Lungenabszess: Wie gefährlich ist die Erkrankung?
Beim Lungenabszess handelt es sich um eine abgekapselte Ansammlung von Eiter im Lungengewebe. Ein Lungenabszess kann Folge einer Lungenentzündung sein, aber auch andere Ursachen sind möglich. Lesen Sie hier, welche Symptome typisch sind und ob Spätfolgen drohen.
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Als Abszess wird eine Eiteransammlung in einer nicht vorgebildeten Gewebehöhle bezeichnet. Entsprechend handelt es sich bei einem Lungenabszess um eine Eiteransammlung in einer Höhle im Lungengewebe.
Artikelinhalte im Überblick:
- Was ist ein Lungenabszess?
- Ursachen & Risikofaktoren
- Symptome
- Diagnose
- Behandlung
- Komplikationen & Spätfolgen
- Vorbeugen
Was ist ein Lungenabszess?
Bei einem Lungenabszess kommt es zum Absterben und anschließenden Zerfallen von Lungengewebe (Nekrose) durch Krankheitserreger. Dabei bildet sich eine eitrige Verkapselung im Gewebe. Ursache sind entzündliche Prozesse, ausgelöst durch eine meist bakterielle Infektion. Der Gewebeuntergang ist dann Folge zweier Faktoren:
Schädigungen des Lungengewebes durch den Krankheitserreger selbst
Abwehrreaktionen des Immunsystems gegen den Krankheitserreger
Das zugrunde gegangene Lungengewebe wird im Rahmen der Abwehrreaktion des Körpers durch Abwehrzellen, die weißen Blutkörperchen (Leukozyten), aufgenommen und abgebaut. Es entsteht ein Hohlraum im Lungengewebe, der durch Eiter ausgefüllt wird. Im Verlauf der Entzündung wird diese Eiteransammlung zum gesunden Lungengewebe hin durch eine Kapsel abgegrenzt (Abszesswand).
Ursachen eines Lungenabszesses
Ein Lungenabszess entsteht oftmals als Folge einer sogenannten Aspirationspneumonie, einer Form der Lungenentzündung. Gelangen etwa durch Einatmen und Verschlucken feste und flüssige Substanzen und Fremdkörper in die Atemwege (Aspiration), können sie dort erhebliche Schäden verursachen und entzündliche Prozesse in Gang setzen.
Der Körper versucht sich gegen eine solche Aspiration zu schützen, etwa durch starkes Husten. Diese Reaktion dient der Reinigung der Atemwege (Bronchien und Lungengewebe) und damit der Abwehr von Folgeschäden. Ist dieser Abwehrmechanismus gestört (etwa durch eine Bewusstlosigkeit oder im Zusammenhang mit einem Schlaganfall), können Keime aus Mund- und Rachenraum leicht in die Lunge eintreten und dort eine Entzündung und einen Abszess auslösen.
Daneben kann ein schwaches Immunsystem das Auftreten von Lungenabszessen begünstigen. Gefährdet sind unter anderem HIV-infizierte Personen sowie Menschen, die immunsupprimierende Medikamente einnehmen: Bei abwehrgeschwächten Personen reichen viel geringere Mengen von Bakterien aus, um eine Entzündung auszulösen. Darüber hinaus führen bei abwehrgeschwächten Patient*innen einige Krankheitserreger zu einer Pneumonie, die bei nicht abwehrgeschwächten Patienten keine Rolle spielen.
Des Weiteren ist ein Abszess oftmals Folge verschiedener Erkrankungen wie einer Lungenembolie, Sarkoidose oder Lungenkrebs. Auch die Aussackung eines Bronchus oder beider Bronchien (Bronchiektasen) kann die Entstehung der Krankheit begünstigen. In den Ausstülpungen sammelt sich zähflüssiger Schleim, in welchem sich gefährliche Keime gut vermehren können. Bronchiektasen können dabei angeboren oder im Laufe des Lebens erworben sein.
Weitere Ursachen und Risikofaktoren:
Alkoholmissbrauch: Übermäßiger Alkoholkonsum kann zu Erbrechen und einer Schluckstörung (Dysphagie) führen, wodurch eine Aspirationspneumonie begünstigt wird.
Mangelnde Zahnhygiene: Eine mangelnde Mund- und Zahnhygiene kann das Auftreten eines Lungenabszesses begünstigen. Karies sowie Entzündungen des Zahnfleisches und des Zahnhalteapparates werden durch Keime ausgelöst, die über die Atemluft verschleppt werden und in der Lunge zur Abszessbildung führen können.
Erreger, die einen Lungenabszess verursachen können
Die Keime, die durch Aspiration in die tieferen Atemwege gelangen, sind typischerweise sogenannte Anaerobier (Bakterien, die sich in Abwesenheit von Sauerstoff gut vermehren). Anaerobier sind im Mund- und Rachenraum sehr häufig, etwa im gefurchten Gewebe der Rachenmandeln und den Zahnfleischfalten rund um die Zähne. Folgende Anaerobier kommen beim Lungenabszess am häufigsten vor:
- Peptostreptokokken
- Prevotella
- Bacteroides
- Fusibakterien
Seltener entsteht ein Lungenabszess durch Bakterien, die nicht durch die typische Aspiration in die Lunge gelangt sind. Diese Bakterien sind dann auch keine Anaerobier, sondern es sind Bakterien, die oft auch Lungenentzündungen ohne Abszessbildung auslösen. Dazu gehören:
- Staphylokokken
- Streptokokken
- Klebsiellen
- Haemophilus
- Legionellen
- Pseudomonas
Daneben können auch Mischinfektionen aus aeroben und anaeroben Erregern vorliegen. Darüber hinaus finden sich bei geschwächter Abwehr oft Keime, die sonst nur selten vorkommen, wie Nokardien, Aktinomyceten, atypische Mykobakterien oder Pilze (Aspergillus, Cryptcoccus neoformans, Histoplasma capsulatum) oder Parasiten wie:
- einzellige Mikroorganismen (Amöben)
- Würmer (wie der in den Tropen vorkommende Lungenegel)
Lungenabszess: Symptome der Eiteransammlung
Wird der Lungenabszess von anaeroben Erregern verursacht, geht er in der Regel nicht mit akuten Symptomen einher. Die Erkrankung entwickelt sich dann meist schleichend und unbemerkt über einen längeren Zeitraum hinweg. Sind hingegen aerobe Bakterien der Auslöser, kommt es zu plötzlich einsetzenden Beschwerden.
Die Symptome eines Lungenabszesses sind sehr unspezifisch, sie können auch auf andere Erkrankungen der Lunge hindeuten. Mögliche Anzeichen sind etwa:
- allgemeines Krankheitsgefühl
- Fieber
- Husten mit Auswurf (produktiver Husten), der teilweise eitrig, blutig (Hämoptyse) und übelriechend ist
- fauliger Mundgeruch
- Schmerzen im Brustkorb
- Schüttelfrost
- nächtliche Schweißausbrüche
- verminderte Leistungsfähigkeit
- Appetitverlust
- Gewichtsverlust
Wie wird ein Lungenabszess festgestellt?
Angesichts der sich langsam entwickelnden Symptome ist es nicht selten, dass Betroffene nicht wegen akuter Beschwerden wie Husten oder blutigem Auswurf ärztliche Hilfe einholen, sondern aufgrund allgemeiner Beschwerden wie Gewichtsverlust und Erschöpfung.
Für die Diagnosestellung erfolgt in der Regel ein Diagnosegespräch (Anamnese), bei der die genaue Symptomatik, die Dauer der Beschwerden sowie Vorerkrankungen erfragt werden. Es folgt eine körperliche Untersuchung, bei der etwa der Brustkorb abgeklopft und mithilfe eines Stethoskops abgehört wird. Rasselgeräusche oder auch verminderte Atemgeräusche sind dann ein Hinweis auf einen Lungenabszess.
Erhärtet sich der Verdacht auf einen Lungenabszess, kommen bildgebende Verfahren wie eine Röntgenuntersuchung des Brustkorbs (Röntgen-Thorax) oder eine Computertomografie (CT) zum Einsatz. So können eitrige Einschlüsse im Gewebe sowie entzündliche Prozesse sichtbar gemacht werden.
Darüber hinaus empfehlen sich verschiedene Blutuntersuchungen, etwa zur Bestimmung der Entzündungsmarker. Auch kann eine Bronchoskopie (Lungenspiegelung) oder Abszesspunktion durch die Wand des Brustkorbs (transthorakale Abszesspunktion) notwendig werden, um den Erreger identifizieren und gezielt bekämpfen zu können.
Wie wird ein Lungenabszess behandelt?
Die Standardbehandlung bei einem Lungenabszess ist die Therapie mit einem Antibiotikum. Der Wirkstoff richtet sich je nach auslösendem Erregerstamm. In den meisten Fällen ist hier Clindamycin das Medikament der Wahl.
Je nach Schweregrad der Erkrankung wird das Antibiotikum zunächst direkt in die Vene als Infusion verabreicht. Bei normalem Verlauf kommt es schon nach wenigen Tagen unter dieser Behandlung zu einem Rückgang des Fiebers und der Entzündungsparameter im Blut sowie zu einer Verbesserung des Allgemeinzustands. Ist diese Verbesserung eingetreten, kann das Medikament auch in Form von Tabletten ambulant eingenommen werden. Das heißt, die Behandlung kann außerhalb des Krankenhauses fortgesetzt werden. Die Behandlungsdauer richtet sich nach dem klinischen Erfolg. Wichtig ist, die Therapie so lange wie verordnet fortzuführen, um einen Rückfall und Resistenzen zu verhindern.
Schmerzbehandlung und chirurgische Maßnahmen
Ist das Rippenfell ebenfalls entzündet, kann es zu erheblichen, meist atemabhängigen Schmerzen kommen, die mit Schmerzmittelgabe zu behandeln sind.
Unter bestimmten Bedingungen kann es notwendig sein, den Lungenabszess operativ zu entfernen. Die chirurgische Resektion wird jedoch nur durchgeführt, wenn der Abszess sich mit anderen Maßnahmen wie Antibiotika nicht behandeln lässt.
Komplikationen eines Lungenabszesses
Aufgrund der unklaren Symptomatik wird ein Lungenabszess nicht immer sofort erkannt. Unbehandelt drohen allerdings teilweise schwerwiegende Komplikationen, die auch lebensbedrohlich verlaufen können.
Entleert sich etwa der Abszess in den Raum zwischen Lunge und Brustwand, dem sogenannten Pleuraspalt, kommt es zu akuten Brustschmerzen und Atemnot. Fachleute sprechen dann von einem sogenannten Pleura-Empyem. Der Eiter muss dann häufig operativ entfernt werden.
Daneben können weitere Komplikationen auftreten, darunter:
- Blutvergiftung (Sepsis)
- Schimmelpilzbefall der Lunge (Aspergillom)
- Lungenembolie
Wird ein Lungenabszess allerdings frühzeitig erkannt und ausreichend lange antibiotisch behandelt, so stehen die Heilungschancen gut und es sind keine Spätfolgen zu befürchten.
Wie lässt sich einem Lungenabszess vorbeugen?
Eine gezielte Vorbeugung gegen einen Lungenabszess ist kaum möglich. Da eine mangelnde Mundhygiene, Karies und ein exzessiver Alkoholkonsum als Risikofaktoren gelten, ist es sinnvoll, regelmäßig zahnärztliche Vorsorgetermine wahrzunehmen und nur gelegentlich alkoholischen Getränken zu konsumieren.
Menschen mit einem geschwächten Immunsystem sollten zudem Kontakt zu Erkrankten meiden, weil diese eventuell Erreger über die Atemluft ausscheiden. Da sich aus einer akuten Lungenentzündung ein Abszess in der Lunge bilden kann, sollten Risikopersonen zudem eine Pneumokokken-Impfung in Erwägung ziehen, die Bakterien sind für einen Großteil der Lungenentzündungen verantwortlich. Eine Impfung gegen Influenza kann ebenfalls schützend wirken.
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