Post-Covid-Syndrom bei Kindern

PIMS: Welche Symptome hat die Kinderkrankheit?

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Das Pädiatrische Inflammatorische Multiorgan-Syndrom (PIMS) gilt als Folgeerkrankung einer Infektion mit SARS-CoV-2 bei Minderjährigen. Was ist PIMS genau? Welche Symptome hat die Kinderkrankheit? Und wie wird das Syndrom behandelt?

pims
© Getty Images/FatCamera

Im Überblick:

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Was ist PIMS?

PIMS ist die Abkürzung für Pädiatrisches Inflammatorisches Multiorgan-Syndrom (auch bekannt als Multiinflammatory Syndrome in Children, kurz MIS-C, englisch Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome). Dabei handelt es sich um ein schweres, plötzlich auftretendes Entzündungssyndrom bei Kindern und Jugendlichen, das beispielsweise als zeitverzögerte Überreaktion des Immunsystems auf eine – in vielen Fällen symptomfrei verlaufende – Infektion mit Covid-19 auftreten kann. Zunehmende Beachtung erhält PIMS seit Anfang 2020.

PIMS hat große Ähnlichkeit mit dem Kawasaki-Syndrom, weshalb es zu Beginn der Coronapandemie auch als Kawasaki-like Syndrome bezeichnet wurde. Teilweise unterscheiden sich die Symptome jedoch deutlich. Während vom Kawasaki-Syndrom vorrangig kleine Kinder betroffen sind, tritt PIMS verstärkt bei Schulkindern zwischen sieben und 15 Jahren auf – bei Jungen (64 Prozent) häufiger als bei Mädchen. Beide Erkrankungen können tödlich verlaufen; mehr als die Hälfte aller Betroffenen muss intensivmedizinisch behandelt werden.

Die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) zählte zwischen dem 27. Mai 2020 (Erfassungsbeginn) und dem 12. September 2021 deutschlandweit 418 Erkrankungsfälle bei Kindern und Jugendlichen. Den offiziellen Meldezahlen zufolge tritt nach etwa jeder 1.000. SARS-CoV-2-Infektion bei Minderjährigen PIMS auf (Stand 19.09.2021).

Ursachen: Wie kann es zu dem Syndrom kommen?

Beim Großteil der seit 2020 erkrankten Kinder und Jugendlichen wurden im Blut Antikörper gegen SARS-CoV-2 gefunden, was auf eine durchgemachte Coronainfektion schließen lässt. Bei vielen Betroffenen waren jedoch keine typischen COVID-19-Anzeichen wie Fieber, Halsschmerzen oder Husten aufgetreten (asymptomatischer Verlauf). Studien zufolge steigt die Zahl der PIMS-Erkrankungen etwa vier Wochen nach einer Welle von COVID-19-Fällen in einer Region deutlich an; der ursächliche Zusammenhang des Pädiatrischen Inflammatorischen Multiorgan-Syndroms mit dem Coronavirus gilt nach aktueller Datenlage als gesichert. Warum einige Kinder die Krankheit nach der Infektion entwickeln, der Großteil aber nicht, ist bislang unklar. Vorerkrankungen scheinen keine entscheidende Rolle zu spielen (Stand: 09/2021).

Grundsätzlich sind Entzündungen eine übliche Reaktion auf Infektionen. Bei PIMS schaltet das Immunsystem jedoch auf Übersteuerung und beginnt, den Körper anzugreifen (hyperinflammatorischer Zustand). Dies wird auf eine unkontrollierte Ausschüttung von Zytokinen zurückgeführt (Zytokinsturm): Zytokine sind regulatorische Eiweißmoleküle, die der Signalübertragung zwischen den Zellen dienen .

Unter welchen Symptomen leiden an PIMS erkrankte Kinder?

Die zu PIMS vorliegenden Daten weisen darauf hin, dass die Erkrankung in der Regel zwei bis sechs Wochen nach einer Infektion mit Covid-19 auftritt. Meist geht sie mit Symptomen wie hohem Fieber, Hautausschlag, roten, entzündeten Augen, Durchfall und/oder Erbrechen einher, die sich im Laufe der folgenden Tage verschlimmern können. Die Entzündung kann sich auf verschiedene Organsysteme ausbreiten. Betroffen sind vor allem:

  • Magen-Darm-Trakt (in rund 80 Prozent aller in Deutschland registrierten Fälle, Stand: 19.09.2021)
  • Herz-Kreislauf-System (76 Prozent)
  • Haut (68 Prozent)
  • Schleimhaut (64 Prozent)
  • untere Atemwege (52 Prozent)
  • Blut/blutbildende Organe (40 Prozent)
  • obere Atemwege (29 Prozent)
  • Nervensystem und neuromuskuläre Strukturen (24 Prozent)
  • Leber (23 Prozent)
  • Nieren (21 Prozent)
  • Skelettmuskulatur (12 Prozent)

Die Weltgesundheitsorganisation WHO spricht von PIMS, wenn Kinder und Jugendliche bis 19 Jahre die folgenden Symptome aufweisen:

  • anhaltendes Fieber (länger als 48 Stunden)
  • erhöhte Entzündungswerte im Blut, ohne dass dafür eine andere eindeutige Erklärung vorliegt,
  • sowie zusätzlich mindestens zwei der folgenden Symptome:
  • akute Probleme des Verdauungstrakts (zum Beispiel Erbrechen, Durchfall, Bauchschmerzen)
  • Hautausschläge unklarer Ursache
  • Entzündungen an Haut/Schleimhaut
  • nicht-eitrige Bindehautentzündung (Konjunktivitis) an beiden Augen
  • niedriger Blutdruck (arterielle Hypotonie)
  • Schockzustand
  • myokardiale Dysfunktion (eingeschränkte Herzfunktion)
  • Herzbeutelentzündung
  • Herzklappenentzündung
  • koronare Herzkrankheit (KHK, Minderdurchblutung der Herzkranzgefäße)
  • Blutgerinnungsstörung

Manche Betroffene leiden unter neurologischen Beeinträchtigungen, die teilweise mit Halluzinationen einhergehen. Vereinzelt kommt es zu einem Multiorganversagen.

Allgemein kann PIMS in unterschiedlich starken Ausprägungen auftreten.

Bei Symptomen wie

  • verfärbter/fleckiger Haut,
  • extremer Blässe oder Blauanlaufen von Haut und Lippen,
  • Atemproblemen,
  • anhaltenden Schmerzen/Druck in der Brust,
  • Verwirrtheit und/oder
  • der Unfähigkeit, aufzuwachen/wach zu bleiben,

ist eine sofortige notfallmedizinische Versorgung erforderlich (Notruf, Telefon 112), da akute Lebensgefahr besteht.

Wie wird PIMS diagnostiziert?

Bei Verdacht auf das Pädiatrische Inflammatorische Multiorgan-Syndrom müssen zunächst andere Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen, zum Beispiel schwere Herzerkrankungen, Hirnhautentzündung (Meningitis) oder Blutvergiftung (Sepsis), ausgeschlossen werden. Hierfür und für die weitere Abklärung der Symptomatik werden im Krankenhaus verschiedene Untersuchungen und Tests (unter anderem Blutdruckmessung, Blutgasanalyse, Labor, Röntgenaufnahme des Brustkorbs und/oder Herzultraschall) durchgeführt. Um eine zurückliegende SARS-CoV-2-Infektion nachzuweisen, wird ein Corona-Antikörpertest durchgeführt. Entsprechen die Untersuchungsergebnisse den von der WHO definierten Krankheitskriterien, wird die PIMS-Diagnose gestellt.

Behandlung: Was hilft gegen PIMS?

Einmal erkannt, gilt das Syndrom als gut behandelbar. Um Herz, Leber, Nieren und weitere betroffene Organe vor dauerhaften Schäden zu bewahren, werden meist entzündungshemmende Arzneistoffe wie Kortison eingesetzt. Auch eine intravenöse Therapie mit Antikörpern (Immunglobulinen) ist möglich; teilweise werden Immunsuppressiva gegeben. Je nach Beschwerden und symptomatischem Schwerpunkt kommen weitere Medikamente/Therapien zum Einsatz; oft erfolgt zusätzlich die Gabe von Antibiotika. In den meisten Fällen findet die Behandlung unter intensivmedizinischer Überwachung statt.

Wie verläuft diese Kinderkrankheit?

Nach Auftreten der ersten PIMS-Anzeichen verschlechtert sich der Gesundheitszustand der betroffenen Kinder und Jugendlichen oft dramatisch, was in der Regel eine rasche Krankenhauseinweisung zur Folge hat. Auch wenn einige der möglichen Symptome potenziell tödlich sind, wurden in Deutschland bislang keine Todesfälle durch das PIM-Syndrom gemeldet. Eine Ende 2020 publizierte Metaanalyse, für die 16 internationale Studien über PIMS mit insgesamt 655 Erkrankungsfällen ausgewertet wurden, errechnet für Europa eine Sterblichkeitsrate von 1,4 Prozent.

Eine im Juli 2021 im Fachmagazin The Lancet Child & Adolescent Health veröffentlichte britische Studie, für die 46 schwer an PIMS erkrankte Kinder über einen Zeitraum von sechs Monaten nach der Entlassung aus dem Krankenhaus beobachtet wurden, kommt zu dem Schluss, dass die Prognose für Betroffene nach erfolgter antientzündlicher Therapie gut ist: Bis auf wenige Ausnahmen erholten sich die Kinder körperlich vollständig und wiesen keine Langzeitschäden an den in Mitleidenschaft gezogenen Organen auf. 18 der untersuchten Kinder litten jedoch bis Ende des Studienzeitraums unter milden neuropsychiatrischen Störungen wie Muskelschwäche und/oder emotionaler Labilität. Mit Ausnahme eines Kindes konnten alle Untersuchten wieder zur Schule gehen. Berücksichtigt werden muss bei allen Prognosen zum Verlauf von PIMS, dass es sich um ein noch junges Krankheitsbild handelt. Langzeitfolgen sind deshalb bislang nicht erforscht.

Wie lässt sich PIMS vorbeugen?

Da noch unklar ist, warum einige Kinder nach einer durchgemachten Infektion mit SARS-CoV-2 an PIMS erkranken und andere nicht, besteht die bis dato einzige Prävention darin, Minderjährige effektiv vor dem Coronavirus zu schützen. Dies kann beispielsweise durch eine Impfung geschehen, die derzeit von der Ständigen Impfkommission (STIKO) in Deutschland für Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren empfohlen wird. Die Zulassung eines Corona-Impfstoffs für Kinder von fünf bis elf Jahren wird derzeit geprüft (Stand 09/2021). Da es für die Jahrgänge darunter aktuell noch keinen zugelassenen Impfstoff gibt, sollten Eltern und andere Betreuungspersonen sich nach Möglichkeit selbst impfen lassen und bei ihren Kindern sorgfältig auf die Einhaltung der sogenannten AHA-Regeln achten:

  • Abstand zu anderen Menschen halten: mindestens 1,5 Meter
  • Hygiene-Maßnahmen beachten: Dazu gehört zum Beispiel, sich regelmäßig und sorgfältig die Hände zu waschen, in die Ellenbeuge zu husten/zu niesen und Innenräume immer wieder gut zu lüften.
  • Alltagsmaske (Mund-Nasenschutz) tragen, besonders effektiv kann eine speziell für Kindergesichter angefertigte medizinische Maske sein.
  • Regelmäßig durchgeführte Coronatests können dabei helfen, potenzielle Infektionsketten rasch zu durchbrechen.

Um einen lebensbedrohlichen Verlauf eines Multiinflammatorischen Syndroms zu verhindern, ist es zudem wichtig, bei Auftreten dafür typischer Symptome an PIMS zu denken und rasch medizinische Maßnahmen einzuleiten. Wissen Eltern, dass ihr Kind eine COVID-19-Infektion durchgemacht hat oder in der Vergangenheit Kontakt mit infizierten Personen hatte, sollten sie bei hohem, länger anhaltenden Fieber und weiteren typischen Symptomen so schnell wie möglich medizinischen Rat einholen und das Thema PIMS ansprechen.

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