Hypotonie

Zu niedriger Blutdruck

Schwindel, Sternchen sehen und ein zu hoher Puls sind die wichtigsten Symptome von sehr niedrigem Blutdruck. Bislang galt Hypotonie als harmlose Beschwerde. Doch neue Studien liefern Hinweise, dass damit das Risiko für Herzschwäche und Schlaganfall steigen könnte.

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Ein Schwindelanfall direkt nach dem Aufstehen, aber auch ein schneller Puls und eine Neigung zur Ohnmacht sind Anzeichen für zu niedrigen Blutdruck.
© iStock.com/courtneyk

Exakte Zahlen, wie viele Menschen zu niedrigen Blutdruck (Hypotonie) haben, gibt es nicht. Fest steht jedoch, dass vor allem schlanke Menschen davon betroffen sind und insbesondere junge Frauen. Doch was ist niedriger Blutdruck überhaupt? Mediziner sprechen von Hypotonie, wenn die Blutdruckwerte unter 105/60 mmHg (Millimeter auf der Quecksilbersäule) liegen. Als normal gelten laut Definition der WHO 120/80 mmHg.

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Zu niedriger Blutdruck: Die Symptome

Ist der Blutdruck zu niedrig, werden Organe manchmal nicht optimal mit Blut versorgt. Das zeigt sich vor allem an der Gehirnfunktion. Dabei spielt gerade der obere (systolische) Blutdruckwert eine wichtige Rolle. Zu niedriger Blutdruck zeigt sich etwa in vorübergehenden Symptomen wie

  • Sehstörungen wie schwarz oder Sternchen sehen
  • Schwindel allgemein
  • Schwindel beim Aufstehen und Positionswechsel
  • Neigung zu Ohnmacht
  • Kopfschmerzen
  • Konzentrationsmangel
  • Ohrensausen
  • kalte Füße
  • Zittern
  • Blässe
  • Müdigkeit
  • zu hoher Puls

Zu niedriger Blutdruck, aber zu hoher Puls

Doch wie kommt es bei niedrigem Blutdruck zu einem hohen Puls? Die Erklärung: Ist der Blutdruck besonders niedrig, droht Durchblutungsmangel. Das Herz versucht, das abzuwenden und schlägt schneller, um alle Organe gut zu versorgen. Dieser hohe Puls ist also typisch bei zu niedrigem Blutdruck und sorgt letztendlich dafür, dass auch bei starker Hypotonie der Kreislauf stabil bleibt und alle Organe genug Nährstoffe abbekommen.

Niedriger Blutdruck: Ursachen meistens unbekannt

Was genau schuld an den zu niedrigen Blutdruckwerten ist, ist meist schwierig festzumachen, in den meisten Fällen sogar unmöglich zu bestimmen. Vermutlich spielen die Gene eine Rolle, denn Hypotonie tritt in manchen Familien besonders häufig auf.

Ist die Ursache für Hypotonie nicht zu finden, unterscheidet der Arzt folgende Formen:

  • Primäre (essentielle) Hypotonie: Meist sind gesunde, junge und schlanke Menschen betroffen.

  • Sekundäre Hypotonie hat dagegen eine erkennbare Ursache: Hier ist der zu niedrige Blutdruck Folge einer anderen Krankheit, etwa einer Schilddrüsenunterfunktion, von Infekten, Herzerkrankungen oder Venenschwäche.
    Außerdem können ältere Menschen betroffen sein, die etwa eine Verengung der Herzkranzgefäße (Angina pectoris) oder der Arterien haben, die das Gehirn versorgen. Daneben kann der Blutdruck auch durch bestimmte Medikamente stark absinken. Diese Nebenwirkung haben etwa Betablocker.

  • Orthostatische Hypotonie: Wenn beim Aufstehen oder bei Positionswechsel das Blut in den Beinen versackt und damit der Kopf zu wenig versorgt wird, zeigt sich das durch Schwindel und das Sehen von Sternchen. Der Arzt spricht dann von orthostatischer Hypotonie. Das Wort Orthostase bedeutet die aufrechte Körperhaltung.

Zu niedriger Blutdruck in der Schwangerschaft

Hypotonie tritt auch häufig in der Schwangerschaft auf. Vor allem in den ersten sechs Monaten ist der Kreislauf durch das Wachsen von Plazenta und Baby belastet. Die Folge: Der Blutdruck sinkt. Das ist jedoch normal und kein Anlass zur Besorgnis.

Nach dieser Zeit pendeln sich die Blutdruckwerte dann meist wieder auf Normalniveau ein. Nur wenn der Blutdruck auch im letzten Drittel der Schwangerschaft zu niedrig bleibt, droht eine Unterversorgung des Babys. Dann besteht Handlungsbedarf, um Komplikationen und Fehlentwicklungen vorzubeugen.

Zu niedriger Blutdruck: Diagnose mit dem Schellong-Test

Wichtigste Untersuchung für die Diagnose eines zu niedrigen Blutdrucks ist die mehrmalige Blutdruckmessung. Verbessert wird die Aussagekraft mit dem sogenannten Schellong-Test. Damit kann der Arzt erkennen, ob eine orthostatische Hypotonie vorliegt.

Beim Schellong-Test werden Blutdruck und Puls mehrmals im Abstand von etwa einer Minute gemessen, zuerst im Liegen, danach im Stehen. Auf diese Weise zeigt sich, ob und wie stark der Blutdruck bei Positionswechsel abfällt.

Wie gefährlich ist zu niedriger Blutdruck?

Allgemein gilt Hypotonie als harmlos, weil der niedrige Blutdruck die Gefäße schont und nicht etwa belastet, wie es beim Bluthochdruck (Hypertonie) der Fall ist. Experten sind sich jedoch nicht ganz einig, ob zu niedriger Blutdruck tatsächlich ungefährlich ist.

In Deutschland wurde Hypotonie ein ICD-Code zugeordnet. Das ist ein Diagnose-Schlüssel für Krankheiten. International gilt zu niedriger Blutdruck jedoch nicht als Krankheit und wird als "german disease" (Krankheit der Deutschen) belächelt. Allerdings könnte sich diese Auffassung in Zukunft ändern, falls sich die Hinweise aus einer aktuellen Metaanalyse bestätigen.

Für diese Übersichtsstudie haben italienische Wissenschaftler 13 Untersuchungen mit über 120.000 Probanden analysiert. Dabei zeigte sich, dass zu niedriger Blutdruck Hand in Hand geht mit einem um 50 Prozent erhöhten Sterberisiko unter 65 Jahren. Vor allem drohen demnach Schlaganfall und Herzinsuffizienz (Herzschwäche) mit schwersten Herzrhythmusstörungen und Herzinfarkt.

Die Experten vermuten, dass anhaltender, zu niedriger Blutdruck die Blutgerinnung und die Gefäßwände negativ beeinflussen könnte. Frühere Arbeiten hatten zudem gezeigt, dass ein dauerhaft zu niedriger Blutdruck die Nieren schädigen kann. Darüber hinaus sterben Menschen mit niedrigem Blutdruck signifikant häufiger an den Folgen eines operativen Eingriffs.

Zu niedriger Blutdruck: Die Therapie der Hypotonie

Meist können bereits einfache Maßnahmen einen zu niedrigen Blutdruck auf normale Werte bringen:

  • Machen Sie morgens nach dem Aufwachen noch im Bett einfache Gymnastik – etwa Rad fahren (auf dem Rücken liegen, die Beine in die Luft strecken und damit in der Luft radeln).

  • Regelmäßiger Sport wie Schwimmen, Tanzen oder Wandern trainiert den Kreislauf.

  • Wechselduschen nach Kneipp bringen den Kreislauf ebenso auf Touren.

  • Bürstenmassagen intensivieren diese Wirkung.

  • Ernähren Sie sich ausgewogen und fasten Sie nicht, solange es nicht unbedingt nötig ist.

  • Sparen Sie nicht mit Salz und trinken Sie viel.

  • Trinken Sie öfter mal Kaffee oder Tee.

Homöopathische Mittel bei zu niedrigem Blutdruck

Auch die Homöopathie bietet eine ganze Reihe von Mitteln gegen Hypotonie. Sie sollten individuell nach den Beschwerden ausgewählt werden, die durch den niedrigen Blutdruck entstehen. Bekannte homöopathische Mittel gegen niedrigen Blutdruck sind etwa:

  • Crataegus (Weißdorn)
  • Myrtillocactus (Kaktus)
  • Pulsatilla (Küchenschelle)
  • Sepia (Tinte des Tintenfischs)

Zusätzlich gibt es bewährte Komplexmittel bei zu niedrigem Blutdruck, also Mittelkombinationen.

Heilpflanzen gegen zu niedrigen Blutdruck

Auch die Phytotherapie hält eine Reihe von wirksamen Heilkräutern und -pflanzen bereit, die bei zu niedrigem Blutdruck empfohlen werden:

Mit diesen sanften Therapien lässt sich zu niedriger Blutdruck meist wieder normalisieren. Falls diese Behandlung jedoch zu wenig anschlägt, sollten Sie das von einem Arzt abklären lassen, um sicher zu gehen, dass nicht doch eine Krankheit Ursache für Ihre Beschwerden ist – und damit Ihr Körper nicht mit der ständigen Belastung durch Hypotonie dauerhaft geschädigt werden könnte.

Medikamente gegen zu niedrigen Blutdruck

Der Arzt kann hochwirksame Medikamente wie Sympathomimetika verschreiben. Dabei handelt es sich um Wirkstoffe wie Etilefrin oder Dihydroergotamin. Sie stimulieren den Sympathikus. Dieser Teil des vegetativen Nervensystems kontrolliert lebenswichtige Funktionen des Körpers. Sympathomimetika verengen über diesen Weg die Gefäße und lassen so den Blutdruck ansteigen.

Allerdings können Nebenwirkungen wie Herzrasen, Zittern und Unruhe auftreten. Bei der Behandlung von Hypotonie kommt es also immer darauf an, wie stark die Beschwerden ausgeprägt sind, ob allgemeine Maßnahmen und alternative Therapie helfen oder ob Medikamente zur Blutdruckerhöhung unumgänglich sind.

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