Johanniskraut: ein sanftes Antidepressivum
Die Therapie mit Pflanzenextrakten spielt in der Medizin keine Statisten-Rolle mehr. Dies zeigt sich am deutlichsten am Erfolg von Johanniskraut: Immer mehr Ärzte empfehlen diese Natur-Arznei bei leichten bis mittelschweren Depressionen. Studien belegen nämlich, dass Johanniskraut sehr wirksam ist, zugleich aber weniger Nebenwirkungen hat als synthetische Antidepressiva.
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Wenn Patienten unter innerer Leere, Niedergeschlagenheit, Ruhe- und Mutlosigkeit leiden, lohnt sich eine Therapie mit Johanniskraut-Extrakt. Diesen Schluss legt auch die französische Lecrubier-Studie nahe, in der der Johanniskraut-Extrakt WS 5570 an 375 Patienten getestet wurde (American Journal of Psychiatry, 08/2002). Pharmakologische Tests zeigen zudem, dass Johanniskraut-Extrakte mit dem Inhaltsstoff Hyperforin auch bei Angstsymptomen helfen können und die Lern- und Merkfähigkeit verbessern.
Johanniskraut wirkt ähnlich wie synthetische Antidepressiva
Johanniskraut beeinflusst – genauso wie andere Antidepressiva – den Stoffwechsel der Nervenzellen des Gehirns. Bei Verstimmungen und Depressionen kommt es zu einem Defizit von Botenstoffen (Neurotransmittern) wie Serotonin, Dopamin und Noradrenalin. Die Johanniskrautstoffe können diesen Mangel beheben, indem sie die Wiederaufnahme der Botenstoffe an den Kontaktstellen zwischen den Nervenzellen (Synapsen) hemmen und so die Konzentration der Stoffe im synaptischen Spalt erhöhen. In diesem Wirkmechanismus ist Johanniskraut klassischen Antidepressiva sehr ähnlich.
Der Extrakt macht weder müde noch abhängig
Allerdings dauert es bei Johanniskraut-Extrakt genauso lange wie bei chemischen Antidepressiva, bis sich das Gemüt aufhellt. Rund zwei bis drei Wochen müssen Patienten warten, bis sie die Wirkung des Phytopharmakons verspüren. Allerdings hat Johanniskraut kaum Nebenwirkungen. Es wirkt zwar stimmungsaufhellend und seelisch entspannend, aber nicht dämpfend. Zudem macht der Extrakt nicht müde. Es besteht bei Johanniskraut auch nicht die Gefahr, dass der Patient abhängig wird.
"Überlegene Verträglichkeit"
Im Allgemeinen sind pflanzliche Präparate wie Johanniskraut gut verträglich und besitzen ein deutlich geringere Nebenwirkungen als synthetische Antidepressiva.
Allerdings sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Einnahme von Johanniskraut etwa mit einer erhöhten Lichtempfindlichkeit einhergehen kann und dass Wechselwirkungen mit bestimmten anderen Medikamenten auftreten können. So kann die Sicherheit der Anti-Baby-Pille herabgesetzt sein. Auch kann es zu unerwünschten Wechselwirkungen mit anderen dem Immunsupressivum Ciclosporin, einigen HIV-Präparaten und bestimmten Gerinnungshemmern kommen. "Trotz dieser zum Teil belegten Arzneimittelinteraktionen muss Johanniskraut-Extrakt auch weiterhin als ein antidepressives Prinzip mit überlegener Verträglichkeit gelten", urteilt die Deutsche Apotheker Zeitung.
Es empfiehlt sich die Rücksprache mit dem behandelnden Arzt oder beratenden Apotheker über das Johanniskrautpräparat sowie die genaue Lektüre des Beipackzettels.
Vom richtigen Umgang mit Johanniskraut-Arzneimitteln
Damit die Therapie mit Johanniskraut Erfolg zeigt, gibt es für den Patienten jedoch einiges zu beachten:
Selbst unter den apothekenpflichtigen Produkten gibt es Unterschiede im Wirkstoffgehalt. Es empfiehlt sich, den Apotheker nach einem Johanniskraut-Extrakt mit einem hohen Wirkstoffgehalt zu fragen.
Manche Präparate haben zwar eine relativ hohe Extrakt-Konzentration, diese ist jedoch nicht in jeder Packung konstant. Auch können die Wirkstoffe einiger Produkte nicht optimal vom Darm aufgenommen werden, da sie nicht in ausreichender Menge freigesetzt werden. Darum ist es lohnenswert, sich beim Kauf eines Johanniskraut-Präparats auch nach der Chargenkonformität, der Stabilität und ausreichender Freisetzung der Wirkstoffe zu erkundigen. Apotheker geben über diese speziellen Qualitätskriterien gern Auskunft.
Johanniskraut wirkt nur richtig, wenn es regelmäßig in ausreichender Dosis - wie im Beipackzettel empfohlen - mindestens über zwei bis drei Wochen eingenommen wird.
Empfehlenswert sind Johanniskraut-Präparate mit einer Extrakt-Menge von mindestens 300 mg pro Tablette.
Für die nachgewiesene Wirkungsweise wie bei anderen Antidepressiva ist eine Dosierung von 900 mg/Tag sinnvoll.
Johanniskraut-Extrakt eignet sich auch zur Selbstmedikation. Doch sollte die Niedergeschlagenheit trotz des Pflanzenpräparats länger als vier bis acht Wochen unverändert anhalten oder sich sogar verschlimmern, ist ein Arztbesuch notwendig.
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