Koma – Bewusstlosigkeit mit Folgeschäden?

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Ist ein Mensch längere Zeit ohne Bewusstsein, befindet er sich im Koma. Hier wird nach verschiedenen Formen und Schweregraden unterschieden. Ein tiefes Koma kann mit Folgeschäden einhergehen.

Mann liegt im Koma im Krankenhaus
© iStock.com/gorodenkoff

Das Koma ist die schwerste Form einer Bewusstseinsstörung. Einem tiefen Koma gehen Stufen wie Benommenheit, Schläfrigkeit (Somnolenz) und schlafgleicher Zustand (Sopor) voraus. Koma wird als quantitative Bewusstseinsstörung bezeichnet, da es einen Einfluss auf den Wachheitsgrad und die dauerhafte Reaktionsbereitschaft des Patienten hat. Eine qualitative Bewusstseinsstörung hingegen bringt bei meist wachen Patienten geringe Aufmerksamkeit, Orientierungs- und Konzentrationsschwierigkeiten hervor.

Artikelinhalte im Überblick:

Wie lange dauert ein Koma?

In der Regel hält der komatöse Zustand ein paar Tage bis höchstens Wochen an, der Zeitraum kann sehr stark variieren und sogar Jahre dauern. Die Bezeichnung Koma stammt aus dem Altgriechischen und heißt "tiefer Schlaf". Menschen im Koma haben keinen Schlaf-Wach-Rhythmus, ihre Augen sind ständig geschlossen. Sie reagieren weder auf starke Schmerzreize noch auf Akustik oder Lichtreize. Sie lassen sich nicht aus aus ihrer Bewusstlosigkeit wecken, sind nicht beeinflussbar. Mit Hilfe des komatösen Zustands kann der Körper eine Schutzfunktion einnehmen, um das Gehirn vor weiteren Verletzungen und Stress zu schützen und ihm Zeit zur Regeneration geben. In vielen Fällen tritt nach ein paar Tagen oder Wochen eine Verbesserung ein, also ein Erwachen aus dem Koma. Passiert das nicht, ist die Situation lebensbedrohlich und es kann der Hirntod eintreten. Je nach Tiefe des Komas unterscheiden sich Symptomatik, Verlauf und Prognose.

Einteilung in Schweregrade

Die Einteilung eines Komas erfolgt nach 4 Stufen, die der Arzt nach einer ersten allgemeinen und neurologischen Untersuchung festlegt:

  • Stufe I, leichtes Koma: Bereits im leichten Koma lässt sich der Patient nicht mehr wecken. Allerdings sind seine Pupillenbewegungen intakt. Zudem bewegen sich die Augen durch eine Reizung des Gleichgewichtsorgans. Patienten können aber noch kurze gezielte Reaktionen auf Schmerzreize zeigen, wie etwa eine abwehrende Bewegung. Sie sind in der Lage selbstständig zu atmen.

  • Stufe II, leichtes Koma: In der zweiten Stufe des leichten Komas sind keine gezielten Abwehrreaktionen mehr vorhanden. Die Bewegungen sind wesentlich langsamer und die Pupillenreaktion kann gestört sein, was sich beispielsweise durch Außenschielen bemerkbar macht. Zusätzlich können Lähmungen auftreten. Beide Symptome sind erste Anzeichen auf Hirnschädigungen.

  • Stufe III, tiefes Koma: Im tiefen Koma reagieren Betroffene nicht mehr auf stärkste Schmerzreize. Nur noch Fluchtreflexe, also die ruckartige Entfernung vom Schädigungsreiz, wie durch das Beugen von Gliedmaßen, sind vorhanden. Die Pupillenreaktion ist deutlich abgeschwächt. Der vestibulookuläre Reflex geht verloren. Er ermöglicht das Sehen bei Kopfbewegungen. Auch einige Schutzreflexe funktionieren nicht mehr verlässlich. Sie sind autonome Reflexreaktionen, die den Körper vor unerwarteten Ereignissen schützen. Dazu gehören zum Beispiel der Schluckreflex, Würgereflex oder Hustenreflex.

  • Stufe IV, tiefes Koma: Dies ist das schwerste und eigentliche Koma. Hier gehen weitere Schutzreflexe verloren. Patienten zeigen weder Pupillen- noch Schmerzreaktionen. Sie reagieren nicht auf Lichteinfall. Die Atemfrequenz ist stark verlangsamt und kann sogar ganz aussetzten. 

Unterschiedliche Formen: Koma, Wachkoma und künstliches Koma

Das klassische Koma und das Wachkoma werden häufig in einem Atemzug genannt. Dabei grenzt sich das Wachkoma stark vom Koma ab. Darüber hinaus existieren weitere Koma-Arten:

  • Wachkoma: Da Patienten im Wachkoma theoretisch wach sind, handelt es sich nicht um ein Koma. Sie durchleben Schlaf- und Wachzyklen und nehmen die Umwelt wahr, jedoch ohne gezielte Reaktionen auf äußere Reize. Das Wachkoma entsteht durch eine schwere Hirnschädigung im Bereich des Großhirns. Dessen Funktion ist folglich stark eingegrenzt, teilweise ausgefallen oder ganz abgeschaltet. Der Zustand wird von Experten auch als persistierender vegetativer Status (PVS), apallisches Syndrom (ohne Hirnrinde) oder Coma vigile bezeichnet. Während dieses Zustands kann der Hirnstamm noch lebensnotwendige Funktionen aufrechterhalten. Dabei schafft es der Körper aber nicht klares Bewusstsein zu erlangen.

  • Minimaler Bewusstseinszustand (MCS): Dieser grenzt sich vom Wachkoma dahingehend ab, dass Patienten hin und wieder auf äußere Reize reagieren. 

  • Locked-in-Syndrom: Hier sind die Patienten wach mit geöffneten Augen und ansprechbar. Allerdings können sie sich nicht bewegen. Sie sind gelähmt und können nicht sprechen. Häufig gibt es Fehldiagnosen, in denen das Wachkoma mit dem Locked-in-Syndrom verwechselt wird. Kann der Patient die Augen öffnen und schließen und die Augäpfel bewegen, handelt es sich sehr wahrscheinlich um das Locked-in-Syndrom. Die Bewegungen können zur Ja/Nein-Verständigung genutzt werden. Die häufigste Ursache ist ein Stammhirninfarkt. Ohne funktionierendes Stammhirn gehen Informationen zwischen dem Großhirn und dem Rückenmark verloren und führen zu diesen Lähmungen.

  • Künstliches Koma: Dies ist ein medikamentös herbeigeführtes Koma, also ein kontrollierter Zustand, der durch das Absetzen der Medikamente rückgängig gemacht werden kann. Im künstlichen Koma können Patienten bis zu einen Monat in Tiefschlaf versetzt werden. So kann die Aktivität des Gehirns reduziert werden, um größeren Hirnschäden vorzubeugen und dem Körper eine größere Chance auf Genesung zu geben. Der Begriff Koma wird häufig vermieden, ein treffenderer ist zum Beispiel Langzeit- oder Dauernarkose. Patienten werden künstlich beatmet, während ihre Vitalfunktionen ständig kontrolliert werden.

  • Diabetisches Koma: Die Stoffwechselkrankheit Diabetes mellitus wird durch einen Insulinmangel hervorgerufen. Ein diabetisches Koma ist die schwerste Komplikation und kann lebensgefährlich werden. Steigt der Blutzuckerspiegel extrem an, entsteht eine Hyperglykämie (Überzuckerung). Fehlt Insulin im Körper, wird auch der Fettabbau gehemmt, was dazu führt, dass der Körper mit Fettsäuren überschwemmt wird. Bei einer Hyperglykämie kommt es zu einer Azidose, Übersäuerung und Austrocknung des Blutes und Gewebes.

Wie gefährlich ist ein künstliches Koma?

Da ein künstliches Koma eine Langzeitnarkose ist und hier starke sedierende Medikamente zum Einsatz kommen, birgt es auch Risiken. Nach dem Erwachen aus einem künstlichen Koma kann es bis zu mehrere Tage oder sogar Wochen dauern, bis Nebenwirkungen wie Benommenheit, Gedächtnislücken und Wahrnehmungsstörungen abgeklungen sind. Patienten, die länger im künstlichen Koma lagen, haben häufig Schwierigkeiten mit Kreislaufproblemen, Albträumen und Schweißausbrüchen. Im schlimmsten Fall rutschen Patienten in ein natürliches tiefes Koma ab, das mit dem Tod endet.

Die Medikamente sind optimal auf die Situation des Patienten abgestimmt und werden engmaschig überwacht. Auch die Aufwachphase wird eng kontrolliert, um Spätfolgen zu vermeiden. Die Risiken von Spätfolgen sind relativ gering.

Was sind die Ursachen des Komas?

Zu einem Koma kommt es durch:

  • Hirnerkrankungen bei geschädigten Hirnstrukturen wie Hirnstamminfarkt, Hirnblutungen, Hirnhautentzündung (Meningitis), Gehirnentzündung (Enzephalitis), Schädel-Hirn-Trauma, Tumor oder durch funktionelle Störungen wie epileptische Anfälle.

  • Stoffwechselstörungen durch einen Sauerstoffmangel (Hypoxie) oder einen Überschuss an Kohlenstoffdioxid im Blut (Hyperkapnie). Durch Zuckerstoffwechselstörungen bei Diabetes mellitus kann es zu einer Hypoglykämie (Unterzuckerung) oder Hyperglykämie (Überzuckerung) kommen, mit der Folge eines diabetischen Komas.

  • Endokrine Ursachen wie ein akutes Nierenversagen können zu einem urämischen Koma führen. Versagt die Leber, führt dies zu einem hepatischen Koma. Auch Funktionsstörungen der Schilddrüse können zum komatösen Zustand führen.

  • Intoxikationen sind Vergiftungen durch schädliche Substanzen, dazu zählen auch Drogen und Alkohol.

Diagnose und Therapie bei Koma

Bewusstseinsstörungen sind häufig ein Fall für die Notfallmedizin. Es gilt: Je schneller die Diagnose getroffen ist und weitere therapeutische Schritte eingeleitet werden können, desto günstiger fällt die Prognose aus. An erster Stelle sind die Vitalfunktionen, Atmung und Kreislauf zu stabilisieren. Die Ursache des Komas muss identifiziert und die Tiefe des Komas und der Verlauf bestimmt werden.

Zu den wichtigsten Untersuchungen gehören:

  • Patienten laut ansprechen und Reizen aussetzen

  • Nackensteifigkeit überprüfen

  • Untersuchung der Augen- und Pupillenmotorik und der Hirnstammreflexe

  • Suche nach pathologischen Reflexen

Für die Abschätzung des Koma-Grades hat sich die Glasgow-Coma-Scale (GCS) etabliert. Dabei nehmen Ärzte eine neurologische Untersuchung beim Patienten vor und vergeben Punkte für die Reaktion der Augen, verbale und motorische Antworten.

Als Leitfaden für die Differenzialdiagnose wird die sogenannte Smashed-Formel verwendet (Schlaganfall, Meningitis, Alkohol, epileptischer Anfall, Hypo oder Hyper, endokrine Ursachen, Drogen). Die behandelnden Ärzte müssen die Ergebnisse verschiedener diagnostischer Verfahren beachten und kombinieren, um zu einer eindeutigen Diagnostik zu gelangen. Dazu gehören auch eine breit angelegte Labordiagnostik, infektiöse Veränderungen und Gerinnungsstörungen, die Computertomographie (CT).

Geben Labor und CT keinen Aufschluss über die Ursache, kann eine Liqourdiagnostik (Untersuchung der Hirnflüssigkeit) erfolgen, damit weitere Ursachen ausgeschlossen werden können. Kommt ein epileptischer Anfall als Ursache infrage, kann ein Elektroenzephalogramm (EEG) Aufschluss geben. Mit einer Magnetresonanztomographie (MRT) können seltene Diagnosen ausgeschlossen werden.

Je nach Ursache folgen unterschiedliche Therapien:

  • Bei einer Unterzuckerung wird Zucker zugeführt.

  • Bei Nierenversagen erfolgt eine Dialyse.

  • Patienten mit einer schweren Hirnverletzung werden oftmals in ein künstliches Koma versetzt, um dem Hirn mehr Regenerationszeit zu geben.

Wie geht es weiter – Prognose bei Koma

Die Prognose ist von der Ursache und dem Schweregrad des Komas abhängig. Beim Koma liegt die Sterblichkeit in westlichen Ländern bei etwa 30 Prozent, am häufigsten betroffen sind Patienten mit Schlaganfall. Auch ein langanhaltender Sauerstoffmangel mit folgendem Koma führt statistisch häufiger zum Tod als beispielsweise epileptische Anfälle oder Vergiftungen. Ein tiefes Koma kann zu einem Wachkoma, einem persistierenden vegetativen Status, einem Locked-in-Syndrom oder direkt zum Hirntod übergehen. Patienten können aber auch direkt aus dem tiefen Koma erwachen oder sich langsam über einen Zustand minimaler Bewusstseinstrübung und Verwirrtheit zur zunehmenden Bewusstseinsklarheit begeben. Dieser Prozess kann Tage, Monate oder sogar Jahre dauern.

Beim Wachkoma besteht eine gute Prognose wieder aufzuwachen, sofern das Gehirn nicht zu stark geschädigt ist. Je länger das Koma andauert, desto unwahrscheinlicher ist es, dass Patienten das Bewusstsein jemals wiedererlangen.

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