Eileiterkrebs – selten, aber gefährlich
Eileiterkrebs ist eine sehr seltene, aggressive Krebsart. Charakteristische Symptome sind Unterbauchschmerzen, Blutungsstörungen und Ausfluss. Ärzte behandeln Eileiterkrebs mit einer Operation und Chemotherapie.
-
- © iStock.com/AlenaPaulus
Eileiterkrebs ist eine Krebserkrankung der Eileiter (Tuben) und geht aus dem Gewebe der Eileiter hervor. Diese sind muskulöse Schläuche, welche die Eizellen vom Eierstock zur Gebärmutter transportieren. Mediziner nennen die Erkrankung auch Tubenkarzinom.
Sie ist eine Seltenheit bei Frauen. Schätzungen zufolge erkranken in Deutschland nur 0,3 von 100.000 Frauen an einem Tubenkarzinom. Es handelt sich dabei um die seltenste aller gynäkologischen Krebserkrankungen. Dazu zählen außerdem Eierstockkrebs (Ovarialkarzinom) Gebärmutterhalskrebs, (Zervixkarzinom), Gebärmutterkrebs (Endometriumkarzinom, Uteruskarzinom) und Brustkrebs (Mammakarzinom). Letztere ist die häufigste Krebsart bei Frauen.
Das Tubenkarzinom ist aggressiv
Der Eileiterkrebs gilt als besonders aggressiv und bösartig. Das trifft auch auf den ebenfalls seltenen Eierstockkrebs zu. Das mittlere Erkrankungsalter beim Krebs der Eileiter liegt zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr. Überwiegend entwickelt sich der Krebs nur auf einer Seite. Bei zehn bis 30 Prozent der betroffenen Frauen finden sich Eileiterkarzinome auf beiden Seiten.
Etwa 15 bis 20 Prozent haben zuvor schon eine andere gynäkologische Krebserkrankung durchgemacht, zum Beispiel Brust- oder Eierstockkrebs. Diese Tumoren können Fernmetastasen in die Eileiter streuen. Auch ein Krebs im Magen-Darm-Trakt kann Metastasen in den Eileitern bilden.
Tubenkarzinom: Ursachen sind weitgehend unklar
Die Ursachen dieser Krebserkrankung sind unklar. Forscher diskutieren aber bestimmte Risikofaktoren, etwa eine Unfruchtbarkeit in Verbindung mit Kinderlosigkeit oder einer geringen Kinderzahl. Welche Rolle die Hormone bei der Tumorentstehung spielen, ist noch nicht genau bekannt.
Manchmal sind weitere Krebsarten beteiligt
Forscher vermuten, dass die bekannten „Brustkrebsgene“ BRCA1 und BRCA2 an der Entstehung von Tubenkarzinomen beteiligt sind. BRCA1 scheint dabei eine etwas größere Rolle zu spielen. Rund 30 Prozent der Frauen mit Eileiterkrebs besitzen eines dieser veränderten Gene und haben ein erhöhtes Risiko für familiären Brust- und Eierstockkrebs. Bis zu 20 Prozent der Patientinnen mit Eileitertumor sind schon zuvor an einer anderen Krebsart erkrankt.
Etwa ein Drittel der Frauen berichten von häufigen Eileiter- und Eierstockentzündungen (Adnexitis). Trotzdem gelten diese derzeit nicht als mögliche Risikofaktoren. Bei mehr als fünf Prozent der Frauen, die an Eierstockkrebs erkrankt sind, finden Ärzte Veränderungen der Eileiterschleimhaut, die als Frühformen des Eileiterkrebses einzustufen sind.
Symptome: Die wichtigsten Anzeichen von Eileiterkrebs
Anders als der Eierstockkrebs, der oft erst spät diagnostiziert wird, ruft der Eileiterkrebs schon früh Symptome hervor. Denn ein Tumor, der in den engen Eileitern wächst, verursacht Probleme. So suchen Frauen meist aufgrund ihrer Beschwerden einen Arzt auf. Zwischen 60 und 70 Prozent der Tubenkarzinome werden in den frühen Stadien I und II entdeckt.
Typische Eileiterkrebs-Symptome im Anfangsstadium sind:
- Unterbauchschmerzen: Der Eileiter dehnt sich aufgrund des Tumors aus, was Schmerzen verursacht. Die Schmerzen veranlassen die meisten Frauen, ihren Gynäkologen aufzusuchen.
- Blutungen, die nicht normal sind
- Ausfluss, der oft wässrig-weißlich ist
Im fortgeschrittenen Stadium können sich folgende Beschwerden einstellen:
- Zunahme des Bauchumfangs aufgrund einer Bauchwassersucht (Aszites)
- Blähbauch oder Blähsucht (Meteorismus)
- Verstopfung (Obstipation)
- Appetitlosigkeit
- Luftnot (Dyspnoe)
- Oberbauchbeschwerden
Der Krebs breitet sich oft früh über die Lymphknoten im Becken und der Hauptschlagader aus. Auch über die Blutbahn streut das Tubenkarzinom vermutlich schneller als der Eierstockkrebs. Eine Ausbreitung ist möglich, wenn die Wand des Eileiters durchbrochen oder die Mündung des Eileiters in die Gebärmutter offen ist.
Diagnose Eileiterkrebs – so geht der Arzt vor
Ein flächendeckendes Screening für diesen Krebs gibt es nicht, anders als bei Brustkrebs. Meist entdecken Gynäkologen den Eileitertumor im Rahmen einer Kontrolluntersuchung, wenn Frauen wegen der typischen Symptome einen Arzt aufsuchen. Oft gelingt es den bösartigen Eileitertumor in den frühen Stadien I und II ausfindig zu machen.
Folgende Schritte zur Diagnose unternimmt der Arzt:
Abtasten (Palpation): Gynäkologen können Veränderungen an den Geschlechtsorganen mit ihren Händen ertasten. So kommen sie auch einem Eileiterkrebs auf die Spur, indem sie Verdickungen des Eileiters erspüren.
Ultraschalluntersuchung (Sonographie): Mittels Ultraschall lassen sich die weiblichen Geschlechtsorgane gut darstellen und Tumoren aufdecken; auch die Bauchwassersucht – eine Wasseransammlung im Bauchraum – ist im Ultraschall gut sichtbar;
Bestimmung des Tumormarkers CA-125: Erhöhte Werte gelten als Hinweis.
Abstrich: Bei einem Abstrich entnimmt der Arzt mit einem Wattestäbchen Zellen vom Gebärmutterhals. Bei fünf bis zehn Prozent der betroffenen Frauen enthält der Abstrich veränderte Zellen (Adenokarzinomzellen), die ein Pathologe unter dem Mikroskop sehen kann. Die Gebärmutter ist dagegen unauffällig.
Gebärmutterspiegelung: Bei Frauen mit Blutungen folgt eine Gebärmutterspiegelung, die sogenannte Hysteroskopie.
Kürettage: Mittels Ausschabung versuchen Ärzte, Gebärmutterkrebs auszuschließen.
Eine Unterscheidung von Eileiterkrebs und Eierstockkrebs (Ovarialkarzinom) ist anfangs nicht möglich. Erst im Rahmen der Operation können Ärzte diese treffen. Allerdings werden beide Krebsarten gleich behandelt, weshalb die Unterschiede kaum Bedeutung haben.
Wie weit hat sich der Krebs ausgebreitet? Die FIGO-Stadien
Steht die Diagnose, bestimmen Ärzte die Ausbreitung des Tumors näher. Das Tubenkarzinom lässt sich anhand der sogenannten FIGO-Stadien einteilen, die mit unterschiedlich guten Heilungschancen verknüpft sind. FIGO ist die Abkürzung für Fédération Internationale de Gynécologie et d'Obstétrique. Die Institution hat die Klassifikation für gynäkologische Tumoren vorgeschlagen.
Stadium 0: Es handelt sich um ein Carcinoma in situ; der Krebs ist auf das Gewebe begrenzt und besitzt noch nicht die Fähigkeit, zu streuen und Metastasen zu bilden.
Stadium I: Der Tumor ist auf das Ausgangsorgan – in diesem Fall die Eileiter – begrenzt.
Stadium II: Der Tumor hat sich auf das angrenzende Gewebe ausgedehnt.
Stadium III: Der Krebs hat sich bis zum nächsten Organ ausgedehnt.
Stadium IV: Der Tumor hat ein angrenzendes Organ befallen und Fernmetastasen gebildet.
Diese Stadien lassen sich noch genauer in Unterstadien unterteilen. Wichtig für die Prognose ist es, wie weit sich der Krebs auf angrenzende Gewebe und Organe ausgebreitet hat. Eileiterkrebs bildet oft schon früh Metastasen, die über die Lymphknoten im Becken und die Hauptschlagader streuen.
Behandlung: Operation und Chemotherapie
Grundsätzlich behandeln Ärzte den Eileiterkrebs genauso wie den Eierstockkrebs. Die Wahl der Therapie hängt davon ab, wie weit sich der Tumor ausgebreitet hat. Entscheidend ist die Frage, ob er noch auf den/die Eileiter beschränkt ist oder ob Lymphknoten und andere Organe schon vom Krebs befallen sind.
Operation: Den Tumor möglichst vollständig entfernen
An erster Stelle der Eileiterkrebs-Behandlung steht die Operation, die meist sehr radikal ausfällt. Die Operation gehört in die Hände verschiedener Spezialisten, die eng zusammenarbeiten müssen, zum Beispiel Chirurgen, Urologen und Intensivmediziner. Die OP sollte an einem Krankenhaus stattfinden, das Erfahrung mit diesem Eingriff hat.
Ein Chirurg entfernt nach einem Bauchschnitt beide Eileiter, die Eierstöcke, Gebärmutter, das große Bauchnetz und das Bauchfell des Beckens – vor allem in der Umgebung der Eierstöcke. Das weitere operative Vorgehen hängt davon ab, welche Organe und Gewebe zusätzlich betroffen sind. Sind die Blase, Milz, Leber, der Darm oder das Zwerchfell befallen, entfernen Chirurgen sie teilweise oder ganz. Zudem entnimmt der Arzt die Lymphknoten im Becken und in der Nähe der Hauptschlagader, um eine Ausbreitung (Metastasierung) zu verhindern. Ärzte vermuten, dass sich noch häufiger als beim Eierstockkrebs Metastasen in den Geweben und Organen hinter dem Bauchfell bilden. Die Lymphknoten werden im Anschluss auf Krebszellen hin untersucht und zeigen, wie weit fortgeschritten die Krebserkrankung ist.
Ziel dieses doch sehr radikalen Eingriffs ist es, auch bei fortgeschrittenen Tumoren die Krebsherde so gut wie möglich einzudämmen oder sie ganz zu beseitigen. Die Ausgangssituation für die anschließende Chemotherapie und die Prognose verbessern sich damit. Der wichtigste Prognosefaktor für den Eileiterkrebs ist, wie viele Tumorreste nach der Operation noch verblieben sind.
Vorbeugende Operation bei BRCA1 und BRCA2
Bei Frauen mit einem veränderten BRCA1 oder BRCA2-Gen oder hohem familiären Risiko raten Ärzte, die Eileiter vorbeugend komplett zu entfernen (Adnexexstirpation). Vor allem am Eileiter-Trichter mit den fadenförmigen Anhängseln finden sich Eileitertumoren gehäuft. Studien ergaben, dass sich die vorbeugende Entfernung der Eileiter bei Trägerinnen dieser veränderten Gene positiv auf das Risiko für Brustkrebs, aber auch Eierstock-, Eileiter- oder Bauchfellkrebs auswirkt.
Chemotherapie
Bei einer Chemotherapie verabreichen Onkologen Zytostatika über eine Infusion. Die Zellgifte greifen die Krebszellen auf verschiedenen Wegen an: Sie hemmen die Zellteilung oder töten die Tumorzellen ab. Meist kombinieren Onkologen mehrere Zellgifte miteinander, um die Schlagkraft der Medikamente zu erhöhen. Die Chemotherapie richtet sich gegen schnellwachsende Krebszellen und wirkt im gesamten Körper. Bei Eileiterkrebs schließt sich die Chemotherapie meist an die Operation an und wirkt unterstützend (adjuvant). Manchmal setzen Ärzte die Zytostatika auch vor einer Operation ein, um den Tumor zu verkleinern (neoadjuvant).
Am häufigsten wird bei Eileiterkrebs und Eierstockkrebs das Zytostatikum Carboplatin (ein platinhaltiges Medikament) in Kombination mit Paclitaxel (ein Medikament mit Taxol) eingesetzt. Die Zellgifte blockieren die Teilung und Vermehrung der Krebszellen. Nach der Operation erhalten Frauen meist sechs Zyklen Chemotherapie alle drei Wochen.
Antikörper-Behandlung
Eine Behandlung mit einem Antikörper zählt zur sogenannten "zielgerichteten Therapie". Frauen mit Eileiterkrebs könnte der Antikörper Bevacizumab Vorteile bringen. Das Medikament sorgt dafür, dass der Tumor keine neuen Blutgefäße ausbilden kann (Angiogenese), um sich mit Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen, die er für sein Wachstum braucht. Die Blutzufuhr wird vermindert und der Tumor verliert seine Fähigkeit, zu wachsen und zu streuen.
Psychoonkologie
Ängste, seelischer Stress und depressive Verstimmungen sind bei Krebsdiagnosen ganz normal. Deshalb ist die Psychoonkologie heute in vielen Fällen ein fester Bestandteil der Krebsbehandlung. Es gibt speziell ausgebildete Psychologen und Psychotherapeuten, die Krebspatienten und deren Angehörige gut unterstützen können. Denn Krebs betrifft auch immer die gesamte Familie. Das Deutsche Krebsforschungszentrum bietet auf seiner Webseite eine Suche nach Psychoonkologen in der Nähe des eigenen Wohnortes.
Palliativtherapie
In manchen Fällen ist der Krebs trotz Operation und Chemotherapie nicht heilbar und er kehrt zurück. Dann versuchen Ärzte mit einer Palliativtherapie, den Tumor so gut und lange wie möglich in Schach zu halten. Im Vordergrund steht aber, die Beschwerden zu lindern, die Lebenszeit zu verlängern und eine möglichst gute Lebensqualität zu erreichen. Der Zeitpunkt und das Ausmaß des Rückfalls entscheiden darüber, welche weitere Krebsbehandlung in Frage kommt. Möglich ist eine erneute Operation, wenn die Chancen gut stehen, dass Ärzte den Tumor und anderes auffälliges Gewebe wieder vollständig entfernen können. Auch eine platinhaltige Kombinations-Chemotherapie kann helfen. Sie ist so dosiert, dass die Nebenwirkungen möglichst gut erträglich sind.
Verlauf und Heilungschancen bei Eileiterkrebs
Frauen mit Eileiterkrebs sollten regelmäßig zur Nachsorge gehen und Kontrolluntersuchungen wahrnehmen. So lässt sich eine Rückkehr des Krebses (Rezidiv) schneller erkennen. Dennoch handelt es sich um eine sehr gefährliche Erkrankung, die oft nicht heilbar ist. Im Vergleich zum Eierstockkrebs liegen die Überlebensraten in den Stadien I und II etwas niedriger. In späteren Stadien III und IV sind sie mit jenen bei Eierstockkrebs vergleichbar. Nach fünf Jahren leben zwischen 30 und 40 Prozent der Patientinnen mit Tubenkarzinom noch.
Begünstigend wirken sich folgende Faktoren aus:
- ein niedriges Tumorstadium
- kein oder nur wenig Resttumor
- eine platinhaltige Chemotherapie bei fortgeschrittenen Stadien des Eileiterkrebses
- Lebensalter unter 60 Jahren
- niedrige Werte des Tumormarkers CA-125 vor Beginn der Therapie
Eileiterkrebs vorbeugen
Der Erkrankung vorbeugen können Frauen nicht, weil die Ursachen noch unklar sind. Wichtig ist es, bei Symptomen wie Unterbauchschmerzen, Blutungen oder einem aufgeblähten Bauch möglichst zeitnah einen Arzt aufzusuchen und die Beschwerden abklären zu lassen. Der Krebs kommt häufiger bei Frauen vor, die schon eine andere gynäkologische Krebserkrankung durchgemacht haben. Deshalb ist die regelmäßige Nachsorge wichtig.
Frauen, die eine BRCA1- oder BRCA2-Mutation tragen, sollten sich beraten lassen, ob eine vorbeugende Operation in ihrem Fall sinnvoll ist. Studien lassen vermuten, dass sich diese positiv auf das Risiko mehrerer gynäkologischer Krebsarten auswirkt.
Sie möchten Informationen zu bestimmten Krankheitssymptomen oder wollen medizinischen Rat? Hier können Sie Ihre Fragen an unsere Experten oder andere Lifeline-Nutzer stellen!