Wenn die Welt schwankt

Gleichgewichtsstörung: Welche Ursachen stecken dahinter?

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Eine Gleichgewichtsstörung lässt die Welt rotieren oder schwanken. Es gibt viele Gründe, warum ein Mensch unsicher wird beim Gehen, Stehen oder Sitzen und aus dem Gleichgewicht gerät. Manchmal stecken ernste Erkrankungen hinter Gleichgewichtsstörungen. Was hilft?

Frau hat eine Gleichgewichtsstörung
© Getty Images/courtneyk

Gleichgewichtsstörungen sind nicht selten: Jeder, der schon einmal zu viel Alkohol getrunken hat, kennt das Gefühl, dass die Welt um ihn herum schwankt. Allerdings verbergen sich hinter den Unsicherheiten beim Gehen, Stehen oder Sitzen, die zu Stolpern oder gar Stürzen führen können, mitunter Erkrankungen.

Artikelinhalte im Überblick:

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Wie äußert sich eine Gleichgewichtsstörung?

Oft sind Gleichgewichtsstörungen mit Schwindel verbunden. Die Koordination und Wahrnehmung sind gestört und mehrere Sinne beeinträchtigt, allen voran das Sehen und Hören. Dadurch verlieren Betroffene die Orientierung im Raum, ihre Sicherheit und schließlich das Gleichgewicht. Ärzte vermuten, dass knapp ein Drittel der Bevölkerung mindestens einmal im Leben an einer Gleichgewichtsstörung in Form von Schwindel leidet. Hinzu kommen oft weitere Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Blässe, Schweißausbrüche oder Sehstörungen.

Welche Ursachen eine Gleichgewichtsstörung haben kann

Die Ursachen für Gleichgewichtsstörungen sind vielfältig. Auslöser können beispielsweise ungewöhnliche Sinnesreize sein: Beim Höhenschwindel ist es die luftige Höhe, bei der Reisekrankheit der hohe Wellengang auf einem Schiff oder die kurvige Strecke beim Autofahren. Die Gründe können aber auch in den Sinnesorganen, im Gleichgewichtsorgan des Innenohrs oder im Gehirn liegen.

Ursachen für eine Gleichgewichtsstörung:

  • Reisekrankheit (Bewegungskrankheit, Kinetose): Als Auslöser für die Gleichgewichtsstörungen wird eine Reaktion des Körpers auf widersprüchliche Bewegungsmeldungen einzelner Sinnesorgane vermutet. So entsteht ein Missverhältnis zwischen den erwarteten und tatsächlichen Sinnesreizungen. Beim Autofahren zum Beispiel gelingt es reisekranken Menschen nicht, die im Seitenfenster schnell vorbeiziehende Welt mit den im Körper verspürten Bewegungen des fahrenden Autos in Übereinstimmung zu bringen.

  • Seekrankheit: Auch hier stehen die Schiffsbewegungen im Widerspruch zu den Bewegungen des Körpers. Die Reisekrankheit hält oft noch an, wenn die auslösende Fahrt längst vorbei ist. Viele berichten, dass ihre Welt nach einer Schifffahrt noch Stunden später auf dem Festland schwankt.

  • Veränderter Blutdruck: plötzlicher Blutdruckabfall, etwa unmittelbar nach dem Aufstehen, oder niedriger Blutdruck (Hypotonie)

  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen, etwa Bluthochdruck, Arteriosklerose oder Herzrhythmusstörungen

  • Durchblutungsstörungen im Gehirn, zum Beispiel bei einem Schlaganfall durch Gefäßverschluss (ischämischer Hirninfarkt)

  • Entzündung der Gleichgewichtsnerven (Neuritis vestibularis)

  • Beidseitiger Ausfall des Gleichgewichtsorgans im Innenohr (bilaterale Vestibulopathie)

  • Morbus Menière: heftige Drehschwindelattacken, Ohrgeräusche (Tinnitus) und Hörstörungen durch krankhafte Ansammlung von Lymphe in den Bogengängen des Innenohres, die Hörsinneszellen werden beeinträchtigt.

  • Gutartiger Lagerungsschwindel (benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel): Diese Form des Schwindels tritt auf, wenn Betroffene den Kopf bewegen, etwa beim Hinlegen, Aufrichten, Umdrehen im Bett, Bücken oder dem Beugen des Kopfs nach hinten.

  • Tumoren im Ohr oder im Gehirn

  • Krampfanfälle (Epilepsie)

  • Multiple Sklerose (MS), wenn das Kleinhirn betroffen ist, das für die Bewegungskoordination zuständig ist

  • Parkinson-Krankheit (Morbus Parkinson)

  • Migräne

  • Augenerkrankungen

  • Erkrankungen des Kleinhirns, zum Beispiel die Friedreich-Ataxie

  • Somatoformer Schwindel: Gleichgewichtsstörungen und Schwindel, die sich nicht oder nicht hinreichend auf eine körperliche Erkrankung zurückführen lassen; ein Beispiel ist der phobische Schwankschwindel, der bei Patienten mit Angststörungen in typischen Situationen auftritt: auf einer Brücke, beim Autofahren oder bei großen Menschenansammlungen.

  • Nebenwirkung von Medikamenten, beispielsweise Antibiotika und Antidepressiva

  • Konsum von Alkohol und anderen Rauschmitteln

Betroffene sollten bei Gleichgewichtsstörungen und Schwindel immer ärztliche Hilfe aufsuchen, um die genaue Ursache abzuklären. In Deutschland gibt es auch Schwindelambulanzen, die sich auf solche Menschen spezialisiert haben.

Diagnose von Gleichgewichtsstörungen

Zunächst wird die*der Ärztin*Arzt in einem Anamnesegespräch nach aktuellen Beschwerden fragen. Dazu ist wichtig, in welchen Situationen diese auftreten und welche Erkrankungen es in der Vorgeschichte gab. Auch die Einnahme von Medikamenten und wie viel Alkohol getrunken wird oder ob Betroffene Drogen konsumieren.

Anschließend wird die Funktion des Gleichgewichtsorgans im Innenohr und das Hörvermögen im Rahmen eines Hörtests geprüft. Das Hör- und Gleichgewichtsorgan liegen unmittelbar benachbart im Ohr. Der Gleichgewichtssinn lässt sich überprüfen, indem man zum Beispiel auf einer Linie mit geschlossenen Augen geradeaus gehen soll (Seiltänzergang). Beim Romberg-Standversuch stehen Personen längere Zeit mit eng zusammengestellten Füßen still – zuerst mit offenen, dann mit geschlossenen Augen. Beim Tandem-Standversuch stehen beide Füße in einer Linie hintereinander und die Ferse des voran gesetzten Fußes berührt die Spitze des hinteren Fußes – so steht man mehrere Sekunden lang still.

Weitere Untersuchungen bei Gleichgewichtsstörungen

Je nachdem, welche Anhaltspunkte sich aus der körperlichen Untersuchung ergeben, schließen sich weitere Methoden zur Diagnose an, zum Beispiel:

  • Bildgebende Verfahren wie die Computertomografie (CT), Magnetresonanztomografie (MRT, Kernspintomografie) oder Elektroenzephalografie (EEG) bei Verdacht auf Erkrankungen des Gehirns, zum Beispiel einen Schlaganfall durch Gefäßverschluss (ischämischer Hirninfarkt) oder Epilepsie

  • 24-Stunden-Blutdruckmessung: Sie liefert Hinweise auf Herz-Kreislauf-Krankheiten als Ursache für die Gleichgewichtsstörung und den Schwindel, etwa einen zu niedrigen Blutdruck (Hypotonie) oder Bluthochdruck (Hypertonie)

Gleichgewichtsstörungen behandeln

Die Behandlung hängt davon ab, welche Ursachen der Störung zugrunde liegen. Es stehen Medikamente, Physiotherapie und operative Maßnahmen zur Verfügung. Eine Psychotherapie hilft, wenn Angststörungen die Auslöser der Gleichgewichtsstörung und Schwindelattacken sind, etwa die Furcht vor Höhe oder Menschenansammlungen.

Einige Formen von Gleichgewichtsstörungen sind gut mit Medikamenten behandelbar:

  • Antivertiginosa: Medikamente, die den Schwindel bekämpfen. Hier sind auch pflanzliche Arzneimittel erhältlich, zum Beispiel auf Basis von Ginkgo oder Ingwer.

  • Antihistaminika, die normalerweise bei allergischen Reaktionen eingesetzt werden, eignen sich zur Behandlung der Reisekrankheit. Beispiele für Wirkstoffe sind Dimenhydrinat oder Cinnarizin.

  • Antiemetika: Bei akuten Störungen des Gleichgewichtsorgans, die mit Übelkeit und Erbrechen einhergehen, helfen Anti-Brech-Mittel, sogenannte Antiemetika. Sie wirken direkt auf das Brechzentrum im Gehirn, und werden nur für einen begrenzten Zeitraum eingenommen. Beispiele für gängige Wirkstoffe sind Dimeticon, Domperidon oder Domperidol.

Mittels Physiotherapie lassen sich Gleichgewichtsstörungen oft nachhaltig bessern, etwa nach einem Schlaganfall. Dabei werden zum Beispiel in speziellen Übungen Haltungsunsicherheiten bei Betroffenen provoziert, die diese durch Ausgleichsbewegungen zu kompensieren lernen. Das Gleichgewicht, die Koordination sowie die Bewegungs- und Gangsicherheit lassen sich damit gut trainieren. Bei neurologischen Erkrankungen wie Schlaganfall, Morbus Parkinson oder Epilepsie kommt auch die Ergotherapie infrage, um die Alltagsfähigkeiten zu trainieren.

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