Schädigung des Gesichtsnervs

Fazialisparese: Formen und Therapie der Gesichtslähmung

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Eine Fazialisparese ist eine Störung des Gesichtsnervs, die zu einer Schwächung oder Lähmung der Gesichtsmuskulatur führt. Dies kann Probleme beim Sprechen, Essen oder Lächeln mit sich bringen. Welche Formen es gibt und wie sie behandelt werden.

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© Getty Images/Doucefleur

Kurzübersicht

Was ist eine Fazialisparese? Es handelt sich um eine Gesichtslähmung, die meist eine und seltener auch beide Gesichtshälften betrifft.

Wie kündigt sich eine Fazialisparese an? Eine Gesichtslähmung entsteht meist sehr plötzlich innerhalb von 24 bis 48 Stunden. Erste Warnzeichen können Schmerzen hinter den Ohren oder ein taubes Gefühl an den Wangen sein.

Ist eine Fazialisparese heilbar? In den meisten Fällen klingen Gesichtslähmungen wieder ab und die Mimik kann sich vollständig regenerieren. In etwa zehn Prozent der Fälle ist mit einer dauerhaften Gesichtsasymmetrie zu rechnen, die von vielen Betroffenen als unästhetisch wahrgenommen wird.

Artikelinhalte im Überblick:

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Was ist eine Fazialisparese?

Mit dem Begriff Fazialisparese oder auch Gesichtslähmung wird ein Funktionsausfall des siebten Gehirnnervs, des Nervus facialis, bezeichnet. Der Gesichtsnerv ist für die Mimik, den emotionalen Ausdruck des Gesichts sowie die Produktion von Speichel- und Tränenfluss verantwortlich. Ist der Fazialisnerv beeinträchtigt, funktionieren die ihm zugeordneten Muskeln und Drüsen nicht mehr vollständig.

Je nachdem, an welcher Stelle der Gesichtsnerv geschädigt ist, unterscheiden Fachleute zwei Formen:

  • periphere Fazialisparese: Bei dieser häufigeren Form liegt eine Schädigung des Fazialisnervs nach Austritt aus dem Gehirn vor. Eine Gesichtshälfte ist vollständig gelähmt.

  • zentrale Fazialisparese: Der Schaden besteht im Inneren des Gehirns. Es sind meist nur Wange und Mund betroffen, das Stirnrunzeln und der Lidschluss bleiben erhalten.

Wie häufig sind Gesichtslähmungen?

Eine Fazialisparese kann in jedem Alter auftreten, am häufigsten kommen die Lähmungen aber bei Menschen mittleren Alters vor. Etwa 20 bis 25 von 100.000 Personen erkranken pro Jahr neu an einer Fazialisparese.

Symptome der Fazialisparese

Eine Fazialislähmung entwickelt sich innerhalb weniger Stunden, manchmal wachen Patient*innen sogar morgens damit auf. Hauptsymptom ist die Lähmung (Parese) der Gesichtsmuskulatur auf einer Seite des Gesichts – vorwiegend dort, wo der Nerv geschädigt ist. Dies macht sich durch eine insgesamt asymmetrische Gesichtspartie mit hängendem Mundwinkel und Schwierigkeiten bei der Mimik bemerkbar.

Grafik Fazialisparese
© Getty Images/Blueastro

Weitere Anzeichen einer Fazialislähmung:

  • glatte Stirnhälfte
  • hängende Augenbraue und Wange
  • unvollständiger Lidschluss; beim Versuch, das Auge zu schließen, wird das Weiß des Augapfels sichtbar, dies wird als Bell-Phänomen bezeichnet
  • Schwierigkeiten zu trinken, pfeifen, sprechen, lächeln, Nase rümpfen oder Stirn runzeln
  • Minderung der Geschmacksempfindung (süß und salzig können auf den vorderen zwei Dritteln einer Zungenhälfte nicht wahrgenommen werden)
  • Störung der Tränensekretion mit Brennen im Auge
  • Überempfindlichkeit gegenüber lauten Tönen oder Geräuschen

In manchen Fällen sind andere Hirnnerven ebenfalls beeinträchtigt. Dann kann es beispielsweise auch zu Hörstörungen, Schwindel, Gleichgewichtsstörungen oder Störungen der Augenbeweglichkeit (Doppelbilder) kommen.

Mögliche Ursachen der Fazialisparese

Die Ursachen von Nervenschädigungen im Gesicht sind vielfältig und noch nicht vollständig erforscht. Je nach Form der Fazialisparese kommen unterschiedliche Ursachen infrage:

Ursache der zentrale Fazialisparese

Die zentrale Fazialisparese, bei der Stirnrunzeln noch möglich ist, resultiert aus einer Funktionsstörung direkt im Gehirn. Dazu kommt es beispielsweise bei einem:

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Ursache der peripheren Fazialisparese

Bei einer Gesichtslähmung lässt sich in drei von vier Fällen keine gesicherte Ursache finden. Fachleute sprechen dann von einer idiopathischen Fazialisparese oder Bell-Lähmung (engl. Bell's palsy). Es wird vermutet, dass verschiedene Faktoren zu Schwellungen mit Wassereinlagerungen führen, die den Nervenkanal verengen und Druck auf den Nerv ausüben.

In den übrigen rund 25 Prozent der Fälle ist die Gesichtslähmung Folge einer Erkrankung oder Verletzung. Infrage kommen beispielsweise:

  • Infektion mit Herpesviren, etwa Herpes Zoster (Gürtelrose) oder dem Herpes-Simplex-Virus

  • Borreliose, zum Beispiel nach einem Zeckenstich

  • Melkersson-Rosenthal-Syndrom, eine seltene Erkrankung, die durch eine Lippenschwellung, Faltenzunge und eine Fazialisparese gekennzeichnet ist

  • Sarkoidose, eine seltene entzündliche Erkrankung, bei der sich mikroskopisch kleine Gewebeknötchen (meist in der Lunge) bilden

  • Sjögren-Syndrom, eine Autoimmunerkrankung, bei der körpereigene Immunzellen die Speichel- und Tränendrüsen angreifen

Darüber hinaus kann auch eine Mittelohrentzündung auf den Nervus facialis übergreifen. Zudem kommen Verletzungen des Schädels sowie Tumoren im Schädelinneren oder in der Ohrspeicheldrüse als Ursachen infrage. Des Weiteren haben mitunter ärztliche Eingriffe, etwa Zahnbehandlungen, eine Gesichtslähmung zur Folge.

Risikofaktoren für eine Fazialisparese

Es sind einige Faktoren bekannt, die das Auftreten der Störung begünstigen. Dazu gehören:

  • Zugluft

  • extremer Stress

  • Bluthochdruck (Hypertonie)

  • Diabetes mellitus, vor allem wenn die Blutwerte unzureichend eingestellt sind

  • Schwangerschaft, insbesondere das letzte Schwangerschaftsdrittel. Das liegt unter anderem an der Neigung zu Ödemen sowie einem erhöhten Risiko für Bluthochdruck (Präeklampsie).

Auch bei Neugeborenen kommt es gelegentlich zu einer Gesichtslähmung, wenn der Nervus facialis im Geburtskanal oder durch Einsatz einer Zange (Forceps) während der Geburt eingeklemmt wurde.

Diagnose: Untersuchungen bei Verdacht auf Fazialisparese

Eine Fazialisparese lässt sich meist einfach anhand der typischen Symptome feststellen. Die Diagnose beginnt mit der Beobachtung des Faltenreliefs der Gesichtshaut. Der*die Arzt*Ärztin prüft die einzelnen mimischen Muskeln. Dazu werden Betroffene aufgefordert zu blinzeln, die Augenbrauen hochzuziehen oder die Zähne zu zeigen.

Darüber hinaus können weitere Untersuchungen durchgeführt werden:

  • Die Tränensekretion wird mit einem Löschpapierstreifen gemessen, der für fünf Minuten im Unterlid fixiert wird (Schirmer-Test).

  • Ein Geschmackstest zeigt, ob Betroffene beispielsweise salzig oder süß unterscheiden können.

  • Bei einer ohrenärztlichen Untersuchung erfolgt eine Inspektion des Ohres, um Herpesbläschen zu entdecken und die Hörfähigkeit zu überprüfen.

  • Als weitere Untersuchung ist teilweise eine Messung der elektrischen Leitfähigkeit des Gesichtsnervs (Elektromyographie) notwendig.

  • Zur Diagnose von Entzündungen werden Blutuntersuchungen durchgeführt. In einzelnen Fällen kann auch Nervenwasser (Liquor) entnommen werden.

Wenn der Verdacht auf einen Tumor oder eine Blutgefäßmissbildung im Schädelinneren besteht, lassen sich diese am besten mit kernspintomographischen Aufnahmen darstellen.

Therapie der Fazialisparese

Ist eine Ursache für die Fazialisparese bekannt, so muss die auslösende Krankheit entsprechend behandelt werden. Wurde eine Infektion mit Viren (etwa Gürtelrose im Gesichtsbereich) oder Bakterien als Ursache nachgewiesen ist, kommt beispielsweise eine antivirale oder antibiotische Therapie in Betracht.

Behandlung der Fazialisparese bei unklarer Ursache

Bei einer idiopathischen Fazialisparese beschreiben neue Studien einen guten Effekt von hoch dosiertem Kortison, wenn bis zu 48 Stunden nach Auftreten der Fazialisparese damit begonnen wird. Die Wirkung beruht vermutlich auf der abschwellenden Wirkung des Kortisons, wodurch sich die Schädigung des Nervs in Grenzen halten lässt.

Ansonsten lassen sich lediglich die einzelnen Symptome behandeln. Hilfreiche Maßnahmen sind:

  • Augenbefeuchtung: Gegen das Austrocknen des Auges können Augensalben oder -tropfen helfen. Es sollte nachts auch ein Uhrglasverband über dem Auge getragen werden.

  • Botulinumtoxin: Bei unwillkürlichen Muskelbewegungen, beispielsweise wenn sich das Augenlid ständig beim Sprechen schließt, kann Botulinumtoxin A, eine Substanz, die auch zur Glättung von Falten verwendet wird, in den entsprechenden Muskel injiziert werden. Sie kann die überschießende Aktivität des Muskels schwächen und Beschwerden mildern.

  • chirurgische Eingriffe: Bei bleibenden Lidschlussstörungen kann eine operative Verkleinerung der Lidspalte oder auch ein Goldimplantat im Oberlid (zum Beschweren) das Austrocknen des Auges reduzieren. Falls nach zwölf Monaten keine Anzeichen der Heilung des Nervs eingetreten sind, können auch plastische Operationen zur Wiederherstellung der Mimik angezeigt sein, bei denen Nerven oder Muskeln aus anderen Körperbereichen die geschädigten Anteile ersetzen.

Physiotherapeutische Behandlung bei Gesichtslähmung

Des Weiteren wird oft eine spezielle physiotherapeutische Therapie empfohlen, bei der die Gesichtsmuskeln durch gezielte Übungen mehrmals täglich trainiert werden. Dadurch soll ein Verhärten der Muskulatur verhindert und gleichzeitig deren Spannung verbessert werden.

Darüber hinaus lernen Betroffene bestimmte Gesichtspartien wieder besser wahrzunehmen und erhalten beispielsweise Tipps, wie sie bei fehlender Muskelaktivität problemloser essen und trinken können.

Wie hoch sind die Heilungschancen bei einer Fazialisparese?

Die Heilungschancen bei einer Fazialisparese hängen von der zugrunde liegenden Ursache ab. Vor allem bei der idiopathischen Form, also wenn keine Ursachen gefunden werden können, gilt die Prognose aber als gut. In mehr als 80 Prozent der Fälle bilden sich die Beschwerden innerhalb von spätestens sechs Monaten wieder zurück.

Bei etwa 20 Prozent der Betroffenen bleiben die Lähmungserscheinungen darüber hinaus bestehen und weniger als 10 Prozent müssen mit einer dauerhaften Gesichtsasymmetrie rechnen. In diesem Fall sollten spezielle Zentren aufgesucht werden. Hier arbeiten Expert*innen verschiedener Fachrichtungen eng zusammen, um Einschränkungen der Gesichtsmimik zu verbessern.

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