Bornavirus: Seltene Ursache für tödliche Gehirnentzündung
Das Bornavirus ist als Erreger von tödlichen Gehirnentzündungen bei Tieren bekannt. In seltenen Fällen können sich aber auch Menschen infizieren.
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Kopfschmerzen, Müdigkeit und Fieber zusammen mit Verhaltensänderungen, Muskelzuckungen und Lähmungserscheinungen bis hin zum kompletten Zusammenbruch und Tod können auf eine schwere neurologische Erkrankung hinweisen, die durch eine Infektion mit dem sogenannten Bornavirus verursacht wird.
Bornavirus: Tiervirus kann auch Menschen befallen
Das Bornavirus ist seit über 200 Jahren bekannt und galt bis vor wenigen Jahren noch als reiner Tiervirus, besonders betroffen sind Pferde. Unter bestimmten Umständen kann das Virus aber auch für den Menschen gefährlich werden und lebensgefährliche bis tödliche Gehirn- und Rückenmarksentzündungen verursachen.
Im Überblick:
- Bornavirus bei Menschen
- Typische Symptome
- Ansteckung
- Wo kommt Virus vor?
- Behandlung bei Bornavirus
- Ursache für Depression?
Bornavirus: Insgesamt neun Todesfälle bei Menschen
In jüngerer Zeit sind mehrere Todesfälle in Zusammenhang mit einer Bornaviren-Infektion auch bei Menschen nachgewiesen worden. Konkret starben zwischen 2011 bis 2013 drei befreundete Züchter von infizierten exotischen Bunthörnchen an einer Gehirnentzündung, die eindeutig durch eine abgewandelte Form des Bornavirus hervorgerufen wurde. Möglicherweise haben sich die Züchter über Kratzer oder Bisse der Tiere angesteckt. 2015 erkrankten außerdem drei Organempfänger an dem Bornavirus, die jeweils Organe desselben offenbar infizierten Spenders erhalten hatten. Der Organspender hatte zuvor jedoch keinerlei Symptome einer Erkrankung gezeigt. Zwei der erkrankten Organempfänger starben infolge der massiven Enzephalitis (Gehirnentzündung). Der dritte überlebte mit schweren Nervenschäden.
Jüngstes Opfer des Bornavirus war ein 25-Jähriger, der Anfang 2018 erfolglos wegen einer akuten Gehirnentzündung behandelt wurde und innerhalb weniger Wochen verstarb. Anders, als die vorherigen Opfers war der junge Mann vor der Infektion mit dem Bornavirus völlig gesund gewesen. Wie es zu der Infektion mit dem Bornavirus kam, konnte nachträglich nicht mehr geklärt werden. Da eine Ausscheidung des Virus bei infizierten Menschen nicht festgestellt werden kann und auch im Blut kaum nachweisbar ist, gehen Experten davon aus, dass eine direkte Infektion mit dem Bornavirus von Mensch zu Mensch nicht stattfindet.
Bornavirus vor allem bei Pferden bekannt
Die durch das Bornavirus ausgelöste sogenannte Bornasche Krankheit ist eine schwere meist tödlich verlaufende neurologische Erkrankung des Gehirns und des Rückenmarks, die vor allem bei Pferden und Schafen auftritt. Die Tierseuche, die wegen ihrer Symptome auch „hitzige Kopfkrankheit“ genannt wird, ist bereits seit vielen Jahren bekannt und wurde 1813 das erste Mal beschrieben. Den Namen Bornavirus erhielt der Erreger, als 1894 ein ganzer Stall voller Kavalleriepferden in der sächsischen Stadt Borna an dem Virus erkrankte. 1935 wurde das Bornavirus als Erreger der Krankheit identifiziert.
Typische Symptome des Bornavirus: Verhaltensänderungen
Das Virus befällt im Gehirn vor allem das limbische System, das für Verhalten und Gefühle zuständig ist.
Dementsprechend kommt es bei einer Entzündung dieser Bereiche im Gehirn zu teils drastischen Verhaltensänderungen, wie:
- Orientierungslosigkeit
- Schreckhaftigkeit
- Aggressivität
- Antriebslosigkeit
- Apathie
- Depressives Verhalten
- Zähneknirschen
- Leistungsabfall
- Fieber
- Muskelzuckungen
- Verdauungsbeschwerden
- Koliken
- Spastiken
- Lähmungen
Das Bornavirus ist mit den Erregern von Tollwut, Staupe und Masern verwandt. Neben Schafen und Pferden sind in neuerer Zeit auch Infektionen bei Rindern, Ziegen, Katzen, sogar Straußen und exotischen Schön- und Bunthörnchen bekannt geworden. Die Krankheit verläuft in etwa 90 Prozent der Fälle tödlich.
Bornavirus: Ansteckung über Spitzmaus
Das Bornavirus vermehrt sich in Deutschland in den Körpern von Feldspitzmäusen, die quasi als lebende Wirte des Erregers dienen. Die Spitzmäuse sind lebenslang infiziert, zeigen selbst aber keinerlei Symptome der Krankheit. Über Ausscheidungen wie Urin, Kot und Speichel gelangt das Virus dann in die Umwelt, wodurch sich andere Säugetiere, sogenannte Fehlwirte – meist Pferde und Schafe – infizieren können und teilweise erkranken. Viele Tiere haben aber bereits Antikörper gegen das Virus entwickelt, sodass die Krankheit nicht zwangsläufig zum Ausbruch kommt. Da bei sämtlichen Fehlwirten eine Ausscheidung des Virus nicht nachgewiesen werden kann, geht man davon aus, dass eine direkte Ansteckung von Pferden und Schafen untereinander und auch beim Menschen nicht stattfinden kann. Die Meldepflicht für die Bornasche Krankheit wurde Anfang 2011 in Deutschland aufgehoben.
Bornavirus: In diesen Regionen kommt das Virus häufiger vor
Das Bornavirus tritt bei Tieren regional begrenzt auf. Vermehrte Vorkommen wurden vor allem in folgenden Gegenden beobachtet:
- In Teilen Süd- und Ostdeutschlands
- Österreich
- Schweiz
- Liechtenstein
Therapie bei Bornaviren-Infektion
Laut Stellungnahme der Gesellschaft für Virologie vom 27. März 2018 gibt es gegen Bornavirus-Infektionen beim Menschen derzeit noch keine zugelassene antivirale Therapie. Allerdings gelten bestimmte antivirale Wirkstoffe, die zur Behandlung von anderen Viruserkrankungen zugelassen sind, auch als vielversprechend im Kampf gegen das Bornavirus. Bei ungeklärten Fällen von menschlichen Gehirnentzündungen raten Experten deshalb inzwischen auch auf eine mögliche Bornaviren-Infektion zu testen – was routinemäßig bislang nicht erfolgt. Nur so kann die Ursache der Erkrankung frühzeitig entdeckt und rechtzeitig die geeignete antivirale Therapie eingesetzt werden.
Mythos oder Wahrheit: Bornavirus als Ursache von Depressionen?
Das klassische Bornavirus wurde in den 1990er Jahren als mögliche Ursache von Depressionen und anderen psychischen Krankheiten stark diskutiert. In einer Reihe von publizierten Arbeiten wurde eine starke Verbreitung des Bornavirus innerhalb der menschlichen Bevölkerung von bis zu 30 Prozent beschrieben. Demnach wäre knapp jeder Dritte infiziert, ohne direkt erkrankt zu sein. Dabei ging man davon aus, dass durch eine Schwächung des Immunsystems das bis dahin schlummernde Virus wieder aktiv werden könnte und für Fehlfunktionen im limbischen System sorgen könnte. Damit sollte das Zustandekommen von häufigen psychischen Erkrankungen, wie Depressionen, ADHS und andere erklärt werden. Diese Vermutung konnte allerdings wissenschaftlich bislang nicht bestätigt werden. Auch die hohe Zahl an vermuteten Infektionen bei Menschen ist wissenschaftlich nicht gesichert und gilt als ziemlich unwahrscheinlich. Denn die Einschätzung erfolgte damals durch den Nachweis von Antikörpern und isolierten Erregern in Blutproben im Labor, die den heutigen Standards und Anforderungen nicht mehr entsprechen. Man geht heute deshalb davon aus, dass die damals ermittelten hohen Fallzahlen wohl eher durch Verunreinigungen im Labor zustande gekommen sind.
Keine Panik: Bornaviren-Infektion sehr selten
Auch, wenn eine Bornaviren-Infektion bei Menschen eine sehr schwere Erkrankung darstellt, handelt es sich dabei um äußerst seltene Einzelfälle, die für die breite Masse der Bevölkerung bisher keine direkte Gefahr darstellt.
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