Augenverletzung beim Sport
Sportunfälle sind die häufigste Ursache für schwere Augenverletzungen. In Deutschland hinterlassen vor allem unfreiwillige Zusammentreffen mit Squash-, Minigolf- und Fußbällen Traumata mit verschiedensten Folgen bis hin zum Verlust des Augenlichts. Dabei sind die typischen Schäden durch Hohlbälle besonders tückisch, weil sie leicht übersehen werden.
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- © Getty Images/AaronAmat
Augenverletzungen sind eine häufige Ursache für Blindheit. Schätzungen zufolge erblinden 1,6 Mio. Menschen weltweit an den Folgen verschiedener Traumata. Dabei sind Sportunfälle die führende Ursache für schwere Augenverletzungen.
Insbesondere zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr zeigt sich eine Häufung von Ballsportverletzungen des Auges. So ist für Patienten mit Augapfelprellung in Deutschland an erster und zweiter Stelle eine Ballsportart ursächlich. Den ersten Platz belegen Squash und Minigolf, den zweiten Platz Fußball. Die Geschlechterverteilung ist eindeutig mit bis zu 90 Prozent männlichen Patienten.
Die jeweiligen Sportarten sind dabei stark von den nationalen Gegebenheiten und bestimmten Trends abhängig. Während zum Beispiel Augenverletzungen beim Ballsport in Australien häufig durch eine Art Hinterhof-Cricket entstehen, ist in Europa und Israel der Fußball die häufigste Ursache für sportbedingte Augenverletzungen.
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Augenschutz verhindert schwere Augenverletzungen
Auch entsprechende Aufklärung und die Bereitschaft, einen Augenschutz zu tragen, beeinflussen die jeweilige Verletzungshäufigkeit. So erklärt sich das relativ geringe Auftreten von Augenverletzungen bei Sportarten, bei denen traditionell Augenschutz etabliert ist, beispielsweise Eishockey.
Auf der anderen Seite ergibt sich die hohe Anzahl von Augenverletzungen durch Squashbälle nicht nur durch die Größe des Balls, dessen hohe Geschwindigkeit und die engen Raumverhältnisse bei dieser vergleichsweise selten praktizierten Ballsportart, sondern auch durch die geringe Verbreitung von Augenschutz. Einer Befragung von Freizeit-Squashspielern aus dem Jahr 2000 zufolge trugen 99 Prozent keinen Augenschutz. Interessanterweise verzichten selbst 56 Prozent der Squash spielenden Augenärzte auf diese Schutzmaßnahme. Dies liegt zum großen Teil aber nicht an der fehlenden Akzeptanz. Wäre nämlich ein Augenschutz Pflicht, wären 98 Prozent bereit, diesen zu tragen.
Luft im Ball entscheidet über Art der Augenverletzung
Der Entstehungsmechanismus der meisten Augenverletzungen ist in der Regel der einer stumpfen Augenverletzung und resultiert meist in einer Augapfelprellung (Contusio bulbi) mit möglichen Folgeschäden. Wichtig für die Abschätzung des Schweregrades ist dabei die Unterscheidung, ob der auftreffende Ball ein luftgefüllter Hohlball (zum Beispiel Fußball, Volleyball, Handball, Squashball) oder ein Vollball (zum Beispiel Golfball, Baseball, Cricketball, Federball) war.
Während bei Vollbällen die Ursache für eine Sehminderung wesentlich häufiger im vorderen Augenabschnitt zu finden ist, entstehen bleibende Sehminderungen im Falle von Hohlballverletzungen fast ausschließlich am hinteren Augenabschnitt. Der Rückschluss, dass Augenverletzungen mit Vollbällen deswegen ungefährlicher seien, lässt sich jedoch so nicht ziehen: So tragen Unfälle mit einem Golfball zu einem hohen Teil zu Augenverletzungen bei, in deren Folge aufgrund des Schweregrades der Verletzung das Auge entfernt werden muss.
Entstehungsmechanismus der Augenverletzung beim Ballsport
Der Unterschied im Verletzungsmuster zwischen Vollbällen und Hohlbällen kann auf den der Augenverletzungen zugrunde liegenden Entstehungsmechanismus zurückgeführt werden. Dieser wird bei Ballverletzungen in einem dreiphasigen Modell beschrieben:
Durch den Aufprall des Balles kommt es zunächst zu einer Längsbeschleunigung im Sinne einer Kompression (lat. comprimere = "zusammendrücken") . Da das mit Flüssigkeit gefüllte Auge nicht komprimierbar ist, dehnt es sich auf bis zu 130 Prozent aus und verkürzt sich auf 60 Prozent seiner Originallänge. Aus dieser ersten Phase der Stauchung lässt sich ein Großteil der Augenverletzungen, insbesondere im vorderen Augenabschnitt, erklären.
In der zweiten Phase der Ballverletzung kommt es zu einer Dekompression (Umkehrung der Komprimierung) und der Augapfel nimmt aufgrund seiner Elastizität wieder seine ursprüngliche Länge ein.
In einer dritten Phase verlängert sich der Bulbus in seinem anterior-posterioren Durchmesser ("von vorne nach hinten") auf bis zu 112 Prozent der ursprünglichen Länge, und es resultieren nachfolgende Pendelbewegungen (Oszillationen), die für weitere Augenverletzungen, insbesondere am hinteren Augenabschnitt, verantwortlich sind.
Durch Hohlbälle kann diese dritte Phase zusätzlich noch verstärkt werden: Beim Aufprall etwa auf die Augenhöhlenkante wird der Hohlball abgebremst und entsprechend in der Gegenrichtung beschleunigt. Hierbei entsteht durch den dekomprimierenden Hohlball ein zusätzlicher Sog auf den Augapfel, der eine zusätzliche Ausdehnung potenziert. Die häufigen Augenverletzungen im hinteren Augenabschnitt durch Hohlbälle können auf diesen Entstehungsmechanismus zurückgeführt werden.
Häufige Augenverletzungen beim Ballsport
Am häufigsten finden sich Blutergüsse (Hämatome), die in der Regel keiner Therapie bedürfen.
Selten entstehen Lidriss-Verletzungen, die entsprechend chirurgisch versorgt werden müssen. Insbesondere bei Lidkantenbeteiligung ist eine Versorgung durch einen Spezialisten notwendig, da sich hieraus Folgeprobleme wie Lidfehlstellungen ergeben können.
Einblutungen der Bindehaut. Diese eindrucksvolle, wenngleich verhältnismäßig harmlose Traumafolge bedarf keiner Therapie, kann aber ein Hinweis auf eine weitergehende Schädigung im Bereich der Augen sein.
Einrisse der Bindehaut (Bindehautlazerationen) sollten unbedingt augenärztlich versorgt werden.
Abschürfung/Verletzung des Hornhautepithels (Hornhauterosio).
Schwellung (Ödembildung) im Bereich des Hornhautbindegewebes sowie Risse der Hornhaut stellen schwere Komplikationen dar. Verletzungen im Bereich der Hornhaut sind aufgrund der nervalen Versorgung häufig mit deutlichen Schmerzen assoziiert.
Einblutungen im Bereich der vorderen Augenkammer sind als Hinweis auf eine starke Gewalteinwirkung zu verstehen und können von zahlreichen frühen und späten Komplikationen begleitet sein.
Einrisse im Kammerwinkel oder Verletzungen des Ziliarkörpers (Strahlenkörpers) sind häufig mit Vorderkammerblutungen verbunden. Sichtbare Verletzungen im Kammerwinkel haben ein deutliches Risiko einer späteren Glaukomentwicklung („Grüner Star“, glaukos = blaugrün).
Einrisse im Bereich des Sphincter pupillae („Pupillenverenger“) können zu einer Entrundung der Pupille, im schwersten Fall zu einer traumatischen irreversiblen lichtstarren weiten Pupille (traumatische Mydriasis) führen. Circa 20 Prozent aller Patienten mit einer Kontusion weisen einen unterschiedlich ausgeprägten Pupillendefekt auf.
Durch den oben genannten Entstehungsmechanismus kann der Halteapparat der Linse teilweise oder komplett einreißen. In diesem Fall besteht – wohl durch die häufig damit verbundenen zusätzlichen Verletzungen im Kammerwinkel – ein deutlich erhöhtes Glaukomrisiko (bis zu 60 Prozent).
Sekundäre Linsentrübungen (traumatisch bedingter Grauer Star) können sich entwickeln
Glaskörperblutung: Durch die Beschleunigung und Deformierung des Augapfels während des Aufpralls des Balles kommt es aufgrund der Trägheit des Glaskörpers zu Scherkräften zwischen Netzhaut und Glaskörper.
Schädigung der Lichtsinneszellen (Fotorezeptoren)
Netzhautablösung: Das Risiko einer Netzhautablösung ist zum einen unmittelbar nach dem Trauma, aber auch im Verlauf über die Jahre erhöht.
Verletzungen der Aderhaut: Diese gehen, lageabhängig, mit einer deutlichen Minderung der Sehkraft (Visusminderung) einher.
Augapfeleröffnende Verletzungen finden sich bei Ballsportverletzungen häufig als Schädigung der Lederhaut mit Lochbildung, die durch benachbarte Strukturen abgedeckt werden kann (gedeckte Skleraperforation). Diese kann, abhängig vom zugrunde liegenden Verletzungsmechanismus, auch von der Aufschlagstelle entfernt liegen. Eine operative Versorgung dieser schweren Augenverletzung sollte unmittelbar in einem dafür geeigneten Zentrum erfolgen.
Bei einem Drittel aller traumatisierten Augen kann ein Glaukom nachgewiesen werden. Nach einer Augapfelprellung steigt der Augendruck häufig innerhalb von Tagen akut an. Er kann aber auch erst im Verlauf von Jahren nach dem Trauma ansteigen. Aus diesem Grund sollte der Augendruck regelmäßig kontrolliert und gegebenenfalls therapiert werden.