Atemnot in der Nacht oder bei Belastung: Was tun?
Atemnot bezeichnet das Empfinden von Atembeschwerden. Dieses Empfinden kann sehr subjektiv sein. Über die Ursachen und Therapien.
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Wie äußert sich Atemnot?
Unter Atemnot (Dyspnoe) versteht man die subjektive Erfahrung von Atemgeräuschen unterschiedlicher Art und Intensität. Es handelt sich um ein Gefühl, das nicht immer objektiv medizinisch untersucht werden kann.
Patient*innen beschreiben Atemnot auf ganz unterschiedliche Weise. Häufige Beschreibungen in Zusammenhang mit Dyspnoe sind:
- "Ich fühle, dass mein Atem schnell ist."
- "Ich kann nicht ausatmen."
- "Ich kann nicht einatmen."
- "Meine Atmung ist oberflächlich."
- "Das Atmen ist anstrengender."
- "Ich habe ein Erstickungsgefühl."
- "Ich habe ein Engegefühl."
- "Meine Brust ist wie zusammengeschnürt."
- "Ich fühle mich atemlos."
- "Ich bekomme nicht genug Luft."
Das Empfinden von Atemnot entsteht mitunter durch das Zusammenwirken mehrerer physiologischer, psychischer, sozialer und Umweltfaktoren. So sind es längst nicht nur Erkrankungen der Atemorgane wie Asthma oder eine Verlegung der Atemwege durch Fremdkörper oder ähnliches, die zu Luftnot führen können.
Behandlung bei Atemnot
Welche Akutmaßnahmen bei einer Dyspnoe ergriffen werden müssen hängt vom Schweregrad ab. Mitunter sind akut lebensrettende Maßnahmen mit Notfallbeatmung, Herzdruckmassage, Defibrillation des Herzens, Lysetherapie (Auflösung von Blutgerinnseln) notwendig. In manchen Fällen sollten Patienten immer bestimmte Notfall-Medikamente mit sich führen.
Als medikamentöse Akutmaßnahmen zur Verbesserung von Luftnot kommen bei obstruktiven Lungenerkrankungen (Asthma bronchiale und chronisch obstruktive Lungenerkrankung) in erster Linie Medikamente zur Anwendung, welche die Bronchien erweitern: Sympathomimetika, die zur Inhalation, als Tabletten oder Spritze gegeben werden.
Morphin-Präparate sind in der Lage, das Gefühl der Luftnot zu verringern. Sie werden daher bei schwerster, anders nicht ausreichend behandelbarer Dyspnoe eingesetzt. Problematisch ist die Tatsache, dass sie den Atemantrieb herabsetzen. Aus diesem Grund werden sie nur unter ärztlicher Überwachung und sorgfältiger Abwägung angewandt. Beruhigende Medikamente kommen gelegentlich zum Einsatz, wenn sehr starke Angst und Aufregung die Luftnot begleiten oder verstärken. Auch beruhigende und angstlösende Medikamente vermindern den Atemantrieb, weshalb die Verwendung nur nach ärztlicher Anweisung erfolgen sollte, so zum Beispiel Beta-Sympathomimetika bei Asthma.
Hyperventilation: In Plastiktüte ein- und ausatmen gegen Dyspnoe
Beim Hyperventilationssyndrom liegt ein meist psychisch bedingtes, vermehrtes Ein- und Ausatmen vor. Es wird zu viel Kohlendioxid abgeatmet und das Säure-Basen-Gleichgewicht im Blut verschiebt sich dadurch in den basischen Bereich. Neben der Beruhigung hilft es den meist sehr aufgeregten und ängstlichen Patienten, wenn man sie vorübergehend in eine Plastiktüte ein- und ausatmen lässt. Dadurch wird ein Teil des zu viel abgeatmeten Kohlendioxids wieder eingeatmet und die Verschiebung im Säure-Basen-Haushalt normalisiert sich wieder. Die Gabe von Kalzium ist nicht notwendig, da kein absoluter Mangel an Kalzium besteht, sondern sich nur das Gleichgewicht von geladenem und ungeladenem Kalzium verschiebt. Auch diese Verschiebung wird automatisch rückgängig gemacht, wenn der Kohlendioxidgehalt des Blutes wieder im Normalbereich liegt.) Zusätzlich können gegebenenfalls beruhigende Medikamente, wie Diazepam gegeben werden.
Bei Luftnot aufgrund einer Anämie hilft die Gabe von Blutkonserven (rote Blutkörperchen), um kurzfristig die Beschwerden zu bessern. Aber auch hier gilt, dass die Ursache der Anämie (zum Beispiel Eisenmangel) zu suchen und zu beheben ist.
Falls möglich, gilt es die Grunderkrankung der Atemnot zu therapieren und entsprechend auf diese Weise den Auslöser der Atemnot nachhaltig zu beheben.
Unterscheidung von akuter und chronischer Atemnot
Mediziner unterscheiden zwischen akuter und chronischer Atemnot. Akute Atemnot entsteht innerhalb von Minuten oder wenigen Stunden. Sie kann ein Zeichen für eine lebensbedrohliche Situation sein. Besteht die Atemnot länger als einen Monat, handelt es sich um chronische Atemnot. Auch sie sollte zielgerichtet untersucht und behandelt werden.
Beurteilung der Dyspnoe nach dem Schweregrad
Atemnot wird nach ihrem Schweregrad beurteilt. Dies geschieht einerseits allein anhand des individuellen Empfindens der Luftnot (Borg-Skala) und andererseits anhand der Belastbarkeit bzw. der Tätigkeiten, bei denen Luftnot eintritt (Amerikanische ATS-Skala).
Borg-Skala
Die Borg-Skala erfasst die innerhalb der letzten 24 Stunden vom Patienten empfundene Dyspnoe auf einer Skala von 0-10 (0 = überhaupt nicht; 10 = maximale Atemnot).
ATS-Skala
0 = Keine Atemnot: Keine Beschwerden beim raschen Gehen in der Ebene oder bei leichtem Anstieg, außer bei deutlicher körperlicher Anstrengung.
1 = Milde Atemnot: Kurzatmigkeit beim raschen Gehen in der Ebene oder bei leichtem Anstieg.
2 = Mäßige Atemnot: Kurzatmigkeit. In der Ebene ist der Betroffene langsamer als gleichaltrige Personen, er benötigt Pausen zum Atemholen, selbst wenn er sein eigenes Tempo verfolgt.
3 = Schwere Atemnot: Der Betroffene muss beim Gehen bereits nach einigen Minuten oder nach etwa 100 Metern im Schritttempo Pausen einlegen.
4 = Sehr schwere Atemnot: Der Betroffene ist zu kurzatmig, um das Haus zu verlassen, er leidet bereits beim An- und Ausziehen unter Luftnot.
Jeder Mensch atmet zeitlebens unentwegt ein und aus, in der meisten Zeit bemerkt er es nicht einmal bzw. achtet nicht darauf. Doch der automatisierte Vorgang der Atmung ist keineswegs simpel: Bestimmte Zentren im Hirnstamm sind daran offenbar ebenso beteiligt wie Teile des Großhirns. Eine Vielzahl von "Signalempfängern", sogenannten Rezeptoren, hält die Atemmuskeln unter Kontrolle und sorgt dafür, dass der Gasaustausch und die dabei notwendigen Regelkreisläufe ohne Unterbrechung ablaufen. Störungen in diesen Regelkreisläufen führen zur Atemnot.
Häufige Ursachen für akute Dyspnoe
Akute Atemnot in Verbindung mit Erkrankungen des Herzens:
- Herzinfarkt
- Koronare Herzkrankheit (KHK): Symptome erkennen, Lebenserwartung erhöhen
- Herzrhythmusstörungen: Herz aus dem Takt
- Herzbeutelentzündung
- Herzschwäche (Herzinsuffizienz)
- Herzbeuteltamponade
- Akute Atemnot in Verbindung mit Erkrankungen der Lunge/ Atemwege
- Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD)
- Asthma
- Lungenentzündung
- Pneumothorax
- Ansammlung von Luft neben der Lunge im sogenannten Pleuraspalt, sodass sich die Lunge nicht mehr hinreichend ausdehnen kann
- Pleuraerguss
- Lungenkrebs
- Tochtergeschwülste (Metastasen) von Krebs anderer Organe in der Lunge
- Lungenödem (Ansammlung von Flüssigkeit in der Lunge)
- Blutungen
- Fremdkörper in den Luftwegen
- interstitielle Lungenerkrankungen (Verdickung der Wand der Lungenbläschen, Verhärtung und Schrumpfung)
Psychogen bedingte, akute Atemnot (Beispiele):
- Panikattacke
- Schmerzen
- Angst
- Hyperventilation
Sonstige Ursachen für akute Atemnot:
- Anämie (Blutarmut)
- Schock
- Acute respiratory distress syndrome (ARDS, Akutes Lungenschädigungs-Syndrom)
- Sepsis
- allergischer Schock (Kreislaufkollaps, Anaphylaxie)
- Medikamentennebenwirkung
- ketoazidotisches Koma (Überzuckerung bei Diabetes mellitus)
- Stimmlippenkrampf
- Schmerzen
- neuromuskuläre Störungen
Häufige Ursachen für akut auftretende Atemnot bei Kindern:
- Fremdkörper in den Atemwegen
- Bronchitis
- Lungenentzündung
- Kehldeckelentzündung (Epiglottitis) (meist durch Bakterien ausgelöst)
- Pseudokrupphusten
- Herzmuskelentzündung: Symptome, Auslöser und Behandlung
- Asthma
Häufige Ursachen für chronische Atemnot
Chronische Dyspnoe in Verbindung mit Erkrankungen des Herzens:
- Koronare Herzkrankheit
- Erkrankungen des Herzbeutels
- Herzklappenfehler
- Herzrhythmusstörungen
- Herzschwäche
Chronische Atemnot in Verbindung mit Erkrankungen der Lunge:
- COPD
- Asthma
- Lungenentzündung
- chronisch thromboembolische Ereignisse (Verlegung eines Blutgefäßes durch ein Blutgerinnsel
- Pleuraerguss
- Fremdkörper in den Luftwegen
- interstitielle Lungenerkrankungen (Verdickung der Wand der Lungenbläschen, Verhärtung und Schrumpfung)
- Bronchiektasien (Ausweitung der Bronchien)
- Bluthochdruck im Lungenkreislauf (pulmonale Hypertonie)
- Tumorerkrankungen
Psychogen bedingte, chronische Atemnot (Beispiele):
- Panikattacken
- Schmerzen
- Angst
Sonstige Ursachen für chronische Atemnot:
- Anämie
- Übergewicht
- schlechter Fitnesszustand
- chronisches Sodbrennen (Reflux)
- Nierenversagen
- Leberversagen (Leberzirrhose)
- Erkrankungen der Brustwand
- Störungen im Bereich der oberen Luftwege (Verengung der Luftröhre, Erkrankungen des Kehlkopfes)
- Medikamentennebenwirkung
- Bluthochdruck
- Schilddrüsenerkrankungen
- Schmerzen
- neuromuskuläre Störungen (zum Beispiel amyotrophe Lateralsklerose ALS)
Ursachen für chronische Atemnot bei Kindern:
- Entwicklungsstörungen
- Mukoviszidose
- Tracheomalazie ("Erweichung" der Luftröhre)
Diagnose von Atemnot
Zunächst stellt der Arzt fest, ob es sich bei Luftnot um einen akuten Notfall handelt oder nicht. Er befragt dafür wenn möglich den Patienten oder eine Begleitperson und führt eine körperliche Untersuchung durch. Dabei achtet er auf Zeichen einer gestörten Atmung (Atemfrequenz, Atemtiefe, Atemgeräusche), auf den Schweregrad der Atemnot und auf Zeichen fehlenden Sauerstoffs (Blässe oder Blaufärbung der Haut, Kaltschweißigkeit, Unruhe). Der Arzt hört zudem die Lunge und das Herz ab.
Eine sogenannte Blutgasanalyse, bei der das Blut aus einer Arterie am Oberarm oder Oberschenkel oder einer Kapillare am Ohr entnommen wird, erlaubt die Beurteilung, wie Sauerstoff und Kohlendioxid im Blut verteilt sind und wie es um den pH-Wert beziehungsweise den Säure-Basen-Haushalt des Blutes steht. Weitere Blutuntersuchungen können zusätzliche Hinweise auf die Ursache der Atemnot geben.
In der Regel wird ein EKG durchgeführt, um festzustellen, ob die Atemnot auf eine Herzerkrankung zurückgeht.
Bestimmte Erkrankungen der Lunge oder des Herzens können mithilfe eines Röntgenbildes der Lunge erkannt werden. Weitere mögliche Untersuchungen sind eine Computertomographie (CT) der Lunge, eine Ultraschalluntersuchung des Herzens (Echokardiografie), eine Ultraschalluntersuchung der Lunge (Sonografie) und eine Spiegelung der Bronchien (Bronchoskopie).
Handelt es sich um chronische Atemnot können darüber hinaus verschiedene Lungenfunktionstests durchgeführt werden – etwa ein Provokationstest bei Verdacht auf Asthma, Gangtest, Spiroergometrie.
Atemnot vorbeugen
Eine gesunde Lebensweise kann dabei helfen, das Risiko für Dyspnoe zu verringern. Allen Faktoren voran steht das Rauchen, das das Risiko für die Entstehung einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (chronisch obstruktiven Bronchitis, COPD) extem steigert. Viele Grunderkrankungen, die zu Atemnot führen können, treten bei einer gesunden Lebensweise seltener auf. Eine ausgewogene Ernährung, Normalgewicht und regelmäßige Bewegung sind also Faktoren, die das Risiko für Atemnot verringern.
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