Effektives Antidepressivum

Amitriptylin: Medikament bei Depressionen und chronischen Schmerzen

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Bereits seit vielen Jahren wird Amitriptylin zur Behandlung von Depressionen eingesetzt. Das Antidepressivum gilt als effektiv, doch es gibt auch wichtige Warnhinweise zu beachten. Was Sie über Amitriptylin wissen müssen.

Amitriptylin: Medikament bei Depressionen und chronischen Schmerzen
© Getty Images/Bundit Binsuk/EyeEm

Amitriptylin gehört zur Gruppe der sogenannten trizyklischen Antidepressiva (TZA). In Medikamenten liegt der Wirkstoff als Amitriptylinhydrochlorid vor. Es handelt sich dabei um ein verschreibungspflichtiges Medikament, das als Tabletten, Tropfen oder für die stationäre Behandlung als Injektionslösung zur Verfügung steht.

Artikelinhalte im Überblick:

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Anwendungsgebiete von Amitriptylin

Amitriptylin gilt als klassisches Mittel zur Behandlung von Depressionen. Es wird vor allem eingesetzt, wenn die Depression von innerer Unruhe, Angstzuständen oder einer Schlafstörung begleitet wird.

Zudem kann Amitriptylin zur Therapie von chronischen Schmerzen dienen – etwa zur Vorbeugung von chronischen Spannungskopfschmerzen oder Migräne. Auch bei neuropathischen Schmerzen kann Amitriptylin zu einer Linderung der Beschwerden führen. Solche Schmerzen werden von geschädigten Nerven verursacht – zum Beispiel nach einem Schlaganfall. In einigen Fällen wird Amitriptylin zur Therapie der chronischen Schmerzerkrankung Fibromyalgie verwendet.

Wirkung von Amitriptylin

Im Körper bewirkt Amitriptylin, dass die Wiederaufnahme der Neurotransmitter Noradrenalin und Serotonin gehemmt wird. Sie verweilen daher länger im sogenannten synaptischen Spalt und hellen dadurch die Stimmung auf. Zudem blockiert Amitriptylin verschiedene Rezeptoren, wodurch die Einnahme allerdings auch mit verschiedenen Nebenwirkungen einhergehen kann.

Bereits nach wenigen Stunden wirkt Amitriptylin beruhigend und angstlösend. Die stimmungsaufhellende Wirkung tritt hingegen erst nach einigen Behandlungswochen ein. Amitriptylin macht außerdem müde, weshalb es bei einer begleitenden Schlafstörung das Ein- und Durchschlafen erleichtert.

Dosierung von Amitriptylin

Die Dosierung von Amitriptylin richtet sich nach dem Beschwerdebild und dem individuellen Fall. Die exakte Dosierung und das Einnahmeschema erfolgen daher stets in ärztlicher Absprache. Die Informationen dieses Textes ersetzen nicht die ärztliche Beratung oder die Informationen der Packungsbeilage.

In der Regel wird die Tagesdosis auf zwei bis drei Einnahmen über den Tag verteilt. Die tägliche Maximaldosis bei depressiven Störungen beträgt 150 Milligramm bei einer ambulanten Behandlung und 300 Milligramm bei einer stationären Behandlung. Um Schlafstörungen zu mindern, kann der größere Teil der Tagesdosis zur Nacht eingenommen werden. In der Schmerztherapie beträgt die Tageshöchstdosis 75 bis 100 Milligramm und nur in Einzelfällen 150 Milligramm. Die Präparate sind mit unterschiedlichem Wirkstoffgehalt erhältlich.

In ärztlicher Absprache wird mit einer geringen Anfangsdosis begonnen und diese nach und nach gesteigert, bis die gewünschte Wirkung eintritt. Wie bei allen Medikamenten soll die Dosierung von Amitriptylin so hoch wie nötig und so gering wie möglich ausfallen. Die Schritt-für-Schritt-Erhöhung der Dosierung wird durchgeführt, um das Risiko von unerwünschten Nebenwirkungen zu reduzieren.

Wird die Einnahme des Antidepressivums vergessen, sollte die Packungsbeilage hierzu aufmerksam durchgelesen und im Zweifelsfall ärztlicher Rat für das weitere Vorgehen eingeholt werden. Aufgrund einer vergessen Dosis sollte nicht die doppelte Dosis eingenommen werden! Bei Verdacht auf eine Überdosierung muss sofort notärztliche Hilfe geholt werden. Eine Überdosierung macht sich durch Störungen des Zentralnervensystems oder durch Herz-Kreislauf-Störungen bemerkbar. Zu den Symptomen zählen unter anderem Veränderungen des Herzschlags, Atembeschwerden oder Benommenheit. Alle möglichen Anzeichen einer Überdosierung sind in der Packungsbeilage aufgeführt.

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Therapiedauer mit Amitriptylin

Bei einer Therapie mit Amitriptylin ist anfangs Geduld gefragt. Bis die antidepressive Wirkung eintritt, dauert es zwei bis vier Wochen. Im Mittel benötigt es etwa vier bis sechs Wochen, bis die Symptome nachlassen. Danach muss Amitriptylin noch mindestens für eine Dauer von sechs Monaten weiter eingenommen werden. Auf diese Weise soll ein Rückfall in die depressive Symptomatik vermieden werden.

Soll die Einnahme von Amitriptylin beendet werden, wird die Therapie mit den Antidepressiva langsam ausgeschlichen. Das bedeutet, die Dosierung wird schrittweise verringert, um das Auftreten von Entzugserscheinungen wie Übelkeit, Erbrechen, Zittern oder Schlafstörungen zu verhindern. Das Medikament sollte nicht abrupt eigenmächtig abgesetzt werden. Treten Nebenwirkungen auf, ist das weitere Vorgehen mit der ärztlichen Praxis zu besprechen.

Nebenwirkungen von Amitriptylin

Bei Nebenwirkungen sollte stets eine fachliche Beratung in Anspruch genommen werden, denn gegebenenfalls müssen Gegenmaßnahmen ergriffen oder ein Medikamentenwechsel zu einem anderen Antidepressivum erwogen werden. Ein umfassender Überblick zu den Nebenwirkungen des individuell verabreichten Medikaments ist der Packungsbeilage zu entnehmen. Vor allem bei Therapiebeginn kann es zum Beispiel zu folgenden Nebenwirkungen kommen:

Zu den seltenen Nebenwirkungen der Antidepressiva gehören zum Beispiel Halluzinationen, Krampfanfälle oder eine Darmlähmung. Sehr selten kann eine Agranulozytose auftreten. Hierbei handelt es sich um eine potenziell lebensbedrohliche Nebenwirkung, bei der es zu einem Mangel an Granulozyten kommt, die einen wesentlichen Bestandteil der weißen Blutkörperchen ausmachen.

Besteht eine bipolare Störung, ist es möglich, dass während der Einnahme von Amitriptylin eine manische Phase eintritt. Sie macht sich zum Beispiel durch Anzeichen wie eine übertriebene Heiterkeit oder gesteigerte körperliche Aktivität bemerkbar. In einem solchen Fall muss umgehend ärztlicher Rat eingeholt werden.

Amitriptylin: Hilfe bei Suizidgedanken unter Antidepressiva

Sehr wichtig: Da es einige Zeit dauert, bis Amitriptylin die antipdepressive Wirkung entfaltet, können anfangs gegebenenfalls verstärkt Gedanken an Selbstverletzung oder Suizid auftreten. Dies ist bei jungen Erwachsenen unter 25 Jahren wahrscheinlicher oder in dem Fall, dass zuvor bereits solche Gedanken gehegt wurden.

Trotz möglichen Scham- oder Schuldgefühlen sollte sich mit diesen Gedanken umgehend einer anderen Person anvertraut werden. Treten sie auf, ist sofort die ärztliche Praxis oder ein Krankenhaus zu verständigen. Auch die TelefonSeelsorge® ist 365 Tage im Jahr 24 Stunden lang unter den Telefonnummern 0800 / 111 0 111, 0800 / 111 0 222 oder 116 123 anonym erreichbar. Die "Nummer gegen Kummer" für Kinder und Jugendliche ist unter der Rufnummer 116 111 und das Elterntelefon unter der Rufnummer 0800 / 111 0 550 zu bestimmten Zeiten erreichbar. Eine Übersicht zu deutschlandweiten Hilfsangeboten stellt die Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention auf ihrer Website bereit.

Wird eine Therapie mit dem Antidepressivum Amitriptylin geplant, ist es außerdem sinnvoll, dies vertrauten Menschen im eigenen Umfeld mitzuteilen. Auf diese Weise können Angehörige auf entsprechende Warnzeichen wie Verhaltensänderungen oder eine Verschlimmerung der Depression achten. Genaueres dazu kann mit der ärztlichen Praxis abgesprochen werden. Rat für Angehörige stellt unter anderem die Stiftung Deutsche Depressionshilfe auf ihrer Website bereit.

Wichtige Hinweise zu Amitriptylin

Bei der Einnahme von Antidepressiva mit dem Wirkstoff Amitriptylin gibt es verschiedene Hinweise zu beachten. Die folgende Übersicht stellt einen Ausschnitt von möglichen Warnhinweisen dar. Die*der Ärztin*Arzt sollte stets über jedes eingenommene Medikament und über jede weitere Erkrankung informiert werden.

  • Amitriptylin und andere Medikamente: Amitriptylin kann Wechselwirkungen mit verschiedenen Medikamenten haben – dazu zählen zum Beispiel schmerzstillende Mittel, Johanniskraut, Medikamente zur Behandlung von Pilzerkrankungen, Mittel zur örtlichen Betäubung oder Narkose und viele weitere. Für den individuellen Fall sollte die Packungsbeilage aufmerksam gelesen werden. Auch in der Apotheke kann hierzu eine Beratung erfolgen. Bei einigen Medikamenten darf Amitriptylin erst gar nicht eingenommen werden. Dies sind zum Beispiel MAO-Hemmer und Medikamente, die einen Kaliummangel hervorrufen oder das QT-Intervall im EKG verändern können. Hier sind schwere Nebenwirkungen wie Herzrhythmusstörungen oder das Serotonin-Syndrom möglich.

  • Amitriptylin bei bestimmten Erkrankungen: Auch bestehende Vorerkrankungen können Amitriptylin als Antidepressivum ungeeignet machen. Die Einnahme ist zum Beispiel nicht möglich, wenn Herzerkrankungen wie eine koronare Herzkrankheit oder Herzrhythmusstörungen bestehen oder kurz zuvor ein Herzinfarkt erlitten wurde. Zudem gibt es eine Reihe von weiteren Erkrankungen, bei denen auf Amitriptylin verzichtet werden muss – unter anderem bei einer Vergrößerung der Vorsteherdrüse (Prostatahyperplasie) mit Restharnbildung, bei unbehandeltem grünem Star oder Engwinkelglaukom, bei einer Darmlähmung oder auch bei akuten Vergiftungen. In anderen Fällen ist die Einnahme von Amitriptylin nicht grundsätzlich untersagt, bedarf aber unbedingt einer ärztlichen Beratung, da hier Vorsicht geboten ist. Dazu zählen zum Beispiel Schilddrüsenerkrankungen. Wer unter Diabetes leidet, muss unter Amitriptylin außerdem möglicherweise eine Anpassung der Insulinstellung vornehmen lassen.

  • Allergie gegen Amitriptylin: Wer allergisch gegen den Wirkstoff Amitriptylin oder einen anderen Bestandteil des Medikaments ist, darf die Antidepressiva nicht einnehmen.

  • Ältere Menschen: Ab einem Alter von 65 Jahren ist bei der Einnahme von Amitriptylin erhöhte Vorsicht geboten. Der Wirkstoff wird auf der sogenannten PRISCUS-Liste als potenziell unangemessene Medikation für ältere Menschen geführt. Ältere Menschen benötigen meist eine geringere Dosierung. Aufgrund des niedrigen Blutdrucks können Nebenwirkungen wie Schwindelgefühle beim Aufstehen im Alter erhöht sein.

  • Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren: Amitriptylin ist zur Behandlung von Depressionen bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren nicht geeignet.

  • Schwangerschaft und Stillzeit: In der Schwangerschaft kann Amitriptylin eingenommen werden, wenn dies in ärztlicher Absprache nach einer sorgfältigen Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgt. Bei höheren Dosierungen vor der Geburt kann es beim Neugeborenen zu Anpassungsstörungen kommen. Wenn es die klinischen Symptome der Mutter erlauben, wird die Dosierung vor der Geburt daher herabgesetzt. Die Entbindung sollte in einer Klinik erfolgen, in der das Neugeborene nach der Geburt überwacht werden kann. Ob das Mittel in der Stillzeit geeignet ist, muss mit der*dem Ärztin* Arzt im individuellen Fall abgesprochen werden. Möglicherweise wird dazu geraten, vorher abzustillen.

  • Alkohol und Amitriptylin: Während der Einnahme von Amitriptylin ist es nicht ratsam, Alkohol zu konsumieren.

  • Fahrtüchtigkeit unter Amitriptylin: Gefährliche Tätigkeiten, das Bedienen von Maschinen oder das Führen von Fahrzeugen sollten vor allem zu Beginn der Therapie unterlassen werden. Nach den ersten Therapietagen kann mit der* dem Ärztin* Arzt abgeklärt werden, ob diese Tätigkeiten für den individuellen Fall wieder erlaubt sind.

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