Quaddeln und Juckreiz

Nesselsucht: Urtikaria äußert sich durch plötzliche Pusteln

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Die Nesselsucht oder Urtikaria gehört zu den häufigsten Hautkrankheiten. Typisch sind plötzlich auftretende, stark juckende Quaddeln oder Pusteln, die zudem gerötet sind. Die Ursachen für die Hautveränderungen bleiben oft unklar, ansteckend ist die Nesselsucht aber nicht.

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© Getty Images/HengDao

Wenn plötzlich an vereinzelten Körperstellen oder auch am ganzen Körper juckende Quaddeln oder Pusteln auftreten, handelt es sich vermutlich um eine Nesselsucht oder Nesselfieber, medizinisch Urtikaria.

Artikelinhalte im Überblick:

Hautkrankheiten mit diesen Bildern erkennen

Spontane Urtikaria ist häufigste Form der Nesselsucht

Die Quaddeln bei einer Nesselsucht sind unterschiedlich groß und ähneln denen, die beim Berühren einer Brennnessel entstehen. Daraus leitet sich auch der medizinische Begriff Urtikaria ab, er geht auf "urtica" zurück, dem lateinischen Wort für Brennnessel.

Der Hautausschlag gehört zu den häufigsten Hautkrankheiten und stellt eine Reaktion der Haut auf eine Vielzahl möglicher Auslöser dar. Dies können zum Beispiel Medikamente sein, Lebensmittel, Allergene, Pseudoallergene sowie Umwelteinflüsse wie Hitze oder Kälte. Schätzungen zufolge ist einer von vier Menschen mindestens einmal in seinem Leben von einer Nesselsucht betroffen.

Es werden zwei Hauptgruppen der Nesselsucht unterschieden:

  • die spontane Urtikaria und
  • die physikalische Urtikaria.

Daneben gibt es noch Sonderformen wie die cholinergische Urtikaria oder die Kontakturtikaria.

Unterscheidung zwischen akuter und chronischer Erkrankung

Bei der spontanen Urtikaria wird zwischen einem akuten Typ unterschieden, bei dem die Symptome nach Tagen oder Wochen, manchmal schon nach Stunden wieder verschwinden, und einem chronischen Typ. Von einer chronischen Nesselsucht wird gesprochen, wenn die Beschwerden länger als sechs Wochen anhalten oder immer wiederkehren.

Die physikalische Urtikaria ist dadurch gekennzeichnet, dass die typischen Beschwerden durch äußere Reize ausgelöst werden, die auf die Haut einwirken. Dies kann zum Beispiel Druck, heftiges Reiben, Wärme, Kälte oder Licht sein. Entsprechend werden die Unterformen der physikalischen Urtikaria nach den auslösenden Faktoren bezeichnet, zum Beispiel Wärme-, Druck- oder Kälteurtikaria.

Häufigkeit: Wer ist betroffen?

Generell können Frauen und Männer jeden Lebensalters eine Nesselsucht bekommen, auch Kinder sind betroffen. Am häufigsten tritt die Hauterkrankung jedoch im Alter zwischen 30 und 50 Jahren auf. Frauen sind von der spontan chronischen Form der Urtikaria besonders häufig betroffen, während die physikalische Urtikaria öfter bei Männern zu finden ist.

Die cholinergische Urtikaria wiederum sowie die idiopathische (ungeklärte) Urtikaria kommen unter jungen Erwachsenen oft vor: Nach Aussagen von Professor Torsten Zuberbier von der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie der Charité Berlin ist im Alter von Anfang bis Mitte 20 etwa jeder Fünfte betroffen.

Hautausschlag: Welche Krankheit steckt dahinter?

Weiße Pusteln und Quaddeln: Typische Symptome bei Nesselsucht

Kennzeichnend für die Urtikaria sind Quaddeln und Pusteln unterschiedlicher Größe von nur wenigen Millimetern bis hin zu Handflächengröße. Sie treten innerhalb von Minuten auf und können unterschiedlich große Hautareale bedecken, manchmal auch den ganzen Körper. Die Haut um die Quaddeln herum ist meist gerötet und heiß, während die Quaddeln oder Pusteln selbst oft weißlich sind. Die Hauterhebungen können aber auch rot sein. Typisch für die Nesselsucht ist, dass der Hautausschlag stark juckt.

Weitere Symptome der Nesselsucht

Zu den Quaddeln kommt oft – in der Hälfte der Fälle – ein Angioödem hinzu. Darunter sind plötzlich auftretende Schwellungen zu verstehen, die im Gegensatz zu den Urtikaria-Quaddeln nicht oder kaum jucken. Sie entstehen bevorzugt im Gesicht, hier besonders an Augenlidern und Lippen. Auch die Genitalien können betroffen sein sowie der Mund- und Rachenraum.

Neben den Schwellungen treten häufig zusätzliche Symptome auf, wie

Eine chronische Nesselsucht kann durch den starken Juckreiz und dem daraus resultierenden Schlafmangel außerdem psychische Symptome auslösen.

Ursachen der Urtikaria: Woher kommt die Nesselsucht?

Die Ursachen der Nesselsucht oder Urtikaria können vielfältig sein. Allen Auslösern gemeinsam ist die Reaktion, die sie in der Haut hervorrufen: Die Mastzellen in der Haut werden gereizt.

Mastzellen dienen der körpereigenen Abwehr. In ihnen sind Botenstoffe wie Histamin gespeichert, die bei Stimulation der Mastzellen freigesetzt werden. Unter dem Einfluss des Histamins und anderer an Entzündungsprozessen beteiligter Botenstoffe, werden die Blutgefäße erweitert, was eine Rötung des betroffenen Hautareals zur Folge hat. Sie werden vorübergehend auch durchlässiger. Dadurch tritt Wasser aus, das in die obere Hautschicht gepresst wird – die typischen Quaddeln oder Pusteln entstehen. Außerdem löst Histamin den Juckreiz aus, indem es die Nervenzellen reizt.

Das Angioödem entsteht im Prinzip auf die gleiche Weise. Der Unterschied ist, dass es sich hier um Wasseransammlungen in tieferen Hautschichten handelt.

Auslöser für die Stimulation der Mastzellen können unter anderem allergische Reaktionen sein, zum Beispiel auf Lebensmittel oder Insektenstiche. Der Hautkontakt mit einem Allergen kann ebenfalls den juckenden Hautausschlag auslösen.

Nicht-allergische Auslöser der Nesselsucht

  • Infektionen wie etwa Nasennebenhöhlenentzündungen oder Mandelentzündungen, Hepatitis B oder Magen-Darm-Infekte. Sie stecken hinter 40 Prozent der akuten Nesselsucht mit geklärter Ursache.

  • Unverträglichkeiten gegenüber Lebensmitteln oder Medikamenten, wie gegen den Wirkstoff Acetylsalicylsäure, sind für etwa zehn Prozent der Fälle verantwortlich.

  • Nicht selten sind physikalische Einflüsse, die von außen auf die Haut einwirken, wie Druck, Reibung, Hitze, Kälte oder Sonnenstrahlen (physikalische Urtikaria) die Ursache.

  • Körperliche Anstrengung und psychische Belastung: Sie können zur cholinergischen Urtikaria führen. Hierbei ist es die Erhöhung der Körpertemperatur, die zum Trigger für den Hautausschlag wird.

In den meisten Fällen jedoch bleibt der Auslöser bei akuten Formen der spontanen Urtikaria unklar.

Bei der chronischen Urtikaria sind die Auslöser hauptsächlich:

  • Unverträglichkeitsreaktionen
  • chronischen Infekte, die oft außer der Urtikaria keine weiteren Beschwerden verursachen
  • Unverträglichkeit von körpereigenen Stoffen (Autoreaktivität)
Welche Lebensmittel lösen Nesselsucht aus?

Diagnose: Nesselsucht lässt sich leicht erkennen

Die Diagnose Nesselsucht ist schon aufgrund des äußeren Erscheinungsbilds leicht zu stellen. Schwierig ist es dagegen, die Ursache zu identifizieren. Das ist besonders wichtig, wenn es sich um eine chronische Form der Nesselsucht handelt, die dauerhaft oder immer wieder in Schüben auftritt.

Hier spielt die Anamnese, also die eingehende Befragung und Erhebung der Krankengeschichte, eine entscheidende Rolle. Liegt der Verdacht auf eine physikalische Urtikaria nahe, können verschiedene Tests und Untersuchungen die Diagnose sichern. Dazu streicht der*die Arzt*Ärztin über die Haut mit einem harten Gegenstand, um zu sehen, ob es dadurch zur Quaddelbildung kommt.

Durch Laboruntersuchungen kann nach chronischen Infektionen, Unverträglichkeiten oder Autoreaktivität als Auslöser gefahndet werden. Um Infektionen im Hals-Nasen-Ohrenbereich auszuschließen, kann eine fachärztliche HNO-Untersuchung sinnvoll sein, bei welcher gegebenenfalls auch bildgebende Verfahren erforderlich werden.

Speziell zur Feststellung einer Autoreaktivität kommt der autologische Serumtest zum Einsatz. Dabei wird aus frisch entnommenem Blut der*des Patient*in Serum gewonnen und in die Haut gespritzt. Die Größe der dabei entstehenden Quaddel oder Pustel liefert dabei entscheidende diagnostische Hinweise.

Nesselsucht durch Nahrungsmittelunverträglichkeit diagnostizieren

Steht der Verdacht auf eine Nahrungsmittelunverträglichkeit im Raum, kann eine mehrwöchige Diät mit "pseudoallergenarmer Kost" Aufschluss bringen. Darunter ist das Weglassen von bestimmten Nahrungsmitteln zu verstehen, die Pseudoallergene enthalten. Das sind Stoffe, die keine allergische Reaktion im eigentlichen Sinne auslösen, auf die der Körper jedoch mit Unverträglichkeitsreaktionen antwortet – wie eben beispielsweise der Nesselsucht.

Zu Pseudoallergenen zählen unter anderem:

  • Farb- und Konservierungsstoffe
  • Gelier- und Verdickungsmittel
  • Emulgatoren
  • Geschmacksverstärker
  • Süßungsmittel beziehungsweise Süßstoffe
  • Backtriebmittel

Bessert sich die Urtikaria nach einigen Wochen, kann die Gegenprobe mit einer zwei- bis viertägigen Provokationsdiät mit pseudoallergenreicher Kost durchgeführt werden. Verstärken sich die Symptome daraufhin, stellt die Nesselsucht mit großer Wahrscheinlichkeit eine Unverträglichkeitsreaktion dar.

Betroffene selbst können dazu beitragen, den Triggern einer chronischen Nesselsucht auf die Spur zu kommen, indem sie ein Nesselsucht-Tagebuch führen. Darin werden über mehrere Wochen hinweg auftretende Symptome wie Quaddeln, Pusteln, Juckreiz, Schwellungen und Angioödeme sowie Müdigkeit, Kopf- und Gelenkschmerzen notiert. Auch die Intensität der Beschwerden wird festgehalten. Dazu sollten Begleitumstände und Aktivitäten dokumentiert werden.

Therapie der Nesselsucht je nach Ursache

Die Therapie der Nesselsucht besteht in erster Linie im Ausschalten der Ursachen. Handelt es sich um eine akute spontane Urtikaria, deren Symptome innerhalb kurzer Zeit von alleine wieder verschwinden, lohnt eine aufwendige Ursachenforschung meist nicht.

Der Schwerpunkt der Therapie liegt auf der Unterdrückung der Symptome. Dazu werden sogenannte Antihistaminika eingesetzt. Darunter sind Arzneimittel zu verstehen, die die Wirkung des Botenstoffs Histamin blockieren. Damit lässt sich der Juckreiz unter Kontrolle bringen, und die Quaddeln oder Pusteln gehen zurück.

Auch zur Therapie der chronischen Nesselsucht werden Antihistaminika eingesetzt. Dabei hat sich gezeigt, dass mit einer regelmäßigen Einnahme bessere Erfolge erzielen lassen, als wenn nur bei Bedarf auf die Medikamente zurückgegriffen wird. Kurzzeitig sind Immunsuppressiva wie Kortison bei besonders starker Ausprägung der Urtikaria eine Therapieoption. Allerdings unterdrücken diese Wirkstoffe das Immunsystem allgemein und dürfen daher nicht über einen längeren Zeitraum hinweg verwendet werden.

Daneben spielt das Vermeiden auslösender Faktoren beziehungsweise deren Beseitigung eine entscheidende Rolle bei der Therapie der chronischen Nesselsucht. Liegt eine Infektion zugrunde, muss diese beispielsweise mit Antibiotika behandelt werden.

Verlauf: Nesselsucht verschwindet oft von alleine

Die Quaddeln und Pusteln bei der akuten spontanen Urtikaria heilen in der Regel innerhalb eines Zeitraums von höchstens sechs Wochen von alleine ab. Die Spontanheilungsrate beträgt 90 Prozent.

Bei der chronischen Urtikaria hängt der Verlauf von den auslösenden Faktoren ab. Eine chronische Form der Nesselsucht kann Jahrzehnte andauern, wird aber im Durchschnitt innerhalb von drei bis fünf Jahren überwunden.

Es empfiehlt sich eine histaminarme Ernährung: Viel Histamin ist in vergorenen oder nicht mehr ganz frischen Lebensmitteln enthalten. Deshalb sollten diese Lebensmittel gemieden werden. Zudem empfiehlt es sich, Nahrungsmittel möglichst unverarbeitet zu sich zu nehmen. Eher ungeeignet für eine histaminarme Ernährung sind Süßigkeiten und Alkohol.

Eine gezielte Behandlung durch eine*n Arzt*Ärztin ist zudem wichtig, um die Symptome in den Griff zu bekommen, da Betroffene insbesondere durch den starken Juckreiz in ihrer Lebensqualität erheblich eingeschränkt sind.

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