Tiefergehende Entwicklungsstörung

Was ist Autismus?

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Betroffene von Autismus beziehungsweise Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) fällt es etwa schwer, sich emotional auszudrücken oder mit anderen Menschen sozial zu interagieren. Welche Anzeichen Autismus noch hat, worin die Ursachen der Entwicklungsstörung bestehen, wie sie diagnostiziert und behandelt wird, erfahren Sie hier.

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© iStock.com/tatyana_tomsickova

Kurzübersicht: Autismus

Definition: Es handelt sich um eine neurologische Entwicklungsstörung. Fachleute sprechen häufig von Autismus-Spektrum-Störungen.

Symptome: Generell sind die Anzeichen individuell verschieden. Betroffene haben häufig etwa Schwierigkeiten bei der sozialen Interaktion, Auffälligkeiten in der Kommunikation sowie Sprache und zeigen sich wiederholende Verhaltensweisen sowie eingeschränkte Interessenbereiche.

Ursachen: Die genauen Auslöser sind unbekannt. Vermutet werden genetische Faktoren sowie bestimmte Umwelteinflüsse, die dafür sorgen, dass sich bestimmte Gehirnstrukturen anders entwickeln.

Behandlung: Autismus ist nicht heilbar. Verschiedene Therapien, etwa eine Verhaltenstherapie, können Betroffene in ihrem Alltag unterstützen. Auch Medikamente können zum Einsatz kommen.

Artikelinhalte im Überblick:

Autismus: 9 mögliche Symptome und Anzeichen

Was ist Autismus?

Laut Definition zählt Autismus zu den tiefergreifenden neurologischen Entwicklungsstörungen (ASS) des zentralen Nervensystems. Betroffene sind in ihrer Entwicklung in unterschiedlichen Bereichen beeinträchtigt. In welchem Ausmaß ist dabei sehr individuell.

Zu den drei Hauptformen von Autismus zählen:

  • Frühkindlicher Autismus: Die Form macht sich meist im Kleinkindalter bemerkbar. Jungen sind drei- bis viermal häufiger betroffen.

  • Asperger-Syndrom: Diese Autismus-Form macht sich oft erst bemerkbar, wenn die Kinder im Schulalter sind, da die Symptome häufig milder ausfallen. Etwa drei von 10.000 Kindern sind betroffen, Jungen deutlich häufiger.

  • Atypischer Autismus: Viele Anzeichen gleichen dem frühkindlichen Autismus. Diese Form wird aber in der Regel erst nach dem 3. Lebensjahr entdeckt.

Zu beachten ist, dass sich die einzelnen Formen in der Praxis nicht leicht voneinander abgrenzen lassen. Außerdem werden zunehmend leichtere Ausprägungen der einzelnen Störungsbilder festgestellt. Viele Fachleute verwenden daher den Oberbegriff Autismus-Spektrum-Störungen (ASS).

Autismus: Symptome und Anzeichen

Autismus kann viele verschiedene Symptome und Anzeichen haben. Je nach Schweregrad der autistischen Störung können diese sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Manche Betroffene haben nur milde Symptome, andere sind stark in ihrem Alltag eingeschränkt.

Auch wenn die Bandbreite an Anzeichen groß ist, gibt es drei generelle Bereiche, in denen sich Auffälligkeiten zeigen:

  • Schwierigkeiten in der sozialen Interaktion: Schon betroffene Kinder zeigen Beeinträchtigungen in der sozialen Interaktion beziehungsweise im Umgang mit anderen. Sie spielen etwa lieber für sich und vermeiden Blickkontakt. Häufig fehlt ihnen die Einsicht für die Gefühle und Gedanken anderer. Betroffene haben Probleme, Freundschaften oder Beziehungen zu anderen aufzubauen.
  • Beeinträchtigte Kommunikation und Sprachvermögen: Insbesondere beim frühkindlichen Autismus haben Kinder Schwierigkeiten, sich auszudrücken und mit anderen Menschen zu kommunizieren. Die Sprache kann sich verzögert oder eingeschränkt entwickeln und klingt oft monoton. Auch neigen betroffene Kinder dazu, Wörter zu erfinden (Neologismen) oder wiederholen bestimmte Worte gerne (Echolalie). Beim Asperger-Syndrom ist die Sprachentwicklung dagegen normal, doch auch dann weisen Betroffene Auffälligkeiten in der Kommunikation und im Sprachverständnis auf.
  • Stereotype Verhaltensweisen: Autistische Personen können sich über längere Zeit mit immer gleichen Bewegungen (Stereotypien) beschäftigen, etwa auf der Stelle schaukeln. Sie besitzen meist eine große Angst vor Veränderungen, feste Regeln und Rituale nehmen einen wichtigen Platz ein.

Weitere mögliche Anzeichen und Einschränkungen

Betroffene können weitere Auffälligkeiten aufweisen. Dazu zählen mitunter:

  • Angststörungen
  • Bewegungsunruhe
  • Aufmerksamkeitsprobleme, die an eine ADHS erinnern können
  • Gestörtes Schmerzempfinden
  • Selbstverletzendes Verhalten

Autistische Personen können in ihrer intellektuellen Begabung sehr verschieden veranlagt sein. Bei vielen besteht bis zu einem gewissen Grad eine geistige Behinderung, beziehungsweise ein IQ unter 70. Einige sind dagegen normal intelligent und weisen besondere Fähigkeiten oder Spezialinteressen auf, auch Inselbegabung genannt. Dazu zählt etwa eine hohe Merkfähigkeit oder erstaunliche mathematische Fähigkeiten. Fachleute sprechen hier auch vom Savant-Syndrom.

Zu beachten ist, dass sich die Symptome bei Mädchen und Frauen anders, etwa subtiler, ausdrücken können als bei Jungen und Männern.

Autismus: Ursachen nicht eindeutig geklärt

Bei autistischen Personen laufen die Verarbeitungsprozesse im zentralen Nervensystem aufgrund verschiedener Besonderheiten nicht wie vorgesehen. Warum es jedoch genau zu der Störung kommt, ist bislang nicht geklärt.

Vermutlich wirken eine Vielzahl genetischer Faktoren auf bestimmte Strukturen im Gehirn ein und begünstigen die Entwicklungsstörung. So konnte beispielsweise in Untersuchungen gezeigt werden konnte, dass Autismus-Spektrum-Störungen in manchen Familien gehäuft auftreten.

Fachpersonen vermuten, dass zusätzlich bestimmte Umweltfaktoren beziehungsweise äußere Einflüsse in der Schwangerschaft dafür sorgen, dass sich das Gehirn anders entwickelt. Unter anderem zählen dazu:

  • eine Virusinfektion (etwa Röteln)
  • bestimmte Medikamente (mitunter Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer, die bei Depressionen häufig verordnet werden)
  • Blutarmut in der Frühschwangerschaft
  • Schwangerschaftsdiabetes
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So erfolgt die Diagnose bei Autismus

Je nachdem wie stark die Symptome sind, sollte bei Verdacht auf eine Autismus-Spektrum-Störung bei Kindern und Jugendlichen ärztlicher Rat in Anspruch genommen werden. Um die Diagnose zu stellen, erfolgt ein ausführliches Gespräch mit den Eltern beziehungsweise Erziehungsberechtigten. Von Interesse sind neben aktuellen Symptomen und Verhaltensauffälligkeiten des Kindes auch mögliche Begleiterkrankungen und Auffälligkeiten in der Schwangerschaft.

Außerdem wird auch das Verhalten des Kindes sorgfältig beobachtet. Zur Sicherung der Diagnose bei Autismus werden meist verschiedene Entwicklungs- und Intelligenztests durchgeführt. Etwa 70 Prozent der Kinder mit frühkindlichen Autismus haben beispielsweise einen IQ unter 70.

Autismus: Diagnose ist oft erschwert

Die Diagnose kann eine Herausforderung sein, die viel Zeit braucht. Das liegt auch daran, dass manche Erkrankungen ähnliche Anzeichen wie Autismus aufweisen, dazu gehören etwa ADHS oder Angststörungen.

Autismus wird zudem bei Mädchen (und Frauen) häufiger übersehen oder falsch diagnostiziert, da bei ihnen die Anzeichen subtiler ausfallen können oder sie bessere Strategien entwickelt haben, um ihre Beeinträchtigungen zu verbergen.

Autismus-Diagnose im Erwachsenenalter

Bei Erwachsenen ist die Diagnose ebenfalls schwierig, da die Abgrenzung zu anderen psychiatrischen Erkrankungen oft nicht einfach ist. Im Anamnesegespräch werden gegebenenfalls auch Angehörige befragt, welche die*den Patient*in seit der Kindheit und Jugend kennen. Dabei fließen Informationen über die frühkindliche Entwicklung und Jugend mit ein. Geprüft wird auch, ob andere psychiatrische Erkrankungen vorliegen.

In vielen Fällen wird Autismus spätestens im Schulalter diagnostiziert. Dennoch kommt es vor, dass die Entwicklungsstörung über Jahrzehnte unentdeckt bleibt. Oft handelt es sich dann um hochfunktionalen Autismus – eine Form des Asperger-Syndroms. Betroffene haben sich viele Strategien angeeignet, wie sie sich an ihre Umwelt anpassen können, ohne aufzufallen. Das ständige sich Verstellen kann unter Umständen allerdings zu Depressionen und Angststörungen führen, wenn die autistische Störung nicht diagnostiziert und therapiert wird.

Autismus: Therapie ist sehr individuell

Autismus ist als Entwicklungsstörung nicht heilbar. Durch eine frühzeitige Diagnose und entsprechende Förderung kann die Lebensqualität aber enorm erhöht werden. Welche Therapien und Maßnahmen infrage kommen, richtet sich nach der jeweiligen Autismus-Spektrum-Störung beziehungsweise den individuellen Bedürfnissen der betroffenen Person.

Möglich ist etwa eine Verhaltenstherapie, in der Betroffene zum Beispiel in Kleingruppen die soziale Interaktion mit Gleichaltrigen erlernen. Eltern oder Erziehungsberechtigte sind in die Therapiemaßnahmen intensiv eingebunden, um ihr Kind entsprechend zu unterstützen und die Beziehung zu stärken.

Weitere Behandlungsmöglichkeiten bei Autismus

Logopädie kann in vielen Fällen hilfreich sein, um die Sprachentwicklung zu fördern. Um die Feinmotorik zu schulen, wird Ergotherapie eingesetzt. Gegebenenfalls ist auch Musik- oder Kunsttherapie oder Physiotherapie sinnvoll. Je nach Alter und Schweregrad der Störung können auch andere psychotherapeutische Maßnahmen infrage kommen.

Um Begleitsymptome zu mildern, ist in Kombination mit einer Verhaltenstherapie auch die Gabe von Medikamenten (Psychopharmaka) unter Umständen möglich. Dies erfordert jedoch eine sorgfältige Abwägung von Nutzen und Risiko, da autistische Menschen oft sensibel auf Medikamente reagieren und Nebenwirkungen dann stärker ausfallen können.

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