Rachenmandelwucherung

Adenoide: Wann sollte man vergrößerte Mandeln entfernen?

Als Adenoide werden vergrößerte Rachenmandeln bezeichnet, bei Laien auch als Polypen bekannt. Sie äußern sich durch eine behinderte Nasenatmung und häufige Entzündungen im Nasenrachenraum. Erst bei bestimmten Krankheitszeichen sollten Adenoide operativ entfernt werden.

Vergroesserte Mandeln
© iStock.com/LittleBee80

Die Vergrößerung (Hyperplasie) der Rachenmandel ist eine Volumenzunahme des lymphatischen Gewebes, aus dem die Rachenmandel zum größten Teil besteht. Man bezeichnet sie als Rachenmandelwucherung (in der Fachsprache auch als Adenoide bezeichnet).

Kinderkrankheiten erkennen mit diesen Bildern

Eine Vergrößerung über das normale Maß hinaus als Rachenmandelwucherung ist meist konstitutionell (durch körperliche Veranlagung) bedingt. Unter einer Entzündung der Rachenmandel (Adenoiditis) versteht man eine krankhafte, bakterielle Besiedlung der Rachenmandel.

Im Volksmund werden die Rachenmandeln oft als Polypen bezeichnet. In Fachkreisen wird dieser Begriff hierfür nicht verwendet, da man unter einem Polypen eine umschriebene Schleimhautvorwölbung versteht, während es sich bei der Rachenmandel um lymphatisches Gewebe handelt. Dieses lymphatische Gewebe ist in der Lage, Abwehrzellen gegen Krankheitserreger zu bilden.

Symptome von vergrößerten Rachenmandeln

Durch die Adenoide kann der Nasenrachenraum teilweise oder fast vollständig verlegt sein. Dadurch kommt es zu einer Behinderung der Nasenatmung mit ständigem Schnupfen und eventuell begleitenden Nasennebenhöhlenentzündungen (Rhinosinusitis).

Ausgehend von der Entzündung des Nasenrachenraumes kann es durch die Ohrtrompete zu Mittelohrentzündungen sowie zu ebenfalls fortgeleiteten Entzündungen der tiefen Atemwege (Bronchitiden) kommen. Durch die ständig wiederkehrenden Entzündungen im Nasenrachenraum wird häufig eine Schwellung der Lymphknoten im Kieferwinkelbereich verursacht. Außerdem erzwingt die eingeschränkte Nasenatmung eine Mundatmung. Die betroffenen Kinder fallen meist durch das ständige Offenstehen des Mundes auf. Ein offener Mund und eine laufende Nase können dem Kind einen für die Rachenmandelwucherung ganz typischen Gesichtsausdruck verleihen.

Die Eltern berichten meistens über ausgeprägtes Schnarchen und Schlafstörungen des Kindes, die ihre Ursache ebenfalls in der behinderten Nasenatmung haben. Die Kinder wirken dann schläfrig und verträumt. Man schätzt, dass es etwa bei jedem hundertsten Kind zwischen vier und sechs Jahren aufgrund der behinderten Atmung (Obstruktion) zum sogenannten obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom kommt. Dies ist unter anderem gekennzeichnet durch im Schlaf auftretende Atmungsstörung mit wiederholten Atempausen (Apnoe) von über fünf Sekunden Dauer und einem Abfall der Sauerstoffsättigung im Blut um mindestens fünf Prozent. Der Sauerstoffmangel führt dabei zu unruhigem Schlaf sowie Müdigkeit und Konzentrationsstörungen am folgenden Tag. Diese können auf längere Sicht die Entwicklung des Kindes beeinträchtigen; es wird diskutiert, ob sie möglicherweise auch Risikofaktoren für das Auftreten des hyperkinetischen Syndroms darstellen.

Die Sprache hört sich bei der Rachenmandelwucherung durch die Verlegung des Nasenrachenraumes wie bei einem Schnupfen an. Das wird als geschlossenes Näseln (Rhinophonia clausa) bezeichnet.

Tipps für gesunde Ohren

Gleichzeitig ist durch die große Rachenmandel auch der Belüftungsweg zum Mittelohr vom Nasenrachenraum aus verlegt, wodurch es bei längerem Bestehen zu einer Flüssigkeitsansammlung hinter dem Trommelfell im Mittelohr (Seromukotympanon) kommen kann. Aufgrund der eingeschränkten Schwingungsfähigkeit der Gehörknöchelchen entsteht eine Mittelohrschwerhörigkeit. Die Kinder sind dadurch in ihrer allgemeinen und sprachlichen Entwicklung oft eingeschränkt, da die Wahrnehmung der Umwelt und der Sprache durch das schlechte Hören gehemmt ist. Dies fällt vor allem dadurch auf, dass neue, bisher unbekannte Wörter von den Kindern nicht oder nicht richtig erlernt werden. Die Kinder fragen häufig nach, oder die Sprachentwicklung verzögert sich deutlich.

Wie entstehen Adenoide?

Hormonelle und erbliche Einflüsse, vor allem aber der ständige Kontakt mit immer neuen Krankheitserregern im Kindesalter sind die Ursachen der Adenoide.

Eine Rachenmandelwucherung wird durch mehrere begünstigende Einflüsse hervorgerufen. Zum einen spielen hormonelle und konstitutionelle Einflüsse (Eigenschaften des individuellen Körperbaus) dabei eine Rolle. Vor allem aber ist das wiederholte Auftreten von räumlich begrenzten (lokalen) und den gesamten Organismus einbeziehenden (systemischen) bakteriellen und viralen Infekten eine entscheidende Ursache für die Vergrößerung der Rachenmandel.

Die Vergrößerung der Rachenmandel beginnt in den ersten Lebensjahren. Dies ist das Alter, in dem das Immunsystem der Kinder den meisten Infekten durch Bakterien und Viren ausgesetzt ist und dem Lymphgewebe der Rachenmandel eine entscheidende Bedeutung bei der Abwehr von immer neuen Krankheitserregern zukommt. Dabei erlernt das Abwehrsystem eine Immunität gegen die verschiedenen Erreger. Das lymphatische Gewebe der Rachenmandel befindet sich durch den ständigen Kontakt mit den Krankheitskeimen im Zustand einer dauerhaften (chronischen) Entzündung.

Außerdem besteht eine erbliche Veranlagung zu Adenoiden, wodurch eine familiäre Häufung bedingt ist. Eine Überernährung begünstigt ebenfalls die Entstehung großer lymphatischer Organe.

Bei einer Spalterkrankung (Lippen-, Kiefer- oder Gaumenspalte) kann es beim Schlucken und Sprechen durch die Spaltbildung zu einem unvollständigen Verschluss zwischen Mundrachenraum und Nasenrachenraum kommen. Durch die funktionell wichtige, ausgleichende Vergrößerung der Rachenmandel wird bei der Sprachbildung und beim Schlucken oft ein vollständiger Abschluss zum Nasenrachenraum gewährleistet. In solchen Fällen muss eine operative Entfernung der Rachenmandelwucherung sorgfältig überdacht werden.

Adenoide: So untersucht der Arzt

Bei ausgeprägten Adenoiden fallen oft bereits beim Anschauen des Kindes der offen stehende Mund, die laufende Nase und eine blasse Haut auf. Dieses ganz typische Bild wird von den Ärzten als Facies adenoidea (Gesichtsausdruck bei vergrößerter Rachenmandel) bezeichnet.

Am Beginn der Untersuchung steht die Befragung der Eltern durch den HNO-Facharzt, Kinderarzt oder Hausarzt nach der bisherigen Krankengeschichte. Hierbei interessiert besonders die Häufigkeit von Infekten der oberen Luftwege, das Bestehen von eitrigem oder wässrigem Schnupfen, das Auftreten von Ohrenentzündungen, das Bestehen einer Schwerhörigkeit oder von nächtlichem Schnarchen. Die bisherige Sprachentwicklung wird ebenfalls erfragt, um daraus eventuell auf eine Rachenmandelwucherung schließen zu können.

Danach erfolgt eine komplette Hals-Nasen-Ohren-ärztliche Untersuchung, wobei insbesondere die Ohren (mit dem Mikroskop), die Mundhöhle und die Nase mit einem Nasenspiegel beurteilt werden. Hierbei spielt die direkte Untersuchung des Nasenrachenraumes durch Endoskopie der Nasenhaupthöhle eine wesentliche Rolle. Nach Abschwellung und Betäubung der Nasenschleimhaut mit einem Spray wird ein zirka 2,5 Millimeter dünner Stab schmerzlos in die Nase eingeführt.

Beim Blick durch dieses Endoskop kann der HNO-Arzt die Nasenhöhle und den Nasenrachen vollständig einsehen. Bei Kleinkindern ist diese Untersuchung jedoch nicht immer möglich. Zur Beurteilung einer möglichen Miterkrankung der Mittelohren wird ein Hörtest (Audiogramm) und eine Mittelohrdruckmessung (Tympanogramm) durchgeführt.

Wann die Rachenmandeln entfernt werden sollten

Grundsätzlich hat allein die Vermehrung lymphatischen Gewebes im Nasenrachenraum im Kindesalter zunächst keinen Krankheitswert, da es praktisch bei allen Kindern im Rahmen der immunologischen Aktivität zu solch einer Vermehrung kommt. Deshalb werden Adenoide erst dann als Erkrankung betrachtet und behandelt, wenn Krankheitszeichen auftreten.

Adenoide mit Krankheitszeichen wie

  • Schnarchen und/oder Schlafstörungen
  • ständiger Mundatmung
  • gehäufte Infekte der oberen Luftwege
  • Schwerhörigkeit aufgrund einer Mittelohrbelüftungsstörung
  • häufigen Mittelohrentzündungen

sollten die Rachenmandeln operativ entfernt werden. Oft wird zusätzlich während der gleichen Operation ein kleiner Schnitt ins Trommelfell (Parazentese) zur Belüftungsverbesserung des Mittelohres durchgeführt, wenn zum Operationstermin eine Mittelohrschwerhörigkeit durch einen Erguss im Mittelohr vorliegt. In Fällen mit ausgeprägter Mittelohrschwerhörigkeit durch zähes Sekret im Mittelohr ist eine länger bestehende Belüftungsverbesserung durch Einsetzen eines kleinen Röhrchens ins Trommelfell (Paukendrainage) erforderlich.

Bei der Paukendrainage wird ein kleines, knopfähnliches Röhrchen in den Trommelfellschnitt eingesetzt, um das Sekret aus der Paukenhöhle abfließen zu lassen.

Die Entfernung der Rachenmandel wird in Deutschland immer in Vollnarkose durchgeführt, meist in Form eines ambulanten Eingriffs, nach dem die Kinder am selben Tag die Klinik wieder verlassen können, oder im Rahmen eines kurzen stationären Aufenthaltes von ein bis zwei Tagen.

Die Gabe von abschwellenden Nasentropfen als medikamentöse Maßnahme kann die Krankheitszeichen der akuten Infektion der Rachenmandel (die meist gleichzeitig mit einem Schnupfen einhergeht) vorübergehend abmildern, die Rachenmandelwucherung jedoch nicht zum Verschwinden bringen.

Rachenmandelwucherung (Adenoide): Vorbeugen

Die Rachenmandelwucherung ist zunächst ein natürlicher Vorgang in der Entwicklung der körpereigenen Abwehr. Welches Kind durch diese Vergrößerung unter Krankheitszeichen leidet, ist nicht voraussehbar.

Aus diesem Grund existieren auch keine vorbeugenden Maßnahmen, die verhindern, dass das Kind durch die Adenoide beeinträchtigt wird.

Eine Ansteckungsgefahr besteht bei diesem Krankheitsbild nicht, sehr wohl aber bei den immer wieder auftretenden Infekten der Luftwege, die die Vergrößerung des lymphatischen Gewebes im Nasenrachen auslösen. Eine Häufung von Infekten generell ist bei Kindergarten- und Hartkindern zu beobachten. Eine daraus abgeleitete mögliche Vorbeugemaßnahme bestünde im Meiden von Menschenmengen, vor allem im Winter und in geschlossenen Räumen. Dies ist jedoch nicht sinnvoll und kaum praktikabel.

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