Sinnesausfall mit Folgen

Anosmie: Wenn der Geruchssinn fehlt

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Das feine Röstaroma von Kaffee kann nicht mehr wahrgenommen werden, das Essen schmeckt fad: Ein Geruchsverlust hat Auswirkungen auf viele Lebensbereiche. Manchmal ist eine sogenannte Anosmie nur vorübergehend, etwa bei einer Erkältung oder Corona-Infektion, sie kann aber auch von Dauer sein. Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

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© Getty Images/Dima Berlin

Kurzübersicht: Geruchsverlust (Anosmie)

Was ist Anosmie? Hierbei handelt es sich um den Fachbegriff für einen Verlust des Riechvermögens.

Folgen: Appetitlosigkeit, fehlende Warnfunktion (beispielsweise vor verdorbenen Speisen, Gasleck), Unsicherheit bezüglich der persönlichen Hygiene, psychische Belastung, Depression

Ursachen: Infektionen der oberen Atemwege (Erkältung, COVID-19, Sinusitis), allergischer Schnupfen, Medikamente, Reizstoffe, Schädeltrauma, Nasenscheidewandverkrümmung, Parkinson, etc.

Behandlung: Therapie der Grunderkrankung, Medikamente (Steroide), Riechtraining

Artikelinhalte im Überblick:

Erkältung oder Corona: Wie unterscheiden sich die Symptome?

Was ist eine Anosmie?

Von einer Anosmie sprechen Fachleute bei einem kompletten Verlust des Riechvermögens. Sie gehört wie die verminderte Riechfähigkeit (Hyposmie) zu den Riechstörungen (Dysosmien). Mit dem Riechverlust geht häufig auch ein Geschmacksverlust einher. Betroffene können zwar meist noch sehr Salziges, Süßes, Saures und Bitterstoffe schmecken, nicht allerdings einzelne Aromen unterscheiden.

Schätzungen zufolge leiden etwa fünf Prozent der Bevölkerung in Deutschland an einem kompletten Geruchsverlust. Die Häufigkeit nimmt mit dem Alter zu. Bei den über 80-Jährigen ist etwa jede*jeder Zweite von einer Anosmie betroffen.

Anosmie: Verschiedene Ausprägungen

Neben der kompletten Anosmie, also dem vollständigen Verlust des Riechvermögens, kommen auch weitere Ausprägungen vor:

  • Funktionelle Anosmie: Es besteht eine deutliche Einschränkung des Riechvermögens. Allerdings kann noch eine geringe Restwahrnehmung von Duftnoten vorhanden sein, die für den Alltag jedoch nicht hilfreich ist.

  • Spezifische oder partielle Anosmie: Einzelne Duftstoffe oder einer Duftstoffgruppe können nicht wahrgenommen werden, ansonsten ist die Riechleistung aber normal.

Gut zu wissen:

Riechstörungen bedeuten nicht immer eine Verminderung oder einen Verlust des Geruchssinns. Auch eine übermäßig gesteigerte Empfindlichkeit gegenüber Gerüchen (Hyperosmie) ist möglich. Dies ist beispielsweise häufig in der Schwangerschaft der Fall, kann aber auch bei Erkrankungen wie Psychosen vorkommen. Betrifft diese Überempfindlichkeit nur einen bestimmten Duftstoff, während die sonstige Geruchswahrnehmung normal ist, sprechen Fachleute von einer olfaktorischen Intoleranz.

Anosmie: Mögliche Folgen des Geruchsverlusts

Der Geruchssinn nimmt eine zentrale Stellung für Menschen ein. Düfte und Gerüche sind stark mit Emotionen verbunden, beeinflussen die Partnerwahl und sind oft mit wichtigen Erinnerungen verknüpft. Zudem helfen sie schon Neugeborenen dabei, ihre Eltern zu erkennen. Ein kompletter Riechverlust kann für Betroffene gravierende Auswirkungen haben. Mögliche Folgen einer Anosmie sind:

  • Verlust von Warnreizen: Gerüche haben oft eine Warnfunktion. So können sie auf verdorbene Lebensmittel und andere Gefahren wie einen Brand oder giftige Dämpfe aufmerksam machen. Bei fehlendem Riechvermögen geht dieses wichtige Alarmsystem verloren.

  • Fehl- oder Mangelernährung: Da der Riechsinn auch für den Geschmack eine wesentliche Rolle spielt, kann eine Anosmie zu Appetitlosigkeit führen, wenn das Essen für Betroffene immer gleich fad schmeckt. Auf Dauer ist dadurch auch ein Gewichtsverlust möglich. Andere greifen verstärkt zu salziger, süßer oder fettiger Nahrung, um den Geschmack zu intensivieren.

  • Mangelnde Kontrolle der Körperhygiene: Menschen mit Anosmie können ihren eigenen Schweißgeruch nicht wahrnehmen. Die Angst davor, dass andere Personen den unangenehmen Eigengeruch womöglich riechen, ist für Betroffene oft sehr belastend.

  • Psychische Probleme: Da Riechen sehr enge mit der Verarbeitung von Emotionen und Stimmung verbunden ist, zeigen Menschen mit Anosmie häufiger Symptome von depressiven Verstimmungen.

Ein Geruchsverlust führt für Betroffene aber nicht nur zu einem erheblichen Verlust der Lebensqualität, einige Menschen mit Anosmie können auch ihren Beruf (etwa Gasinstallateur*in, Parfümeur*in) nicht mehr ausüben. Der Grad der Behinderung liegt bei maximal 15 Prozent, weshalb Betroffene keine Vorteile geltend machen können.

Mögliche Ursachen einer Anosmie

Eine Anosmie kann erst im Laufe des Lebens entstehen oder angeboren sein. Eine angeborene Riechstörung kann unter anderem auf das vollständige Fehlen des Riechkolbens (Bulbus olfactorius) zurückzuführen sein, wie es beispielsweise beim Kallmann-Syndrom vorkommt. Dabei handelt es sich um eine Kombination von Entwicklungsstörung der Keimdrüsen und Anosmie.

Die Ursachen für einen Geruchsverlust, der erst im Laufe des Lebens entsteht, können sehr vielfältig sein. Dazu gehören:

  • Infektionen der Nase oder Nasennebenhöhlen: chronische Rhinosinusitis, Allergien, COVID-19

  • Reizstoffe: Lösungsmittel wie Tetrahydrofuran, Cyclohexanon, Aceton und andere Ketone

  • Anatomische Ursachen: besondere anatomische Gegebenheiten, etwa Schiefstellung der Nasenscheidewand, Engstellen im Nasenraum durch Polypen (gutartige Gewebewucherungen der Nasenschleimhaut)

  • Nebenwirkung von Medikamenten: beispielsweise Interferon, Antibiotika

  • Trauma: Verletzungen am Kopf, zum Beispiel Schädel-Hirn-Trauma

  • Weitere Erkrankungen: Parkinson, Alzheimer, Depression, Tumoren

  • Strahlentherapie im Hals-Kopf-Bereich

  • Idiopathisch: Anosmie kann keiner der genannten Ursachen zugeordnet werden

Am häufigsten wird eine erworbene Anosmie durch sinunasale Erkrankungen verursacht: Das bedeutet, dass der Ursprung der Störung in der Nase oder den Nasennebenhöhlen liegt. Dadurch wird die eingeatmete Luft auf ihrem Weg zur Riechschleimhaut behindert und die Duftstoffe können keine Geruchswahrnehmung auslösen.

Geruchsverlust nach Corona-Infektion

Einige Menschen leiden auch nach einer COVID-19-Erkrankung unter langanhaltendem Geruchsverlust. Nach Einschätzungen eines US-Forschungsteams liege das nicht daran, dass das Coronavirus selbst die Riechzellen in der Nase schädige, sondern die eigene Immunabwehr. Hinweis darauf geben die Analyse von Proben aus der Riechschleimhaut (Riechepithel) von Betroffenen. Dort konnten noch Entzündungsprozesse festgestellt werden, obwohl das Coronavirus nicht mehr nachweisbar war.

Während der Geruchssinn bei den meisten Menschen nach einer COVID-19-Erkrankung wieder zurückkehrt, bleibt die Anosmie bei einigen – aus bisher ungeklärten Gründen – bestehen. Als Behandlungsoption könnten dem Autorenteam der Studie zufolge entzündungshemmende Medikamente wie Steroide helfen, die gezielt in die Nase verabreicht werden. Aber auch wenn es noch keine nachgewiesene wirksame Therapie für den Riechverlust nach einer Corona-Infektion gibt: Fachleute stufen die Chance als gut ein, dass Betroffene ihren Geruchssinn innerhalb eines Jahres wiedererlangen.

Corona: Spätfolgen und Langzeitfolgen von COVID-19

Diagnosemöglichkeiten bei Anosmie

Zu Beginn der Untersuchung in der Hals-Nasen-Ohen-Praxis (HNO-Praxis) erfolgt ein ausführliches Gespräch (Anamnese), indem der*die Arzt*Ärztin Betroffene nach ihrer Krankengeschichte und den Symptomen befragen. Von Interesse sind dabei beispielsweise Fragen wie:

  • Ist auch der Geschmackssinn von den Veränderungen betroffen?

  • Wann wurde die Störung bemerkt?

  • Steht sie im zeitlichen Zusammenhang mit einem besonderen Ereignis, etwa einer anderen Krankheit oder einem Unfall?

  • Welche Medikamente wurden zuletzt bzw. werden eingenommen?

  • Welcher beruflichen Tätigkeit gehen Betroffene nach, gibt es Freizeitaktivitäten, bei denen Reizstoffe eine Rolle spielen könnten?

Anschließend erfolgt in der Regel eine körperliche Untersuchung, bei der mit einem kleinen Spiegel die Schleimhaut der Nase und des Rachenraums begutachtet wird. Dabei achtet der*die Arzt*Ärztin auf Schwellungen, Entzündungen oder Polypen in den Nasengängen.

Riechtests

Zur Beurteilung der Riechfähigkeiten werden verschiedene Riechtests durchgeführt. Einige der zur Verfügung stehenden Tests ermitteln, ob unterschiedliche Duftstoffe identifiziert und in welcher Intensität sie wahrgenommen werden können.

Andere bestimmen, in welcher Konzentration Patient*innen einen Duft gerade noch feststellen können. Darüber hinaus können mit aufwendigeren Verfahren auch Hirnsignale gemessen werden, die nach der Präsentation eines Geruchsreizes entstehen. Dies ist jedoch nur in wenigen spezialisierten Zentren möglich.

Weiterführende Untersuchungen

Wurden die Art und das Ausmaß der Riechstörung ermittelt, schließen sich unter Umständen bildgebende Verfahren wie ein MRT (Magnetresonanztomographie) an. Diese helfen dabei, der Krankheitsursache auf den Grund zu gehen oder um eine Operation bei Nasenpolypen (Polyposis nasi) zu planen.

Therapie: Lässt sich eine Anosmie behandeln?

Ob und wie eine Riechstörung behandelt werden kann, hängt im Wesentlichen von der zugrunde liegenden Ursache ab.

  • Chronische oder chronisch wiederkehrende bakterielle Infektionen der Nasen- und Nasennebenhöhlenschleimhaut können beispielsweise mit einer Antibiotikatherapie behandelt werden.

  • Eine Allergie lässt sich mithilfe antiallergischer Medikamente eindämmen oder durch eine Hyposensibilisierung beseitigen.

  • Geht die Störung auf eine anatomische Ursache zurück, etwa eine Schiefstellung der Nasenscheidewand oder auf eine Wucherung der Nasenschleimhaut in Form von Nasenpolypen, kann unter Umständen eine Operation Besserung erzielen.

  • Wurde die Riechstörung durch Medikamente oder Reizstoffe ausgelöst, verschwindet sie oft spontan, ohne jegliche Behandlung, nachdem das Medikament abgesetzt oder der Kontakt mit dem Reizstoff unterbrochen wurde.

Darüber hinaus werden derzeit verschiedene medikamentöse Therapien zur Behandlung von Riechstörungen getestet, die nicht ursächlich behandelt werden können. Mittel der Wahl sind Kortikosteroide. Sind die Stammzellen der Riechschleimhaut nachhaltig geschädigt, ist ein normales Riechvermögen in der Regel aber nicht wiederherstellbar.

Gezieltes Riechtraining

In einigen Fällen, etwa einem Geruchsverlust nach einer Corona-Erkrankung, kann das Riechvermögen durch ein gezieltes Riechtraining in vielen Fällen verbessert werden. Und so funktioniert es:

  • Betroffene müssen täglich jeweils morgens und abends vier Düfte (zum Beispiel Rose, Limette, Gewürznelken) für 30 Sekunden bewusst riechen

  • Hierfür können spezielle Riechstifte (Sniffin‘-Sticks) verwendet oder Düfte auf ein Wattestäbchen aufgetragen werden

  • Düfte müssen mit geschlossenen Augen gerochen und zugeordnet werden

Es empfiehlt sich, das jeweilige Wort zu dem Duft im Geist auszusprechen oder sich ein Bild (etwa eine Rose) zu visualisieren, damit sich das Gehirn den Geruch durch die Verknüpfung besser merken kann.

Ein Riechtraining erfordert oft viel Zeit und Geduld. Es hat sich gezeigt, dass die Übungen mehrere Wochen bis Monate kontinuierlich durchgeführt werden müssen, um eine Besserung zu erzielen. Menschen mit Asthma sollten bei der Anwendung mit ätherischen Ölen vorsichtig sein, da diese einen Asthma-Anfall auslösen können.

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