Knochenmarkkrebs

Multiples Myelom: Symptome und Lebenserwartung bei Plasmozytom

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Das Multiple Myelom, auch Plasmozytom oder Morbus Kahler genannt, ist eine bösartige Erkrankung des lymphatischen Systems. Dabei kommt es zu einer übermäßigen Anreicherung krankhaft veränderter Plasmazellen im Knochenmark. Erfahren Sie mehr über die Symptome, Behandlungsmöglichkeiten und wie hoch die Lebenserwartung ist.

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© Getty Images/Westend61

Kurzübersicht: Häufige Fragen und Antworten

Wie macht sich ein Multiples Myelom bemerkbar? Die ersten Symptome sind sehr unspezifisch. Es können beispielsweise ständige Müdigkeit, Nachtschweiß und Gewichtsverlust auftreten. Bei den meisten Betroffenen macht sich ein Multiples Myelom durch Knochenschmerzen, vor allem im Rücken, bemerkbar.

Ist ein Multiples Myelom heilbar? Bisher ist das Multiple Myelom in der Regel nicht heilbar. Dank neuer Therapiemöglichkeiten lässt sich die Erkrankung aber gut eindämmen und die Lebensqualität erhalten.

Wie ist die Prognose bei einem Multiplem Myelom? Die Lebenserwartung von Betroffenen hat sich in den letzten Jahren deutlich verbessert. 5 Jahre nach der Diagnose leben im Schnitt noch 58 Prozent der Frauen und 56 Prozent der Männer.

Artikelinhalte im Überblick:

Die häufigsten Krebsarten in Deutschland

Was ist ein Multiples Myelom?

Charakteristisch für das Multiple Myelom sind viele Tumorherde im Knochenmark. Ist nur ein Krankheitsherd vorhanden, handelt es sich um ein solitäres (vereinzeltes) Plasmozytom. Das Multiple Myelom gehört zu den sogenannten Non-Hodgkin-Lymphome, eine Gruppe von Krebserkrankungen, die von Zellen des lymphatischen Systems ausgehen.

Das Multiple Myelom entsteht durch die Entartung einer einzelnen Plasmazelle im Knochenmark. Plasmazellen sind B-Lymphozyten und gehören zu den weißen Blutzellen. Sie spielen bei der spezifischen Immunabwehr eine Rolle.

Die Folge ist eine übermäßige Vermehrung von Plasmazellen im Knochenmark. Dadurch kommt es zu einer Störung der Blutbildung und zur Schwächung des Immunsystems mit erhöhter Infektanfälligkeit. Die Myelomzellen beeinflussen außerdem den Knochenstoffwechsel und es entsteht die Gefahr von Osteoporose und Knochenbrüchen.

Gut zu wissen:

Früher wurden die Begriffe Multiples Myelom und Plasmozytom synonym verwendet. Heute sprechen Fachleute nur noch von einem Plasmozytom, wenn auch tatsächlich nur ein solitärer Tumor aus Plasmazellen vorhanden ist. Auch die Bezeichnung Morbus Kahler, nach dem Wiener Arzt Kahler, der die Erkrankung erstmal beschrieb, ist heute nicht mehr gebräuchlich.

Häufigkeit des Multiplen Myeloms

In Deutschland erkranken pro Jahr etwa sechs bis acht von 100.000 Einwohnern an einem Multiplen Myelom. Damit gehört es zu den 20 häufigsten Krebsarten in Deutschland. Die Häufigkeit nimmt mit dem Lebensalter zu, meist sind Betroffene bei Diagnosestellung über 70 Jahre alt. Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen. 

Symptome: Wie äußert sich ein Multiples Myelom?

In der Regel beginnt das Multiple Myelom symptomlos und verläuft über einen Zeitraum von wenigen Wochen bis hin zu Monaten oder sogar Jahren schleichend. Dabei treten anfangs vor allem uncharakteristische Allgemeinbeschwerden auf.

Mögliche Anzeichen sind:

  • Knochenschmerzen (vor allem im Bereich der Wirbelsäule)
  • Leistungsabfall und Schwäche
  • Müdigkeit
  • erhöhte Anfälligkeit für Infekte
  • Appetitlosigkeit, Gewichtsabnahme
  • Durstgefühl,
  • Nachtschweiß
  • leichtes Fieber

Diese Symptome können auch auf andere Erkrankungen hinweisen. Trotzdem sollten solche Beschwerden stets ärztlich abgeklärt werden.

Krankheitsverlauf bei einem Multiplen Myelom

Mit Fortschreiten der Krankheit können weitere Beschwerden hinzukommen. Zu den möglichen Komplikationen gehören:

  • Auflösung der Knochensubstanz: Infolge der Knochenschädigungen (skeletale Läsionen) kann es zu schmerzhaften Knochenbrüchen kommen.

  • Störung der Nierenfunktion: Mögliche Symptome sind stark schäumender Urin, häufiger Harndrang mit besonders großen Urinmengen oder das Versiegen der Urinproduktion (Urämie).

  • Störung der Blutbildung: Wenn sich die Myelomzellen im Knochenmark ausbreiten und blutbildende Zellen verdrängen, kann dies zu einer Blutarmut (Anämie) führen. Diese äußert sich unter anderem durch Kurzatmigkeit bei Belastung (beispielsweise beim Treppensteigen) sowie Hautblässe.

  • periphere Neuropathien: Hauptsymptome sind Sensibilitätsstörungen und Missempfindungen – vor allem in den Beinen.

  • erhöhte Kalziumwerte im Blut: Eine leichte Hyperkalzämie verursacht in der Regel keine Symptome und ist nicht gefährlich. Bei übermäßiger Kalziumkonzentration können allerdings Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Muskelschwäche, Schläfrigkeit bis hin zum Koma auftreten. Es handelt sich um einen Notfall, der sofort behandelt werden muss.

Knochenkrebs: Diese 8 Symptome können Warnzeichen sein!

Ursachen für das Multiple Myelom

Die Ursachen für das Plasmozytom sind bislang noch nicht abschließend erforscht. Es sind jedoch einige Faktoren bekannt, die das Risiko einer Erkrankung erhöhen.

Risikofaktoren für ein Multiples Myelom:

  • afrikanische Abstammung
  • häufiger Kontakt mit bestimmten Chemikalien (etwa Insektiziden, Formaldehyd, Benzol, Schwermetallen und Asbest)
  • radioaktive Strahlung
  • familiäre Häufung
  • höheres Lebensalter

MGUS: Vorstufe des Multiplen Myeloms

Menschen, bei denen eine monoklonale Gammopathie unbestimmter Signifikanz (MGUS) festgestellt wird, erkranken später mit einer Wahrscheinlichkeit von einem Prozent pro Jahr an einem Multiplen Myelom. Die Krebsvorstufe wird meist als Zufallsbefund entdeckt.

Bei einem MGUS handelt es sich nicht um eine Krankheit. Zwar bilden die Plasmazellen bei diesem Syndrom ebenfalls vermehrt monoklonale Blutproteine (Immunglobuline), allerdings handelt es sich um einen asymptomatischen Zustand. Eine monoklonale Gammopathie unklarer Signifikanz kann sich jedoch zu einem Multiplen Myelom entwickeln.

Die Häufigkeit von MGUS nimmt im höheren Lebensalter zu. Zudem scheint berufsbedingter regelmäßiger Kontakt mit Pestiziden oder anderen Chemikalien das Risiko für MGUS zu erhöhen.

Plasmozytom-Diagnose: So werden Multiple Myelome festgestellt

Neben der Erfragung der Krankengeschichte und aktuellen Beschwerden sowie einer gründlichen körperlichen Untersuchung spielen Blut- und Urinuntersuchungen die entscheidende Rolle für die Diagnose eines Multiplen Myeloms. Oft wird ein Plasmozytom aber auch zufällig im Rahmen einer Routineuntersuchung festgestellt.

Besteht der Verdacht auf ein Multiples Myelom werden folgende Untersuchungen durchgeführt:

  • Blutuntersuchung (wichtige Parameter sind unter anderem Beta-2-Mikroglobulin, Kreatinin, LDH, das C-reaktive Protein und Leichtketten im Serum)

  • Analyse des 24-Stunden Sammelurins, um die Eiweißausschüttung zu ermitteln

  • Röntgenuntersuchung der langen Röhrenknochen, des Beckens, der Rippen und des Schädels

  • Entnahme einer Gewebeprobe aus dem Knochenmark (Biopsie)

  • Ganzkörper-Computertomographie (Ganzkörper-CT)

  • Kernspintomographie (Ganzkörper-MRT)

Um den Krankheitsverlauf zu kontrollieren, werden regelmäßig Messungen bestimmter Blut- und Urinwerte (Eiweiß- und Antikörperkonzentrationen) vorgenommen.

Behandlung eines Multiplen Myeloms

Bisher ist eine Heilung in der Regel nicht möglich. Ziel ist es daher,

  • den Krankheitsverlauf bestmöglich zu verlangsamen,
  • Komplikationen zu vermeiden und
  • die Lebensqualität von Betroffenen zu erhalten.

Die Therapie des Multiplen Myeloms hängt unter anderem vom Alter, dem Gesundheitszustand von Betroffenen sowie dem Stadium der Erkrankung ab. Eine Behandlung wird in der Regel dann eingeleitet, wenn Beschwerden auftreten oder unmittelbare Organschäden drohen.

Hochdosis-Chemotherapie und Stammzelltransplantation

Eine intensive Therapie, die auf ein langfristiges Verschwinden der krankhaft veränderten Plasmazellen (Langzeitremission) abzielt, ist die Hochdosis-Chemotherapie mit anschließender Blutstammzelltransplantation. Dabei werden die krankhaften Plasmazellen durch hohe Dosen an Chemotherapeutika zerstört.

Da dies jedoch auch die blutbildenden Zellen im Knochenmark schädigt, erhalten Patient*innen anschließend durch eine Transplantation Blutstammzellen zurück, aus denen sich neues Blut bilden soll. Diese Stammzellen kommen entweder von dem*der Patient*in selbst (vor der Therapie entnommen, von kranken Zellen gereinigt und anschließend zurückgegeben – sogenannte autologe Stammzelltransplantation) oder von geeigneten Spender*innen (allogene Stammzelltransplantation).

Insgesamt handelt es sich um ein belastendes und risikoreiches Therapieverfahren. Daher entscheiden in erster Linie das Alter und der allgemeine Gesundheitszustand, ob eine Hochdosis-Chemotherapie und Blutstammzelltransplantation möglich sind oder nicht.

Alternative Therapien mit Medikamenten

Ist eine intensive Therapie etwa aufgrund des Alters oder Gesundheitszustands nicht möglich, kann eine Therapie mit Medikamenten durchgeführt werden.

Substanzen, die zum Einsatz kommen können, sind:

  • Thalidomid
  • Bortezomib
  • Lenalidomid
  • Cyclophosphamid
  • Daratumumab
  • Dexamethason

Sie werden in der Regel in Kombination mit einer Chemotherapie eingesetzt. Diese Behandlung kann nachweislich die Überlebenszeit und die krankheitsfreie Zeit verlängern und die Lebensqualität verbessern. Sie wird auch bei Krankheitsrückfällen angewandt.

Zusätzliche Therapie bei Knochenschäden

Wurden Knochen bereits geschädigt, kann unterstützend eine Langzeittherapie mit Bisphosphonaten durchgeführt werden. Diese wirken

  • schmerzlindernd,
  • halten die weitere Knochenzerstörung auf und
  • beugen Knochenbrüchen vor.

Neuere Untersuchungen wiesen zudem nach, dass Bisphosphonate (wie der Wirkstoff Zoledronsäure) auch direkt gegen die Tumorzellen wirken und deshalb unabhängig von ihrer Wirkung am Skelettsystem zu einer Verlängerung der Überlebenszeiten beitragen. Bei besonders starken Knochenschmerzen ist auch eine Strahlentherapie möglich.

Neue Therapieformen bei Multiplem Myelom

Derzeit werden zahlreiche neue, vielversprechende Therapien für Knochenmarkkrebs entwickelt. Dazu gehören beispielsweise:

  • CAR-T-Zelltherapie: Betroffene erhalten gentechnisch veränderte Immunzellen, die zuvor nicht bemerkte Krebszellen im Körper zerstören. Die Zelltherapie ist bisher nur für Patient*innen zugelassen, die einen Rückfall hatten oder auf bisherige Therapien nicht angesprochen haben.

  • Antikörper-Therapie: Patient*innen bekommen Antikörper (oft in Kombination mit anderen Medikamenten), die sich gegen Eiweißstrukturen auf der Oberfläche von Myelomzellen richten.

Wie ist die Prognose bei einem Multiplen Myelom?

Die Prognose bei einem Multiplen Myelom hat sich in den letzten Jahren deutlich verbessert. Mit einer Hochdosis-Chemotherapie und Stammzelltransplantation lässt sich die Erkrankung oft gut kontrollieren und die krankheitsfreien Zeiträume (Remission) können deutlich verlängert werden.

Allerdings ist nur in sehr seltenen Fällen eine dauerhafte Heilung möglich. Die relative 5-Jahres-Überlebensrate beträgt 58 Prozent bei Frauen und 56 Prozent bei Männern.

Patient*innen mit bestimmten Genveränderungen in den Myelomzellen haben ein erhöhtes Risiko für einen aggressiveren Krankheitsverlauf. Um dies besser abschätzen zu können, werden im Rahmen der Diagnose auch zytogenetische Untersuchungen (Betrachtung von Chromosomen) vorgenommen.

Neue Therapieformen wecken allerdings die Hoffnung, dass sich die Behandlungserfolge weiter verbessern oder sogar Heilungen ermöglicht werden können.

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