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Hyperhidrose: Wenn starkes Schwitzen zur Krankheit wird

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Menschen mit Hyperhidrose schwitzen extrem, oft unabhängig von äußeren Einflüssen wie heißen Außentemperaturen. Das beeinträchtigt die Lebensqualität der Betroffenen zum Teil erheblich. Erfahren Sie, welche Therapieoptionen es gibt, um starkes Schwitzen in den Griff zu bekommen.

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© Getty Images/Werayuth Tessrimuang / EyeEm

Schwitzen ist keine Krankheit, sondern hat beispielsweise beim Sport und bei Fieber eine wichtige Kühlfunktion. Das vegetative Nervensystem steuert dabei die Aktivität der Schweißdrüsen, was überwiegend unwillkürlich abläuft. Die übermäßige Schweißproduktion bei Menschen mit Hyperhidrose bringt dagegen erhebliche Probleme mit sich.

Im Überblick:

Mittel gegen starkes Schwitzen

Was ist Hyperhidrose?

Der Begriff Hyperhidrose bezeichnet ein übermäßig starkes Schwitzen, das über die normale körperliche Funktion hinausgeht. Dies kann zeitweise oder dauerhaft auftreten.

Oft beginnen die Probleme schon in der Kindheit oder Pubertät. Bei Betroffenen tritt ohne erkennbare Ursache oder schon bei geringster körperlicher Anstrengung eine erhöhte Schweißproduktion auf.

Die Schweißmengen lassen sich weder mit Deodorants, leichter Kleidung noch mit kühlenden Maßnahmen effektiv eindämmen und belasten Betroffene oft sehr stark. Da einige Menschen von Natur aus mehr schwitzen, ist es manchmal schwierig, eine krankhafte Hyperhidrose von einer normalen, aber sehr starken Schweißbildung zu unterschieden.

Aus diesem Grund gibt es auch unterschiedliche Zahlen darüber, wie viele Menschen unter Hyperhidrose leiden. Fachleute gehen aber davon aus, dass weltweit etwa ein bis zwei Prozent der Menschen durch starkes Schwitzen eingeschränkt sind.

Fokale und generalisierte Hyperhidrose

Bei einer Hyperhidrose kann der ganze Körper vom starken Schwitzen betroffen sein. Dann ist auch von einer generalisierten Hyperhidrose die Rede. Andere Patient*innen schwitzen nur an bestimmten Körperstellen übermäßig viel.

Je nach Lokalisation unterscheiden Fachleute verschiedene Formen der sogenannten fokalen Hyperhidrose:

  • Hyperhidrosis axillaris: in den Achselhöhlen
  • Hyperhidrosis manuum: an den Händen, Handflächen
  • Hyperhidrosis pedum: an den Füßen ("Schweißfüße")
  • Hyperhidrosis fascialis: vor allem Stirn und Dekolleté

Symptome von Hyperhidrose

Hyperhidrose bedeutet für Betroffene oft einen hohen Leidensdruck und eine eingeschränkte Lebensqualität. Besonders in der Öffentlichkeit können die starken Schweißabsonderungen zu peinlichen Situationen führen. Große Schweißflecken auf der Haut, nasse Hände, Schweißfüße oder unangenehmer Körpergeruch sind für die Betroffenen ebenso wie möglicherweise für das Umfeld unangenehm. Aus Scham ziehen sich Menschen mit Hyperhidrose oft aus der Gesellschaft zurück, meiden soziale Kontakte und isolieren sich zunehmend.

Zudem ist ständig schweißnasse Haut anfälliger für

  • Pilzerkrankungen,
  • Entzündungen,
  • Ausschläge,
  • Warzen und
  • Hautgeschwüre.

In vielen Fällen werden die übermäßigen Schweißausbrüche von einer starken, anfallsartigen Hautrötung und Hitzegefühl begleitet. Dieser Flash kann von Empfindungsstörungen und sogar Schmerzen begleitet werden und tritt vor allem beim gustatorischen Schwitzen (Geschmacksschwitzen) auf.

Schweißgeruch bei Hyperhidrose

Frischer Schweiß riecht im Normalfall nicht unangenehm. Der typische Schweißgeruch entsteht durch Bakterien, die den Schweiß zersetzen. Schweiß, der an Körperstellen mit starker Hornhautbildung (zum Beispiel Fußsohlen) entsteht, riecht nach der Zersetzung durch Hautbakterien zudem stark.

Vor allem in der Pubertät kann eine deutliche Geruchsproblematik das starke Schwitzen verschlimmern (Bromhidrose). Es besteht ein Zusammenhang mit den Duftdrüsen (apokrine Schweißdrüsen) der Haut: Diese werden durch Sexualhormone stimuliert und sondern insbesondere unter den Achseln und im Intimbereich ihr Sekret ab.

Ursachen von Hyperhidrose: Warum kommt es zum übermäßigen Schwitzen?

Krankhaftes Schwitzen kann verschiedene Ursachen haben. Fachleute unterteilen das starke Schwitzen in zwei Formen.

Primäre Hyperhidrose

Bei der primären Form (auch idiopathische Hyperhidrose) lässt sich keine äußere Ursache oder auslösende Krankheit für das übermäßige Schwitzen finden. Es kommt meist zu anfallsartigen Schweißausbrüchen, die durch geringe Auslöser wie warme Temperaturen, Aufregung, Stress oder Anspannungen ausgelöst werden, aber auch völlig ohne Auslöser beginnen können. 

Die primäre Hyperhidrose beginnt meist in der Pubertät und es zeigt sich eine familiäre Veranlagung. Die Anfälle treten überwiegend tagsüber auf und konzentrieren sich meist symmetrisch auf bestimmte Körperstellen an beiden Körperhälften. 

Sekundäre Hyperhidrose

Bei der sekundären Hyperhidrose ist das starke Schwitzen Symptom einer Erkrankung oder besonderen Lebensphase (Wechseljahre).

Mögliche Krankheiten, die mit einer sekundären Hyperhidrose einhergehen, sind:

Auch die Einnahme bestimmter Medikamente (zum Beispiel Antidepressiva oder Hormonpräparate) kann eine übermäßige Schweißproduktion als Nebenwirkung mit sich bringen.

Diagnose: Wie wird eine Hyperhidrose festgestellt?

Der erste Schritt in der Diagnostik von starkem Schwitzen ist eine ausführliche Anamnese durch die*den Ärztin*Arzt. Bei diesem Gespräch werden Hinweise dafür gesucht, dass die Schweißabsonderungen ein normales Maß übersteigen und krankhaften Charakter haben.

Darüber hinaus gibt es vier spezielle Untersuchungen, die einerseits zur Diagnose der Hyperhidrose, andererseits zur Überprüfung von Behandlungsfortschritten dienen. Für manche Therapien ist es wichtig, genau zu wissen, an welchen Hautstellen es zu besonders starker Schweißbildung kommt.

  • Jod-Stärke-Test: Hautareale, auf denen der Körper besonders viel Schweiß bildet, können sichtbar gemacht werden. Dazu kann die Haut entweder mit einer speziellen Jodlösung eingepinselt oder durch ein mit Jodkristallen imprägniertes Papier untersucht werden.

  • Gravimetrie: Es wird ein spezielles Papier auf das übermäßig schwitzende Hautareal aufgelegt und verbleibt dort für einen festgelegten Zeitraum. Das Papier saugt den Schweiß auf und diese Schweißmenge wird mit einer empfindlichen Waage gemessen. So kann dieser Wert mit Richtwerten von gesunden Personen verglichen werden.

  • Evaporimetrie: Mit einem speziellen Gerät wird der Wasserverlust gemessen, der über die Haut passiert. Dieser Wasserverlust besteht aus Schweiß und durch die Hautoberfläche diffundierendem Wasserdampf. Personen mit Hyperhidrose verlieren über die Haut große Mengen Wasser.

  • Messung des Hautleitwertes: Diese Untersuchung dient hauptsächlich der Kontrolle von Therapieverfahren. Es wird die elektrische Leitfähigkeit der Haut gemessen. Feuchte Haut leitet Strom besser als trockene Haut, hat also einen höheren Hautleitwert. Ist eine Hyperhidrose-Therapie erfolgreich, nimmt der Hautwiderstand zu und die Hautleitfähigkeit ab.

Da es sehr viele, teilweise schwerwiegende mögliche Ursachen für eine sekundäre Hyperhidrose gibt, kommt eine Vielzahl an Untersuchungen in Betracht. Eine körperliche Untersuchung sowie Messungen der Körpertemperatur und des Blutdrucks gehören immer dazu. Danach können Blutuntersuchungen, bildgebende Verfahren und neurologische Untersuchungen weitere Aufschlüsse bringen.

Welche Therapie hilft bei übermäßigem Schwitzen?

Je nach Krankheitsform und Symptomen des starken Schwitzens kommen unterschiedliche Behandlungsmöglichkeiten zur Anwendung. Sind die Schwitzattacken Symptom einer anderen Erkrankung, muss zunächst diese behandelt werden. In diesen Fällen bessert sich meist auch die Hyperhidrose.

Bei einer primären Hyperhidrose gibt es mehrere Therapiemöglichkeiten, die sich vor allem danach richten, an welchem Körperteil Betroffene verstärkt schwitzen:

Antitranspirantien

Antitranspirantien reduzieren die Schweißdrüsenaktivität. Das in Deos und Salben verwendete Antitranspirant ist Aluminiumchlorid, eine chemische Verbindung aus dem Element Chlor und dem Metall Aluminium. Aluminiumchlorid hat den Effekt, Haut und Schleimhäuten auszutrocknen und Entzündungen zu verhindern. Es verstopft die Schweißporen und vermindert somit die Schweißproduktion. Außerdem bildet sich eine Art Abdichtungsschicht, die aus Aluminium und Eiweißen besteht. Dieser Film sorgt zusätzlich dafür, dass eine gewisse Zeit lang die Schweißkanäle der Haut verschlossen bleiben.

Medikamentöse Therapie

Des Weiteren können bei übermäßigem Schwitzen Medikamente (Antihydrotika) zur Anwendung kommen. Dazu gehören in erster Linie der Wirkstoff Methenamin, synthetische Gerbstoffe sowie Mittel auf pflanzlicher Basis wie beispielsweise Salbei .

Darüber hinaus können zur vorübergehenden Behandlung auch sogenannte Anticholinergika wie Methantheliniumbromid und Bornaprin verschrieben werden. Diese blockieren die Wirkung von Acetylcholin, dem Überträgerstoff im Nervensystem, der die Schweißdrüsen zur Produktion und Sekretion von Schweiß anregt. Seit August 2022 ist zudem der Wirkstoff Glycopyrronium zur Behandlung von schwerer axillärer Hyperhidrose zugelassen.

Leitungswasser-Iontophorese

Bei der Iontophorese wird in einem Wasserbad ein schwacher, ungefährlicher Gleichstrom erzeugt, der die Schweißdrüsen hemmt. Der genaue Wirkungsmechanismus ist noch nicht geklärt. Die Iontophorese kommt hauptsächlich bei schwitzenden Händen und Füßen zur Anwendung.

Botulinumtoxin (Botox)

Der Wirkstoff Botulinumtoxin ist ein hochwirksames Nervengift, das hauptsächlich aus der Schönheitschirurgie bekannt ist. Die Injektion von Botox in die schwitzende Hautregion ist eine effektive Methode, um übermäßiges Schwitzen zu reduzieren, da das Nervengift bestimmte Nervenfasern außer Gefecht setzt. Die Wirkung der sogenannten Schwitz-Spritze ist nach ein bis zwei Wochen voll vorhanden und hält einige Monate an.

Operationen

Eine Operation zur Behandlung einer Hyperhidrose ist nur bei schweren Formen der fokalen Hyperhidrose sinnvoll. Folgende Operationen kommen infrage:

  • Schweißdrüsenabsaugung: Der wird vor allem in der Achselhöhle angewendet. Unter örtlicher Betäubung setzt die*der Ärztin*Arzt winzige Schnitte in die Achselhöhlen, durch welche mit sehr dünnen Spezialkanülen ein Großteil der Schweißdrüsen abgesaugt werden.

  • Exzision: Diese Methode besteht darin, die Schweißdrüsen komplett zu entfernen. Dabei entstehen große Wundflächen, die entweder durch Zusammenziehen und Vernähen der Wundränder oder durch Hautlappentransplantationen verschlossen werden müssen. Da Wundheilungsstörungen und Narben oftmals nicht ausgeschlossen werden können, wird dieses Verfahren nur noch in seltenen Fällen angewandt.

  • Kürettage: Bei der Ausschabung werden spezielle Instrumente unter die Hautoberfläche geschoben und die Schicht, in der sich die Schweißdrüsen befinden, ausgeschabt. Die Kürettage wird häufig mit der Schweißdrüsenabsaugung kombiniert.

  • Laserbehandlung: Besonders im Bereich der Achseln wird der Laser zur Entfernung der Schweißdrüsen benutzt. Unter örtlicher Betäubung wird eine Laserfaser in das Hautareal unter den Achseln eingeführt. Durch Erhitzung des Gewebes werden die Schweißdrüsen zerstört.

  • Endoskopisch transthorakale Sympathektomie (ETS): Über den Brustraum wird ein Endoskop eingeführt und der Grenzstrang des Sympathikusnervs durchtrennt. Eine Sympathikus-Blockade wird allerdings nur dann durchgeführt, wenn die Beschwerden erheblich sind und keine andere Therapie einen sichtbaren Nutzen hatte.

Hausmittel gegen starkes Schwitzen

Bei einer starken Hyperhidrose ist meist eine ärztliche Behandlung notwendig. Dennoch gibt es zahlreiche Hausmittel, die zur Linderung von starkem Schwitzen beitragen können. Dazu gehören:

  • Salbeitee trinken oder sich mit dem Tee abwaschen

  • Mit einem Sud aus Eichenrinde waschen

  • Mit in Apfelessig getränkte Waschlappen vor dem Zubettgehen abtupfen

  • Paste aus Natron anrühren, am Abend kurz auf die stark schwitzenden Körperstellen auftragen und nach einigen Minuten mit Wasser abwaschen

  • Beruhigende Heilkräuter wie Passionsblume, Melisse, Lavendel und Baldrian als Tee trinken oder sich mit dem Sud abwaschen

  • Ätherische Öle als Zusätze in Cremes, Seifen und Bädern wie beispielsweise Teebaumöl, Bockshornklee, Citronella, Salbei, Thuja Fichte, Kiefer, Rosmarin, Lemongras und Zypresse verwenden

Verlauf einer Hyperhidrose

Der Verlauf einer Hyperhidrose hängt entscheidend von der Ursache ab. Ist bei einer sekundären Hyperhidrose eine Krankheit der Auslöser des starken Schwitzens und wird diese erfolgreich behandelt, nimmt das Schwitzen ab und kann ganz ausbleiben. Die Behandlung der primären Hyperhidrose, bei der keine Grunderkrankung als Verursacher der Schwitzattacken infrage kommt, gestaltet sich häufig schwierig.

Die Hyperhidrose lässt sich durch die verschiedenen zur Verfügung stehenden Behandlungsmöglichkeiten deutlich verbessern, aber meist nicht ganz beseitigen. Bei Kindern und Jugendlichen bildet sich das verstärkte Schwitzen häufig ganz ohne Behandlung zurück, sobald die Pubertät einsetzt. Beginnt die primäre Hyperhidrose aber erst in der Pubertät oder danach, ist ein Verschwinden der Hyperhidrose ohne Behandlung sehr selten.

Hyperhidrose: Schwitzattacken vorbeugen

Krankhaftem Schwitzen lässt sich nur schwer vorbeugen. Es gibt jedoch einige Möglichkeiten, um die Auswirkungen von Schwitzattacken abzuschwächen. Hilfreich sind beispielsweise

  • regelmäßiger Sport,
  • Kneipp-Anwendungen,
  • Saunagänge,
  • salzarme Ernährung,
  • der Verzicht auf Alkohol, Kaffee und stark gewürzte Speisen sowie
  • die Verwendung atmungsaktiver Kleidung.

Gegen unangenehmen Körpergeruch hilft gute Körperhygiene, regelmäßiges Wechseln der Kleidung und Antitranspirantien. Bei übergewichtigen Betroffenen kann eine Normalisierung des Körpergewichts die Hyperhidrose verbessern. Treten die Schwitzattacken im Zusammenhang mit Stress oder Aufregung auf, können regelmäßige Entspannungs- und Atemübungen, Yoga oder Meditationstechniken helfen.

Welche dieser Verhaltensweisen zu einer Besserung führen, müssen Betroffene durch Ausprobieren herausfinden. Es lohnt sich, hier zu experimentieren und mit diesen einfachen Maßnahmen die Hyperhidrose zu lindern oder ärztliche Therapien zu unterstützen.

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