
- Nekrosen (Gewebeuntergang),
- eine angeborene oder durch Knochenbruch erworbene Fehlstellung der Beinachse,
- eine genetisch bedingte Minderqualität des Gelenkknorpels,
- verschiedene Stoffwechselstörungen.
Übergewicht, Überlastung und mangelhafte muskuläre Führung des Kniegelenkes beschleunigen den Arthrose-Verlauf im Kniegelenk.
Ein weiterer Grund für einen Gelenkersatz am Knie ist eine entzündliche Zerstörung des Gelenkknorpels (arthritisches Rheuma), wobei die entzündlichen Veränderungen im Bereich der Gelenkschleimhaut den Knorpel in die Zange nehmen und letztendlich zerstören.
Verschiedene Arten für das künstliche Kniegelenk
Es sind verschiedene Typen von Knie-Prothesen entwickelt worden, um den unterschiedlichen Ansprüchen gerecht werden zu können. Hierbei können ersetzt werden:
Einzelne Gelenkanteile im Knie (Oberflächen-Prothesen) durch
- beidseitiger Oberflächen-Ersatz (Innen- und Außenseite der Oberschenkel- und Schienbein-Gelenkköpfe),
- einseitiger Oberflächen-Ersatz (Innen- oder Außenseite des Oberschenkel- und Schienbein-Gelenkkopfes),
- Sonderform des einseitigen Oberflächen-Ersatzes: die sogenannte Repicci-II-Prothese;
das gesamte Kniegelenk einschließlich Kniescheibe (verkoppelte Prothese).
Knieprothesen werden aus unterschiedlichen Materialien hergestellt. Für die Oberschenkel-Komponente werden in der Regel Metall-Legierungen (Chrom-Kobalt-Molybdän und andere) verwendet. Diese werden in ihrer Form der anatomischen Gelenkoberfläche des Oberschenkelknochens nachempfunden. Die Oberschenkel-Komponente gleitet auf einer Kunststoff-Platte (Polyethylen), die ihrerseits auf die Metall-Basis der Unterschenkel-Komponente fest aufgesteckt wird. Wird auch die innere Fläche der Kniescheibe ersetzt, so geschieht dies mit einer kleinen gerundeten Platte aus Kunststoff.
Somit gleitet jeweils Metall gegen Kunststoff, was einen sehr geringen Material-Abrieb nach sich zieht. Dies ist wichtig, da der Körper auf kleinste Abriebpartikel reagiert und im Rahmen einer Abwehrreaktion so genannte Granulome (lat. granulum = Körnchen) bildet. Diese Körnchen können wiederum zu einer Lockerung der Prothese führen. Seit Anfang der 2000er Jahre wird für die Knieprothese wie bei den Hüftprothesen ein nahezu verschleißfreies, hochvernetztes Polyethylen angewendet, das eine deutlich verlängerte Haltbarkeit der Prothesen erwarten lässt.
Beidseitige Oberflächen-Prothese spart Knochensubstanz
Wenn eine Knieprothese notwendig wird, setzt man meistens eine Schlitten- oder Oberflächen-Prothese ein. Hierbei werden die zerstörten Knorpeloberflächen an Oberschenkel- und Schienbeinknochen ersetzt. Am Oberschenkel-Gelenkkopf geschieht dies durch ein Schild aus Metall, am Schienbein-Gelenkkopf durch eine künstliche Oberfläche aus Titan, auf die ein Kunststoff-Plateau aufgesetzt wird.
Es ist zusätzlich möglich, auch die Rückfläche der Kniescheibe durch ein angerundetes Kunststoffplättchen zu ersetzen. Alternativ zu dieser Kniescheiben-Prothese kann hier auch eine Knorpelglättung und Entfernung der degenerativ entstandenen Knochenanbauten durchgeführt werden.
Vorteil der Oberflächen-Prothetik ist, dass sehr wenig Knochensubstanz verloren geht. Im Fall einer Prothesen-Lockerung kann zudem meist eine nochmalige Oberflächen-Prothese eingesetzt werden. Eine Ausnahme bildet das Vorliegen einer höhergradigen Beinachsen-Fehlstellung ("X-Bein", "O-Bein"), die zu einer Fehlbelastung und somit meist zur vorzeitigen Lockerung der Prothese führt; deshalb ist hier zum Beispiel die Implantation einer verkoppelten Knieprothese anzustreben.
Für die Oberflächen-Prothetik müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:
- Das vordere Kreuzband und die Menisken müssen vor dem Einsetzen der Prothese entfernt, das hintere Kreuzband kann belassen werden.
- Da die Anteile der Prothese mechanisch nicht miteinander verbunden sind, muss das Kniegelenk noch über eine ausreichende Stabilität verfügen (genügend straffer Knieseiten-Bandapparat und ausreichende muskuläre Führung).
- Außerdem sollte das knöcherne Lager (Oberfläche des jeweiligen Gelenkkopfes) eine gute Knochenqualität aufweisen, damit die Prothese fest verankert werden kann.
Auch andere Knieprothesen-Typen können verwendet werden.
Einseitige Oberflächen-Prothese bei Teilschädigung des Knies
Als Knieprothese ist auch eine endoprothetische Minimallösung mit einer einseitigen Schlitten-Prothese möglich. Diese ersetzt dann im Kniegelenk die geschädigten Knorpeloberflächen an Oberschenkel- und Schienbeinknochen entweder an der Innen- oder Außenseite des Gelenks. Das macht nur dann Sinn, wenn lediglich ein Teil des Kniegelenks geschädigt ist.
Voraussetzungen für die einseitige Prothese ist, dass vor der Entscheidung zu dieser unikondylären (Kondylus = Gelenkrolle) Schlittenprothese der Zustand aller Kniegelenksanteile sehr genau geprüft wird. Mit einer Arthroskopie (Gelenkspiegelung) wird wird untersucht, dass sich die arthrotischen Veränderungen (Knorpelverschleiß) auch wirklich nur auf einen Teil des Kniegelenkes beschränken, und die Gegenseite oder auch der Gelenkabschnitt zwischen Kniescheibe und Oberschenkelknochen nicht betroffen ist.
Es hat sich nämlich gezeigt, dass in vielen Fällen nach kurzer Prothesentragezeit (unter zehn Jahre) eine erneute Operation mit Einsatz einer Totalknie-Prothese erforderlich wurde. Hierbei war nicht etwa eine vorzeitige Prothesen-Lockerung der Grund. Vielmehr hatte sich das nicht prothetisch versorgte Gelenk derartig arthrotisch verschlechtert, dass eine Versorgung mit einer Komplett-Prothese unumgänglich wurde.
Repicci-Prothese als ambulante Minimallösung
Die Repicci-II-Prothese ist eine nützliche Weiterentwicklung in der einseitigen (unikondylären) Knie-Endoprothetik. Die Repicci-Prothese ist über einen fünf bis sieben Zentimeter kleinen Minischnitt ambulant einsetzbar.
Bei der Versorgung mit der Repicci-II-Prothese wird am Oberschenkelknochen ein Mini-Schlitten aus einer Metall-Legierung eingesetzt, der sich aufgrund der Größe (beziehungsweise "Kleinheit") des Implantats wesentlich von den herkömmlichen Schlittenprothesen unterscheidet.
Im Bereich des Schienbein-Plateaus wird ein Inlay aus Kunststoff (Polyäthylen) eingesetzt, welches bei mangelhafter knöcherner Abstützung durch ein kleines Metallplättchen unterlegt werden kann.
Die Repicci-Prothese hat einige Vorteile zu bieten:
- Bei dieser Operation wird die Oberschenkel-Gelenkrolle (Kondylus) weitgehend erhalten.
- Sollte ein Austausch der Repicci-Prothese notwendig werden, ist ein sicheres Knochenlager auch für die zukünftige Prothese vorhanden.
- Die Patienten werden durch diese Operation wesentlich weniger belastet. So kann beispielsweise die Infektionsgefahr herabgesetzt und der Blutverlust verringert werden.
- Außerdem sind die Patienten nach der Operation wesentlich schneller wieder mobil.
Weitere Option: Die verkoppelte Prothesen
Bei den verkoppelten Prothesen für das Knie wird eine feste Verankerung über lange Prothesen-Stiele erzielt, die weit in den Oberschenkel- beziehungsweise Schienbeinknochen vorgetrieben werden. Die Prothesenteile sind hier durch einen Polscharnier-Mechanismus miteinander verkoppelt beziehungsweise durch einen Gleit- oder Kegelachs-Mechanismus halbverkoppelt.
Ein Vorteil dieses Verfahrens ist, dass im Gegensatz zu den Oberflächen-Prothesen der verkoppelte Gelenkersatz auch bei instabilem Gelenk und bereits fortgeschrittenem Knochenverlust eingesetzt werden kann. Durch die langen Prothesen-Stiele wird eine sichere Gelenkführung auch ohne stabile Knieseitenbänder und gute Muskulatur gewährleistet. Durch die langen Prothesen-Stiele wird eine feste Verankerung im Knochen auch bei minderwertiger Knochensubstanz erreicht.
Allerdings kommt es Im Gegensatz zur Oberflächen-Prothetik bei dieser Methode zu einem größeren Knochenverlust. Dadurch erschwert sich eine möglicherweise erforderlich werdender Prothesen-Wechsel.
Wenn zusätzlich das Hüftgelenk der gleichen Seite mit einer Hüftprothese versorgt wird, entsteht außerdem zwischen den beiden Prothesen-Stielen (Hüftprothese von oben, Kniegelenksprothese von unten) in der Oberschenkelmitte eine Sollbruchstelle.
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