Gelenkbeschwerden aus dem Darm
Colitis ulcerosa und Morbus Crohn können auch außerhalb des Darms Probleme machen
Die Symptome von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, kurz CED, beschränken sich nicht immer auf den Magen-Darm-Trakt. Darmleiden wie Colitis ulcerosa und Morbus Crohn können sich auf andere Bereiche des Körpers auswirken, zum Beispiel auf die Gelenke.
Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) sind vor allem durch Magen-Darm-Beschwerden wie Bauchschmerzen und Durchfall gekennzeichnet. Bei bis zu 20 Prozent der Patienten mit CED wie Collitis ulcerosa und Morbus Crohn kommen jedoch "extraintestinale" Symptome hinzu, wie Mediziner die Beschwerden außerhalb des Darms bezeichnen. "Weil aber der Morbus Crohn in erster Linie vom Hausarzt, Internisten oder Magen-Darm-Spezialisten behandelt wird, kann die Mitbeteiligung anderer Organe übersehen werden", warnt der Gastroenterologe Professor Volker Groß in seinem Patientenratgeber. "Es muss daher im besonderen Interesse des Patienten liegen, den Veränderungen der Haut, der Gelenke oder der Augen erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken und dem Arzt mögliche Beschwerden an diesen Organen mitzuteilen", rät er.
Gelenkschmerzen sind die häufigsten extraintestinalen Symptome
Schmerzen und Entzündungen an den Gelenken sind die häufigsten extraintestinalen Symptome bei CED. Sie treten beispielsweise bei einem Viertel aller Morbus-Crohn-Patienten auf. Dafür wird eine Störung des Immunsystems verantwortlich gemacht. Bei entzündlichen Erkrankungen bildet der Körper Antikörper, die Entzündungserreger abfangen und zusammen mit ihnen Molekülkomplexe bilden. Diese wandern über die Blutbahn durch den Körper. Wo sie sich ablagern, können sie Schäden verursachen, zum Beispiel an den gut durchbluteten Gelenkinnenhäuten. Dann kommt es zu schmerzhaften Gelenkentzündungen, medizinisch als Arthritis bezeichnet. Bei der Therapie der Arthritis muss die Grunderkrankung CED mit berücksichtigt werden, da manche Arthritis-Medikamente die CED verschlimmern würden.
Die Gelenkschmerzen und –entzündungen in Zusammenhang mit einer CED können sowohl am Achsenskelett auftreten, das die Knochen von Kopf, Hals und Rumpf umfasst, als auch an den peripheren Gelenken, also den Gelenken der Gliedmaßen. In ersterem Fall handelt es sich um eine axiale Arthritis, die in erster Linie die Wirbelsäulengelenke sowie die Gelenke zwischen Kreuz- und Dammbein betrifft. Formen einer axialen Arthritis sind beispielsweise Morbus Bechterew oder Sakroiliitis, eine entzündliche Veränderung der unteren Wirbelsäule.
Gelenkschmerzen können unabhängig vom Krankheitsschub auftreten
Bei der peripheren Arthritis werden zwei Unterformen unterschieden, die unterschiedliche Gelenke betreffen. Typ 1 ist eine akute Form, die an den großen Gelenken wie Knie-, Hüft, Schulter- oder Ellenbogengelenke auftritt und meist nach weniger als zehn Wochen wieder verschwindet, ohne bleibende Schäden zu hinterlassen. Sie tritt in der Regel gemeinsam mit einem Schub der CED auf. Typ II dagegen betrifft die kleinen Gelenke, die Symptome können über Monate bis Jahre hinweg anhalten und unabhängig von der Aktivität der Darmerkrankung auftreten.
Wenn CED-Patienten Gelenkbeschwerden bekommen, muss ärztlicherseits festgestellt werden, ob es sich um reine Gelenkschmerzen handelt oder ob entzündliche Veränderungen der Gelenke vorliegen. Dazu empfiehlt die Deutsche Morbus Crohn/Colitis ulcerosa Vereinigung (DCCV) in ihren Leitlinien neben Anamnese und Untersuchung bei Beschwerden am Achsenskelett eine Magnetresonanztomografie (MRT).
Akute Gelenkschmerzen bessern sich mit den Darmsymptomen
Die Therapie der Arthritis richtet sich nach dem Typ der Erkrankung. Bei schubassoziierten Gelenkbeschwerden wie der Typ-1-Arthritis bessert die Behandlung der Darmerkrankung gleichzeitig die Gelenkschmerzen. Geeignet sind hier Wirkstoffe, die sowohl auf den Darm als auch auf die Gelenke antientzündliche Effekte ausüben. Außerdem hilft die Ruhigstellung und Entlastung der betroffenen Gelenke, die Schmerzen zu lindern.
Bei chronischen Gelenkschmerzen, wie bei einer Typ-II-Arthritis oder den axialen Arthritisformen Morbus Bechterew und Sakroiliitis, wird eine intensive Physiotherapie empfohlen. Oft ist eine medikamentöse Langzeittherapie notwendig. Auch eine gezielte Schmerzbehandlung kann erforderlich sein. Allerdings rät die DCCV hier von den nichtsteroidalen Analgetika wie beispielsweise dem Wirkstoff Diclofenac eher ab, die auch frei verkäuflich sind. Dabei handelt es sich um Schmerzmittel, die beispielsweise bei Rheuma eingesetzt werden. Diese Wirkstoffe können jedoch eine zugrunde liegende chronisch-entzündliche Darmerkrankung verstärken. Deshalb sollten Betroffene besser nicht auf eigene Faust Schmerzmittel einnehmen, sondern zur Sicherheit bei ihrem Arzt nachfragen.
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