Heilungschancen stehen gut

Wilms-Tumor: Nephroblastom kommt vor allem bei Kindern vor

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Beim Nephroblastom, auch Wilms-Tumor genannt, handelt es sich um einen bösartigen Tumor der Nieren. Er ist der häufigste Nierentumor im Kindesalter. Bei Erwachsenen tritt er nur selten auf.

Geschwister schlafen
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Das Nephroblastom, auch Wilms-Tumor genannt, ist ein bösartiger Tumor der Nieren, der vorwiegend im Kindesalter vor dem 15. Lebensjahr auftritt. Es handelt sich dabei um einen Mischtumor, der aus unterschiedlichen Typen von fehldifferenziertem embryonalem Nierengewebe besteht.

Der Wilms-Tumor ist nicht nur der häufigste Nierentumor im Kindesalter, sondern einer der häufigsten im Kindesalter auftretenden Tumoren aus solidem (festem) Gewebe überhaupt. Grundsätzlich kommt das Nephroblastom vermehrt bis zum 15. Lebensjahr vor, allerdings ist die Altersklasse der Zwei- bis Vierjährigen mit Abstand am häufigsten betroffen. Von ihnen erkranken jedes Jahr etwa zwei von 100.000 Kindern. Mädchen sind etwas häufiger betroffen als Jungen. Im Erwachsenenalter tritt die Krankheit äußerst selten auf.

Krankheitsstadien beim Wilms-Tumor

Bei der Diagnosestellung wird auch das Stadium der Erkrankung festgestellt, um den zu erwartenden Krankheitsverlauf abschätzen und die notwendige Therapie festlegen zu können. Dabei gilt folgende Einteilung:

Stadium Merkmale
Stadium I Der Tumor ist auf die Niere beschränkt und kann bei der Operation vollständig entfernt werden.
Stadium II Der Tumor wächst über das Nierengewebe hinaus, kann aber bei der Operation noch vollständig entfernt werden.
Stadium III Der Tumor kann bei der Operation nur teilweise entfernt werden, zudem sind umliegende Lymphknoten befallen.
Stadium IV Tochtergeschwülste (Metastasen) des Tumors sind in anderen Organen nachweisbar, insbesondere in Lunge, Leber, Knochen und Gehirn.
Stadium V Beidseitiges Nephroblastom

Während die Stadien I-III lokale Stadien sind, handelt es sich bei den Stadien IV und V um globale, fortgeschrittenere Stadien. Bei Patienten mit den Globalstadien IV und V werden zusätzlich auch die lokalen Stadien I-III bestimmt, da hiervon auch die Therapie beeinflusst wird.

Eine weitere Klassifizierung des Nephroblastoms erfolgt anhand des Gewebetyps. Die Gewebeproben werden bei Kindern in der Regel durch die Operation gewonnen – entweder nach zuvor erfolgter präoperativer Chemotherapie oder bei primär operierten Tumoren ohne Vorbehandlung.

Symptome des Wilms-Tumors

Bei Kindern macht sich der Tumor in den meisten Fällen durch eine Schwellung des Oberbauchs bemerkbar, die keine Schmerzen verursacht. Der Bauch der ansonsten unbeeinträchtigten Kinder wird von den Eltern als hart und dick beschrieben.

Deutlich seltenere Symptome sind Blut im Urin, anhaltende oder wiederkehrende Verstopfung oder Durchfälle, Gewichtsverlust, Erbrechen, Übelkeit und Bauchschmerzen. Auch Bluthochdruck und eine zu hohe Konzentration von Kalzium im Blut (Hyperkalzämie) können auftreten. Bei ca. zehn Prozent der Kinder wird die Diagnose zufällig im Rahmen einer Routineuntersuchung durch den Kinderarzt gestellt. Bei Erwachsenen macht sich das Nephroblastom oftmals durch Flankenschmerzen, Gewichtsverlust und einen plötzlichen Abfall der Leistungsfähigkeit bemerkbar.

Ursachen des Nephroblastoms liegen noch im Dunkeln

Umweltbedingte Risikofaktoren scheint es für das Nephroblastom nicht zu geben. Hingegen konnten Wissenschaftler als Ursachen eine Reihe von Faktoren identifizieren, die das Erbgut betreffen. Dazu gehören beispielsweise Veränderungen des sogenannten WT1-Gens und des WT2-Genkomplexes.

Zahlreiche Krankheitssyndrome, die mit Fehlbildungen einhergehen, wie das Denys-Drash-Syndrom (Pseudohermaphroditismus, Nierenschäden) oder das WAGR-Syndrom (kaum ausgebildete Regenbogenhaut (Iris) am Auge, Fehlbildungen im Harn- und Genitaltrakt, geistige Behinderung), sind mit dem Nephroblastom verbunden. Eine familiäre Häufung von Nephroblastomen ist dagegen eher selten und kommt nur bei ein bis zwei Prozent aller Patienten vor.

Diagnose des Wilms-Tumors

Erhält der Kinderarzt bei der Erfragung der Krankengeschichte und aktuellen Beschwerden (Anamnese) entsprechende Hinweise durch die Eltern des erkrankten Kindes, führt er eine gründliche körperliche Untersuchung durch, bei der er u.a. den Bauch nach etwaigen Vergrößerungen und Verhärtungen abtastet.

Besteht der Verdacht auf ein Nephroblastom, führt der Arzt eine Ultraschalluntersuchung (Sonografie) beider Nieren durch. Diese Untersuchung muss im Falle eines Tumors besonders gründlich sein, da bei Kindern in der Regel darauf verzichtet wird, vor der Operation eine Gewebeprobe (Biopsie) aus dem Tumor zu entnehmen. Zusätzlich werden eine Röntgenuntersuchung der Lunge und eine Magnetresonanztomografieuntersuchung (MRT) durchgeführt. Sie erlauben die Abschätzung der Tumorausbreitung.

Nur in Ausnahmefällen ist eine Computertomografie mit und ohne Kontrastmittel notwendig. Eine Urinanalyse wird durchgeführt, um andere mögliche Diagnose auszuschließen und den Funktionszustand der Nieren zu beurteilen. Ebenso ist eine MIBG-Szintigrafie möglich, um ein Neuroblastom auszuschließen. Dabei werden den betroffenen Kindern geringe Mengen der radioaktiv markierten Substanz Methyljodbenzylguanidin (MIBG) in die Blutbahn gespritzt. Sie reichert sich bevorzugt in Neuroblastomzellen an und kann mithilfe einer Kamera sichtbar gemacht werden. Besteht der Verdacht auf eine Beteiligung der Knochen, sind eine MRT-Untersuchung des Schädels und eine Skelettszintigrafie möglich.

Nephroblastom kann oft geheilt werden

Bei konsequenter Therapie sind die Heilungschancen des Nephroblastoms sehr gut. Unabhängig vom Stadium der Erkrankung und anderen Faktoren, die die Prognose beeinflussen, können heute neun von zehn erkrankten Kindern geheilt werden. Die Behandlung sollte grundsätzlich in einem Zentrum erfolgen, das über ausreichende Erfahrung bei der medizinischen Betreuung von Kindern mit bösartigen Tumorerkrankungen verfügt.

Chemotherapie vor der Operation

Bei Kindern, die älter als sechs Monate und jünger als 16 Jahre sind, wird vor der Operation in der Regel eine vier- bis sechswöchige Chemotherapie durchgeführt. Dadurch kann der Tumor oftmals deutlich verkleinert werden. Außerdem wird ein Durchbrechen des Tumors (Ruptur) verhindert, zu dem Nephroblastome neigen und das zur weiteren Ausbreitung der Krebszellen führen würde.

Operation

Nach der Chemotherapie erfolgt die Operation des Tumors, wobei in der Regel die gesamte erkrankte Niere entfernt wird. Auch die umliegenden Lymphknoten werden begutachtet und bei einem Befall entfernt.

Therapie nach der Operation

Patienten mit Tumoren im Frühstadium (Stadium I) und geringer Bösartigkeit benötigen nach der Operation in den meisten Fällen keine weitere Therapie mehr und sind praktisch geheilt. Bei Patienten der „intermediate risk“-Gruppe (Standardrisiko) und Hochrisiko-Gruppe schließt sich der Operation im Normalfall eine mehrwöchige Chemotherapie an. Die Dauer und Intensität dieser Behandlung hängt vom Tumorstadium und der Zugehörigkeit zu einer der beiden Risikogruppen ab. Eine Strahlentherapie ist heute nur noch in wenigen Fällen (Stadium III mit intermediärem Risiko, Stadium II mit hohem Risiko) notwendig. Sie erfolgt zudem, wenn es zu einem Durchbruch (Ruptur) des Tumors in den Bauchraum gekommen ist sowie bei Tochtergeschwülsten (Metastasen) der Lunge, die sich nicht durch eine Operation oder Chemotherapie beseitigen lassen. Auch bei globalen Krankheitsstadien, wenn sich der Tumor bereits stärker ausgebreitet hat, haben die betroffenen Kinder bei entsprechender Therapie oft gute Heilungsaussichten.

Therapie bei Krankheitsrückfall

Krankheitsrückfälle treten beim Nephroblastom typischerweise innerhalb der ersten beiden Jahre nach der Therapie auf. Lediglich bei Klarzellensarkomen kommt es häufiger auch danach zu Rückfällen. Als Therapie stehen die Operation, Chemo- und Strahlentherapie zur Verfügung. In bestimmten Fällen kann auch eine Hochdosis-Chemotherapie mit anschließender autologer Stammzelltransplantation* durchgeführt werden.

Therapie im Erwachsenenalter

Die Therapie bei Erwachsenen gleicht im Wesentlichen derjenigen bei Kindern, mit entsprechend angepassten Medikamentendosen. Auch erwachsene Patienten haben bei konsequenter Behandlung gute Heilungschancen.

Prävention des Wilms-Tumors ist unmöglich

Da für das Nephroblastom keine umweltbedingten Risikofaktoren bekannt sind, kann seiner Entstehung praktisch nicht vorgebeugt werden. Auch ein familiäres Risiko besteht nur selten und spielt für die Prävention der Erkrankung keine Rolle.

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