Häufig bei Long-Covid

POTS: Was ist das posturale Tachykardiesyndrom?

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POTS kann ein Symptom von Long Covid sein. Das Syndrom geht etwa mit starkem Schwindel, Schwächegefühl und Herzrasen beim Aufsetzen oder Aufstehen einher. Welche Symptome treten noch auf, worin bestehen die Ursachen und wie wird das posturale Tachykardiesyndrom behandelt?

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© Getty Images/AndreyPopov

Kurzübersicht


Was ist POTS? Das posturale Tachykardiesyndrom ist eine Kreislaufregulationsstörung. Häufig tritt das Syndrom infolge einer Infektion mit Sars-CoV-2 auf.

Symptome: Betroffene verspüren beim Aufsetzen oder Aufstehen häufig Herzrasen, Schwindel und ein Schwächegefühl in den Beinen. Der Puls steigt um mindestens 30 Schläge. Im Gegensatz zu anderen Kreislaufstörungen kommt es aber nicht zu einem Blutdruckabfall.

Behandlung: Bei der Therapie geht es darum, die Symptome zu reduzieren. Es kommen allgemeine Therapiemaßnahmen zum Einsatz. Wichtig ist etwa körperliches Konditionstraining, eine tägliche Flüssigkeitszufuhr von zwei bis drei Litern am Tag und eine erhöhte Aufnahme von Salz (etwa zehn bis 12 Gramm am Tag).

Prognose: POTS ist aktuell nicht heilbar. Durch Therapie bessern sich aber bei vielen Betroffenen die Symptome innerhalb von ein bis drei Jahren.

Artikelinhalte im Überblick:

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Was ist POTS?

Beim posturalen Tachykardiesyndrom (POTS) steigt die Herzrate (Puls) beim Aufsetzen oder Aufstehen (orthostatisch) an, das Blut versackt in den Beinen, Betroffenen wird schwindelig und sie fühlen sich schwach in den Beinen. Der Körper schafft es nicht, den Kreislauf an die aufrechte Position anzupassen. Dies wird auch als orthostatische Intoleranz bezeichnet. Im Gegensatz zu anderen Störungen des Kreislaufes führt POTS allerdings nicht zu einem Blutdruckabfall.

POTS kann in verschiedenen Ausprägungen vorkommen und den Alltag von Betroffenen daher mehr oder weniger stark einschränken. Bislang ist das Syndrom wenig erforscht, weswegen auch die Ursachen nicht eindeutig klar sind. Seit der Corona-Pandemie ist die Störung in den breiteren Fokus der Wissenschaft gerückt, da POTS ein Long-Covid-Symptom sein kann.

Die meisten Betroffenen sind zwischen 15 und 50 Jahre alt, wobei 80 Prozent Frauen sind.

POTS: Welche Symptome sind möglich?

Die Symptome von POTS können sehr unterschiedlich sein. Häufig ist Patient*innen mit einer orthostatischen Tachykardie nach dem Aufstehen schwindelig und sie fühlen sich benommen und schwach in den Beinen. Typisch sind außerdem deutliches Herzrasen und die starke Wahrnehmung des eigenen, schnellen Herzschlags (Palpitationen). Es kommt zu einem Pulsanstieg um mindestens 30 Schläge (Tachykardie). Zur Symptomatik zählen außerdem:

40 Prozent der Betroffenen berichten von einem Kreislaufkollaps beziehungsweise einer Ohnmacht (Synkopen). Mehr als die Hälfte geben an, dass sich ihre POTS-Symptome bei Hitze oder körperlicher Belastung verstärken. Schlafstörungen und damit verbundene Müdigkeit am Tag weisen bis zu 40 Prozent der Patient*innen auf.

Therapie: Wie erfolgt die Behandlung von POTS?

Aktuell ist POTS nicht heilbar. Ziel der Behandlung ist es, durch verschiedene Untersuchungen die Ursachen der Erkrankung ausfindig zu machen und die auftretenden Symptome zu reduzieren. Die Therapie wird je nach Ausprägung der orthostatischen Intoleranz individuell angepasst. Die Behandlungsmethoden der Symptomatik sind entsprechen vielfältig. Generell bewährt hat sich etwa körperliches Konditionstraining.

Erkrankten wird im Rahmen der Behandlung ein hoher Salzkonsum empfohlen. Pro Tag sollen 10 bis 12 Gramm Salz aufgenommen werden. Dazu ist auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr von zwei bis drei Litern täglich zu achten. Ziel ist es, das Plasmavolumen der Erkrankten zu steigern und auf diese Weise den Kreislauf zu stabilisieren. Viele Betroffene haben häufig ein niedriges Plasmavolumen und erhöhte Noradrenalin-Plasmaspiegel. Das Plasmavolumen entspricht dem Blutvolumen ohne Blutzellen. Noradrenalin ist ein Neurotransmitter, der unter anderem eine wichtige Rolle für die Aktivierung des Herz-Kreislaufsystems spielt.

Weitere Maßnahmen der POTS-Therapie sind:

  • gemäßigtes Aufstehen und Aufsetzen
  • Kompressionsstrümpfe
  • gute Schlafhygiene
  • mehrere kleine Mahlzeiten am Tag

Folgende Dinge sollten vermieden werden:

  • große, kohlenhydratreiche Mahlzeiten
  • Alkohol
  • langes Stehen (insbesondere bei Hitze)
  • Sauna
  • physische und psychische Stressfaktoren

In ärztlicher Absprache gilt es außerdem, auf bestimmte Medikamente zu verzichten, die die Symptome des posturalen Tachykardiesyndroms verstärken können.

In bestimmten Fällen, etwa bei ausgeprägter Ängstlichkeit und starkem psychischen Stress, kann außerdem eine Psychotherapie sinnvoll sein, in der unter anderem Entspannungsübungen erlernt werden.

Medikamente bei POTS

Aktuell gibt es für POTS kein spezifisches Medikament, da es an wissenschaftlichen Untersuchungen mangelt. Sofern sich die Symptome durch die allgemeinen Therapie-Maßnahmen nicht verbessern, kann die Verwendung von Betablockern Abhilfe schaffen. Das Medikament senkt die Pulsfrequenz. Es kommen auch andere Medikamente zum Einsatz, allerdings fehlt es diesbezüglich an Daten zur Langzeitwirkung. Sie sind außerdem Off-Label, also nicht speziell für das posturale Tachykardiesyndrom zugelassen. Dazu zählen etwa:

  • Melatonin

  • Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (bei Angstsymptomen)

  • Midrodin

  • Ivabradin

  • Fludrocortison

  • Acetylcholinesterasehemmer (es können Nebenwirkungen wie Erbrechen auftreten)

  • Immunglobuline

Welche Ursachen hat POTS?

Beim posturalen Tachykardiesyndrom handelt es sich um eine Kreislaufregulationsstörung. Etwa 50 Prozent der Erkrankten hatten zuvor eine virale Infektion. Häufig trat das Syndrom infolge einer Infektion mit Sars-CoV-2 auf. In diesem Zusammenhang wird von Long-Covid-POTS gesprochen.

Die genauen Ursachen für POTS sind allerdings nicht abschließend geklärt. Als Gründe für die Fehlregulation des Kreislaufs wird vor allem eine Fehlfunktion in Teilen des autonomen Nervensystems vermutet (Dysautonomie). Das autonome Nervensystem reguliert alle unbewussten Körperfunktionen, unter anderem auch den Blutkreislauf. Eine Dysfunktion kann zu mehr oder weniger starken Beeinträchtigungen führen.

Beim Aufstehen sorgt das Nervensystem – beziehungsweise die Nervensignale – im Normalfall dafür, dass sich die Blutgefäße in den Beinen zusammenziehen und der Puls ansteigt. Das Zusammenziehen der Gefäße wird auch Vasokonstriktion genannt. So wird eine ausreichende Blutzufuhr zum Gehirn und den Organen des Oberkörpers sichergestellt. Bei POTS sind die Nervensignale an die Blutgefäße in den Beinen gestört oder beeinträchtigt, während zugleich das Herz dazu angeregt wird, schneller zu schlagen. Es kommt zu einem Anstieg des Pulses, jedoch ist die Blutzufuhr zum Gehirn und zu Herz und Lunge nicht ausreichend. Es wird hier auch von einem reduzierten venösen Rückfluss gesprochen.

Als Grund hierfür kommt vor allem eine Hypovolämie infrage, wie sie bei einem Großteil der POTS-Betroffenen beobachtet wird. Bei einer Hypovolämie befindet sich zu wenig Blut im zirkulierenden Blutkreislauf, oder das Blut versackt vor allem im Bauch und in den unteren Extremitäten. Studien zeigen, dass das Blutvolumen von Menschen mit POTS durchschnittlich 13 Prozent geringer ist als bei Gesunden. Neben einer Hypovolämie können weitere Gründe für einen reduzierten venösen Rückfluss sein:

  • autoimmune Vorgänge
  • virale Infektionen
  • Stress und Traumata

Häufige Begleiterkrankungen bei POTS sind etwa

POTS: Wie die Diagnose gestellt wird

Wer vermutet, an POTS zu leiden, sollte zuerst die hausärztliche Praxis aufsuchen. Gegebenenfalls kommt es zu einer Überweisung in eine kardiologische oder neurologische Praxis.

Im ärztlichen Gespräch werden die Krankheitsgeschichte (Anamnese) und die Beschwerden und die aktuell eingenommenen Medikamente analysiert.

Die Diagnose erfolgt anhand der typischen POTS-Symptome und wenn ein orthostatischer Puls von mindestens 30 Schlägen pro Minute registriert wird, während sich der Blutdruck zugleich relativ im Normalbereich befindet.

Um die Diagnose bei POTS zu stellen, erfolgen meist eine Kipptischuntersuchung beziehungsweise ein Kipptischtest und ein Schellong-Test.

Kipptisch-Test

Bei Verdacht auf das posturale Tachykardiesyndrom wird häufig eine Kipptischuntersuchung gemacht, wie sie auch bei unklaren Synkopen vorgenommen wird. Bei der Untersuchung wird der*die Patient*in auf einem Tisch mit Kippvorrichtung festgeschnallt (Kipptisch). Der Tisch wird langsam von der Horizontalen in die Vertikale bewegt. Dabei wird untersucht, inwieweit sich der Blutdruck und die Herzfrequenz beziehungsweise Herzrate verändern.

Schellong-Test

Bei der POTS-Diagnose kann auch ein sogenannter Schellong-Test erfolgen. Hierbei handelt es sich um eine Überprüfung des Kreislaufes, wie sie auch bei Patient*innen mit unklaren Stürzen, Gangunsicherheiten und Synkopen gemacht wird.

Zunächst wird die Herzrate und der Blutdruck im Liegen festgehalten. Im Anschluss gilt es, den Blutdruck und die Herzfrequenz minütlich bei dosierter Belastung (zum Beispiel längeres Stehen oder Treppensteigen) zu messen.

Um andere Herz-Kreislauferkrankungen auszuschließen, kann ein EKG und/oder eine Untersuchung des Blutes (Blutbild) erfolgen.

Verlauf und Prognose bei POTS

Aktuell fehlt es an Studien zum Langzeitverlauf von POTS. Vorhandene Quellen zeigen jedoch auf, dass die Erkrankung in vielen Fällen eine gute Prognose hat.

Nach der Diagnose und Therapie erleben viele Betroffene innerhalb von einem bis drei Jahren eine deutliche Besserung ihrer Symptome.

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