Erkrankungen während der Schwangerschaft

Präeklampsie, Eklampsie und HELLP-Syndrom

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Auch bei zunächst normal verlaufenden Schwangerschaften kann es im späteren Verlauf zu Komplikationen kommen. Bei manchen werdenden Mütter entwickelt sich eine Präeklampsie oder ein HELLP-Syndrom – Erkrankungen, die mit hohem Blutdruck einhergehen. Welche Anzeichen sind typisch und wie sollten Schwangere reagieren?

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© Getty Images/Guido Mieth

Erkrankungen, die direkt mit der Schwangerschaft in Verbindung stehen, werden auch als Gestosen bezeichnet. Zu den Spätgestosen, die nach der 20. Schwangerschaftswoche (SSW) auftreten, gehören vor allem Erkrankungen, die mit einem erhöhtem Blutdruck einhergehen (hypertensive Schwangerschaftserkrankungen). Zu dieser Gruppe zählen unter anderem auch die Präeklampsie, Eklampsie und das HELLP-Syndrom.

Artikelinhalte im Überblick:

So messen Sie Ihren Blutdruck richtig

Was ist eine Präeklampsie?

Bei rund drei bis sieben Prozent aller Schwangeren entwickelt sich eine sogenannte Präeklampsie. Hierbei handelt es sich um eine Schwangerschaftskomplikation, bei der der Blutdruck gefährlich ansteigt, was Auswirkungen auf die schwangere Frau und/oder den Fötus haben kann. Zudem ist eine vermehrte Eiweißausscheidung im Urin (Proteinurie) möglich. Bei Anzeichen einer Präeklampsie sollte unverzüglich ärztliche Hilfe gesucht werden. Unbehandelt kann eine Präeklampsie zu schweren Krampfanfällen (Eklampsie) oder Organschäden führen.

Eine Präeklampsie entwickelt sich in der Regel nach der 20. Schwangerschaftswoche. Die Erkrankung kann aber auch erst nach der Entbindung auftreten. Dann machen sich die Symptome meist innerhalb der ersten vier Tage, manchmal jedoch auch bis zu sechs Wochen nach der Geburt bemerkbar.

Früher wurde die Präeklampsie häufig auch als Schwangerschaftsvergiftung bezeichnet. Davon wird mittlerweile allerdings Abstand genommen. Der Begriff Schwangerschaftsvergiftung ist irreführend, da es sich nicht um eine Vergiftung handelt.

Sonderform: HELLP-Syndrom

Das HELLP-Syndrom entwickelt sich in den meisten Fällen aus einer Präeklampsie heraus – deren Leitsymptom erhöhter Blutdruck ist. Die Komplikation kann aber auch ohne Vorzeichen plötzlich auftreten.

Rund 10 bis 20 Prozent der Schwangeren, die an einer Präeklampsie leiden, entwickeln das HELLP-Syndrom – meist vor der 37. Schwangerschaftswoche. In etwa 30 Prozent der Fälle treten Beschwerden hingegen nach der Geburt auf.

Der Name HELLP-Syndrom leitet sich von den englischen Begriffen für die hauptsächlichen Symptome ab:

  • H für Hämolysis (Hämolyse) = Auflösung der roten Blutkörperchen und Blutzerfall
  • EL für Elevated Liver Enzymes = erhöhte Leberwerte
  • LP für Low Platelet Count = zu geringe Anzahl von Blutplättchen (Thrombozyten)

Diese entsprechenden Blut- und Leberwerte werden bei Laboruntersuchungen ermittelt. Besteht tatsächlich eine Erkrankung, kann es zu einer Schädigung der Leber und zu Blutgerinnungsstörungen bei der Frau kommen. Eine mangelnde Durchblutung der Plazenta kann beim Ungeborenen außerdem zu einer Mangelversorgung mit Sauerstoff und dadurch zu einer Entwicklungsverzögerung führen.

Ursachen für Präeklampsie und HELLP-Syndrom

Die Ursachen für die Entstehung einer Präeklampsie sowie eines HELLP-Syndroms sind nicht gänzlich bekannt. Vermutlich spielen jedoch genetische und immunologische Faktoren eine Rolle. Auch Fehlleitungen von bestimmten Botenstoffen des Mutterkuchens, hormonelle Ungleichgewichte und Störungen im Stoffwechsel der Mutter werden als ursächliche Faktoren diskutiert. Zudem können das Alter und bestimmte Vorerkrankungen das Risiko einer Erkrankung erhöhen.

Risikofaktoren für Präeklampsie und HELLP-Syndrom:

Symptome bei Präeklampsie und HELLP-Syndrom

Hauptsymptom bei einer Präeklampsie ist zu hoher Blutdruck. Begleitende Symptome können sehr unterschiedlich ausfallen. Möglich sind beispielsweise:

Zudem kann es zu Flüssigkeitsansammlungen im Gewebe (Ödeme) kommen. Da dicke Beine sowie geschwollene Hände in der Schwangerschaft keine Seltenheit sind, liegt auf diesem Symptom allerdings nicht das Hauptaugenmerk. Es ist zudem möglich, dass eine Präeklampsie zu Beginn nur unauffällige Symptome auslöst, sich dann aber plötzlich verschlimmert und Krampfanfälle auftreten (Eklampsie).

Ein HELLP-Syndrom verursacht ähnliche Beschwerden wie eine Präeklampsie, die sich in kürzester Zeit (eine Stunde) voll ausprägen können. Auch hier gehören heftige Schmerzen im Bauch, Übelkeit oder Erbrechen sowie eventuell Durchfall neben dem plötzlichen Blutdruckanstieg zu den Hauptsymptomen. In seltenen Fällen tritt das Syndrom aber auch ohne Bluthochdruck auf. Sicherheit, ob ein HELLP-Syndrom vorliegt, geben nur Laboruntersuchungen.

Wie werden Präeklampsie und HELLP-Syndrom diagnostiziert?

Im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorge werden auch Blutdruckwerte und Urin der betroffenen Frau kontrolliert, um eine Präeklampsie möglichst früh festzustellen. Das gilt insbesondere für Diabetikerinnen, Frauen, die bereits vorher Bluthochdruck aufwiesen oder Nierenkranke. Ausschlaggebend für die Diagnose sind:

  • Anamnese: Charakteristische Symptome wie Kopfschmerzen oder geschwollene Hände können ein erster Hinweis auf eine Präeklampsie sein.

  • Körperliche Untersuchung: Beurteilung von Flüssigkeitseinlagerungen an Händen, im Gesicht oder an den Füßen.

  • Blutdruckmessung: Eine Hypertonie liegt vor, wenn der Blutdruck über 140 zu 90 mmHg liegt. Meist wird dann eine 24-Stunden-Blutdruckmessung veranlasst.

  • Harnuntersuchung: Eine vermehrte Eiweißausscheidung über den Harn (mehr als 300 mg in 24 Stunden) kann ein Hinweis auf eine eingeschränkte Nierenfunktion sein. Weist ein Schnelltest darauf hin, kann ein 24-Stunden-Sammelurin hilfreich sein.

  • Laboruntersuchungen: Bei einer Schwangerschaftsvergiftung können Nieren- und Leberwerte verändert sein. Auch Harnsäure, Blutgerinnung und Hämatokrit (gibt unter anderem Auskunft über den Anteil der roten Blutkörperchen am Blutvolumen) können untersucht werden.

Eine sichere Bestätigung, ob ein HELLP-Syndrom vorliegt, liefern Laboruntersuchungen. Da in diesem Fall eine schnelle Behandlung wichtig ist, werden die Proben meist mit dem Vermerk "eilig" ins Labor geschickt. Die Untersuchung spezieller Laborwerte (Hämolyse, Leberenzymerhöhung, Thrombozytopenie) verschafft schließlich Klarheit.

Behandlung bei Präeklampsie und HELLP-Syndrom

Bei einer leichten Präeklampsie reicht oft, wenn sich Schwangere viel Ruhe gönnen. Manchmal werden darüber hinaus blutdrucksenkende Mittel verschrieben. Mittel zur Entwässerung sowie eine salz- und flüssigkeitsarme Ernährung sollten bei Blutdruckproblemen vermieden werden. Durch den Wasserentzug wird das Blut zusätzlich eingedickt und kann noch schlechter fließen – der Blutdruck steigt weiter an.

Behandlung in der Klinik

Bessern sich die Beschwerden allerdings nicht oder steigt der Blutdruck auf über 150/100 mmHg sollten Schwangere in eine Klinik eingewiesen werden. Hier können die Herztätigkeit des ungeborenen Kindes und die Wehentätigkeit der Schwangeren überwacht und mögliche Komplikationen rasch behandelt werden.

Bei schwerer Präeklampsie oder dem HELLP-Syndrom besteht die einzige Heilung in der Einleitung der Geburt. Bei schwangeren Frauen vor der 37. SSW müssen die Überlebenschancen des Kindes bei einer Frühgeburt mit einem Risiko des Organversagens bei der Mutter abgewogen werden. Unter Umständen muss die Schwangerschaft frühzeitig durch einen Kaiserschnitt beendet werden.

Abwartendes Verhalten

Vor der 32. Woche wird meist versucht, die Entbindung hinauszuzögern. Dies geschieht, damit die Lungen des Kindes noch im Mutterleib ausreifen können und die Überlebenschancen steigen. Gleichzeitig versucht man, durch Medikamente den Blutdruck und die Blutgerinnung bei der Frau zu normalisieren. Mithilfe hochdosierter Magnesium-Infusionen lässt sich zudem die Neigung von Krämpfen reduzieren.

Die Senkung des Blutdrucks darf nicht zu schnell erfolgen, um die Durchblutung der Plazenta nicht zu gefährden und geschieht immer unter CTG-Kontrolle. Dabei werden in einem sogenannten Wehenschreiber gleichzeitig die Herztätigkeit des Kindes und mögliche Wehen der Mutter aufgezeichnet und überwacht.

Prognose und Verlauf von Präeklampsie und HELLP-Syndrom

Der Verlauf einer schweren Präeklampsie oder eines HELLP-Syndroms lässt sich nur schwer vorhersagen. Die Erkrankung kann sich sehr schnell entwickeln und zu gefährlichen Organschädigungen führen. Bei einem HELLP-Syndrom wird die Müttersterblichkeit mit drei bis fünf Prozent angegeben. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind stirbt, liegt bei sechs bis 37 Prozent. Dabei sind die Chancen grundsätzlich besser, je eher die Diagnose gestellt wird.

In der Regel verbessern sich der Zustand der Frau und ihre Laborwerte innerhalb von 48 Stunden nach der Geburt und sie kann drei bis vier Tage nach der Entbindung das Krankenhaus verlassen. Bei Komplikationen ist allerdings manchmal eine längere Überwachung notwendig.

Darüber hinaus werden auch nach dem Verlassen des Krankenhauses etwa alle zwei Wochen Nachuntersuchungen empfohlen. Zeigen Blut- oder Urintests auch noch mehrere Wochen später auffällige Ergebnisse, sollten Frauen an Fachärzt*innen überwiesen werden. Es könnte sich um einen chronischen Bluthochdruck handeln.

Das Wiederholungsrisiko einer Schwangerschaftshypertonie nach einer vorausgegangenen Präeklampsie liegt bei 11,5 bis 27 Prozent. Die Wahrscheinlichkeit, in einer Folgeschwangerschaft erneut ein HELLP-Syndrom zu entwickeln, beträgt 12,8 Prozent.

HELLP-Syndrom und Präeklampsie: Kann man vorbeugen?

Heute werden bei den Vorsorgeuntersuchungen während der Schwangerschaft Körpergewicht, Blutdruck und Eiweiß im Urin routinemäßig kontrolliert. Dadurch kann eine Präeklampsie in den meisten Fällen frühzeitig entdeckt werden.

Einige Fachleute empfehlen zur Vorbeugung einer Schwangerschaftsvergiftung eine zusätzliche Zufuhr von Magnesium, Vitamin D und anderen Substitutionspräparaten. Bei einer ausgewogenen Ernährung besteht in der Regel kein Grund zur Einnahme solcher Produkte. Frauen sollten im Zweifel ihren*ihre Arzt*Ärztin um Rat fragen.

Bei Frauen, die bereits eine Präeklampsie oder ein HELLP-Syndrom hatten, kann eine vorbeugende Therapie mit Acetylsalicylsäure in Kombination mit blutverdünnenden Mitteln in der Folgeschwangerschaft sinnvoll sein. Auch in dieser Frage ist die gynäkologische Praxis zur Beratung zu kontaktieren.

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