Blindheit: Frühe Warnzeichen wahrnehmen
Blindheit liegt vor, wenn ein oder beide Augen nichts mehr wahrnehmen oder die Fähigkeit zu sehen, stark eingeschränkt ist. Eine Erblindung kann die Folge einer angeborenen, genetisch bedingten oder erworbenen Erkrankung sein – und lässt sich in bestimmten Fällen verhindern.
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Erblindung, im medizinischen Fachjargon Amaurose oder Amaurosis genannt, ist die fehlende oder stark eingeschränkte Fähigkeit eines oder beider Augen, Licht wahrzunehmen. Farbenblindheit und Nachtblindheit fallen dagegen nicht unter die Amaurose.
Es ist in Deutschland gesetzlich definiert, dass eine Person
sehbehindert ist, wenn der Sehrest auf dem besseren Auge auch mit Brille oder Kontaktlinse nicht mehr als 30 Prozent beträgt,
hochgradig sehbehindert ist, wenn der Sehrest nicht mehr als fünf Prozent beträgt,
blind ist, wenn das besser sehende Auge nicht mehr als zwei Prozent der Sehschärfe eines normal sehenden Menschen hat.
Schätzungen zufolge leben in Deutschland bis zu 1,2 Millionen blinde oder sehbehinderte Menschen. Nach einer Statistik für das Bundesland Bayern, die dem Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) vorliegt, sind nach etwa 42 Prozent der erblindeten Menschen über 80 Jahre.
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Blindheit: Symptome entwickeln sich oft über Jahre
Grundsätzlich hängen die auftretenden Symptome einer Erblindung von der Ursache ab. Besteht die Amaurose bereits bei Geburt, wie zum Beispiel bei der Leberschen kongenitalen (vererbten) Blindheit, liegen die Augen tief in der Augenhöhle. Die Kinder schielen oftmals. Außerdem führen sie unregelmäßige Augenbewegungen (Nystagmus) durch.
Handelt es sich um eine erworbene Form von Blindheit, entwickelt diese sich meist über Jahre. Wahrnehmbar ist nur die zunehmende Beeinträchtigung der Sehleistung und beim Glaukom (Grünem Star) inselförmige "blinde Flecken" im Gesichtsfeld. Anders ist die Situation beim akuten Glaukomanfall: Der Abflussbereich des Kammerwassers ist plötzlich komplett verlegt, weil sich die Regenbogenhaut nach vorne wölbt. Es kommt zu einer akuten Erhöhung des Augeninnendrucks und Beschwerden wie starken Schmerzen, Übelkeit, Erbrechen sowie Sehstörungen – beispielsweise in Form einer plötzlichen Sehverschlechterung, die sich darin äußert, dass man seine Umwelt vernebelt sieht und dass sich um Lichtquellen farbige Ringe bilden.
Auch durch einen Gefäßverschluss kann es innerhalb von Sekunden zu einem abrupten Sehverlust kommen. Da die sehr empfindlichen Sinneszellen eine komplette Unterbrechung der Blutversorgung nur etwa sechs Stunden lang überstehen, sollte man bei jedem plötzlichen Sehverlust umgehend einen Arzt aufsuchen. Länger dauernde Durchblutungsstörungen können zu einer bleibenden Schädigung der Sinneszellen und damit zu einem dauerhaften Sehverlust führen.
Sollte eine altersbedingte Makuladegeneration die Ursache für die abnehmende Sehleistung sein, treten bei einem Test mit dem sogenannten Amsler-Netz krumme Linien oder verbogene Quadrate auf. Beim grauen Star wird das wahrgenommene Bild allmählich unscharf, matt und leicht verschleiert. Es ist, als würde man die Welt durch ein beschlagenes Fenster oder ein Milchglasfenster betrachten. Das Lesen wird immer anstrengender, ein stärkeres Licht ist nötig. Es kann auch sein, dass große Gegenstände in der Ferne oder Zeitungsüberschriften nicht mehr erkennbar sind. Oder man sieht Flugzeuge am Himmel neuerdings doppelt. Farben verblassen und vergilben nach und nach. Autofahrer haben beim abendlichen oder nächtlichen Autofahren ein Blendungsgefühl, das durch Lichtstreuung entsteht.
Mögliche Ursachen der Blindheit
Erblindung kann vielerlei Ursachen haben. Sie kann angeboren sein: Elemente des Sehapparates oder der Verbindung zwischen Auge und Gehirn fehlen oder die das Gehirn betreffenden Sehstrukturen sind nicht ausreichend ausgebildet. Genetische Veranlagungen für Erkrankungen wie Retinopathia pigmentosa, juvenile Makuladegeneration und hereditäre Optikusatrophie, können eine Erblindung im Laufe des Lebens nach sich ziehen.
Die erworbene Blindheit tritt meist in Zusammenhang mit folgenden Grunderkrankungen auf:
- Die altersbedingte Makuladegeneration (AMD) verschuldet rund ein Drittel aller Erblindungen. Die Ursachen der Makuladegeneration sind aber bislang nur ansatzweise geklärt. Das Alter ist jedoch ein sehr bedeutender Risikofaktor. Je älter ein Mensch ist, desto verschlissener ist seine Netzhaut. Fällt Licht ins Auge, werden Stoffe in den Sinneszellen verbraucht, abgestoßen und abtransportiert. Normalerweise werden diese Stoffwechselprodukte entsorgt. Treten jedoch verschleißbedingt Störungen auf, lagert sich über einen langen Zeitraum der Zellmüll unter der Netzhaut ab.
- Das akute oder chronische Glaukom mit Schädigung des Sehnervs ist bei Menschen über 74 Jahren mit etwa 18 bis 20 Prozent die zweithäufigste Ursache für Erblindung in Deutschland. Werden alle Altersgruppen einbezogen, sind nicht ganz 14 Prozent der Erblindungsfälle auf das Glaukom zurückzuführen. So gesehen ist das Glaukom in Deutschland die dritthäufigste Ursache für Blindheit. Hauptrisikofaktor für das Glaukom ist ein individuell zu hoher Augeninnendruck. Durch den erhöhten Augeninnendruck und eine gestörte Versorgung des Sehnervs mit Sauerstoff und Nährstoffen infolge verminderter Durchblutung des Sehnervs werden seine empfindlichen Nervenfasern irreversibel geschädigt.
- Die diabetische Retinopathie verursacht etwa 17 Prozent aller Erblindungsfälle. Sie tritt infolge einer Blutzuckererkrankung auf und beruht auf einer Mikroangiopathie, also einer nicht-entzündliche Veränderung kleiner und kleinster Arterien, mit Schädigung der Netzhaut.
- Grauer Star oder Katarakt führt zu einer Trübung der Augenlinse. Fortgeschrittenes Alter, starke Lichteinwirkung und andere Faktoren wie Diabetes mellitus oder jahrelange Kortison-Einnahme führen dazu, dass die Eiweißmoleküle, aus denen die Fasern der Augenlinse aufgebaut sind, ihre Struktur verändern und lichtundurchlässiger werden.
Weitere mögliche Ursachen für Erblindung sind:
- Netzhautablösung
- Embolien oder Thrombosen der versorgenden Blutgefäße
- Verletzungen
- Keratomalazi (Einschmelzung der Hornhaut durch Vitamin-A-Mangel)
- Optikusatrophie (Schwund des Sehnervs)
- Infektionen (zum Beispiel Trachom, Onchozerkose)
So diagnostiziert der Arzt die Blindheit
Um die Ursachen für eine Erblindung abzuklären, befragt der Arzt den Patienten nach Symptomen und Krankengeschichte.
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Was verbirgt sich hinter AMD? Was ist ein Sicca-Syndrom und worin liegt der Unterschied zwischen Grauem und Grünem Star? Der Ratgeber informiert über Ursachen, Symptome und Therapiemöglichkeiten
Es folgt eine augenärztliche Untersuchung mit Betrachtung beispielsweise der vorderen Augenabschnitte, des Augenhintergrundes, des Gesichtsfeldes, der Sehschärfe und der Pupillenreaktio. Gegebenenfalls finden bildgebende Verfahren wie Computertomographie (CT) und Magnetresonanztomographie (MRT) Anwendung. Nervenärztliche Untersuchungsverfahren können die Diagnostik ergänzen und vertiefen. Selbst oder gerade, wenn die Sehleistung nur deutlich nachgelassen hat, aber noch keine Blindheit vorliegt, sollte die Ursache des Sehverlustes geklärt werden.
Blindheit: Behandlung nur in Ausnahmefällen möglich
Die Erblindung selbst ist nicht therapierbar. Eine Behandlung ist nur im Vorfeld bei abnehmender Sehleistung möglich und hängt von der ursächlichen Grunderkrankung ab.
Bei erblichen Augenerkrankungen wie der Retinopathia pigmentosa, die mit einer Netzhautdegeneration einhergeht, lässt sich in einem frühen Stadium die fortschreitende Blindheit möglicherweise durch eine Dauertherapie mit Vitamin A verlangsamen. Es gibt zudem Hinweise darauf, dass diese Krankheit und auch die Lebersche kongenitale Amaurose mittels Gentherapie behandelbar werden könnten. Bei anderen Ursachen gilt:
AMD
Bei der trockenen AMD konzentriert sich die Behandlung derzeit noch darauf, dem Betroffenen zu helfen, mit der verminderten Sehkraft zu leben. So kann der Augenarzt optische Lesehilfen, wie spezielle Brillen, verschreiben. Die feuchte AMD-Variante ist mit VEGF-Hemmstoffen beziehungsweise Angiogenesehemmern (Angiogenese = Blutgefäßneubildung) behandelbar. Während bei einigen Patienten die störende Gefäßneubildung nach Injektionen ins Auge zum Stillstand kommt, müssen andere Betroffene über Jahre behandelt werden. Alternativ können die Lasertherapie und die Photodynamische Therapie (PDT) zum Einsatz kommen. Beide sind nicht so gut wirksam wie die Angiogenesehemmer und werden deshalb inzwischen nur noch selten verwendet.
Glaukom
Der Augeninnendruck ist medikamentös mittels geeigneter Augentropfen reduzierbar. Falls – wie bei drei bis fünf Prozent der Betroffenen der Fall – die medikamentöse Behandlung nicht zum gewünschten Erfolg führt, kann das Glaukom auch operiert oder mittels Laser behandelt werden. Alle Eingriffe dienen nur dazu, den Augendruck einzustellen. Sie können die Sehkraft nicht verbessern, aber erhalten.
Tritt ein Glaukomanfall auf, muss der stark (zum Beispiel auf 80 mmHg) angestiegene Augeninnendruck rasch gesenkt und dann unverzüglich eine sogenannte periphere Iridektomie (chirurgisch oder mittels Laser) durchgeführt werden, um eine Blindheit zu vermeiden.
Diabetische Retinopathie
Der Blutzucker ist dauerhaft optimal einzustellen. Im fortgeschrittenen Stadium ist die Lasertherapie veränderter Stellen möglich.
Grauer Star
Die trübe Augenlinse wird während eines etwa 20-minütigen Eingriffs am Auge durch eine Kunstlinse ersetzt. Das Sehvermögen wird bei rund 95 Prozent der Patienten vollständig hergestellt, beim Rest teilweise.
Lässt sich der Blindheit vorbeugen?
Inwieweit präventive Maßnahmen bei einer Amaurose möglich sind, hängt von der Grunderkrankung ab:
AMD
Neben einem möglichst dauerhaften Rauchverzicht, konsequenter Blutdruckkontrolle und gegebenenfalls medikamentöser Blutdruckbehandlung ist es ratsam, die Augen beziehungsweise die Netzhaut vor zu starker UV-Strahlung zu schützen. Die Brillengläser sollten unbedingt UV-400-Schutz haben.
Glaukom
Es gibt Hinweise, dass regelmäßige sportliche Aktivität den Augeninnendruck (zum Beispiel viermal wöchentlich für 40 Minuten Radfahren) senken kann. Allerdings gilt dies nicht für das Engwinkelglaukom. Beim Normaldruckglaukom sind schnelle Temperaturwechsel (etwa Sauna/kaltes Wasser) zu vermeiden.
Diabetische Retinopathie
Der Blutzuckerspiegel sollte normalisiert, erhöhte Blutdruckwerte und/oder Blutfettwerte abgesenkt werden. Rauchverzicht hat ebenfalls eine vorbeugende Wirkung.
Grauer Star
Außer der Vermeidung der bekannten Risikofaktoren, etwa einer langfristigen Kortisoneinnahme, ist keine Prävention möglich.
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