Vermehrter Durst und häufiges Wasserlassen

Diabetes insipidus: Symptome, Therapie und Ursachen

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Diabetes insipidus ist eine Erkrankung, die auf einen gestörten Hormonhaushalt zurückgeht. Dabei sind die Nieren nicht in der Lage, ausreichende Wassermengen im Körper zurückzuhalten. Menschen mit Diabetes insipidus scheiden dadurch extrem viel Urin aus, bei gleichzeitig starkem Durst und großen Trinkmengen.

Diabetes insipidus: Starker Durst
© Getty Images/Thanasis Zovoilis

Bei Diabetes insipidus handelt es sich um eine hormonelle Störung, die zu einem fehlgesteuerten Wasserhaushalt führt. Betroffene haben typischerweise ständig großen Durst und scheiden sehr hohe Urinmengen aus. Die Erkrankung ist nicht mit Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) zu verwechseln. Auch hier gelten starker Durst und häufiges Wasserlassen als charakteristische Symptome, die Ursache liegt jedoch in einem gestörten Zuckerstoffwechsel.

Im Überblick:

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Wie entsteht Diabetes insipidus?

Die Nieren regulieren den Wasserhaushalt des Körpers. Im Zusammenspiel mit dem sogenannten antidiuretischen Hormon (auch ADH oder Vasopressin) sorgen sie dafür, dass – abhängig vom jeweiligen Bedarf – genügend Wasser aufgenommen beziehungsweise ausgeschieden wird. Diabetes insipidus entsteht, wenn ADH fehlt oder an den Nieren nicht richtig wirken kann.

ADH wird im Zwischenhirn (Hypothalamus) gebildet. Von hier aus gelangt das Hormon zur Hirnanhangsdrüse (genauer dem Hypophysenhinterlappen), wo es gespeichert beziehungsweise bei Bedarf in die Blutbahn freigesetzt wird. Verliert ein Mensch (etwa durch starkes Schwitzen) viel Flüssigkeit oder kann über längere Zeit nichts trinken, versucht der Körper, Wasser einzusparen. Dabei gibt die Hypophyse Vasopressin ins Blut ab. Das Hormon bewirkt, dass die Nieren weniger Wasser ausscheiden.

Hat jemand hingegen viel Wasser getrunken, unterbleibt die ADH-Ausschüttung im Gehirn. Fehlt das Hormon, scheiden die Nieren viel Flüssigkeit aus. Auf diese Weise kann der Organismus seinen Flüssigkeitshaushalt den jeweiligen Bedürfnissen anpassen.

Formen des Diabetes insipidus

Fachleute unterscheiden zwei Formen des Diabetes insipidus:

  • Diabetes insipidus centralis: Die ADH-Produktion oder Ausschüttung in Hypothalamus oder Hypophyse ist gestört.

  • renaler Diabetes insipidus: ADH kann nicht an den Nieren wirken (etwa wegen einer Nierenerkrankung).

Der Diabetes insipidus centralis ist die häufigere Form, nur in seltenen Fällen entsteht die Erkrankung weil ADH an den Nieren nicht richtig wirken kann.

Diabetes insipidus: Welche Symptome sind typisch?

Bei der Erkrankung ist der Wasserhaushalt des Körpers gestört. Ein Diabetes insipidus äußert sich in der Regel durch eindeutige Symptome:

  • verstärkter Harndrang: Betroffene müssen sehr häufig, Tag und Nacht, große Mengen Wasser lassen (Polyurie). Innerhalb von 24 Stunden scheiden sie zwischen fünf und 25 Litern Urin aus.

  • Durstgefühl: Durch den Flüssigkeitsverlust haben Erkrankte ständig starken Durst und trinken überdurchschnittlich große Wassermengen (Polydipsie).

Bei Diabetes insipidus treten Schlafstörungen auf

Da bei Diabetes insipidus die Symptome auch nachts anhalten, verursachen sie zudem meist Schlafstörungen – Betroffene sind daher oft entsprechend müde. Bei Kindern kann Bettnässen (Enuresis) ein zusätzlicher Hinweis auf die Erkrankung sein.

Dehydration – wenn der Körper durch Diabetes insipidus austrocknet

Indem Betroffene sehr große Trinkmengen zu sich nehmen, können sie den Flüssigkeitsverlust zu einem gewissen Grad kompensieren. Älteren Menschen oder sehr kleinen Kindern hingegen gelingt dies oft nicht und sie trocknen durch die vermehrte Ausscheidung von Wasser aus. Kopfschmerzen, niedriger Blutdruck sowie trockene Haut und Schleimhäute können als Folgen der Dehydration auftreten.

Bleibt eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr weiter aus, kann dies lebensbedrohlich werden. Durch den hohen Wasserverlust bei Diabetes insipidus geraten auch die Blutsalze aus dem Gleichgewicht und der Natriumspiegel steigt. Der Natriumüberschuss (Hypernatriämie) und die Austrocknung können zu Verwirrtheit und im Extremfall auch zu Krampfanfällen und zum Koma führen.

Bei Kleinkindern, die jünger als zwei Jahre alt sind, kann es statt der großen Urinausscheidung auch zu Durchfall kommen. Darüber hinaus sind Wachstumsverzögerungen häufig.

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Diabetes insipidus: Ursachen der Hormonstörung

Je nach Form kommen für die Entstehung von Diabetes insipidus mehrere Ursachen infrage.

Ursachen des Diabetes insipidus centralis

Beim zentralen Diabetes insipidus bildet das Zwischenhirn zu wenig Vasopressin oder die Hypophyse gibt zu geringe Hormonmengen ins Blut ab. Ursache für den zentralen Diabetes insipidus kann etwa eine Schädigung von Hypothalamus oder Hypophyse sein, etwa bedingt durch:

  • Tumoren im Bereich von Hypothalamus und Hypophyse
  • Entzündungen (etwa Meningitis oder Enzephalitis)
  • Verletzungen dieser Hirnareale, zum Beispiel durch Operationen oder Kopfverletzungen.

Bei etwa einem Drittel der Fälle ist die Ursache nicht genau bekannt, Fachleute sprechen dann auch von einem idiopathischen Diabetes insipidus centralis. Eine erbliche Komponente scheint bei einigen Betroffenen eine Rolle zu spielen. In anderen Fällen greift das Immunsystem die ADH-produzierenden Zellen an und zerstört diese.

Ursachen des Diabetes insipidus renalis

Beim renalen Diabetes insipidus sind Nierenprobleme Auslöser der Erkrankung. Das Hormon ADH kann dort nicht mehr ausreichend wirken. Folgende Faktoren können die Wirksamkeit verhindern und eine ADH-Resistenz der Niere bedingen:

  • Nierenkrankheiten, welche die Nieren dauerhaft geschädigt haben

  • ein bestimmter seltener Erbfehler, den Mütter an ihre Söhne vererben, führt dazu, dass die Andockstellen (Rezeptoren) in den Nieren, an die ADH normalerweise bindet, defekt sind

  • bestimmte Medikamente gegen Depressionen (Lithiumsalze)

  • stark erhöhter Kalziumspiegel (Hyperkalzämie)

Diagnose: So wird Diabetes insipidus festgestellt

Meist sind die Symptome des Diabetes insipidus für die Diagnostik wegweisend. Um die Diagnose genauer einzugrenzen, wird in der Regel der Urin untersucht, dabei spielen unter anderem die Menge an gelösten Salzen eine Rolle. Typischerweise ist der Urin bei Diabetes insipidus sehr wässrig, da die Nieren den Harn nicht stärker konzentrieren können. Daneben werden weitere Untersuchungen notwendig.

Durstversuch

Besteht der Verdacht auf die Erkrankung, veranlassen Ärzt*innen meist einen sogenannten Durstversuch. Dabei dürfen Patient*innen während eines längeren Zeitraums von bis zu zwölf Stunden nicht trinken. Sie werden dabei ärztlich überwacht, um schwerwiegende Komplikationen wie eine Austrocknung zu verhindern. Im Untersuchungszeitraum werden regelmäßig Blut und Urin analaysiert, relevant sind dabei das Volumen sowie die Anzahl gelöster Teilchen in den Proben (Osmolalität). Auch Blutsalze können dabei relevant sein sowie der mögliche Gewichtsverlust der untersuchten Person.

Bei gesunden Personen ohne Hormonstörung sollte der Urinverlust über die Zeit hinweg abnehmen und der Urin am Ende des Versuchs stark konzentriert vorliegen. Menschen mit Diabetes insipidus scheiden trotz mangelnder Flüssigkeitsaufnahme allerdings weiterhin sehr stark verdünnten Harn aus und verlieren unter anderem viel Gewicht und Elektrolyte.

Spritze mit Hormonen zeigt, welcher Diabetes insipidus vorliegt

Deutet der Dursttest auf einen positiven Befund hin, muss geklärt werden, welche Form der Erkrankung vorliegt. Dafür wird eine Spritze mit einer kleinen Menge des synthethisch hergestellten Vasopressins (Desmopressin) verabreicht. Liegt die Ursache des Diabetes insipidus im Gehirn, kann das Hormon an den Nieren wirken und die Beschwerden bessern sich kurzfristig. Bei einem nierenbedingten Diabetes insipidus hingegen bleibt dieser Effekt aus.

In manchen Fällen wird auch versucht, die Ausschüttung des Hormons Vasopressin anzuregen, indem eine konzentrierte Kochsalzlösung verabreicht wird. Die Hormonausschüttung bleibt bei einem Diabetes insipidus centralis mit Ursache im Gehirn aus.

Blutuntersuchung rundet die Diagnose ab

In vielen Fällen schließen sich weitere Untersuchungen an, um die genaue Ursache des Diabetes insipidus zu klären. Zu den Diagnoseverfahren zählen:

  • Blutuntersuchungen (etwa Bestimmung des Blutzuckers, ADH sowie weiterer Hormone von Hypothalamus und Hypophyse, bestimmte Nierenwerte, Elektrolyte wie Kalzium und Natrium)

  • bildgebende Verfahren, meist Magnetresonanztomografie (MRT), um mögliche Ursachen im Gehirn wie Tumoren oder Entzündungen aufzudecken

Nasenspray bis OP: Therapie-Optionen bei Diabetes insipidus

Ist die Ursache des Diabetes insipidus etwa ein Tumor im Bereich von Hypothalamus oder Hypophyse, besteht die Behandlung meist in einer Operation. Bakterielle Entzündungen von Gehirn (Enzephalitis) oder der Hirnhaut (Meningitis) lassen sich mit Antibiotika behandeln.

Bei anderen Formen des zentralen Diabetes insipidus ist die Ursache hingegen unbekannt oder kann nicht beseitigt werden, etwa wenn ein Erbfehler vorliegt. Ziel der Behandlung ist es dann, die Symptome zu lindern und tödliche Komplikationen zu verhindern. Die Behandlung richtet sich nach der Form.

Fehlendes Hormon bei Diabetes insipidus als Nasenspray

Liegt ein Mangel an ADH vor, besteht die Behandlung darin, das fehlende Hormon zu ersetzen. Betroffene nehmen dazu den Wirkstoff Desmopressin entweder als Nasentropfen, Nasenspray oder als Tabletten ein. Die Behandlung beginnt zunächst mit einer geringen Dosis, die die erkrankte Person meist vor dem Schlafengehen einnimmt. Die Dosis kann nach ärztlicher Absprache an den Bedarf angepasst und gesteigert werden.

Zu viel Natrium im Blut vermeiden

Bei einem nierenbedingten Diabetes insipidus (Diabetes insipidus renalis) ist hingegen keine ursächliche Therapie möglich. Die Behandlung ist bei dieser seltenen Form deutlich schwieriger. In manchen Fällen verschreiben Fachleute spezielle entwässernde Medikamente (Thiaziddiuretika). Diese können verhindern, dass sich zu große Mengen Natrium im Blut anhäufen. Große Flüssigkeitsverluste müssen entsprechend ersetzt werden.

Verlauf und Prognose der verschiedenen Formen

Es ist schwierig, bei Diabetes insipidus eine allgemeine Aussage über den Verlauf der Krankheit zu machen. Grundsätzlich gilt jedoch: Lässt sich die Grunderkrankung als Ursache beheben, ist die Prognose im Allgemeinen gut.

Bei einem zentralen Diabetes insipidus sind nicht selten Tumoren des Hypothalamus oder der Hypophyse der Grund der Erkrankung. Können diese durch eine Operation entfernt werden, ist in manchen Fällen keine weitere Behandlung mehr erforderlich. In vielen Fällen jedoch muss das fehlende antidiuretische Hormon in Form eines Medikaments ersetzt werden. Die Therapie ist relativ einfach und im Allgemeinen gut verträglich, sodass Betroffene normalerweise keine größeren Einschränkungen im Alltag erfahren.

Diabetes insipidus regelmäßig kontrollieren lassen

Um Komplikationen zu vermeiden, ist es bei Diabetes insipidus ratsam, regelmäßige Kontrolluntersuchungen  – am besten bei einem*einer Spezialist*in für Hormonstörungen (Endokrinologie) – wahrzunehmen. Denn ohne angemessene Behandlung besteht bei Diabetes insipidus die Gefahr, durch den großen Flüssigkeitsverlust auszutrocknen. Vor allem betroffene Kinder oder alte Menschen sind oft nicht in der Lage, den Verlust durch ausreichende Trinkmengen wieder auszugleichen. Die Austrocknung kann dann rasch ein lebensbedrohliches Ausmaß annehmen.

Lässt sich Diabetes insipidus vorbeugen?

Diabetes insipidus lässt sich nicht grundsätzlich vorbeugen, da seine Ursachen wie Hirntumoren oder Erbfehler nicht vermeidbar sind. Mögliche Komplikationen durch Diabetes insipidus lassen sich hingegen durch einige Maßnahmen verhindern: Wichtig ist vor allem, frühzeitig bei Beschwerden zu reagieren und ärztliche Hilfe einzuholen sowie nach Stellung der Diagnose regelmäßige Kontrolltermine in der behandelnden endokrinologischen Praxis wahrzunehmen.

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