Vernachlässigte Tropenkrankheit

Bilharziose (Schistosomiasis): Im schlimmsten Fall tödlich

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In vielen Ländern besteht beim Baden in Binnengewässern die Gefahr einer Infektion durch Parasiten. Wird die sogenannte Bilharziose behandelt, können gesundheitliche Langzeitfolgen vermieden werden. Anderenfalls drohen jedoch schwere Schäden für Darm, Blase oder Leber. Wie Sie sich auf Reisen vor einer Ansteckung schützen.

Bilharziose (Schistosomiasis): Im schlimmsten Fall tödlich
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Kurzübersicht

Die Bilharziose, auch Schistosomiasis genannt, ist eine Tropenkrankheit, die in Süßwassergewässern durch Parasiten übertragen wird. Verschiedene Arten von Pärchenegeln (Schistosomen) reifen in Schnecken zu Larven heran und gelangen ins Wasser. Kommt der Mensch damit in Berührung, dringen sie durch die intakte Haut ein, reifen im Körper heran, paaren sich und produzieren dort täglich Eier. Eine Infektion kann an einem juckenden Hautausschlag erkannt werden, die akute Bilharziose äußerst sich häufig in Form des Katayama-Syndroms mit Beschwerden wie Fieber, Muskelschmerzen oder Durchfall. Eine chronische Bilharziose führt im schlimmsten Fall zu schweren Organschäden. Die Krankheit ist mit dem Medikament Praziquantel behandelbar. Eine Impfung gibt es nicht. Die einzig wirksame Vorbeugung: In Verbreitungsgebieten wie Teilen Afrikas, Asiens oder Südamerikas den Kontakt zu Süßwasser meiden!

Haben Sie schon einmal etwas von Bilharziose oder Schistosomiasis gehört? Hinter diesen beiden wahrhaft komplizierten Wörtern verbirgt sich ein und dieselbe Erkrankung. Um genau zu sein: eine Wurmerkrankung. Ihren Zungenbrecher-Namen hat die Bilharziose ihrem deutschen Entdecker Dr. Theodor Maximilian Bilharz zu verdanken. Als Schistosomiasis bezeichnet man sie, weil sie von verschiedenen Pärchenegel-Arten übertragen wird – den sogenannten Schistosomen, einer Gattung von Saugwürmern.

Artikelinhalte auf einen Blick:
Würmer im Stuhl erkennen und behandeln

Nach Angaben des Auswärtigen Amts sind in Afrika, Südamerika, in der Karibik, im Nahen Osten und in Asien rund 200 Millionen Menschen von Schistosomen befallen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) führt die Bilharziose unter den vernachlässigten Tropenkrankheiten (Neglected Tropical Diseases/NTDs) auf. Denn sie betrifft vor allem Menschen, die in Armut leben und findet in der Forschung für Medikamente und Impfstoffe aufgrund von fehlenden wirtschaftlichen Anreizen kaum Beachtung. Und das, obwohl an solchen vernachlässigten Erkrankungen jährlich rund 500.000 Menschen sterben.

Infektion mit Bilharziose – schon Spritzwasser reicht aus

Von Bilharziose sind vor allem Menschen betroffen, die keinen Zugang zu sauberem Wasser und nur schwach entwickelte Hygienestandards haben. Die WHO gibt an, dass rund 91 Prozent der erforderlichen Behandlungen in Afrika stattfinden. Die Schistosomen leben in Binnengewässern und werden auf den Menschen übertragen, wenn er mit dem Süßwasser in Kontakt kommt. Vor allem Fischer auf Seen, im Wasser spielende Kinder oder Frauen, die ihre Wäsche in Flüssen waschen, sind gefährdet. Reisenden droht eine Infektion, wenn sie beim Aufenthalt in einem betroffenen Gewässer zum Beispiel schwimmen oder tauchen, sich unter einem Wasserfall erfrischen, Wasserski fahren oder Raften. Da selbst Spritzwasser schon ausreicht, um sich mit dem Erreger zu infizieren, besteht auch bei Bootsfahrten eine Gefahr.

Sicherheit auf Reisen: Hier lauert Infektionsgefahr

Die Schistosomen können bis zu fünf Jahre alt werden. Bei ihrer Entwicklung vom Ei bis zur Larve nutzen sie Schnecken als Zwischenwirte. Sind die Eier in den Schnecken zu Larven (Zerkarien) herangereift, gelangen sie zurück ins Wasser und von dort aus in die menschliche Haut. Dazu dringen sie unbemerkt und innerhalb von Sekunden in die intakte Haut ein. Eine Infektion macht sich nach sechs bis 48 Stunden durch einen lokal juckenden Ausschlag bemerkbar, der sogenannten Zerkariendermatitis.

Einmal im menschlichen Körper angekommen, nisten sich die Pärchenegel in den Venen ein, reifen zu erwachsenen Würmern heran und paaren sich. Das Weibchen produziert dann täglich Hunderte bis Tausende Eier, die zum Teil über Harn und Stuhl ausgeschieden werden. Ein Teufelskreis, denn durch Verunreinigungen mit Urin oder Stuhl gelangen die Eier erneut in die Gewässer.

Leichte oder schwere Verläufe der Schistosomiasis möglich

In der Frühphase, etwa zwei bis acht Wochen nach der Infektion kann das Katayama-Syndrom (auch Katayama-Fieber genannt) auftreten – muss es aber nicht. Dabei handelt es sich um eine Art allergische Reaktion des Körpers, bei der es zu Fieber, Schüttelfrost, Kopf- und Muskelschmerzen, Husten, geschwollenen Lymphknoten, Hautausschlägen, Durchfall oder Bauchschmerzen kommt. Dieser Zustand kann zwei bis zehn Wochen andauern. Die typischen Symptome dieser akuten Bilharziose werden durch die heranreifenden Schistosomen im Körper hervorgerufen.

Doch eine Schistosomiasis ist noch viel tückischer, wenn sie nach Wochen, Monaten oder Jahren chronisch verläuft. Es wird nämlich nur Teil der Eier ausgeschieden, der Rest lagert sich in Organen ab und führt dort zu einer knotenartigen Gewebeveränderung (Granulombildung) und krankhaften Veränderung des Gewebes (Fibrosierung). So kann der Erreger Schistosoma haematobium zum Beispiel in die Blase wandern, sich dort dauerhaft einnisten und eine Blasenbilharziose auslösen. Andere Arten (S. mansoni, S. japonicum, S. mekongi, S. intercalatum) gelangen in den Darm und verursachen eine Darmbilharziose. In solchen Fällen befindet sich meist Blut in Stuhl oder Urin. Es ist auch möglich, dass das Gewebe der Leber betroffen ist – seltener ebenfalls Lunge, Genitaltrakt oder Nervensystem.

Ein chronischer Verlauf der Bilharziose kann durch die Organschädigung unbehandelt schwere gesundheitliche Folgen haben. Das Auswärtige Amt warnt zum Beispiel davor, dass die Entzündungen des Gewebes die Entstehung von Blasen- oder Darmkrebs begünstigen. In der Leber können sie eine Zirrhose hervorrufen, die unbehandelt zum Tod führt. Für Frauen besteht bei einem Befall der Genitalien die Gefahr der Unfruchtbarkeit – zum Beispiel aufgrund von Eileiterentzündungen. Außerdem scheint gerade für Frauen laut WHO das Risiko einer HIV-Infektion erhöht, wenn sie von einer Bilharziose betroffen sind.

Symptome der Bilharziose im Überblick

Nach der Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Schistosomiasis (Bilharziose), die von der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit (DTG) verfasst wurde, deuten unter anderem folgende unspezifische Symptome auf eine Infektion hin, wenn der Aufenthalt weniger als drei Monate zurückliegt:

  • Fieber
  • Nesselsucht (Urtikaria)
  • Lebervergrößerung (Hepatomegalie)
  • Milzvergrößerung (Splenomegalie)
  • Schwellungen (Ödeme)
  • Durchfall (Diarrhoe)
  • Lungenhochdruck (pulmonale Symptome)
  • evtl. auch Symptome des Zentralen Nervensystems (zum Beispiel epileptische Krampfanfälle, motorische Ausfälle oder Hirndruckzeichen)

Liegt der Aufenthalt länger als drei Monate zurück, können unter anderem folgende Symptome auf eine Infektion mit dem Bilharziose-Erreger hinweisen und den Arzt zu weiteren Untersuchungen veranlassen:

  • unklarer Erschöpfungszustand
  • unklarer Blutmangel (mikrozytäre Anämie)
  • chronischer (eventuell auch blutiger) Durchfall
  • Darmentzündung (Kolitis) nach Ausschluss anderer Ursachen
  • Leberfibrose (Umbau und Vernarbung des Gewebes)
  • Blut im Urin/im Sperma
  • Blasenentzündung
  • Schmerzen beim Wasserlassen

Diagnose der Bilharziose – so stellt der Arzt den Erreger fest

Die Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit empfiehlt Rückkehrern aus den Tropen in folgenden Fällen eine Untersuchung – auch wenn sie keine Symptome einer akuten Bilharziose aufweisen:

  • Nachdem in einem gefährdeten Gebiet Süßwasserkontakt stattfand.

  • Wenn bei Mitreisenden eine Schistosomiasis nachgewiesen wurde.

  • Personen, die sich zum Beispiel aufgrund von Arbeitsaufenthalten länger in einem gefährdeten Gebiet befanden. Auch, wenn sie sich nicht mehr an einen Süßwasserkontakt erinnern können, da schon ein Minimalkontakt etwa bei Bootsfahrten für eine Infektion ausreicht.

  • Menschen, die aus betroffenen Regionen nach Deutschland geflüchtet oder migriert sind.

Die Screening-Untersuchung sollte frühestens drei Monate nach der möglichen Infektion erfolgen, da erst dann der Test auf Antikörper im Blut als aussagekräftig betrachtet werden kann. Fällt der Antikörpertest negativ aus, kann die Tropenkrankheit laut Auswärtigem Amt zu mehr als 90 Prozent ausgeschlossen werden. Als Indikator für eine Infektion lassen sich auch bestimmte Blutbildveränderungen (Eosinophilie) heranziehen.

In Harn und Urin kann der Nachweis der Eier nach etwa vier bis zwölf Wochen erfolgen. In einem solchen Fall führt der Arzt weitere Untersuchungen durch, um abzuklären, ob eine Organschädigung vorliegt – dies können Labordiagnostik und Sonographie sein, ebenso wie gynäkologische, urologische oder mikrobiologische Untersuchungen. Gegebenenfalls wird der Arzt den Reiserückkehrer an einen Tropenmediziner überweisen.

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Behandlung von Bilharziose: Praziquantel hilft wirksam

Bilharziose kann gut behandelt werden, wenn sie frühzeitig entdeckt wird, sodass sich schwere Verläufe der Krankheit verhindern lassen. Zur Behandlung kommen folgende Medikamente zum Einsatz:

  • Kortisonpräparate gegen den juckenden Ausschlag nach der Infektion

  • Praziquantel – das antiparasitäre Medikament zur Abtötung der Würmer

Dauer und Dosierung der Praziquantel-Anwendung richten sich unter anderem nach der Art des Erregers – in der Regel dauert sie drei Tage. Über den genauen Ablauf der Behandlung berät der zuständige Arzt. In Endemiegebieten wird eine regelmäßige Einnahme für bestimmte Risikogruppen empfohlen.

Das Mittel gilt als gut verträglich. Nebenwirkungen wie Durchfall, Übelkeit, Schwindel, Benommenheit oder selten allergische Hautreaktionen sind möglich. Bei Kindern kommen Nebenwirkungen häufiger vor als bei Erwachsenen. Ob schwangere Frauen mit der Behandlung bis nach der Entbindung warten sollten, muss der Arzt nach einer sorgfältigen Risikoabwägung im Einzelfall entscheiden.

Nach sechs, zwölf und 24 Monaten erfolgt eine Verlaufskontrolle, um sicherzugehen, dass keine Eier mehr im Körper vorhanden sind. Vor einer erneuten Infektion schützt das sonst sehr gut wirksame Medikament allerdings nicht.

Bilharziose vorbeugen – Sicherheit auf Reisen

Da es keine Impfung gibt, die zum Schutz vor Schistosomiasis dient, lautet die einzig effektive Methode zur Vorbeugung: In Risikogebieten den Kontakt zu Süßwasser meiden! Sollte sich der Wasserkontakt nicht umgehen lassen, sollte die Infektion im Anschluss mittels ärztlicher Diagnose ausgeschlossen werden. Eine vorbeugende Einnahme von Praziquantel ist nach Angaben des Auswärtigen Amts nicht sinnvoll, ebenso wenig wie die Behandlung direkt nach dem Wasserkontakt. Der Grund: Das Medikament kann nur die erwachsenen Würmer bekämpfen – und die entwickeln sich erst nach sechs bis zwölf Wochen.

Bilharziose-Verbreitungsgebiete – auch Korsika ist betroffen

Bei der Schistosomiasis handelt es sich um eine Tropen- und Subtropenkrankheit. Besonders häufig tritt sie in den Teilen Afrikas auf, die sich südlich der Sahara befinden. Auch in Teilen Südamerikas (zum Beispiel Venezuela, Surinam, Brasilien), auf der Arabischen Halbinsel sowie in Südost- und Südwestasien (zum Beispiel China, Indonesien, Philippinen) sind die Erreger verbreitet. Einzelne Übersichten zu den betroffenen Ländern finden Sie bei der Weltgesundheitsorganisation: www.who.int.

Laut Robert Koch-Institut wurden in Deutschland und Frankreich im Jahr 2014 Fälle von Harnwegs-Bilharziose diagnostiziert, obwohl die Betroffenen sich vorher nicht in einem Risikogebiet aufhielten. Eine Gemeinsamkeit hatten die Patienten allerdings: Sie all badeten nahe der Stadt Porto Vecchio in Südkorsika im Fluss Cavu/Cavo. Personen, die in den Monaten Juli bis September der Jahre 2011 bis 2013 Frischwasserkontakt zu diesem Fluss hatten, sollten sich deshalb untersuchen lassen – bei ihnen kann die Möglichkeit einer unentdeckten Infektion bestehen. Das Badeverbot für den Fluss wurde am 4. Juni 2015 aufgehoben. Reisemedizinische Institute raten vom Baden aber dennoch ab oder warnen zumindest zur Vorsicht, anschließende gesundheitliche Beschwerden ernst zu nehmen.

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