Viele Ursachen möglich

Polyneuropathie: Symptome der vielfältigen Nervenkrankheit

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Kribbeln in den Beinen, Taubheitsgefühl und Wadenkrämpfe: das können bei einer Polyneuropathie erste Symptome sein. Der häufigste Auslöser dieser Nervenkrankheit ist Diabetes mellitus, es kommen jedoch zahlreiche andere Ursachen infrage. Welche Möglichkeiten zur Behandlung es gibt, erfahren Sie hier.

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© Getty Images/Dmitry Marchenko / EyeEm

Kurzübersicht: Polyneuropathie

Definition: Polyneuropathie (PNP) ist ein Überbegriff für verschiedene Nervenerkrankungen, die nicht durch Verletzungen ausgelöst werden. Betroffen sind mehrere (poly) Nerven (Neurone) des peripheren Nervensystems.

Symptome: Die Beschwerden einer Polyneuropathie sind vielfältig, je nach betroffenen Nerven. Häufig sind Schmerzen und Missempfindungen.

Ursachen: Häufig sind Polyneuropathien die Folge eines Diabetes mellitus oder Alkoholmissbrauchs. Auch Infektionen oder andere Erkrankungen können die Nervenkrankheit auslösen.

Verlauf: Der Verlauf der Erkrankung kann sehr unterschiedlich sein, je nachdem welche Ursache zugrunde liegt und welche Nerven betroffen sind.

Diagnose: Unter anderem neurologische Untersuchungen wie die Messung der Nervenleitgeschwindigkeit und Überprüfung der Reflexe und Empfindsamkeit.

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Was ist eine Polyneuropathie?

Bei einer Polyneuropathie kommt es zu einer Schädigung oder Zerstörung der Nervenfasern (Axone), welche die Extremitäten oder Organe mit Gehirn und Rückenmark verbinden. Somit kommt es zu einer Störung der nervlichen Reizweiterleitung. Dabei können

  • sensorische Nerven betroffen sein, die Nervensignale wie Berührung, Wärme oder Schmerz übermitteln

  • oder motorische Nerven, die für die willkürliche Ausführung von Bewegungen zuständig sind.

Häufig beginnt eine Polyneuropathie an den Füßen, weil diese Nerven den weitesten Weg zum Rückenmark zurücklegen müssen. Die Symptome können aber auch an Händen, Armen und grundsätzlich am gesamten Körper auftreten. Nerven des vegetativen Nervensystems, das die Funktion der inneren Organe steuert, können ebenfalls betroffen sein.

Polyneuropathie: Vielfältige Symptome möglich

Bei einer Polyneuropathie hängen die Symptome stark davon ab, welche Nerven betroffen sind. Meistens sind die Symptome auf beiden Körperhälften gleich ausgeprägt, doch es gibt auch asymmetrische Krankheitsverläufe. Schmerzen treten etwa bei der Hälfte der Patient*innen auf und können teilweise sehr heftig sein. Mitunter kommt es auch zu einem chronischen Schmerzsyndrom.

Empfindungsstörungen (sensible Ausfälle) wie:

  • Missempfindungen wie Taubheitsgefühl, Kribbeln, "Ameisenlaufen" auf der Haut (Paraästhesien)
  • Unruhe in den Beinen (Restless Legs Syndrom), brennende Fußsohlen
  • vermindertes Wärme- und Kälteempfinden
  • brennende oder stechende Schmerzen, Ruheschmerzen, einschießende Schmerzattacken
  • Gangunsicherheit und Stürze durch gestörten Lagesinn

Bewegungsstörungen (motorische Ausfälle):

Sind Nerven des vegetativen Nervensystems betroffen, kann es auch zu Störungen und Ausfällen an Organen kommen:

Behandlung der Polyneuropathie

Die Therapiemöglichkeiten stützen sich bei einer Polyneuropathie auf zwei Säulen: Zum einen sollte möglichst schnell und effektiv die Ursache für die Nervenschädigungen behoben werden. Davon hängt in erster Linie der Erfolg der Behandlung und die Genesung der Betroffenen ab. Die zweite Säule ist die Behandlung der Symptome mit Schmerzmitteln und die Erhaltung oder Widerherstellung der Muskelbeweglichkeit mit Physiotherapie.

Je nach Ursache für die Polyneuropathie kommen unterschiedliche Behandlungsmethoden und Medikamente zum Einsatz:

  • Virostatika bei viralen Infektionen wie Herpes zoster
  • Antibiotika bei bakteriellen Erregern wie einer Borreliose
  • Kortison bei Autoimmunerkrankungen und entzündlichen Ursachen

Wichtig ist das sofortige Meiden von Schadstoffen (Noxen), die als Auslöser infrage kommen, beispielsweise im beruflichen Umfeld, sowie die absolute Alkoholabstinenz bei alkoholkranken Menschen.

Welches Schmerzmittel hilft bei Nervenschmerzen?

Langanhaltende, chronische Schmerzzustände sind meist schwerer zu behandeln als akute Schmerzen. Erschwerend kommt hinzu, dass oft erst nach zwei bis vier Wochen deutlich wird, ob ein bestimmtes Schmerzmittel anschlägt oder nicht. Häufig sind Wirkstoffkombinationen bei Polyneuropathien wirksamer als einzelne Arzneimittel.

  • Antikonvulsiva: Zur Schmerztherapie bei Polyneuropathien werden am häufigsten Antikonvulsiva eingesetzt. Verschrieben werden Wirkstoffe wie Gabapentin, Pregabalin oder Carbamazepin. Bei bestimmten Erkrankungen dürfen sie jedoch nicht eingenommen werden, zum Beispiel Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyerose), grüner Star (Glaukom), Prostatavergrößerung, Psychosen, schwere Herzerkrankungen.

  • Schmerzlindernde Pflaster: Bei regional begrenzten neuropathischen Schmerzen wie nach einer Herpes-Zoster-Infektion werden Pflaster mit den Wirkstoffen Lidocain oder Capsaicin angewendet.

  • Klassische Schmerzmittel: Ibuprofen, Paracetamol oder Metamizol zeigen bei Neuropathien oftmals keine Wirkung. Deshalb werden bei starken Schmerzen häufig Opioide eingesetzt. Sie können allerdings Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Schwindel oder Verstopfung (Obstipation) mit sich bringen und auf Dauer zu Gewöhnung und psychischer Abhängigkeit führen.

  • Antidepressiva: Auch in der Schmerzbehandlung zeigen Antidepressiva Erfolg. Sie machen den Schmerz erträglicher, indem sie die Reizweiterleitung abschwächen.

  • TENS (transkutane elektrische Nervenstimulation): Elektroden auf der Haut leiten bei der TENS elektrische Impulse an die peripheren Nerven weiter und stimulieren so das Schmerzareal. Die Wirksamkeit ist nicht durch Studien gesichert, doch bei etwa 60 Prozent der Betroffenen kann Berichten zufolge eine Schmerzlinderung erreicht werden.

Chronische Schmerzzustände sind für Menschen mit Polyneuropathie eine schwere Belastung, die zu Depressionen bis hin zum Suizid führen kann. Eine begleitende Psychotherapie hilft Patient*innen zu lernen, wie sie mit dem Schmerz aktiv umgehen können.

Ursachen: Diabetes, Alkoholismus, Vitaminmangel

Fast jeder dritte Mensch mit Diabetes mellitus Typ 2 entwickelt eine Polyneuropathie. Damit ist Diabetes die mit Abstand häufigste Ursache. Durch einen anhaltend hohen Blutzuckerspiegel kommt es zu Durchblutungsstörungen, der Fettstoffwechsel wird beeinträchtigt und giftige Proteine gebildet, welche die Nerven schädigen und zu Sensibilitätsstörungen führen können.

Der zweithäufigste Auslöser für eine Polyneuropathie ist chronischer Alkoholmissbrauch: Ein bis zwei Drittel aller Alkoholiker*innen entwickeln im Laufe der Jahre eine Polyneuropathie. Alkohol ist ein Zellgift und greift vor allem die dünnen, peripheren Nervenfasern an. Bei konsequenter Alkoholabstinenz kann sich die Polyneuropathie innerhalb von ein paar Monaten bis Jahren wieder zurückbilden.

Tabelle: Häufige Ursachen für Polyneuropathien

Infektionskrankheiten Herpes zoster (Gürtelrose), Borreliose, Syphilis (Lues), HIV, Pfeiffersches Drüsenfieber, Röteln, Mumps, Typhus, FSME
Stoffwechselstörungen Diabetes mellitus, Harnvergiftung (Urämie) aufgrund von Niereninsuffizienz, falsche oder einseitige Ernährung, Nährstoffaufnahmestörungen wie Zöliakie
Durchblutungsstörungen Gefäß- und Kreislauferkrankungen wie periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK), Arteriosklerose, Entzündungen der Blutgefäße (Vaskulitis)
Gifte (toxische Neuropathie) Alkohol, Umweltgifte (Schwermetalle, Arsen, Blei, Quecksilber, Acrylamid), Nebenwirkungen von Medikamenten
Hormone Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose), Akromegalie, Schwangerschaft
Genmutationen (hereditäre Neuropathie) Amyloidose, spinozerebellare Ataxie (Koordinationsstörung aufgrund einer Degeneration des Kleinhirns)
Vitaminmangel Mangel an B-Vitaminen, insbesondere B12 und B6, selten auch Überdosierung von Vitamin B6
Autoimmunerkrankungen Kollagenosen wie Lupus erythematodes, Rheumatoide Arthritis
Krebserkrankung Tumore wie ein Plasmozytom, Lymphom oder Myelosen
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Diagnose von Polyneuropathie

Am Anfang der Diagnose steht ein ausführliches Anamnesegespräch mit Schilderung der Symptome und bekannten Vorerkrankungen. Bei der körperlichen Untersuchung prüft der*die Arzt*Ärztin die Berührungsempfindlichkeit aller Hautareale mithilfe eines Wattebausches oder Pinsel und die Reflexe mit einem Reflexhammer. Mit einer angeschlagenen Stimmgabel kann das Vibrationsempfinden und damit die Tiefensensibilität kontrolliert werden.

Weitere Maßnahmen zur Diagnostik:

  • Eine Elektromyografie (EMG) gibt Auskunft darüber, ob Nervenstörungen oder Schäden in den Muskeln die Ursache der Ausfallserscheinungen sind.

  • Die Nervenleitgeschwindigkeit liefert Aussagen über die Reizweiterleitung von Nerven. So kann das Ausmaß von Nervenschäden genauer bestimmt werden.

  • Ein Elektrokardiogramm (EKG) zeigt, inwieweit das Herz von der Polyneuropathie betroffen ist.

  • Bei Verdacht auf einen zugrundeliegenden Diabetes mellitus kann der Langzeit-Blutzuckerwert HbA1c die Diagnose sichern.

  • Eine Infektion kann durch entsprechende Antikörper im Blut nachgewiesen werden.

Wird keine Ursache gefunden, kann eine Nervenbiopsie Aufschluss über den Auslöser geben. Dabei wird eine kleine Gewebeprobe entnommen und unter dem Mikroskop untersucht.

Lebenserwartung und Verlauf bei Polyneuropathien

Die meisten Polyneuropathien verlaufen chronisch. Die Symptome und Beschwerden entwickeln sich langsam über Wochen. Oft wird die Erkrankung erst im fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert – je nach Ausmaß der Nervenschädigungen sind Betroffene im Endstadium auf einen Rollator oder Rollstuhl angewiesen.

Polyneuropathien können jedoch sehr unterschiedlich verlaufen, je nachdem welche Ursache zugrunde liegt:

  • akuter Verlauf: etwa vier Wochen (beispielsweise Guillain-Barré-Syndrom)

  • subakuter Verlauf: vier bis acht Wochen (Vaskulitis)

  • chronischer Verlauf: acht Wochen und länger (diabetische Polyneuropathie)

  • hochchronisch: lebenslang anhaltend (vor allem erblich bedingte Neuropathien)

Auf die Lebenserwartung hat die Erkrankung in den meisten Fällen keinen Einfluss. Vielmehr können vorbestehende Grunderkrankungen wie Diabetes oder Alkoholismus diese beeinflussen.

Ist eine Polyneuropathie heilbar?

Die Heilungschancen bei einer Polyneuropathie hängen davon ab, ob die Ursache behandelbar ist, wie schnell die Symptome erkannt wurden und ob bereits irreversible Nervenschäden entstanden sind.

Nachdem eine beginnende Polyneuropathie zunächst oft nur leichte Beschwerden verursacht, erfolgt die Diagnose nicht immer rechtzeitig. Ist die Grunderkrankung behandelbar und sind die Nervenschäden noch nicht weit fortgeschritten, ist die Prognose gut und die Polyneuropathie vollständig heilbar. Kann die ursächliche Grunderkrankung nicht ausgeschaltet werden, lassen sich weitere Nervenschäden mit der richtigen Therapie meist verhindern oder zumindest verzögern.

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