Divertikulose: Ausstülpungen im Darm
Eine Divertikulose ist eine Veränderung der Darmwand: Dabei bilden sich in bestimmten Darmabschnitten zahlreiche Ausstülpungen – die sogenannten Divertikel. Meist verursachen sie keine Beschwerden und machen sich erst bemerkbar, wenn sie sich entzünden. Dann spricht der Arzt von einer Divertikulitis.
-
- © iStock.com/selvanegra
Unter einer Divertikulose versteht man mindestens mehrere säckchenartige Ausstülpungen (Divertikel) des Darms. Es handelt sich hierbei noch nicht um eine Erkrankung. Die Divertikel entstehen häufig im Dickdarm (Kolon), seltener im Dünndarm. In 90 Prozent der Fälle befinden sich die Vorwölbungen der Darmwand im hinteren, S-förmigen Abschnitt des Dickdarms – dem sogenannten Sigma (Colon sigmoideum).
Ärzte unterteilen die Divertikel in zwei Formen, je nachdem, welche Schichten der Darmwand sich nach außen stülpen:
Pseudodivertikel ("falsche Divertikel"): Bei dieser Form stülpt sich die Darmschleimhaut von innen durch eine Lücke in der Muskelschicht des Darms nach außen.
Echte Divertikel: In diesem Fall beteiligen sich sowohl Darmschleimhaut als auch Darmmuskelschicht an der Aussackung der Darmwand.
In der Mehrzahl der Fälle verursachen die Divertikel keine Beschwerden, dann sprechen Mediziner von einer asymptomatischen Divertikulose. Erst wenn Beschwerden auftreten, liegt die sogenannte Divertikelkrankheit vor. In den meisten Fällen handelt es sich dann um entzündete Divertikel.
Häufigkeit der Divertikulose nimmt mit Alter zu
Divertikel können als einzelne Gebilde am Darm vorkommen, aber auch sehr zahlreich sein. Erst wenn mehrere Ausstülpungen am Darm zu finden sind, sprechen Mediziner von einer Divertikulose. Die Häufigkeit der Divertikulose nimmt mit dem Lebensalter zu. Experten schätzen, dass etwa 30 bis 40 Prozent der über 60-Jährigen und zirka 60 Prozent der Menschen älter als 70 Jahre Divertikel aufweisen.
Viele Betroffene bemerken diese Darmveränderung zunächst nicht, da sie oft keinerlei Probleme bereitet. Häufig sind jedoch Blähungen sowie unregelmäßiger Stuhlgang mit Durchfall. Als Komplikation können sich Divertikel jedoch entzünden (Divertikulitis), bluten oder nach außen durchbrechen (Perforation).
Symptome meist erst bei Komplikationen
Eine Divertikulose ruft oft zunächst keine Symptome hervor. Viele Betroffene wissen nichts von den Veränderungen an der Darmwand. Nicht selten entdeckt sie der Arzt zufällig, zum Beispiel im Rahmen einer Darmspiegelung (Koloskopie). Beschwerden treten häufig erst bei einer Divertikulitis auf, also wenn sich ein oder mehrere Divertikel entzünden. Bei einer unkomplizierten Divertikulose sind die Beschwerden meist unspezifisch und ähneln den Symptomen eines Reizdarmsyndroms.
Entzündungen und Perforation: Schmerzhafte Komplikationen
Bei einer Divertikulose können folgende Symptome als Hinweis auf Komplikationen auftreten:
- Bauchschmerzen: Meist klagen Betroffene bei entzündeten Divertikeln über dumpfe, drückende Schmerzen, oft im linken Unterbauch.
- Verdauungsprobleme: Dazu zählt vor allem ein unregelmäßiger Stuhlgang. Manchmal kommt es abwechselnd zu Durchfall und Verstopfung.
- Schmerzhafter Stuhldrang (Tenesmus)
- Vermehrte Blähungen
- Leichtes bis mäßiges Fieber
In den meisten Fällen tritt die Divertikulitis linksseitig, also im S-förmigen Abschnitt des Dickdarms auf (Sigmadivertikulitis). Dann lässt sich manchmal eine schmerzhafte, walzenförmige Verhärtung im linken Unterbauch ertasten. Sind Divertikel dagegen rechtsseitig im aufsteigenden Abschnitt des Dickdarms oder im Bereich des Blinddarms entzündet, wird oft eine Blinddarmentzündung (Appendizitis) fehldiagnostiziert.
Schwere Komplikationen bei einer Divertikulose entstehen, wenn ein Divertikel reißt (Perforation). Durch die defekte Darmwand können Bakterien vom Darm in die Bauchhöhle gelangen und eine Bauchfellentzündung (Peritonitis) hervorrufen. Betroffene haben meist starke Bauchschmerzen, Fieber und ein ausgeprägtes Krankheitsgefühl. Eine Peritonitis kann lebensbedrohlich sein und muss so schnell wie möglich im Krankenhaus behandelt werden.
Blut im Stuhl: Wann ein Arztbesuch ratsam ist
Um Komplikationen durch eine Divertikulose vorzubeugen, sollte in folgenden Fällen ein Arzt aufgesucht werden:
- plötzlich und anhaltende Bauchschmerzen
- Verdauungsprobleme (Verstopfung oder Durchfall)
- Blut im Stuhl
Genannte Beschwerden können auf entzündete oder perforierte Divertikel, aber auch auf andere – teils harmlose, teils ernsthafte – Erkrankungen hinweisen und sollten in jedem Fall ärztlich abgeklärt werden.
Ursachen und Risikofaktoren der Divertikulose
Nicht alle Ursachen der Divertikulose sind geklärt, es sind jedoch einige Risikofaktoren bekannt, die ihre Entstehung begünstigen. Ein Grund, warum die Ausstülpungen der Darmwand besonders häufig in westlichen Industrienationen wie Deutschland vorkommen, ist die Ernährung.
Risikofaktoren für eine Divertikulose
Wenig Ballaststoffe: Das Risiko einer Divertikulose kann besonders ein ballaststoffarmer Ernährungsstil steigern. Wer zum Beispiel viele Produkte aus Weißmehl, wenig Obst und Gemüse isst, hat ein höheres Risiko für eine Divertikulose. Ballaststoffe sind unverdauliche pflanzliche Nahrungsbestandteile. Sie erhöhen das Volumen des Speisebreis im Darm, was die Darmtätigkeit anregt. Auf diese Weise tragen sie zu einer geschmeidigen Beschaffenheit des Stuhls bei und fördern eine regelmäßige Verdauung.
Verstopfung: Umgekehrt gilt eine sehr ballaststoffarme Ernährung als häufiger Grund für harte Stühle und Verstopfung. Der feste Stuhl übt verstärkt Druck auf die Darmwand aus – im Laufe der Zeit können sich dadurch Schwachstellen bilden und Divertikel entstehen.
Regelmäßiger Verzehr von rotem Fleisch: Wer regelmäßig oder täglich rotes Fleisch (Rind, Schwein, Lamm) verzehrt, hat ein höheres Risiko für eine Divertikulose als Menschen, die seltener Fleisch essen. Zudem fördert der häufige Genuss von rotem Fleisch Studien zufolge die Wahrscheinlichkeit für einen Krankenhausaufenthalt bedingt durch die Divertikel.
Rauchen: Studien haben gezeigt, dass Raucher ein höheres Risiko für das Auftreten einer Divertikulose haben, verglichen mit Nichtrauchern.
Alter: Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko für eine Divertikulose. Besonders ab einem Alter von über 70 Jahren nimmt die Wahrscheinlichkeit für Divertikel zu.
Schwaches Bindegewebe: Eine weitere mögliche Ursache für Divertikulose ist schwaches Bindegewebe. Das Bindegewebe verliert mit zunehmenden Alter an Festigkeit und Elastizität – dies ist vermutlich der Grund, warum die Divertikulose häufiger im höheren Lebensalter vorkommt.
Genetische Vorbelastung: Auch eine familiäre Vorbelastung lässt das Risiko steigen: Ist bereits ein nahes Familienmitglied erkrankt, nimmt die Wahrscheinlichkeit für eine Divertikulose zu. Daneben begünstigen seltene genetische Syndrome wie zum Beispiel das Marfan-Syndrom, das Coffin-Lowry-Syndrom oder die polyzystische Nierenerkrankung die Bildung von Divertikeln.
Wie stellt der Arzt die Diagnose Divertikulose?
Da eine Divertikulose normalerweise keine Beschwerden verursacht, wird die Diagnose oft erst bei einer Divertikulitis und damit einhergehenden Symptomen gestellt. Im Rahmen der Anamnese stellt der Arzt fest, ob die Divertikel Beschwerden verursachen und ob möglicherweise Komplikationen durch Medikamente, Rauchen oder andere Faktoren auftreten können.
Bei Verdacht auf eine Entzündung oder andere Komplikationen folgt die weitere körperliche Untersuchung:
Basis-Diagnostik: Zunächst tastet, klopft und hört der Arzt den Bauch ab. Auch eine rektale Untersuchung, Messung der Körpertemperatur und eine Urinanalyse können im Rahmen der Basis-Diagnostik durchgeführt werden.
Ultraschall: Mithilfe einer Ultraschalluntersuchung (Sonographie) lässt sich der Darm darstellen. Dadurch kann der Arzt Darmbewegungen sowie Dicke und Struktur der Darmwand beurteilen und gegebenenfalls Divertikel feststellen. Liegen die Divertikel dagegen ungünstig, kann sie der Arzt mit dieser Untersuchungsmethode nicht feststellen. Zudem können Übergewicht und starke Gasansammlung im Darm die Diagnose erschweren.
Computertomographie (CT): Ein sehr zuverlässiges Verfahren zum Nachweis einer Divertikulitis ist die CT. Diese Untersuchungsmethode fertigt Schichtaufnahmen des Körpers an und lässt eine präzise Beurteilung der inneren Organe zu.
Blutuntersuchung: Haben sich Divertikel entzündet, kann zusätzlich eine Blutuntersuchung die Diagnostik ergänzen. Typischerweise sind bei einer Divertikulitis bestimmte Entzündungsparameter, wie Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG), C-reaktives Protein (CRP) sowie die Anzahl weißer Blutkörperchen (Leukozyten) erhöht.
Therapie bei Divertikulose
Bei einer Divertikulose ist zunächst keine spezielle Behandlung erforderlich. Ärzte empfehlen Betroffenen jedoch sich ausgewogen und ballaststoffreich zu ernähren, genügend zu trinken und körperlich aktiv zu sein. Ziel ist es, eine regelmäßige Verdauung zu erreichen und Verstopfung zu vermeiden. Damit soll auch einer Entzündung der Divertikel vorgebeugt werden.
Entzündete Divertikel müssen behandelt werden
Die Behandlung der Divertikulitis erfolgt abhängig von ihrem Stadium, beziehungsweise Schweregrad: Bei leichten Entzündungen von Divertikeln ist keine Operation notwendig. Vielmehr verschreibt der Arzt in der Regel entzündungshemmende und schmerzstillende Medikamente, im Bedarfsfall auch ein Antibiotikum. Zudem empfiehlt er vorübergehend eine ballaststoffarme, leichtverdauliche Kost, zum Beispiel fettarme Gemüsebrühe.
Verlauf und Komplikationen bei einer Divertikulose
Viele Betroffene mit einer Divertikulose leben lange Zeit ohne merkliche Beschwerden. Welchen Verlauf die Darmveränderung nimmt, hängt von ihrer Ausprägung ab. Entzünden sich die Divertikel nicht, ist der Verlauf meist gut.
Wenn Divertikel bluten
Divertikelblutungen sind eine weitere mögliche Komplikation der Divertikulose. In 35 Prozent der Fälle sind sie Ursache für schmerzlose Blutungen des unteren Verdauungstraktes, bei älteren Patienten sogar in bis zu 50 Prozent der Fälle. Bei Verdacht auf eine Divertikelblutung klärt der Arzt im Rahmen der Anamnese den Schweregrad der Blutung, mögliche Risikofaktoren für anhaltende Blutungen und ob es bereits zuvor zu Blutungen kam (Rezidive).
Perforation: Gefahr einer Bauchfellentzündung
Kommt es jedoch häufiger zu einer ausgeprägten Divertikulose oder sogar zu einer Divertikulitis, besteht das Risiko auf ernste Komplikationen. So kann die Darmwand infolge der Entzündung dünner und brüchiger werden. In der Folge können Divertikel reißen.
Gelangen Bakterien aus dem Darm in die Bauchhöhle, kann es zu einer lebensgefährlichen Bauchfellentzündung (Peritonitis) kommen. Im Rahmen einer Divertikulitis können darüber hinaus auch Abszesse (Eiteransammlungen) entstehen. Als mögliche Folge wiederkehrender Entzündungen des Darmes kann es zu Engstellen (Stenosen) im Darm kommen, die ihrerseits Verdauungsprobleme hervorrufen können, schlimmstenfalls einen Darmverschluss.
Divertikulose vorbeugen mit ballaststoffreicher Ernährung
Einer Divertikulose lässt sich nicht in jedem Fall vorbeugen, da die Neigung zu schwachem Bindegewebe auch veranlagt ist. Ärzte gehen jedoch davon aus, dass eine ballaststoffreiche Ernährung dazu beträgt, Divertikeln vorzubeugen und dadurch das Risiko für eine Divertikulose zu senken.
Die besten Tipps für den Darm und gegen Divertikulose:
Täglich frisches Obst und Gemüse essen. Außerdem sollten ausreichend Ballaststoffe auf dem Speiseplan stehen, etwa in Form von Vollkornprodukten.
Ballaststoffarme Lebensmittel wie zum Beispiel Weißmehlprodukte möglichst vermeiden und die Menge an rotem Fleisch reduzieren.
Jeden Tag ausreichend trinken: Gut geeignet sind Mineralwasser oder ungesüßter Tee.
Körperliche Aktivität und Sport bringen die Verdauung in Bewegung. Dazu empfiehlt es sich, mindestens eine halbe Stunde pro Tag Bewegung in den Tagesablauf einzubauen: Treppensteigen, kleine Spaziergänge oder Fahrradfahren sind beispielsweise Möglichkeiten für körperliche Aktivität im Alltag.
Sie möchten Informationen zu bestimmten Krankheitssymptomen oder wollen medizinischen Rat? Hier können Sie Ihre Fragen an unsere Experten oder andere Lifeline-Nutzer stellen!