Störung des Lymphabflusses

Lymphödem: Wenn sich Wasser im Gewebe staut

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Ein Lymphödem entsteht, wenn sich Lymphflüssigkeit in den Gliedmaßen staut. Arme und Beine schwellen in der Folge stark an und werden schwer. Unbehandelt können die Beschwerden dauerhaft anhalten. Erfahren Sie mehr über die verschiedenen Stadien der Erkrankung, wie die Diagnose erfolgt und wie Betroffene die Therapie unterstützen können.

Frau mit Lymphödem legt sich einen Kompressionsverband an
© Getty Images/Engdao Wichitpunya / EyeEm

In Deutschland leiden schätzungsweise etwa 80.000 Menschen an einem Lymphödem. Häufig betroffen sind vor allem Frauen, die aufgrund einer Brustkrebsbehandlung operiert oder bestrahlt worden sind. Mit einer kontinuierlichen Behandlung lassen sich aber gute Therapieergebnisse erzielen. Voraussetzung ist jedoch ein konsequentes Mitwirken der Betroffenen.

Artikelinhalte im Überblick:

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Was ist ein Lymphödem?

Bei einem Lymphödem handelt es sich um eine Erkrankung des Lymphgefäßsystems. Das Lymphsystem ist ein wichtiger Teil des Abwehrsystems, welches den ganzen Körper durchzieht. Die Lymphgefäße transportieren Flüssigkeit (Lymphe) aus dem Gewebe ab und befördern sie in die Lymphknoten. Dort werden Bakterien, Fremdkörper und andere schädliche Stoffe herausgefiltert und unschädlich gemacht. Die gereinigte Lymphflüssigkeit gelangt anschließend über größere Lymphgefäße zurück in die obere Hohlvene und damit ins Blut. Intakte Lymphknoten spielen eine wichtige Rolle für ein gesundes Immunsystem.

Bei einem Lymphödem kommt es zu einem Rückstau von Gewebeflüssigkeit, die zu Schwellungen (Ödemen) im ganzen Körper, vor allem in den Armen und Beinen führt. Dafür kann es zwei Gründe geben: Entweder liegt eine Störung des lymphatischen Systems vor und die Lymphflüssigkeit kann nicht mehr abtransportiert werden oder die Menge an Lymphe im Gewebe ist mehr, als über die Lymphbahnen zum Herzen hin abtransportiert werden kann. Manchmal trifft beides zu, was besonders schwere Krankheitsbilder zur Folge hat.

Ursachen: Warum entsteht ein Lymphödem?

Die Ursachen für ein Lymphödem können primär, also angeboren, oder sekundär, das heißt im Laufe des Lebens erworben, sein.

Primäre Ursachen von Lymphödemen

Das primäre Lymphödem geht auf eine genetische Veranlagung zurück. Mittlerweile sind mehrere Gene bekannt, deren Mutationen zu Lymphödemen führen können. So haben einige Patient*innen zu wenige (Hypoplasie) oder fehlende Lymphgefäße (Aplasie). Auch Fehlbildungen von Lymphknoten, die vermehrt Bindegewebe enthalten und daher nicht so gut durchlässig für die passierende Lymphflüssigkeit sind, kommen als Ursache infrage. Ein primäres Lymphödem kann sich von Geburt an oder auch erst später im Alter bemerkbar machen.

Sekundäre Ursachen von Lymphödemen

Häufiger verbreitet sind jedoch erworbene Lymphödeme. Dafür kommen mehrere Auslöser infrage:

  • Bösartige Tumoren, die zu Absiedlungen von Krebszellen in den Lymphknoten führen (vor allem Brustkrebs)

  • Behandlung von Krebserkrankungen (Operation oder Bestrahlung)

  • Schwere Verletzungen mit ausgedehnten Weichteilzerstörungen (zum Beispiel im Rahmen chirurgischer Eingriffe)

  • Entzündungen wie Erysipel (Wundrose)

  • Insektenstiche oder Wurmbefall (zum Beispiel tropische Parasiten)

  • Schwere Venenschwäche

Mangelnde Bewegung und krankhaftes Übergewicht (Adipositas) können die Entstehung von Lymphödemen ebenfalls begünstigen.

Welche Symptome weisen auf ein Lymphödem hin?

Ein Lymphödem zeichnet sich durch teigige Schwellung vor allem an Armen und Beinen aus, wobei Lymphödeme auch an Organen, Kopf oder Genitalien auftreten können.

Zu Beginn der Erkrankung bilden sich die Schwellungen wieder zurück, wenn Arme oder Beine hochgelagert werden. Im weiteren Verlauf bleiben die Schwellungen immer länger bestehen.

Grafik von Armen und Händen mit Lymphödem
© Getty Images/seamartini

Während beim angeborenen Lymphödem die Schwellungen beidseitig auftreten und meist an Zehen und Füßen beginnen, nimmt das sekundäre Lymphödem meist in Rumpfnähe (Leiste, Achseln) seinen Ausgang und tritt auf einer Seite auf.

Symptome eines Lymphödems auf einem Blick:

  • Schwellung an Armen oder Beinen: Ein typischer Hinweis auf ein Lymphödem ist, wenn bei Eindrücken der Haut eine Delle zurückbleibt. Betroffene empfinden Kleidung, Schuhe oder Schmuck als zu eng oder unbequem.

  • Druck- und Spannungsgefühl: Die Schwellungen werden zunehmend fester, die Haut fühlt sich gespannt an. Arme oder Beine sind oft schwer wie Blei.

  • Hautfalten: Die Haut über Zehen oder Fingern lässt sich gar nicht oder kaum mehr anheben. Bei ausgeprägten Lymphödemen verändern sich die Umrisse von Fingern und Zehen.

  • Funktions- und Beweglichkeitseinschränkung: Die Hautwölbungen schränken die Beweglichkeit ein. Körperliche Aktivitäten sind für Betroffene oft belastend und erfordern eine erhöhte Kraftanstrengung.

  • Hautveränderungen: Bei einigen Patient*innen sind Hautverfärbungen möglich, weil die Haut stärker durchblutet wird, die Adern sind deutlicher sichtbar.

  • Missempfindungen: Veränderte Empfindungen wie Taubheitsgefühle können Folge eines Lymphödems sein.

Da sich ein Lymphödem langsam entwickelt, ist es in der Anfangsphase oft schwer erkennbar. Wer geschwollene Körperteile bemerkt, sollte diese ärztlich abklären lassen: Lymphödeme im Frühstadium lassen sich meist gut behandeln.

Einteilung des Lymphödems nach Schweregraden

Das Lymphödem wird je nach Schweregrad in verschiedene Stadien unterteilt:

  • Stadium 0: Das Lymphödem verursacht keine Beschwerden und ist nur durch spezielle Untersuchungen feststellbar.

  • Stadium I: In diesem Stadium fühlen sich die Gewebeschwellungen noch weich an. Sie klingen über Nacht, wenn die betroffene Körperpartie geschont und hochgelagert wird, wieder ab.

  • Stadium II: Die Schwellungen sind deutlich sichtbar und gehen nicht mehr von allein zurück. Sie haben sich verhärtet und mit dem Finger lässt sich keine Delle mehr eindrücken. Auch durch Hochlagern bessern sich die Symptome nicht.

  • Stadium III: Es liegen ausgeprägte Gliedmaßenschwellungen vor, die die alltäglichen Bewegungen erschweren. Die Haut ist deutlich verdickt, vernarbt, neigt zu Ekzemen und schlecht heilenden Wunden. In diesem Stadium ist manchmal auch von einer Elephantiasis die Rede.

Lymphödem: So läuft die Diagnose ab

Ein Lymphödem kann meist anhand der Krankengeschichte und einer körperlichen Untersuchung festgestellt werden. Die*der Ärztin*Arzt erkundigt sich beispielsweise nach familiären Erkrankungen, vorausgegangenen Operationen, Verletzungen und der Einnahme von Medikamenten. Ebenso wird nach Krebserkrankungen gefragt, da ein Zusammenhang mit dem Lymphödem bestehen könnte.

Stemmersches Zeichen

Anschließend folgt eine körperliche Untersuchung, bei der die betroffenen Körperpartien sowohl im Stehen als auch im Liegen beurteilt werden. Zum Nachweis eines Lymphödems hat sich insbesondere das Stemmersche Zeichen bewährt. Lässt sich die Haut am Grundgelenk über den Zehen nicht oder nur schwer anheben, ist dies ein eindeutiger Hinweis auf ein Lymphödem.

Bildgebende Verfahren

In der Regel ermöglicht bereits die körperliche Untersuchung eine eindeutige Diagnose. Ist dies nicht eindeutig möglich, können zusätzlich bildgebende Verfahren zum Einsatz kommen.

Zu den gängigsten diagnostischen Verfahren zählen:

  • Duplexsonografie: Ultraschalluntersuchung, die Aufschluss darüber gibt, ob für die Schwellung eine Venenerkrankung ursächlich ist.

  • Funktionslymphszintigrafie (Isotopenlymphangiografie): Injektion einer schwach radioaktiv markierten Substanz in die Haut zwischen den Zehen. Diese tritt in die kleinen Hautlymphgefäße über und wird allmählich in Richtung der großen Lymphsammelgefäße, also beckenwärts transportiert. Die Zeit bis zum Auftauchen des radioaktiven Stoffes in den Lymphknotenstationen der Leiste gibt Aufschluss über die Funktionstüchtigkeit der Lymphbahnen des Beines.

  • Indirekte Lymphangiografie: Spritzen eines wasserlöslichen Kontrastmittels in die Haut der Hand oder des Fußes. Dadurch werden die Lymphgefäße im Röntgenbild sichtbar. Mit der indirekten Lymphangiografie können Schäden der unter der Haut gelegenen Lymphgefäße festgestellt oder ausgeschlossen werden.

  • Computer- oder Magnetresonanztomografie: Bildgebende Verfahren, die Vergrößerungen von Lymphknoten sichtbar machen können. Mittels Magnetresonanztomografie (MRT) können Stoffe unterschiedlichen Wassergehalts gut voneinander abgegrenzt werden. Besonders die Unterscheidung zwischen einer subkutanen Fetteinlagerung (Lipödem) und einem Lymphödem gelingt zuverlässig. Von der Gewebeschwellung beim Lipödem (Fettschwellung) sind sowohl die Unterhaut als auch die Muskulatur betroffen, wohingegen das Lymphödem nur zur Schwellung im Bereich der Unterhaut führt.

  • Blutuntersuchung: Analyse des Blutes auf mögliche infektiöse Ursachen, zum Beispiel eine Wurmerkrankung.

Da ein sekundäres Lymphödem durch Tumorleiden (gut- oder bösartige Geschwülste) verursacht werden kann, sollten derartige Erkrankungen im Falle von Lymphödemen immer mit in Betracht gezogen werden.

Therapie: Wie wird ein Lymphödem behandelt?

Lymphödeme erfordern eine rasche Behandlung. Denn je eher die Therapie beginnt, desto besser stehen die Chancen. Ziel der Behandlung ist es, die Flüssigkeitsansammlung im Gewebe zu reduzieren, die Transportkapazität in den Lymphgefäßen zu verbessern und somit die Ödeme zu reduzieren.

Komplexe Physikalische Entstauungstherapie (KPE)

Basisbehandlung ist die sogenannte Komplexe Physikalische Entstauungstherapie (KPE), die sich aus vier Komponenten zusammensetzt:

  1. Manuelle Lymphdrainage: Ziel der manuellen Lymphdrainage ist die Entschwellung des Gewebes über die Anregung des Lymphtransportes und die Neubildung von kleinen Lymphgefäßen. Auch wenn die Lymphschwellung die Beine betrifft, sollte die Lymphdrainage immer im oberen Brustbereich beginnen, hier münden die großen Lymphsammelgefäße in die Schlüsselbeinvenen ein. Anschließend wird die Lymphdrainage in Richtung des Rumpfes ausgedehnt.

  2. Kompressionstherapie: Hierunter versteht man das Tragen von Kompressionsstrümpfen bei Beinlymphödemen oder entsprechenden Ärmeln bei Lymphödemen der Arme. Die Kompression bewirkt, dass sich weniger Flüssigkeit zwischen den Zellen des Unterhautgewebes ansammeln kann. Die Kompressionsklasse, also das Maß für die Elastizität der Strümpfe, richtet sich nach dem Stadium des Lymphödems. Je weiter dieses fortgeschritten ist, umso straffer müssen die Strümpfe sitzen. Eine gute Polsterung der Bandagen ist notwendig. Der Bandagendruck ist so zu wählen, dass keine Schmerzen entstehen und Blauverfärbungen der Gliedmaßen vermieden werden.

  3. Entstauende Bewegungstherapie: Bestandteil der Entstauungstherapie sind außerdem tägliche gymnastische Übungen, die den Rücktransport der Lymphflüssigkeit durch Muskelkontraktionen unterstützen. Solche Übungen können unter physiotherapeutischer Anleitung erlernt und dann selbstständig zu Hause ausgeführt werden.

  4. Hautschutz: Mithilfe einer geeigneten Hautpflege soll vermieden werden, dass die Haut trocken, rissig und anfällig für Infektionen wird.

Die Durchführung der KPE wird zudem in zwei Phasen unterteilt:

In der ersten Phase (Entstauungsphase), die eine Dauer von etwa 28 Tagen in Anspruch nehmen sollte, werden alle Komponenten ein- bis zweimal täglich ambulant oder stationär angewandt.

Die zweite Phase (Erhaltungsphase) der Therapie hat die Erhaltung der Behandlungserfolge der ersten Phase zum Ziel. Hierzu sollte die manuelle Lymphdrainagen-Behandlung zwei- bis dreimal wöchentlich durchgeführt werden. Zusätzlich ist das Tragen von Kompressionsstrümpfen (mindestens Klasse II) wichtig. In dieser Phase der Behandlung ist alternativ auch die maschinell durchgeführte intermittierende Kompressionsbehandlung mit Druckmanschetten möglich.

Medikamentöse Behandlung

Es gibt keine Medikamente zur Behandlung eines Lymphödems. Lediglich in den Fällen, in denen das Lymphödem Folge einer Parasiteninfektion (zum Beispiel durch Fadenwürmer aus tropischen Gewässern) ist, kann durch Gabe entsprechender parasitentötender Gegenmittel das Fortschreiten des Lymphödems gestoppt werden. Sollte ein Erysipel (Wundrose), eine flächenhafte Entzündung der Haut durch Streptokokken, als Komplikation des Lymphödems auftreten, ist die Behandlung mit Antibiotika unumgänglich.

Die Verabreichung von entwässernden Medikamenten (Diuretika) zur Flüssigkeitsausschwemmung sollte bei Vorliegen eines Lymphödems unbedingt vermieden werden. Entwässernde Medikamente führen zu einer Erhöhung der Eiweißkonzentration im Gewebe und damit zu einer Zunahme der Schwellung.

Operative Behandlungsmöglichkeiten

Operative Maßnahmen wie eine Lymphgefäßtransplantation sollten nur dann angewendet werden, wenn das Lymphödem weiter fortschreitet und sich durch die komplexe Entstauungstherapie nicht beeinflussen lässt. Es gibt verschiedene operative Techniken, die unterschiedlich erfolgreich sind. Betroffene sollten sich am besten von spezialisierten Fachleuten beraten lassen, welche Operation für sie geeignet ist.

Leben mit einem Lymphödem: Das können Sie selbst tun

Bei einem Lymphödem handelt es sich um eine chronische, fortschreitende Erkrankung, die sich nur durch eine langfristige Therapie behandeln lässt und eine konsequente Mitarbeit von Patient*innen erfordert. Dazu gehören im Alltag auch folgende Tipps:

  • Sorgen Sie für regelmäßige Bewegung, das fördert die Entstauung der Ödeme. Geeignete Sportarten sind beispielsweise Schwimmen, Walking oder Skilanglauf. Durch tägliche gymnastische Übungen wird der Lymphtransport durch Einwirken der Muskelpumpe gesteigert, was sich günstig auf die Rückbildung des Lymphödems auswirkt. Solche Übungen können unter Anleitung von Physiotherapeut*innen erlernt werden.

  • Verzichten Sie auf ausgiebige Sonnenbäder oder Sauna, da die Hitze Beschwerden oftmals verschlimmert.

  • Vermeiden Sie das Tragen enger Kleidung, da diese bei bestimmten Körperhaltungen zu Abschnürungen der Gliedmaßen mit weiterem Lymphstau führen kann.

  • Pflegen Sie Ihre Haut täglich, um sie vor Hautverletzungen zu schützen.

  • Achten Sie auf ein gesundes Körpergewicht und eine ausgewogene Ernährung mit vielen ballaststoffreichen Lebensmitteln wie Obst, Gemüse und Vollkornprodukten. Zusätzliches Fettgewebe bei starkem Übergewicht kann den Körper belasten. Eine gezielte Ernährung oder spezielle Diät wird bei einem Lymphödem hingegen nicht empfohlen.

  • Reduzieren Sie Ihren Fettkonsum, greifen Sie stattdessen vermehrt zu MCT-Fetten (mittelkettige Triglyzeride). Diese werden direkt von den Blutkapillaren aufgenommen und nicht über die Lymphgefäße abtransportiert. Sie sind in natürlicher Form beispielsweise in Kokosöl zu finden, sind aber auch in speziellen MCT-Lebensmitteln eingebaut.

  • Versuchen Sie Verletzungen, auch kleine Bagatellverletzungen zu vermeiden, zum Beispiel beim Nagelschneiden).

  • Verwenden Sie beim Aufenthalt im Freien Insektenschutz.

Vor allem Krebspatient*innen sollten nach einer Operation oder Strahlentherapie vorbeugend aktiv werden und die Hinweise beachten.

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