Gelenkschmerzen bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
Was viele Menschen nicht wissen: Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) können sich auch auf andere Körperbereiche auswirken. Häufig sind die Gelenke betroffen. Doch warum treten Gelenkschmerzen bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa auf und was hilft?
-
- © Getty Images/Anupong Thongchan/EyeEm
Artikelinhalte im Überblick:
Beschwerden außerhalb des Darms bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) sind vor allem durch Magen-Darm-Beschwerden wie Bauchschmerzen und Durchfall gekennzeichnet. Bei bis zu 20 Prozent der Patient*innen mit CED, wie Colitis ulcerosa und Morbus Crohn kommen jedoch extraintestinale Manifestationen hinzu. So bezeichnen Fachleute die Symptome außerhalb des Darms. Dazu zählen:
Haut: Geschwüre oder schmerzhafte, rötlich-violette Knoten unter der Haut (besonders am Schienbein)
Mund: kleine, schmerzhafte Bläschen im Mund (Aphthen)
Augen: Entzündungen des Auges
Gelenke: Schwellungen und Gelenkschmerzen
Leber und Gallenwege: Entzündung und Vernarbung der Gallengänge, die Leberprobleme verursachen können
Knochen: erhöhtes Risiko für Knochenschwund und -brüche (Osteoporose)
Blut: Blutarmut (Anämie), die zu Müdigkeit führen kann oder eine erhöhte Anzahl von Blutplättchen (Thrombozytose)
Oftmals wird die Beteiligung anderer Organe übersehen, da die Beschwerden nicht mit der Darmentzündung in Verbindung gebracht werden. Patient*innen mit Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sollten daher bei ungewöhnlichen oder neu auftretenden Symptomen mögliche extraintestinale Manifestationen erwägen. |
Gelenkschmerzen bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
Schmerzen und Entzündungen an den Gelenken sind die häufigsten Symptome außerhalb des Darms bei CED. Die Gelenkschmerzen entstehen durch eine Fehlreaktion des Immunsystems. Normalerweise produziert es Antikörper, um Krankheitserreger zu bekämpfen.
Bei entzündlichen Erkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa bildet das Immunsystem jedoch übermäßig viele dieser Antikörper. Sie können sich mit Entzündungsstoffen verbinden und im Blut zirkulieren. Lagern sie sich an den Gelenken ab, kann das Entzündungen und Schmerzen verursachen.
Besonders häufig betroffen sind:
große Gelenke wie Knie, Hüfte, Schulter oder Ellenbogen
Wirbelsäule und Kreuzbein
kleine Gelenke an Fingern und Zehen (seltener, aber oft langanhaltend entzündet)
Tritt eine Gelenkentzündung in Verbindung mit einer CED auf, spricht man von der enteropathischen Arthritis. Bei der Therapie der Arthritis muss die bestehende CED berücksichtigt werden, da manche Medikamente die Grunderkrankung verschlimmern können.
Arten von Gelenkschmerzen bei CED
Fachleute unterscheiden zwei Formen der Gelenkentzündungen, die axiale und periphere Arthritis.
Die axiale Arthritis betrifft die Wirbelsäule und das Kreuzbein. Sie äußert sich beispielsweise in Form von Morbus Bechterew (Spondylitis ankylosans) oder Sacroiliitis, einer entzündlichen Veränderung der unteren Wirbelsäule.
Bei der peripheren Arthritis sind Gelenke in den Armen und Beinen geschädigt. Es gibt zwei Unterformen:
Typ 1: Akut, tritt an großen Gelenken wie Knie oder Hüfte auf und verläuft meist parallel zu einem CED-Schub. Nach wenigen Wochen klingt die Form von selbst ab.
Typ 2: Betrifft die kleinen Gelenke an Fingern und Zehen und kann monatelang bis jahrelang anhalten. Diese Form verläuft unabhängig von der Aktivität der Darmerkrankung.
Diagnose von Gelenkschmerzen bei CED
Betroffene sollten alle neuen Symptome mit ihrer*ihrem Ärztin*Arzt besprechen. Um festzustellen, ob es sich um einfache Gelenkschmerzen oder eine echte Entzündung handelt, setzt die Diagnostik auf mehrere Bausteine:
Anamnese: Im Gespräch werden Betroffene unter anderem über ihre Beschwerden und mögliche Begleiterkrankungen befragt.
körperliche Untersuchung: Es wird geprüft, welche Gelenke geschwollen, überwärmt oder druckempfindlich sind. Zudem wird getestet, ob Bewegungseinschränkungen vorliegen.
Bildgebung: Bei Verdacht auf eine axiale Arthritis kann eine Magnetresonanztomographie (MRT) Entzündungen in den Gelenken und dem umliegenden Gewebe sichtbar machen. Diese Methode erkennt Veränderungen oft früher als ein Röntgenbild.
Blutwerte: Entzündungsmarker wie CRP und die Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) können eine aktive Entzündung anzeigen. Je nach Verdacht werden weitere Werte wie Autoantikörper oder der Proteinkomplex HLA-B27 bestimmt.
Behandlung: Was hilft gegen Gelenkschmerzen bei CED?
Die Therapie der Arthritis richtet sich nach dem Typ der Erkrankung. Bei akuten, schubabhängigen Gelenkschmerzen gehen die Beschwerden meist zurück, wenn der Schub abklingt. In der Regel lindert eine medikamentöse Behandlung der CED mit beispielsweise Mesalazin oder Azathioprin auch Gelenkschmerzen. Zusätzlich sind eine Ruhigstellung und Entlastung des Gelenks hilfreich.
Bei chronischen, schubunabhängigen Gelenkschmerzen wie axialer Arthritis (z. B. Morbus Bechterew oder Sakroiliitis) kann Physiotherapie helfen. Ziel ist es, die Beweglichkeit möglichst zu erhalten.
Oft ist eine medikamentöse Langzeittherapie notwendig. In schwerwiegenden Fällen werden Wirkstoffe wie Sulfasalazin und Methotrexat eingesetzt. Auch eine gezielte Schmerzbehandlung mit Paracetamol oder stärkeren, verschreibungspflichtigen Medikamenten kann erforderlich sein. Ungeeignet sind nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen oder Acetylsalicylsäure, da sie die Darmerkrankung verstärken können.
Tipps für den Alltag: Gelenkschmerzen bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa lindern
Neben der ärztlichen Behandlung können Betroffene einiges tun, um ihre Gelenke zu entlasten:
Bewegung statt Schonhaltung: Gelenkschonende Aktivitäten wie Schwimmen oder Radfahren können Schmerzen lindern.
Wärme oder Kälte: Warme Umschläge oder Bäder lindern oft chronische Schmerzen. Kältepackungen helfen vielen bei akuten Entzündungen. Welche Methode besser wirkt, ist individuell verschieden.
entzündungshemmende Ernährung: Lebensmittel mit Omega-3-Fettsäuren (z. B. Fisch, Leinöl) können Entzündungen entgegenwirken.
Stress reduzieren: Psychischer Stress verstärkt Entzündungen im Körper. Entspannungstechniken wie Yoga oder Atemübungen können Linderung bringen.
ärztlichen Rat einholen: Eine frühe Abklärung kann helfen, eine Verschlimmerung der Gelenkschmerzen zu vermeiden.
Sie möchten Informationen zu bestimmten Krankheitssymptomen oder wollen medizinischen Rat? Hier können Sie Ihre Fragen an unsere Experten oder andere Lifeline-Nutzer stellen!