Hexenschuss (Lumbago) – wenn der Schmerz in den Rücken fährt
Ein stechender Schmerz, der unvermittelt ins Kreuz fährt: ein Hexenschuss. Ursache für eine Lumbago oder Lumbalgie ist meist eine akute Muskelverspannung, weil man sich verhoben oder verrenkt hat. Wie man einen Hexenschuss erkennt und was am besten hilft.
Ein Hexenschuss trifft einen meist plötzlich. Oft reicht eine ungewohnte oder ruckhafte Bewegung und der Schmerz fährt akut in den unteren Rücken. Lumbago nennen Fachleute dieses Leiden oder auch akute Lumbalgie, was so viel bedeutet wie "Schmerzen im Lendenbereich".
Im schlimmsten Fall kann man sich bei einem Hexenschuss kaum noch aufrichten, weil der Rücken so stark schmerzt. Schuld an der akuten Bewegungseinschränkung ist eine extrem schmerzhafte Muskelverspannung. Von einer Lumbago betroffen sind vor allem Menschen unter 50 Jahren.
Im Überblick:
Ursache für Hexenschuss ist oft falsches Heben
Vor allem bei Fehlbelastungen oder abrupten Bewegungen wie beim Heben, Umdrehen, Aufrichten oder Aufstehen schießt der Schmerz in den Rücken – meist im Bereich der Lendenwirbelsäule und bis zum unteren Rippenbogen. Man hat sich im wahrsten Sinne "verhoben", wie man umgangssprachlich oft sagt. Manchmal tritt der Hexenschuss auch erst einen Tag nach dem Heben oder der Zugluft auf. Oft lässt sich für eine Lumbago auch gar kein konkreter Anlass feststellen.
Expertentipp
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- © dpa Picture-Alliance/Anke Waelischmiller/SVEN SIMON
Professor Dietrich Grönemeyer
Weil die Schmerzen so stark sind, meinen viele Betroffene, dass es sich um einen Bandscheibenvorfall (Diskusprolaps) handeln müsse. Das trifft jedoch nur selten zu. Selbst wenn die Kreuzschmerzen bei einer akuten Lumbalgie noch so groß sein mögen: Es handelt sich in den meisten Fällen um keinen Organschaden, auch drohen keine bleibenden Lähmungen.
Denn Ursache für den plötzlichen Rückenschmerz ist in erster Linie, dass sich Rückenmuskeln verspannen und verkrampfen. Ein Hexenschuss ist grundsätzlich also "nur" eine schmerzhafte Verspannung und Verkrampfung der Rückenmuskulatur oder eine Muskelzerrung. Das kann sich jedoch weiter auswirken, etwa auf:
Sehnen – die Muskelverhärtung zerrt an den Sehnen und reizt sie.
Gelenke – die Sehnen ziehen an ihnen und können sie aus der richtigen Position bringen (Blockierung der Wirbelgelenke).
Nerven – verhärtete Muskeln und leicht verschobene Gelenke können Nervenkanäle einengen. Betroffen sind beim Hexenschuss häufig das Kreuzbein mit den Iliosakralgelenken und damit der Ischiasnerv.
Oft hat der Hexenschuss eine Vorgeschichte und kommt nicht aus heiterem Himmel. Bewegungsmangel, monotone und einseitige Bewegungen, Stress und Übergewicht schwächen den Rücken und machen ihn anfällig für Rückenschmerzen. Ein starker Rücken mit gut ausgebildeter Muskulatur ist dagegen fast nie von Lumbalgie und muskulären Verkrampfungen betroffen.
Zu den extrem seltenen Ursachen zählen Tumore oder eine Gefäßausbuchtung (Aneurysma) der Bauchschlagader. Dabei kommen jedoch zu den massiven Rückenschmerzen noch weitere Symptome dazu, etwa Kreislaufstörungen und Fieber.
Symptome bei Hexenschuss sind meist eindeutig
Besonders typische Anzeichen für den Hexenschuss (Lumbago):
- Aufrichten oder nach vorne beugen ist kaum noch möglich.
- Betroffene verharren in einer schmerzlindernden Haltung.
- Manche Patient*innen können sich nicht mehr richtig umdrehen oder nach hinten beugen, die Wirbelsäule ist blockiert.
- Betroffene beschreiben die Schmerzen als stechend, heiß oder bohrend.
- Zusätzlich kann der Schmerz in Gesäß, Leiste und Beine ausstrahlen.
Die starken Schmerzen im unteren Rücken (Lumbalgie) und die Bewegungseinschränkung veranlassen die meisten Betroffenen, medizinische Hilfe einzuholen. Unbedingt ärztlich abklären lassen sollten Sie die stechenden Rückenschmerzen, wenn zusätzlich eines der folgenden Alarmzeichen oder eine Kombination daraus auftritt:
- Lähmungserscheinungen in den Beinen
- Taubheitsgefühl und Kribbeln der Beine
- Beine schmerzen beim Gehen massiv
- Probleme beim Wasserlassen und Stuhlgang wie Inkontinenz
Hexenschuss oder Bandscheibenvorfall?
Zu Beginn der Diagnose stehen Fragen nach der Art der Beschwerden sowie wann und wie sie aufgetreten sind. Danach erfolgt eine manuelle Untersuchung, der Rücken wird also mit den Händen abgetastet. Dabei wird geprüft, ob die Gelenke verhakt sind, inwieweit sie sich bewegen lassen und wann Schmerz und Blockade auftreten.
Zusätzlich tastet der*die Orthopäd*in die schmerzenden Bereiche ab, prüft die Sensibilität und die Reflexe. So wird festgestellt, ob Nerven betroffen sind. Reicht diese manuelle Untersuchung nicht für eine Diagnose aus, helfen folgende Untersuchungstechniken weiter:
- Ultraschall (Sonografie)
- Röntgen: Wie läuft die Untersuchung mit Röntgenstrahlen ab?
- Computertomografie (CT)
- Kernspintomographie / Magnetresonanztomographie (MRT)
Auf diese Weise lässt sich festmachen, ob es Komplikationen gibt, ob ein Bandscheibenvorfall oder Probleme mit dem Ischias die Ursache ist oder eventuell Nervenschäden aufgetreten sind.
Was tun bei Hexenschuss?
Das wichtigste Ziel bei einer Lumbago-Therapie: Betroffene müssen möglichst schnell wieder aktiviert und schmerzfrei werden, um dadurch eine Schonhaltung zu vermeiden und durch Bewegung weitere Verkrampfungen zu verhindern.
Bei einem unkomplizierten Hexenschuss ist die Manipulation durch Einrenken, also Chiropraktik, anfangs oft eine passende Behandlungsmöglichkeit. Ein Chiropraktiker, eine Chiropraktikerin oder auch Orthopäd*in bringt mittels Druck und Gegendruck das Gelenk wieder in die richtige Position, löst Blockaden und Verspannungen. Gelingt das, sind Betroffene meist sofort wieder beschwerdefrei.
Beste Behandlung bei Hexenschuss: Schmerzmittel, Spritze oder Hausmittel?
Folgende Therapien haben sich bei Hexenschuss bewährt:
Medikamente in der akuten Schmerzphase: Gängige Substanzen sind vor allem die Schmerzmittel Paracetamol, Diclofenac, Ibuprofen und Naproxen. Daneben können muskelentspannende Medikamente (Muskelrelaxantien) sowie entzündungshemmende Arzneimittel wie Kortison zum Einsatz kommen.
Kortisonspritze bei Lumbalgien: Schmerzstillende oder entzündungshemmende Medikamente wie Kortison können auch als Spritze verabreicht werden. Alle Medikamente sollten nur nach ärztichem Rat und kurzfristig angewendet werden, etwa um die Beweglichkeit wieder herzustellen.
Bewegung und Bewegungstherapie (anfangs Krankengymnastik, später Rückenschule): Der*die Physiotherapeut*in/Trainer*in zeigt Betroffenen entsprechende Dehnübungen, um die Rückenmuskulatur und Sehnen zu lockern. Nach und nach folgen Kräftigungsübungen, um die tiefliegende Muskulatur aufzubauen – denn diese stützen die Wirbelsäule und können Blockaden verhindern.
Das beste Hausmittel ist Wärme: Wärmflasche, Wärmepflaster, Heizkissen, Fangopackungen, Rotlicht oder ein heißes Bad mit entspannenden Zusätzen sind klassische Hausmittel bei Hexenschuss. Sie lockern das Gewebe und verbessern die lokale Durchblutung. Führen Sie jedoch die Wärmetherapie nur in der akuten Phase der Schmerzen durch.
Achtung: Wenn Sie bemerken, dass durch Wärme die Schmerzen stärker werden, sollten Sie unbedingt Ihre*n Ärztin*Arzt darüber informieren.Entspannungstechniken wie Autogenes Training: Übungen für mehr Entspannung und Progressive Muskelentspannung nach Jacobson: Diese Techniken helfen zwar nicht sofort, sorgen aber auf Dauer für Entspannung und beugen so weiteren Verspannungen vor.
Bewegung ist die beste Therapie
Bettruhe, wie sie früher oft bei Lumbago angeordnet wurde, wird in modernen Behandlungskonzepten überaus kritisch gesehen. Die Begründung: Durch Ruhigstellung kann der Rückenschmerz leichter chronisch werden. Mit sanfter Bewegung, wie zum Beispiel Spazierengehen, verschwinden die Beschwerden schneller, einem erneuten Hexenschuss wird vorgebeugt.
Handelt es sich jedoch um einen komplizierten Hexenschuss, etwa mit Beteiligung der Bandscheiben oder durch eine Einengung des Nervenkanals, sind weitere Untersuchungen nötig und die entsprechende Behandlung fällt anders aus.
Hexenschuss – Erste Hilfe mit Übungen
Man kann selbst einiges tun, wenn ein Hexenschuss auftritt. Als Erste Hilfe eignen sich folgende Maßnahmen, die Sie allerdings nur ausführen dürfen, wenn sie die Schmerzen und Blockade nicht verschlimmern:
Stufenlagerung: Legen Sie sich auf den Rücken, positionieren Sie Ihre Unterschenkel auf einem Schemel, festem Polster oder zusammengerollten Decken. Dabei sollten die Oberschenkel senkrecht direkt an dieser Stütze liegen, die Knie angewinkelt sein und die Unterschenkel waagrecht im rechten Winkel auf dem Polster liegen. Das entspannt die Wirbelsäule, vor allem der untere Bereich wird entlastet.
Seitenlagerung: Sie liegen auf der Seite. Das untere Bein ist ausgestreckt, das obere liegt leicht angewinkelt über dem anderen. Falls möglich, berührt das obere Knie den Boden. Dabei wird der untere Rücken (Lendenwirbel und Iliosakralgelenke) aufgedehnt. Seiten abwechseln.
- Warm duschen: Viele schwören auf den heißen Wasserstrahl bei Rückenschmerzen. Duschen Sie den Bereich im Rücken möglichst warm, wo die Blockade sitzt.
Wie lange dauert ein Hexenschuss?
Die akuten, starken Schmerzen bei einem Hexenschuss dauern meist nicht länger als 48 Stunden. In den folgenden vier Tagen klingen die Beschwerden dann langsam ab – falls nicht, sollten Sie ärztlichen Rat einholen.
Eine Woche, nachdem der Hexenschuss aufgetreten ist, sind die schlimmsten Probleme wie Schmerzen und Bewegungseinschränkung bei den meisten Patient*innen verschwunden. Bis der Hexenschuss jedoch ganz weg ist, dauert es individuell unterschiedlich lange. Ausschlaggebend für die Dauer des Hexenschusses ist auch die Eigeninitiative: Wer sich bald wieder bewegt, ist meist schneller schmerzfrei.
Hexenschuss vorbeugen: Diese Rückentipps helfen
Wer ihn einmal erlebt hat, möchte nie wieder einen Hexenschuss erleiden. Folgende Tipps können dabei helfen, in Zukunft keinen Rückfall mehr zu bekommen:
Bewegung: Bewegung beugt Rückenschmerzen vor, deshalb am besten täglich mehr Bewegung in den Alltag integrieren: Öfter auf Rolltreppe und Luft verzichten und das Auto stehen lassen: Vor allem das Treppensteigen stärkt die Rückenmuskulatur – und trainiert gleichzeitig die Kondition.
Sport: Rückenfreundliche Sportarten sind unter anderem Nordic Walking, Radfahren, Wandern und Bergwandern, Rückenschwimmen sowie Wassergymnastik.
Kurse für Wirbelsäulengymnastik: Rückenschmerzen gelten als Volkleiden, deshalb werden viele Kurse für Rücken und Wirbelsäule in Sportverein, Volkshochschule oder Fitnessstudio ungeboten. Dabei werden besonders die tiefen Rückenmuskeln gekräftigt, die wie ein Stützkorsett die Wirbelsäule umgeben und schützen.
Rückenschule: Wer häufig an Rückenschmerzen oder einem Hexenschuss leidet, kann in einer Rückenschule lernen, wie sich der Alltag rückenfreundlich gestalten lässt, dazu gehört auch das richtige Tragen, Heben, Bücken oder Aufstehen.
Schuhe: Das Schuhwerk darf den Fuß nicht einengen. Schuhe mit hohen Absätzen bitte nur für wenige Stunden anziehen und nicht lange darin laufen.
Qualität der Matratze: Etwa acht Stunden pro Tag liegt man auf der Matratze, um einem Hexenschuss vorzubeugen, sollte sie weder zu hart noch zu weich sein und besonders den Bereich der Lendenwirbelsäule gut stützen.
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