Migräne bei Kindern: Symptome erkennen und behandeln
Migräne bei Kindern ist gar nicht so selten: Etwa zehn Prozent aller Schulkinder und Jugendlichen sind betroffen, Tendenz steigend. Selten hingegen leiden Kinder im Vorschulalter darunter. Welche Symptome Migräne bei Kindern zeigt und wie sie behandelt werden kann.
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Migräne bei Kindern ist eine belastende Erkrankung, bei der sich die Migräne-Attacken oft anders als bei Erwachsenen zeigen. Zur ersten Migräne-Attacke kommt es oft im sechsten Lebensjahr. Die gute Nachricht: Bei etwa jedem zweiten Kind verschwindet die Migräne nach der Pubertät. Bei Mädchen, die eine erste Migräne-Attacke zu Beginn der Pubertät erleben, kommt es oft zur Migräne mit Aura-Symptomen. Diese neurologischen Begleitsymptome wie Seh- oder Sprachstörungen gehen dem Migräne-Anfall unmittelbar voraus.
Im Überblick:
Migräne bei Kindern zeigt andere Symptome
Bei Kindern kann sich Migräne grundsätzlich mit ähnlichen Migränesymptomen wie bei Erwachsenen bemerkbar machen. Allerdings dauern die Migräneattacken bei Kindern meist nicht so lange an wie bei Erwachsenen, sondern sind oft nach zwei Stunden wieder vorbei. Die Migräne bei Kindern kann aber auch bis zu 48 Stunden anhalten. Kinder empfinden den Schmerz in der gesamten Stirn – nur selten haben sie einseitige Migränekopfschmerzen.
Hinzu kommt, dass bei Kindern die Kopfschmerzen mitunter gar nicht zentral sind – Bauchschmerzen, Erbrechen und Übelkeit können beispielsweise auch ohne zusätzliche Kopfschmerzen auftreten und dennoch Symptome einer Migräne sein. Etwa 40 Prozent der Kinder werden während des Migräne-Anfalls zusätzlich von Bauchschmerzen geplagt.
Zu den möglichen Symptomen bei Migräne von Kindern zählen:
Heftige Kopfschmerzen, ein- oder auch beidseitig. Gegebenenfalls typische Begleiterscheinungen der Migräne wie zum Beispiel Übelkeit und Lichtempfindlichkeit. Die Kopfschmerzen bessern sich oft nach dem Schlafen.
Sehstörungen vor den eigentlichen Kopfschmerzen – auch bei Kindern ist die Migräne mit Aura möglich.
Plötzliches Ruhebedürfnis zum Beispiel beim Spielen. Das Kind legt sich freiwillig hin und schläft ein.
Blässe oder auch gerötetes Gesicht
Schwindelanfälle
Übelkeit und Erbrechen
Bauchschmerzen
Durst
Augenringe
Herzrasen
Rastlosigkeit
Typisch ist auch, dass Sport die Symptome verstärkt. Sprach- und Gefühlsstörungen in den Armen und Beinen sind möglich. Zwischen den Attacken sind die Kinder in der Regel kerngesund – während des Migräneanfalls machen sie aber einen kranken Eindruck und wollen sich hinlegen.
Sonderform abdominale Migräne
Von einer abdominalen Migräne – also einer Migräne des Bauchraums – sprechen Experten, wenn Kinder ohne erkennbare Ursache mindestens zweimal im Jahr über mehrere Stunden andauernde Bauchschmerzen klagen, die mit Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen und einer starken Blässe einhergehen. Auch deutliche Augenringe sind möglich. Die dumpfen Schmerzen treten rund um den Bauchnabel auf und sind so stark, dass die Kinder sich hinlegen müssen. Zwischen den Attacken sind die Kinder völlig gesund.
Treten also Bauchschmerzen ohne erkennbare Ursache immer wieder auf, sollten Eltern an diese Sonderform der Migräne denken und im Zweifelsfall einen Arzt aufsuchen.
Kopfschmerzen bei Kindern – wann zum Arzt?
Insbesondere, wenn Kopfschmerzen bei Kindern mehrmals wöchentlich, täglich oder länger als einen Tag auftreten, ist es ratsam, zum Arzt zu gehen. Denn Kinder, denen die Schmerzen bereits Freizeit und Schule verleiden, brauchen eine zielgerichtete Therapie.
Ursachen und Auslöser für Migräne bei Kindern
Sind Kinder von Migräne betroffen, spielen genetische Faktoren laut Wissenschaftlern eine wesentliche Rolle: Die Kinder leiden unter einer angeborenen Reizverarbeitungsstörung. Eindrücke aus der Umwelt können bei ihnen nicht ausreichend gefiltert werden. So nehmen sie mehr Reize auf, als sie vertragen und verarbeiten können. Der eigentliche Migräneanfall ist eine Notbremse des empfindlichen Nervenkostüms, durch die das Gehirn sich vor weiterer Überlastung schützt. Nach dem Migräneanfall funktioniert das Gehirn wieder normal, auch das Nervensystem ist für eine Weile gut erholt. Wegen ihres empfindlichen Nervensystems erscheinen viele Kinder und Jugendliche mit Migräne etwas ängstlicher und sensibler als Gleichaltrige.
Wenn bei einem Kind häufig Migräne auftritt, können dahinter auch unerkannte seelische oder körperliche Probleme stecken. Ein unregelmäßiger Tag-Nacht-Rhythmus, viel Fernsehen vor dem Schlafengehen oder zu viel Koffein in Cola oder Teein kann Migräne-Attacken bei betroffenen Kindern auslösen.
Behandlung von Migräne bei Kindern
Bei leichteren Migräne-Attacken hilft es, wenn die Kinder sich in einem abgedunkelten, ruhigen Raum hinlegen. Auch ein kaltes Tuch auf der Stirn und das Einmassieren von Pfefferminzöl an Schläfe, Scheitel und Nacken lindern oft die Schmerzen. Natürlich ist auch viel Liebe und Zuwendung von den Eltern jetzt wichtig.
Medikamente für Kinder mit Migräne – Besonderheiten beachten
Kindern dürfen keinesfalls einfach die Migräne-Medikamente für Erwachsene verabreicht werden. Als Schmerzmittel bei Migräne empfehlen Experten Ibuprofen (10 mg pro kg Körpergewicht). Auch Paracetamol kann verabreicht werden (15 mg pro kg Körpergewicht), lindert bei Kindern den Migräneschmerz aber oft nicht so wirksam. Das bei Erwachsenen eingesetzte Mittel Acetylsalicylsäure (ASS) sollten Kinder unter zwölf Jahren nicht erhalten. Für Patienten unter 14 Jahren ist auch Metoclopramid, ein Mittel gegen Übelkeit, tabu. Es kann bei Kindern unter 14 Jahren Störungen im Zentralnervensystem hervorrufen.
Triptane gegen Migräne bei Kindern
Triptane sind bei der Behandlung der Migräne bei Erwachsenen sehr erfolgreich. Bestimmte Triptane können vom Neurologen auch Kindern verabreicht werden. Sie kommen meist erst zum Einsatz, wenn die Migräne bei Kindern öfter als dreimal pro Monat auftritt. Triptane, die bei Kindern in Studien erprobt wurden, sind Rizatriptan und Sumatriptan. Bei Jugendlichen wurden Almotriptan, Eletriptan, Naratriptan, Rizatriptan, Sumatriptan und Zolmitriptan getestet. Als wirksam zeigte sich bei Jugendlichen mit Migräne die Kombination aus Sumatriptan und Naproxen-Natrium. Triptane können jedoch auch leichte Nebenwirkungen, wie Geschmacksveränderungen, Schwindel, Müdigkeit und Übelkeit, haben.
Auf keinen Fall dürfen Eltern die vom Arzt empfohlenen Dosierungen der Schmerzmittel überschreiten. Sie sollten die Beipackzettel aufmerksam lesen und Warnhinweise beachten.
Auslöser erkennen und gezielt vorbeugen
Um Migräne bei Kindern vorzubeugen, ist es wichtig, dass Eltern Stressfaktoren erkennen und reduzieren. Überforderung in der Schule, Angst vor Klassenarbeiten, Ärger mit Freunden oder Streitigkeiten der Eltern sind häufige Stressfaktoren im Kindes- und Jugendalter. Aber auch die Erwartung freudiger Ereignisse wie Kindergeburtstage, Ferienreisen oder die Weihnachtsbescherung können Kinder unter Druck setzen. Lärm, Schlafmangel und Reizüberflutung durch Fernsehen und Computer können außerdem zu Migräne-Attacken führen.
Den Attacken vorzubeugen, ist bei Kindern besonders wichtig: Für Eltern empfiehlt es sich, den Auslösern der Migräne-Attacken auf die Spur zu kommen – ein Migränetagebuch kann dabei helfen.
Zu möglichen Auslösern für Migräne zählen zum Beispiel
- zu wenig Schlaf
- unregelmäßige Mahlzeiten
- Ärger
- Enttäuschung
- bestimmte Nahrungsmittel wie beispielsweise Nüsse oder Käse
- Hitze
- schlechte Luft
- Zigarettenrauch (Passivrauch!)
- Lärm
grelles Licht
Entspannungstechniken können Migränekindern helfen
Ein geregelter Tagesablauf mit genügend Pausen, ausreichend Schlaf, Bewegung an der frischen Luft und regelmäßigen ausgewogenen Mahlzeiten ist für Kinder mit Migräne besonders hilfreich.
Da Eltern Stress nicht vollständig vom Kind fernhalten können, empfehlen sich Entspannungsstechniken. Mit autogenem Training oder progressiver Muskelentspannung etwa lernen Kinder, eigene körperliche Reaktionen auf Stresssituationen wahrzunehmen und sich bewusst zu entspannen, um Migräne-Attacken vorzubeugen. So lassen sich nicht nur die nächsten Migräne-Kopfschmerzen abwehren: Die Methoden eignen sich zum Beispiel auch, um Angst vor Klassenarbeiten abzubauen.
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