Homöopathische Therapie bei Neurodermitis
Neurodermitis ist eine chronische Hautkrankheit aus dem Kreis der atopischen Krankheiten. Insbesondere bei Kindern lassen sich mit homöopathischen Arzneimitteln oft erstaunliche Erfolge erzielen.
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Die homöopathische Behandlung ist, neben der Schulmedizin, eine der meistverwendeten Therapien bei Neurodermitis. Studien zeigen, dass insbesondere bei Kindern die Hautkrankheit durch Homöopathie deutlich gebessert oder sogar zum Stillstand gebracht werden kann. Die homöopathische Behandlung sollte immer von einem ausgebildeten Homöopathen durchgeführt und überwacht werden.
Artikelinhalte im Überblick:
- Was ist Neurodermitis?
- Ziele der Therapie
- Symptome und Arzneimittelwahl
- Behandlung mit Homöopathie
- Studienlage
- Was noch hilft
- Neurodermitis vorbeugen
Was ist Neurodermitis?
Neurodermitis ist eine chronisch-entzündliche, mit Juckreiz einhergehende Hauterkrankung, die auch unter dem Namen atopische Dermatitis und atopisches Ekzem bekannt ist. Neurodermitis ist nicht ansteckend und verläuft meist schubweise. Zentrale Bestandteile der Erkrankung sind eine gestörte Barrierefunktion der Haut sowie die überschießende Reaktion des Immunsystems.
Die genauen Ursachen der atopischen Dermatitis sind bis heute nicht ganz klar. Oft zeigt sich eine erbliche Veranlagung. Grundsätzlich gilt, dass für ein Kind die Wahrscheinlichkeit, an einem atopischen Leiden zu erkranken, bei rund 30 Prozent liegt, wenn ein Elternteil Neurodermitis, Asthma oder Heuschnupfen hat.
Was die Erkrankung beim Kind letztendlich auslöst oder verschlimmert, liegt an verschiedenen Faktoren. So spielen die individuelle Sensibilität des Organismus und Trigger (auslösende Faktoren) eine Rolle. Trigger können aus dem Körperinneren kommen oder von außen an den Körper herangetragen werden. Typische Trigger für Neurodermitis sind:
- Stress, Belastungssituationen
- Klima (insbesondere Herbst und Winter)
- bestimmte Nahrungsmittel
- Infekte
- Reizstoffe (etwa Seife, Kosmetika)
- Juckreiz auslösende Kleidung
- mechanisch belastende oder stark verschmutzende Tätigkeiten
- Tabakrauch, Duftstoffe
- Allergene (Allergene in der Luft, Nahrungsmittel, Kontaktallergene)
- Kratzen
Die konventionelle Therapie besteht in der Gabe von Antihistaminika, Kortison sowie Immunsuppressiva. Dadurch können die Symptome der Neurodermitis unterdrückt und zeitweise gelindert sowie ein Fortschreiten der Erkrankung verhindert werden.
Ziel der Homöopathie bei Neurodermitis
Ziel einer homöopathischen Behandlung bei Neurodermitis ist wie bei allen chronischen Krankheiten, die Heilung zu erreichen, indem der Mensch seine Selbstheilungskräfte aktiviert.
Dazu muss eine ausführliche Krankenbefragung (Anamnese) diejenigen Symptome zutage fördern, die für den Betroffenen charakteristisch sind. Diese Symptome führen dann zur Auswahl des homöopathischen Arzneimittels. Damit werden nicht nur die äußeren, sichtbaren Symptome behandelt, sondern auch die im Inneren vorhandenen Auslöser der Neurodermitis. Nach homöopathischem Verständnis führt die erfolgreiche Behandlung einer eigentlich inneren Störung zum Verschwinden der Hautsymptomatik.
Eine sogenannte konstitutionelle Therapie von chronischen Krankheiten braucht Geduld von Therapeuten und Betroffenen. Leiden Kinder an Neurodermitis, sind meist auch die Eltern schwer belastet. Ein effektiver und anhaltender Heilungsprozess braucht Zeit und häufig muss im Verlauf der Behandlung das Arzneimittel verändert und dem aktuellen Beschwerdebild angepasst werden.
Die Anamnese: Symptome und Arzneimittelwahl
Folgende Faktoren bestimmen die Arzneimittelwahl bei Neurodermitis:
Wie sieht der Ausschlag aus? Die Hauterscheinungen werden hinsichtlich ihrer Beschaffenheit (zum Beispiel trocken, nässend, eitrig) und Form (Bläschen, Pusteln, Krusten, Risse, Schuppen) beurteilt.
Welche Empfindungen herrschen vor, wie fühlt sich der Hautausschlag an (schmerzhaft, juckend oder brennend)?
Welche Faktoren lösten ursprünglich die Neurodermitis aus oder führen häufig zu neuen Krankheitsschüben? Hier kommen insbesondere akute Krankheiten oder ausgeprägte psychische Belastungen infrage.
Was kann den Hautausschlag akut verschlechtern oder verbessern?
Welche ganzheitlichen Veränderungen und Allgemeinsymptome (einschließlich des Gemüts) haben sich mit dem Auftreten der Neurodermitis gezeigt? Hierunter fallen Appetit, Menstruation, Schlaf, Temperaturempfinden, geistige Leistungsfähigkeit, Verhalten, Stimmung und mehr.
Gibt es Symptome außerhalb der Haut, die einen Neurodermitis-Schub begleiten?
Wechselt sich der Hautausschlag mit anderen Erscheinungen ab (kommt und geht der Hautausschlag zum Beispiel mit Asthma)?
An welchen Körperstellen treten die Hautausschläge auf und wo breiten sie sich aus?
Die homöopathische Behandlung bei Neurodermitis
Nach der Anamnese wird der Homöopath ein Einzelmittel auswählen, das die entscheidenden Symptome des Erkrankten abdeckt. Dieses Mittel kann in Form von Globuli (D- und C-Potenzen) sowie homöopathischen Tropfen (Q- oder LM-Potenzen) verordnet werden. Homöopathische Mittel werden auch als Tabletten, Salben und Injektionslösungen angeboten. Meist handelt es sich dann um Komplexmittel. Homöopathie bei Neurodermitis wird nach der klassischen Methode allerdings mit Einzelmitteln durchgeführt, die Behandlung mit Komplexmitteln kann den akuten Hautausschlag lindern.
Grundsätzlich sprechen Kinder und Jugendliche besonders gut auf Homöopathie bei Neurodermitis an und die Erfolgsaussichten sind deutlich besser als bei Erwachsenen. Kann bei Kind und Baby die Homöopathie oft schnelle Erfolge bei Neurodermitis erzielen, sind bei der Behandlung von Erwachsenen in der Regel mehr Geduld und Durchhaltevermögen gefragt.
Wie lange eine homöopathische Behandlung dauert, ist nicht vorauszusagen. Ziel der Behandlung ist die anhaltende Symptomfreiheit, die besonders bei Babys und Kleinkindern oft erstaunlich schnell auftritt. Ist diese erreicht, kann die Behandlung beendet werden. Kommt es im Laufe des Lebens zum Wiederauftreten von Symptomen, sind diese im Allgemeinen von deutlich leichterer Ausprägung und können gut behandelt werden. Bei Erwachsenen ist die Behandlung langwieriger und eine komplette Symptomlosigkeit schwerer zu erreichen.
Warum eignet sich die Neurodermitis nicht zur homöopathischen Selbstmedikation?
Chronische Hautkrankheiten wie die Neurodermitis sollten nicht von den Betroffenen selbst homöopathisch behandelt werden. Dafür gibt es zwei Gründe.
Durch zu hoch gewählte Potenzen oder eine zu häufige Einnahme der homöopathischen Arzneimittel kann es zu schweren Erstverschlimmerungen kommen.
Die Heilung durch eine homöopathische Behandlung verläuft nach den Vorstellungen der klassischen Homöopathie von oben (Kopf) nach unten (Füße), von innen (Organe) nach außen (Haut) und in der umgekehrten Reihenfolge des Auftretens der Krankheitssymptome. Deshalb wird bei einer klassisch homöopathischen Behandlung der Hautausschlag immer als letztes Krankheitssymptom verschwinden. Umgekehrt gilt auch, dass die Unterdrückung eines Hautsymptoms dazu führen kann, dass sich eine Krankheit an den inneren Organen manifestiert. Schlecht gewählte homöopathische Mittel können dazu führen, dass sich der Hautausschlag der Neurodermitis bessert, sich aber dafür eine andere atopische Erkrankung zeigt. Häufig ist dies Asthma bronchiale. Diese Vorgänge sind auch in der Schulmedizin bekannt und werden dort als Etagenwechsel bezeichnet.
Homöopathie bei Neurodermitis: Studienergebnisse
Ergebnisse von Studien, die sich mit den Erfolgen einer homöopathischen Behandlung der Neurodermitis beschäftigen, zeigen unterschiedliche Ergebnisse.
Eine Studie der Charité Berlin aus dem Jahr 2005 zeigt eindeutig die Wirksamkeit der Homöopathie bei Neurodermitis und anderen chronischen Krankheiten. Fast 4.000 Erwachsene und Kinder mit chronischen Erkrankungen (häufigste Diagnosen: atopische Dermatitis bei Kindern, allergische Rhinitis bei Männern und Kopfschmerzen bei Frauen) wurden zwei Jahre klassisch homöopathisch behandelt. Es kam in signifikantem Maß zu einer deutlichen Verbesserung der Lebensqualität sowie der Reduzierung der Zahl eingenommener Medikamente bei den Probanden.
2013 veröffentlichte die Charité Berlin die Ergebnisse einer Vergleichsstudie, die sich in den Jahren 2006–2009 mit dem Nutzen, den Kosten und der Sicherheit der homöopathischen Behandlung bei 99 Kindern mit Neurodermitis beschäftigt. Im Ergebnis wirkte die homöopathische Therapie genauso gut wie die konventionelle Behandlung und auch hinsichtlich der Nebenwirkungen waren beide Verfahren ebenbürtig. Die homöopathische Therapie war aber aufgrund höherer Arztkosten durch den engen Kontakt zwischen Patienten und Ärzten deutlich teurer.
Im Rahmen einer Langzeitstudie aus Italien wurden in den Jahren 1998–2014 325 Kinder mit einer atopischen Erkrankung beobachtet. Die Ergebnisse zeigen eine deutliche Verbesserung der relevanten Krankheitssymptome in 75,8 Prozent der Fälle. Kinder mit Neurodermitis und Heuschnupfen zeigten dabei bessere Resultate als Kinder mit Asthma. In einer Langzeitanalyse von 107 Patienten waren nach fünf bis zehn Jahren bei 70,1 Prozent der Kinder alle Symptome verschwunden. Hier waren es insbesondere die Kinder mit Neurodermitis, die mit einer Heilungsrate von 84,2 Prozent am stärksten von der homöopathischen Therapie profitierten. 40 Prozent der Kinder, die in der Eingangsuntersuchung zwei oder drei atopische Erkrankungen hatten, waren am Ende der Kontrollzeit komplett beschwerdefrei.
Ganz andere Ergebnisse brachte eine randomisierte, placebo-kontrollierte Doppelblindstudie aus dem Jahr 2009, die bei einer Gruppe von 24 Probanden mit Neurodermitis durchgeführt wurde. Im Laufe der 32-wöchigen Studie zeigten die homöopathischen Arzneien keine Wirkung, die über den Placeboeffekt hinausging.
Was hilft noch bei Neurodermitis?
Die schulmedizinische oder homöopathische Behandlung lässt sich oft wirkungsvoll unterstützen:
Eine besondere Bedeutung hat die Hautpflege. Es gibt Pflegeprodukte, die speziell für Neurodermitis-Haut geeignet sind. Neben feuchtigkeitsspendenden Inhaltsstoffen werden oft entzündungshemmende und regenerationsfördernde Stoffe verarbeitet.
Bei akutem Juckreiz hilft oft ein kühler, feuchter Umschlag.
Pflanzenöle mit Omega-6-Fettsäuren haben eine heilungsfördernde und entzündungshemmende Wirkung. Öle wie Arganöl, Nachtkerzenöl, Schwarzkümmelöl und Borretschsamenöl werden in Salben und Cremes verarbeitet, können aber auch als Öl aufgetragen oder in Kapselform eingenommen werden.
Aloe vera hat einen kühlenden, entzündungshemmenden und heilungsfördernden Effekt.
Umschläge mit einem Sud aus Kamillenblüten können entzündungshemmend wirken. Allerdings sind sehr viele Neurodermitiker auf Kamille allergisch.
Umschläge mit starkem schwarzen Tee können den Juckreiz reduzieren und feuchte Hautausschläge etwas eintrocknen.
Kann man Neurodermitis vorbeugen?
Um das Risiko für Neurodermitis bei Kindern aus Risikofamilien zu reduzieren, stehen ein paar Ansätze zur Verfügung:
Die Leitlinie "Allergieprävention" (Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie e.V. und Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V.) empfiehlt, dass Mütter bei familiärer Vorbelastung ihr Kind vier Monate lang voll stillen. Ist dies nicht möglich, sollte hypoallergene Milch gefüttert werden.
Mit dem Beginn der Beikost-Fütterung sollte zwischen dem vierten und sechsten Lebensmonat begonnen werden.
Regelmäßiges Eincremen der Haut von Geburt an soll eine leicht vorbeugende Wirkung haben.
Werdende Mütter sollten auf Rauchen verzichten und auch später sollten Risiko-Kinder in einem rauchfreien Umfeld aufwachsen.
Besteht dagegen bereits eine Neurodermitis, können folgende Maßnahmen helfen, um akuten Krankheitsschüben vorbeugen:
Bei nachgewiesenen Allergien sollten die auslösenden Allergene soweit wie möglich gemieden werden.
Neurodermitiker sollten sich keinem Tabakrauch aussetzen.
Wohn- und Arbeitsräume nicht überheizen: Die Raumtemperatur sollte tagsüber nicht über 20 °C steigen, zum Schlafen sind 18 °C ausreichend.
Zur Hautpflege sollten spezielle Produkte für Neurodermitis-Haut verwendet werden. Antibakterielle Waschlotionen oder Cremes mit antiseptischen Zusätzen können Entzündungen der Haut reduzieren.
Lange, heiße Bäder oder sehr langes Duschen sollten vermieden werden.
Luftige, atmungsaktive Kleidung aus Baumwolle, Seide oder Leinen ist am besten für Neurodermitiker geeignet. Kleidung aus Schafswolle wird dagegen meist schlecht vertragen.
Bei Babys und Kleinkindern können spezielle Neurodermitisanzüge unbewusstes Kratzen verhindern.
Der längerfristige Aufenthalt im Reizklima (Nordsee, Hochgebirge) kann Schüben vorbeugen und das Hautbild bessern.
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