Morbus Cushing: Ursachen, Symptome und Therapie
Übergewicht, Bluthochdruck, Osteoporose – das können Symptome für einen zu hohen Cortisolspiegel sein. Manchmal steckt ein gutartiger Hirntumor, ein sogenanntes Hypophysenadenom, dahinter. Alles über Symptome, Ursachen und Therapiemöglichkeiten bei Morbus Cushing
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Morbus Cushing ist eine Erkrankung der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse). Ursache ist ein normalerweise gutartiger Tumor im Hypophysenvorderlappen, der in Folge zu einer Überproduktion des Stresshormons Cortisol führt. Es kommt dadurch zu den typischen Symptomen eines Cortisolüberschusses, auch als Cushing Syndrom bekannt: Stammfettsucht, Vollmondgesicht und Bluthochdruck.
Artikelinhalte im Überblick:
- Was ist Morbus Cushing?
- Symptome bei Morbus Cushing
- Ursache: Hypophysenadenom
- Diagnose des Hypercortisolismus
- Therapie: Entfernung des Adenoms
- Komplikationen und Heilungschancen
- Ist vorbeugen möglich?
Was ist Morbus Cushing?
Verursacht wird Morbus Cushing durch einen gutartigen, ACTH-produzierenden Tumor in der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse). Das Hormon ACTH regt die Produktion von Glukokortikoiden wie das Stresshormon Cortisol in der Nebenniere an. In Folge kommt es zu einer massiven Überproduktion von Cortisol (Hypercortisolismus).
Morbus Cushing ist eine eher seltene Erkrankung. Aktuell sind in Deutschland etwa 3.000 Menschen erkrankt. Die Häufigkeit der Neuerkrankungen (Inzidenz) liegt bei ein bis zwei Erkrankten auf 100.000 Einwohner pro Jahr. Die Krankheit kann in jedem Alter auftreten, am häufigsten ist sie zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr. Frauen sind drei- bis viermal häufiger betroffen als Männer, die Ursache dafür ist bisher unbekannt. In seltenen Fällen können auch Kinder an Morbus Cushing erkranken.
Benannt wurde die Krankheit nach ihrem Entdecker, dem US-amerikanischen Neurochirurgen Harvey William Cushing. Cushing gilt als der Pionier der Neurochirurgie und Tumorentfernung im Gehirn.
Symptome: Wie erkennt man Morbus Cushing?
Nachdem Cortisol an beinahe allen Stoffwechselprozessen beteiligt ist, bringt ein Cortisolüberschuss schwerwiegende Folgen für den gesamten Körper mit sich.
Bei Betroffenen kommt es zu einer Gewichtserhöhung aufgrund von Wassereinlagerungen (Ödemen) und einer Umverteilung der Körperfette. Diese setzen sich vorwiegend im Bereich von Rumpf, Hals und Kopf fest, was als Stammfettsucht bezeichnet wird. Typisch ist auch ein sichtbares Fettpolster im Nacken, Stier- oder Büffelnacken genannt. Die Betroffenen wirken aufgeschwemmt (Vollmondgesicht). Gleichzeitig schwinden die Muskeln und die Extremitäten werden immer dünner.
Morbus Cushing kann sich durch folgende Symptome bemerkbar machen:
- Gewichtszunahme
- Stammfettsucht
- rundes, gerötetes Gesicht (Vollmondgesicht)
- Hautrötungen
- bläulich rote Dehnungsstreifen (Striae), häufig außerhalb der typischen Stellen
- dünne Extremitäten, Muskelschwäche
- Fettpolster im Nacken (Stiernacken)
- Bluthochdruck (arterielle Hypertonie)
- Hauterscheinungen wie Akne
- Osteoporose aufgrund des verstärkten Knochenstoffwechsels
- häufige Infekte aufgrund der immunsuppressiven Wirkung
- schlecht heilende Wunden
- Veränderungen des Blutbildes
- emotionale Labilität oder Depressionen durch Wirkung auf das zentrale Nervensystem (endokrines Psychosyndrom)
- herabgesetzte Glukosetoleranz und Entwicklung von Diabetes mellitus
Bei Frauen kann es durch die Erhöhung der Androgene gleichzeitig zu folgenden Symptomen kommen:
verstärkte "männliche" Behaarung bei Frauen (Hirsutismus)
Vermännlichung, beispielweise tiefere Stimme (Virilisierung)
Menstruationsstörungen (Dysmenorrhoe) oder Ausbleiben der Monatsblutung (Amenorrhoe)
Bei Männern treten außerdem Potenzprobleme und Erektionsstörungen auf. Bei Kindern und Jugendlichen kommt es typischerweise zu Wachstumsverzögerung oder -stillstand und einer verzögerten Pubertätsentwicklung.
Ursache von Morbus Cushing: Hypophysenadenom
Die Hypophyse ist eine haselnussgroße Drüse im Gehirn, die mit dem Hypothalamus verbunden ist, der obersten Kontrollzentrale im Gehirn für alle hormonellen und vegetativen Vorgänge. Im Hypophysenvorderlappen wird unter anderem das Adrenocorticotrope Hormon (ACTH) gebildet. Es stimuliert in der Nebenniere die Ausschüttung von Cortisol und steuert die Produktion der Geschlechtshormone Testosteron und Östrogen sowie der Mineralkortokoide wie Aldosteron. Sie sind für den Wasserhaushalt und damit für den Blutdruck zuständig.
Bei Morbus Cushing kommt es zu einem Tumorwachstum in der Hypophyse. Meist liegt ein Mikroadenom vor, also ein sehr kleiner Drüsentumor. Ein Adenom ist grundsätzlich gutartig und hat keine Tendenz zu streuen. Es schickt jedoch ungehemmt ACTH an die Nebennierenrinde, die darauf mit einer erhöhten Cortisolproduktion reagiert.
Cortisolüberschuss – das Cushing-Syndrom
Der normale Cortisolspiegel ist über den Tag hinweg großen Schwankungen unterworfen. Nachts sinkt die Cortisolproduktion stark ab, morgens erreicht sie ihren Höhepunkt. Bleibt das nächtliche Absinken des Cortisolspiegels über längere Zeit aus, führt das zum Cushing-Syndrom.
Typisch für das Cushing-Syndrom ist ein Komplex aus verschiedenen Symptomen, ausgelöst durch den über längere Zeit erhöhten Cortisolspiegel (Hypercortisolismus). Unterschieden werden:
- endogen bedingtes oder zentrales Cushing-Syndrom, genannt Morbus Cushing: Ursache ist ein ACTH-produzierender Tumor im Hypophysenvorderlappen.
- exogenes oder iatrogenes Cushing-Syndrom: Ursache ist eine zu hohe Dosierung oder Langzeitanwendung von Kortison. Diese Form ist sehr häufig, kann aber durch eine Anpassung der Kortisonzufuhr meist behoben werden.
- adrenales Cushing-Syndrom: ausgelöst durch einen Tumor in der Nebennierenrinde. Diese Form ist sehr selten.
Diagnostik: So kann man Morbus Cushing nachweisen
Für eine sichere Diagnose sind verschiedene Tests und bildgebende Verfahren notwendig, weshalb Betroffene unbedingt einen erfahrenen Hormonspezialisten (Endokrinologen) aufsuchen sollten.
Blutwerte
Morbus Cushing zeigt sich im Blutbild mit verschiedenen pathologischen Werten wie:
- Überschuss roter und weißer Blutkörperchen und Thrombozyten (Polyglobulie)
- Mangel an Lymphozyten
- erhöhte Blutzuckerwerte (Hyperglykämie)
- erhöhte Cholesterinwerte (Hyperlipidämie)
- Kaliummangel (Hypokaliämie)
Hormonlabor
Bei Verdacht auf einen Hypercortisolismus wird zunächst der Cortisolspiegel bestimmt. Ein Cushing-Syndrom liegt vor, wenn
- das freie Cortison im Urin über 24 Stunden deutlich erhöht ist und
- der Cortisolspiegel in Speichel oder Blut am späten Abend deutlich erhöht ist.
Im Anschluss werden die ACTH-Werte untersucht, um festzustellen, um welche Form es sich handelt. Bei Morbus Cushing sind typischerweise die ACTH-Werte stark erhöht.
Dexamethason-Hemmtest
Bei gesunden Menschen hemmt Dexamethason die ACTH-Ausscheidung. Liegen nach einer mehrmaligen Gabe von Dexamethason erhöhte ACTH-Werte vor, spricht das für Morbus Cushing. Vorsicht: Einige Medikamente wie die Pille, andere hormonelle Verhütungsmittel und auch Antiepileptika können bei diesem Test die Ergebnisse verfälschen.
Bildgebende Verfahren
Eine weitere Diagnosemöglichkeit zur Abgrenzung von anderen Formen des Cushing-Syndroms ist die Sinus-petrosus-Katheterisierung. Hierbei werden unter Röntgenkontrolle winzige Katheter nahe an die Hypophyse gebracht und das dort entnommene Blut auf eine erhöhte ACTH-Konzentration untersucht.
Erst wenn die Diagnose Morbus Cushing durch das Hormonlabor gesichert ist, werden bildgebende Verfahren wie CT (Computertomographie) oder MRT (Magnetresonanztomographie) hinzugezogen, um das Hypophysenadenom nachzuweisen und zu lokalisieren.
Therapie: Entfernung des Hypophysenadenoms
Ein starker Hypercortisolismus, wie er bei Morbus Cushing typisch ist, führt unbehandelt in etwa fünf Jahren zum Tod. Meist lässt sich der Auslöser, das Hypophysenadenom, operativ entfernen und die Krankheit damit oft vollständig heilen.
Operative Entfernung des Tumors
In den meisten Fällen kann das Adenom am Hypophysenvorderlappen operativ entfernt werden. Dabei geht der Operateur endoskopisch durch die Nase in die dahinterliegende Keilbeinhöhle und entfernt den Tumor. Die Erfolgschancen sind gut, die Heilungsquote liegt bei über 80 Prozent.
Strahlentherapie
Sofern eine operative Entfernung nicht – oder nicht vollständig – möglich ist, bleibt die Möglichkeit, den Tumor zu bestrahlen. Diese Methode ist langwierig und es dauert unter Umständen Monate, bis sich Erfolge einstellen. Zudem besteht bei Bestrahlung ein hohes Risiko einer dauerhaften Schädigung der Hypophyse, wodurch es zur Hypophyseninsuffizienz und damit einem gefährlichen Mangel an Nebennierenhormonen kommen kann. In diesem Fall müssen diese Hormone lebenslang substituiert werden.
Medikamentöse Therapie
Um die Zeit bis zum Einsetzen der Wirkung nach einer Strahlentherapie zu überbrücken oder auch, wenn andere Methoden unwirksam sind, steht inzwischen zusätzlich eine medikamentöse Behandlung zur Verfügung. Der Wirkstoff heißt Pasireotid und kann die Freisetzung von ACTH in der Hypophyse regulieren. Allerdings hat das Medikament einige Nebenwirkungen, vermindert unter anderem die Insulinsekretion und kann so zu einer diabetischen Stoffwechsellage führen.
Letzte Möglichkeit: Entfernung der Nebennieren
Wenn ein sehr schnelles Eingreifen nötig ist oder keine andere Behandlung möglich erscheint, bleibt als Ultima Ratio die operative Entfernung der Nebennieren. Ohne Nebennieren wird im Körper kein Cortisol produziert und der Überschuss sofort beendet. In diesem Fall ist aber eine lebenslange Substitution von Cortisol und anderen Nebennierenhormonen notwendig. Des Weiteren bleibt der Tumor in der Hypophyse bestehen und damit das Risiko, dass sich aufgrund der dauerhaft erhöhten ACTH-Werte auf lange Sicht aus dem gutartigen Adenom tatsächlich ein bösartiges Karzinom entwickelt.
Komplikationen, Folgen und Heilungschancen
Die Symptome von Morbus Cushing werden häufig falsch eingeschätzt. Eine Diagnose und somit eine wirksame Behandlung erfolgen deshalb oft erst spät, wenn bereits irreparable Schäden eingetreten sind. Eine häufige Folge ist die Entwicklung von Diabetes mellitus aufgrund der herabgesetzten Glukosetoleranz, andere mögliche Komplikationen aufgrund des Bluthochdrucks sind Herzinfarkt oder Schlaganfall. Die schlimmste Komplikation und auch die häufigste Todesursache bei an Morbus Cushing Erkrankten ist die herabgesetzte Immunabwehr. Die meisten Betroffenen sterben unbehandelt schlussendlich an Infekten, die das Immunsystem nicht bekämpfen kann.
Die Heilungschancen liegen bei Morbus Cushing allerdings sehr gut, sofern die Krankheit frühzeitig erkannt wird und der Tumor gut operabel ist. Bei etwa 70 bis 80 Prozent der Betroffenen ist eine vollständige Heilung zu erwarten. Schlechter stehen die Chancen bei einem Wiederauftreten des Tumors (Rezidiv). Die Wahrscheinlichkeit dafür wird mit etwa 15 bis 20 Prozent angegeben.
Ist vorbeugen bei Morbus Cushing möglich?
Nachdem es sich um ein tumoröses Geschehen mit unbekannter Ursache handelt, lässt sich einem Morbus Cushing nicht vorbeugen. Nur bei einem medikamentös bedingten, iatrogenen Cushing-Syndrom lässt sich Vorsorge treffen.
Personen, die Kortisonpräparate über längere Zeit anwenden müssen, sollten sich immer genau an die vom Arzt angegebene Dosierung halten und kortisonhaltige Medikamente nie eigenmächtig überdosieren. Sollte sich ein Hypercortisolismus entwickeln, sollte das Arzneimittel wenn möglich unter ärztlicher Kontrolle abgesetzt oder reduziert werden.
Hier ist wichtig zu wissen: Wer Kortison in höherer Dosierung über längere Zeit einnimmt, darf das Medikament nicht von heute auf morgen absetzen, sondern es muss langsam ausgeschlichen werden. Die Nebenniere muss erst wieder lernen, das lebenswichtige Hormon in ausreichender Menge selbst zu produzieren.
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