Darmverschluss: Gefährliche Blockade im Darm
Bei einem Darmverschluss (Ileus) ist der Transport des Nahrungsbreis durch den Verdauungstrakt im Darm unterbrochen. Das ist ein potenziell lebensbedrohlicher Zustand, der notfallmedizinisch versorgt werden muss.
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Hinter dem Begriff Darmverschluss verbergen sich ganz unterschiedliche Erkrankungen. Diese können den Bauchraum betreffen, aber auch außerhalb der Bauchhöhle ihren Ursprung haben, es können mechanische Ursachen vorliegen oder auch in einer funktionellen Störung. Allen gemeinsam ist, dass sie eine Störung der Darmpassage auslösen. Durch die Blockade des Darms können die Darmwände nicht mehr richtig mit Blut versorgt werden und Teile des Darms absterben. Zudem droht durch den Überdruck im Darm eine Perforation der Darmwand. Der Darminhalt kann sich in den Bauchraum ergießen und zu schweren Infektionen führen. Aus diesen Gründen sollte beim Verdacht auf einen Darmverschluss schnellstens ein Arzt aufgesucht werden.
Symptome beim Darmverschluss
Die Anzeichen für einen Darmverschluss sind eher unspezifisch und können auch bei anderen Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts auftreten. Abhängig davon wo genau im Bauch genau der Darm verschlossen ist, kommen weitere, auch allgemeine Anzeichen dazu.
In der Regel zeigen sich bei allen Menschen mit einem Darmverschluss vier führende Symptome. Das sind
- Bauchschmerzen, nicht immer plötzlich
- Erbrechen
- Stuhl- und/oder Windverhalt
- Blähungen (Meteorismus)
Je nach Lage und Ursache des Darmverschlusses treten diese Symptome in unterschiedlicher Reihenfolge und Ausprägung auf.
Bei einem mechanischem Darmverschluss durch Verwachsungen oder Verschlingungen setzen in den meisten Fällen schlagartige Bauchschmerzen ein, anfangs erbricht der Betroffene, Stuhl- oder Windverhalt liegen zunächst noch nicht vor, aber die Blähungen nehmen im Verlauf zu. Wenig Stuhlgang alleine ist kein Symptom für einen Darmverschluss!
Ein Darmverschluss kann auch durch einen Fremdkörper oder eine Verdickung blockiert sein. Dieses mechanische Hindernis der Darmpassage kann auf unterschiedlicher Höhe, also im Dünn- oder Dickdarm liegen. Beim Dünndarm kann das Hindernis im oberen oder unteren Anteil liegen – dementsprechend werden der hohe und tiefsitzende Dünndarmverschluss unterschieden.
Unterschiedliche Symptome je nach Lage des Ileus
Bei einem hoher Dünndarmverschluss im Bereich des Leerdarms klagen die Betroffenen nur geringfügig über Schmerzen, dafür müssen sie massiv und häufig erbrechen. Blähungen und Stuhlverhalt treten bei dieser Form nicht auf.
Im Gegensatz dazu verursacht ein tief sitzender Dünndarmverschluss im Bereich des Krummdarms von Beginn an krampfartige, kolikartige Schmerzen. Der Betroffene krümmt sich zeitweilig, weiß nicht, wie er sitzen oder liegen soll und hat dazwischen kurze Phasen, in denen der Schmerz nachlässt.
Diese Art der Schmerzen entsteht durch den Versuch des Darms durch krampfhaftes Zusammenziehen und Entspannen seiner Wandmuskulatur das Passagehindernis zu überwinden. Weil dies nicht gelingt, kommt es zum Erbrechen des Darminhaltes, die Stuhlausscheidung auf normalem Weg kommt zum Erliegen, und es entstehen durch die Gärungsvorgänge des nicht weitertransportierten Speisebreis die oft genannten Blähungen. Diese wiederum verstärken die Schmerzen durch Überdehnung der Darmwand.
Liegt ein Verschluss im Bereich des Dickdarms vor, sind die Schmerzen von Beginn an krampfartig, Erbrechen setzt erst spät ein, Blähungen und Stuhlverhalt sind gegeben.
Symptome einer Darmlähmung
Bei einer Darmlähmung hingegen können die Bauchschmerzen völlig fehlen, die drei anderen Krankheitszeichen sind aber in der Regel vorhanden (Erbrechen, Stuhl- und/oder Windverhalt, Blähungen).
Zusätzlich kann durch Mitreizung des Zwerchfells ein Schluckauf entstehen. Ein Schluckauf ist nichts anderes als das unwillkürliche, krampfartige Zusammenziehen des Zwerchfells im Wechsel mit Entspannung dieser Muskelplatte.
Durch das zum Teil massive Erbrechen verliert der Betroffene sehr viel Flüssigkeit und lebenswichtige Elektrolyte (zum Beispiel Natrium und Kalium). Äußere Anzeichen dafür können eine trockene, belegte Zunge und eine sehr trockene Haut sein. Bildet man beispielsweise eine Falte, bleibt diese zunächst stehen. Dadurch bedingt kann es zu schwer wiegenden Herz-Kreislauf-Störungen bis zum Schock kommen. Dem Organismus fehlt lebensnotwendige Flüssigkeit.
Je nach Ursache des Darmverschlusses kommt es auch mehr oder weniger schnell zum Anstieg der Körpertemperatur bis hin zum Fieber. Das hängt zum einen ebenfalls mit dem Flüssigkeitsverlust zusammen, zum anderen aber auch mit beginnenden Entzündungsvorgängen. Darmbakterien wandern in die Darmwand ein und durch sie hindurch und können den freien Bauchraum und das Bauchfell infizieren.
Verschiedene Ursachen für einen Darmverschluss
Bei Neugeborenen wird ein Darmverschluss häufig durch angeborene Fehlbildungen verursacht, die operiert werden müssen. Bei Erwachsenen sind oft Verwachsungen nach Operationen, entzündliche Prozesse (Morbus Crohn), Gallensteine, Tumore oder hartnäckige, chronische Verstopfungen Auslöser für einen Darmverschluss.
Es werden zwei Formen des Darmverschlusses unterschieden, der mechanische Darmverschluss (mechanischer Ileus) und der funktionelle Darmverschluss(paralytischer Ileus).
Zu rund 70 Prozent der Fälle betrifft der mechanische Darmverschluss den Dünndarm, seltener (nur zu 30 Prozent) ist der Dickdarm betroffen. Die Einengung oder der Verschluss des Darms wird durch ein mechanisches Hindernis verursacht. So können größere Fremdkörper im Darm oder Gallensteine den Durchgang im Darm blockieren. Infolge von längeren, chronischen Verstopfungen können sich zähe, harte Kotballen bilden, die bei wenig Bewegung und unzureichender Trinkmenge ebenfalls den Darm verschließen können.
Die Darmlähmung (paralytischer Ileus) betrifft in der Regel den Dick- und Dünndarm gleichzeitig. Es liegt primär kein mechanisches Hindernis vor, sondern der Darm hat seine natürlichen Transportbewegungen durch Erkrankungen verloren, zum Beispiel bei Durchblutungsstörungen, nach Bauchraumverletzungen und Operationen, bei Gallen- oder Nierenkoliken.
Die unvollständige Ausprägung eines Darmverschlusses bezeichnet man in der Medizin als Subileus. Es besteht eine röntgenologisch nachweisbare Störung der Darmbewegung (Spiegelbildungen), aber kein Passagestop im Darm.
Diagnose: So untersucht der Arzt bei Darmverschluss
Aufgrund von typischen Krankheitszeichen, die auf einen Darmverschluss hinweisen, sind verschiedene Untersuchungen zur Sicherung der Diagnose Ileus notwendig. Im Vordergrund steht die ärztliche Anamnese und die körperliche Untersuchung. Der Arzt wird den Bauch abtasten, beklopfen und mit einem Stethoskop abhören. Zusätzlich können Ultraschall- und Röntgenuntersuchungen durchgeführt werden.
Zu Beginn der Untersuchung wird der Arzt den Patienten nach seinen Beschwerden, dem zeitlichen Verlauf der Erkrankung und nach weiteren Krankheiten befragen, um einen möglichen Darmverschluss näher bestimmen zu können.
Der Arzt wird bei der körperlichen Untersuchung vor allem den Bauch abtasten und mit dem Stethoskop abhören. Je nach Stadium der Erkrankung findet er noch eine weich eindrückbare Bauchdecke vorfinden, deren Betasten für den Patienten ebenfalls noch halbwegs erträglich ist. Je weiter fortgeschritten der Darmverschluss ist, desto gespannter und empfindlicher ist der Bauch. Dies entsteht durch die zunehmende Mitreaktion des Bauchfells, das sehr gut mit Nerven versorgt ist und somit sehr schmerzempfindlich reagiert. Man nennt dieses Phänomen Abwehrspannung.
Reagiert der Betroffene schon auf vorsichtigstes Beklopfen des Bauches mit den Fingerspitzen des Arztes sehr empfindlich, so liegt schon eine fortgeschrittene, entzündliche Mitbeteiligung des Bauchfells vor – eine lebensgefährliche Situation.
Die Bewegungen des Darms erzeugen in der Regel unregelmäßige, leicht blubbernde Geräusche. Der Fachbegriff dafür lautet Darmperistaltik. Der Arzt kann sie mit dem Stethoskop durch die Bauchdecken hören. Beim Darmverschluss ändern sich diese Geräusche entsprechend der Ursache. Sie können dann so laut werden, dass der Patient selbst und Begleitpersonen diese ohne Hilfsmittel hören. Sie können aber auch vollständig verschwinden.
Ultraschall- und Röntgenuntersuchung
Die Ultraschalluntersuchung und die Röntgenübersichtsaufnahme im Stehen oder in Linksseitenlage sind die beiden bildgebenden Standardverfahren bei dem Verdacht auf einen Darmverschluss.
Die Ultraschalluntersuchung des Bauches erlaubt eine Beurteilung der Darmbewegungen. Bei der Darmlähmung wird man kaum oder gar keine Bewegungen mehr sehen, die Darmschlingen sind extrem aufgebläht.
Im Frühstadium des mechanischen Darmverschlusses sieht der Arzt zunächst mehr Darmbewegungen als üblich, da die Darmmuskulatur vermehrt arbeitet, um den Speisebrei über das Hindernis hinweg zu transportieren. Im Spätstadium hat dann der Darm seine Bewegungen eingestellt, und es bietet sich das Bild wie bei der Darmlähmung. Gelegentlich findet sich ein sogenanntes Strickleitermuster bei sehr aufgeblähten Dünndarmschlingen. Dieses Bild ist aber nicht spezifisch nur für das Bild des Darmverschlusses.
Bei der Röntgenuntersuchung wird eine Übersichtsaufnahme angefertigt. Beim hohen Darmverschluss im Dünndarm finden sich meist nur wenige sogenannte Spiegel. Diese Spiegel entstehen durch stillstehende Flüssigkeit in einer Darmschlinge, über der ein luftgefüllter Hohlraum entsteht. Sie ähneln im Röntgenbild kleinen Halbmonden oder Hufeisen. Erfahrungsgemäß treten sie beim tief sitzenden Darmverschluss (unterer Dünndarm und Dickdarm) zahlreicher in Erscheinung. Beim Dickdarmverschluss ist der Dickdarm häufiger sehr deutlich wie ein Bilderrahmen zu erkennen.
Therapie bei Darmverschluss: Operation oft nötig
Sobald alle Untersuchungen abgeschlossen sind und die Diagnose Darmverschluss feststeht, wird der Patient entweder auf eine Operation vorbereitet oder es werden nicht-chirurgische Maßnahmen zur Behandlung veranlasst.
Die Behandlung des mechanischen Darmverschlusses richtet sich nach der entsprechenden Ursache. Ziel der Behandlung ist die Beseitigung der Ursache, die Wiederherstellung der Darmpassage und die Entlastung des Darms. Bei der Verlegung oder der Einengung der Darmlichtung durch ein mechanisches Hindernis, zum Beispiel durch eine Geschwulst, muss der Patient operiert werden.
Bei der Darmlähmung ist die Beseitigung der zugrunde liegenden Ursache das Ziel. Beispielsweise können vorangehende Erkrankungen und Funktionsstörungen (zum Beispiel eine Harnvergiftung) den Darm lähmen und zu einem Darmverschluss führen.
Nicht nur die ursächlichen Erkrankungen müssen ärztlich behandelt werden (zum Beispiel Dialysetherapie), auch die Darmlähmung muss behandelt werden. Der durch den nicht weitertransportierten Nahrungsbrei und Verdauungssäfte gestaute Darm braucht vor allem eine Entlastung – die Verwendung einer Darmsonde (Dennis-Sonde) ist eine häufig gewählte Methode, um den Dünndarm zunächst vor allem von Flüssigkeit und Luft zu entlasten. Medikamente zur Anregung der Darmtätigkeit kommen ebenfalls zum Einsatz. Eine Operation aufgrund einer Darmlähmung wird notwendig, wenn schon eine Bauchfellentzündung vorliegt.
Darmverschluss: Vorbeugung durch Ernährung und OP
Um einem Darmverschluss vorzubeugen, ist es wichtig, die Darmtätigkeit anzuregen. Ballaststoffreiche Kost (zum Beispiel Vollkornprodukte, Haferflocken, Erbsen, Bohnen, Gemüse, Äpfeln, Zitrusfrüchte) lockert den Stuhlgang auf und veranlasst den Darm, reflektorisch durch Volumenzunahme des Inhalts zu vermehrter Tätigkeit. Die Volumenzunahme des Darminhalts ergibt sich durch das Aufquellen der Ballaststoffe – sie saugen Wasser auf. Durch das Aufquellen im Magen-Darm-Trakt fördern sie die Darmbewegungen und beugen dadurch einer Verstopfung (Obstipation) und einem Transportstopp vor – eine zu starke Eindickung wird vermieden. Grundvoraussetzung ist zusätzlich eine reichliche Flüssigkeitszufuhr von mindestens zwei Litern täglich, bestehend idealerweise aus Wasser.
Weiterhin tragen ausreichende Bewegung und regelmäßige sportliche Betätigung zur Erhaltung einer gesunden Darmtätigkeit bei.
Vorbeugende Operationen bei vorausgegangenem Ileus
Hat der Betroffene bereits einen Darmverschluss erlitten, gibt es drei Verfahren, um zu verhindern, dass sich der Ileus wiederholt:
- Childs-Phillips-Operation: Um erneute Abknickungen, Abschnürungen oder Verdrehungen des Dünndarms zu verhindern, werden die Dünndarmschlingen ziehharmonikaartig in Schlingen aneinandergelegt und mit Nähten durch das sogenannte Mesenterium (Halteapparat des Darms zur Bauchhinterwand) in Form gebracht und fixiert. Nach dieser Operation kommt es trotzdem bei 20 Prozent der operierten Patienten zum Wiederauftreten eines Darmverschlusses (Rezidivrate beträgt 20 Prozent). Ein weiteres Risiko ist die ungewollte Verletzung von größeren Darmgefäßen, denn im Halteapparat des Darms (Mesenterium) verlaufen die versorgenden Blutgefäße und Nerven des Darms.
- Dünndarmplikatur nach Noble: Die Dünndarmschlingen werden bei dieser Operationsmethode ebenfalls ziehharmonikaartig drapiert. Die Nähte werden als Befestigung jedoch nicht durch das so genannte Mesenterium gelegt – es werden hier die jeweiligen Darmaußenwände miteinander vernäht. Hier beträgt die Gefahr eines erneuten Darmverschlusses (Rezidivrate) zehn Prozent. Ein Risiko bei dieser Operation ist die Ausbildung von künstlichen, kleinen Gängen zwischen den einzelnen Darmschlingen (Fisteln). Diese können sich durch die Verletzung der Darmaußenwände mit der chirurgischen Nadel beim Nähen entwickeln. Es besteht auch das Risiko eines nachfolgenden mechanischen Darmverschlusses durch sich entwickelnde Entzündungen.
- Dünndarmsonde (Dennis-Sonde): Durch eine innere Darmschienung mit einer langen Sonde über zirka eine Woche kann der Dünndarm in seinem Verlauf fixiert werden. Die Dünndarmsonde verhindert die spitzwinklige Darmabknickung, erlaubt das Absaugen von Darminhalt und begünstigt flächige Verwachsungen, die ein Abknicken des Darms verhindern. Auch hier beträgt die Rezidivrate für einen Darmverschluss zehn Prozent. Es besteht das Risiko, dass sich durch den kleinen Ballon am Ende der Sonde kleine Druckgeschwüre an der Darmwand bilden. Um dies zu vermeiden, wird die Dünndarmsonde regelmäßig bewegt.
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