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Hochfunktionale Depression erkennen und behandeln

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Vielen Menschen mit einer hochfunktionalen Depression merkt man ihre Beschwerden nicht an. Denn sie bewältigen ihr Berufsleben und ihren Alltag vermeintlich normal, während sie innerlich leiden. Welche Symptome ein Warnzeichen sein können und welche Therapieoptionen es gibt.

Frau leidet unter hochfunktionaler Depression
© Getty Images/Maria Korneeva

Kurzübersicht: Häufige Fragen & Antworten

Was ist eine hochfunktionale Depression? Die hochfunktionale Depression gilt als wenig erforschte Form der atypischen Depression. In der Regel bemerken Außenstehende die Erkrankung nicht, da Betroffene ihren Beruf und Alltag scheinbar normal bewältigen.

Wie erkennt man eine hochfunktionale Depression? Gefühl von Erschöpfung ("ich kann nicht mehr"), innere Leere, erhöhtes Schlafbedürfnis, Reizbarkeit und Drang nach Perfektionismus.

Welche Ursachen stecken dahinter?: Meist kommen mehrere Auslöser zusammen, darunter erbliche Veranlagung, traumatische Erlebnisse, hohes Stresslevel und Ängste.

Wie behandelt man eine hochfunktionale Depression? Drei Säulen aus Psychotherapie, antidepressive Medikamente und Lebensstiländerung.

Artikelinhalte im Überblick:

Hilfe bei Depressionen: 12 einfache Tipps für Betroffene

Was ist eine hochfunktionale Depression?

Eine hochfunktionale Depression (hochfunktionelle Depression, High Functioning Depression) gilt als bisher wenig erforschte Form der atypischen Depression. Deshalb gibt es noch keine einheitliche Definition. Kennzeichnend ist aber, dass Erkrankte ihre Beschwerden vor dem Umfeld – und meist vor sich selbst – verbergen oder verleugnen. Im Vergleich zur klassischen Depression (Major Depression) scheinen Betroffene ihr Leben wie gewohnt meistern zu können.

Häufig treten bei einer atypischen Depression bestimmte Begleiterkrankungen auf. Dazu zählen:

Frauen sind häufiger von einer hochfunktionalen Depression betroffen als Männer. Fachleute vermuten, dass die Dunkelziffer an Erkrankten hoch ist. Da sie sich ihre Erkrankung oft erst spät eingestehen und Hilfe suchen, ist von einer höheren Suizidrate auszugehen, verglichen mit anderen Depressionsformen. Umso wichtiger ist es, auf Warnzeichen bei sich und Personen im eigenen Umfeld zu achten.

Hochfunktionale Depression: Diese Symptome treten auf

Während einige Symptome der hochfunktionalen Form auch bei der normalen Depression auftreten, sind andere Beschwerden ganz untypisch für die psychische Störung. Zum Beispiel haben Patient*innen weniger Schlafstörungen, erledigen ihre Arbeit oder nehmen weiterhin an sozialen Aktivitäten teil. Außerdem wirken sie weiterhin empathisch und einfühlsam gegenüber Mitmenschen und deren Problemen. Deshalb fällt es dem Umfeld und sogar Betroffenen selbst oft schwer, die Krankheit richtig zu erkennen.

Anzeichen für eine hochfunktionale Depression:

  • erhöhtes Schlafbedürfnis
  • Heißhunger
  • erhöhter Alkoholkonsum
  • Erschöpfung
  • Gefühl von Überforderung
  • innere Leere, Traurigkeit
  • Verzweiflung
  • gedrückte Stimmung
  • Reizbarkeit, empfindlich gegenüber Kritik oder Zurückweisung
  • Selbstvorwürfe, Selbstzweifel
  • Grübelzwang, Gedankenspiralen
  • Bedürfnis nach Perfektionismus
  • Schwierigkeiten abzuschalten und zu entspannen

Charakteristisch für Menschen mit einer hochfunktionalen Depression ist, dass sie ihre Emotionen und Gedanken häufig unterdrücken und nur in Zeiten zulassen, die sie alleine verbringen. Wem immer öfter der Gedanke "ich kann nicht mehr" durch den Kopf geht, sollte ebenfalls aufmerksam werden.

Dennoch müssen die genannten Beschwerden keinen Krankheitswert haben, sondern können auf ein zu hohes Stresslevel und zu wenig Ruhezeiten hinweisen. Sollten die Symptome jedoch länger anhalten oder immer wiederkehren, ist es ratsam, ärztliche Hilfe aufzusuchen.

Frau mit Depression
Selbsttest
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Dieser Selbsttest soll dabei helfen, erste Hinweise zu erhalten, ob Sie möglicherweise unter Depressionen leiden. Treffen die folgenden Aussagen zu? Machen Sie den Test rund um das Thema Depression.

Hinweis: Der Fragebogen basiert auf dem bekannten "Wakefield Questionnaire", gibt aber keine eindeutige Diagnose. Diese kann nur von Fachärzt*innen oder Psychotherapeut*innen gestellt werden.

Was sind die Ursachen?

Ähnlich wie bei anderen depressiven Störungen, liegt der hochfunktionalen Depression ein Ursachenkomplex zugrunde. Meist spielen mehrere Risikofaktoren zusammen.

Mögliche Ursachen sind:

  • ausgeprägter und anhaltender Stress
  • finanzielle Schwierigkeiten
  • traumatische Erlebnisse (auch bereits in der Kindheit)
  • genetische Veranlagung in der Familie
  • Dysbalance der Neurotransmitter, vor allem Serotonin
  • körperliche Erkrankungen
  • chronischer Schmerz
  • Suchtverhalten (Alkohol, Medikamente)
  • Zukunftsängste

Außerdem scheinen Menschen, die wenig Selbstvertrauen haben, zu Perfektionismus neigen und sich selbst häufig kritisieren, ein erhöhtes Erkrankungsrisiko zu haben.

Diagnose bei Verdacht auf eine hochfunktionale Depression

Bislang gilt die hochfunktionale Depression nicht als eigenständige Krankheit. Da die Symptome nach außen häufig weniger sichtbar sind als bei der klassischen Depression, erschwert das die korrekte Diagnose. Außerdem gestehen sich Betroffene oftmals erst spät ein, dass sie Hilfe benötigen und warten daher lange, bis sie eine*n Ärztin*Arzt aufsuchen.

Im Rahmen der Anamnese werden vorliegende psychische und körperliche Beschwerden abgefragt, die einen ersten Verdacht ergeben können. Anschließend folgt die körperliche Untersuchung, um organische Ursachen für die Symptome auszuschließen.

Anschließend werden Betroffene an eine*n Psychotherapeut*in überwiesen. Mithilfe von speziellen Tests und Fragebögen erfolgt dann die Diagnosesicherung. Hier gilt es auch, die hochfunktionale Depression von anderen psychischen Störungen abzugrenzen, die ähnliche Symptome hervorrufen. Dazu zählt zum Beispiel die Dysthymie – eine chronisch depressive Verstimmung, bei der Betroffene im Alltag ebenfalls weiterhin funktionieren.

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Welche Möglichkeiten zur Behandlung gibt es?

Zur Behandlung einer hochfunktionalen Form kommen ähnliche Therapieansätze infrage, wie bei der klassischen Depression. Der größte Behandlungserfolg stellt sich in der Regel ein, wenn Betroffene ihre Erkrankung akzeptieren und die angebotene Hilfe annehmen.

Die Maßnahmen im Einzelnen:

  • Psychotherapie: Häufig kommt die kognitive Verhaltenstherapie zum Einsatz, möglich sind auch Familientherapie oder Selbsthilfegruppen. Weitere Informationen zu letzterem bietet die Deutsche Depressionshilfe. In schweren Fällen kann die Einweisung in eine psychosomatische Einrichtung oder die Psychiatrie nötig sein.

  • Medikamente: Auch antidepressiv wirkende Medikamente wie selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) und MAO-Hemmer können verschrieben werden. Bei letzteren sollte eine strenge Diät ohne tyraminhaltige Lebensmittel geführt werden. Denn diese können in Kombination mit MAO-Hemmern zu gefährlichen Blutdruckkrisen führen.

  • Lebensstiländerung: Erkrankte Personen sollten möglichst Auslöser wie zum Beispiel übermäßigen Stress verringern und eliminieren. Dazu kann unter Umständen die Arbeitszeit reduziert, Verantwortung abgegeben oder – wenn finanziell möglich – eine Haushaltshilfe engagiert werden. Auch das Erlernen von Meditation oder Entspannungsverfahren kann hilfreich sein, genauso wie Sport und gesunde Ernährung. Bei Alkoholmissbrauch kann eine Suchtberatung weiterhelfen.

Wer außerdem unter starker Müdigkeit und einem gesteigerten Schlafbedürfnis leidet, sollte es nach ärztlicher Rücksprache dennoch mit weniger Schlaf versuchen. Denn langer Schlaf kann die Depression eher verstärken, während Schlafentzug die Symptome lindern kann.

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