Störung der Fettverteilung

Lipödem: Reiterhosen erkennen und behandeln

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Das Lipödem beschreibt eine Störung der Fetteinlagerung an Beinen und Armen. Sport und eine gesunde Ernährung können den Fortschritt zwar verlangsamen, die Ursache der Fetteinlagerungen wird damit aber nicht behoben. Welche Therapie beim Reiterhosensyndrom helfen kann.

Frau mit Lipödem geht auf einer Brücke Joggen
© Getty Images/Zorica Nastasic

Kurzübersicht: Häufige Fragen und Antworten

Woher weiß ich, ob ich ein Lipödem habe? Eine ungleichmäßige Fettvermehrung hauptsächlich an Beinen und Armen, die oft mit Schmerzen und Druckempfindlichkeit einhergeht, könnte ein Anzeichen für ein Lipödem sein.

Was kann man gegen ein Lipödem tun? Behandlungsmöglichkeiten umfassen eine Entstauungstherapie mit manueller Lymphdrainage zur Entlastung der Schwellungen, Kompressionskleidung zur Unterstützung des Lymphflusses, gegebenenfalls Medikamente gegen Schmerzen und eine Fettabsaugung (Liposuktion).

Kann ein Lipödem wieder verschwinden? Ein Lipödem ist eine chronische Erkrankung, die nicht von selbst verschwindet. Die Symptome können jedoch durch eine geeignete Behandlung und Lebensstilanpassungen gelindert werden.

Welcher Sport ist gut bei Lipödem? Sanfte, ausdauerfördernde Sportarten wie Schwimmen, Radfahren und Walking sind empfehlenswert, da sie den Lymphfluss anregen und Gelenkbelastungen minimieren.

Artikelinhalte im Überblick:

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Was ist ein Lipödem?

Die Krankheit Lipödem wird auch als Reiterhosen, Reiterhosensyndrom oder Säulenbein bezeichnet. Namensgebend sind die auffälligen Fettansammlungen an den seitlichen Oberschenkeln, die sich häufig bis zu den Hüften und dem Gesäß ausbreiten. Diese Veränderungen treten bereits zu Beginn des Lipödems auf.

Das Reiterhosensyndrom ist eine chronische und fortschreitende Erkrankung, die fast ausschließlich bei Frauen vorkommt. Während die Körpermitte meist schlank bleibt, lagert sich Unterhautfettgewebe zunächst vermehrt an den Oberschenkeln und Oberarmen, im späteren Krankheitsverlauf auch an den Unterschenkeln, Unterarmen und im Nackenbereich ein.

Zusätzlich entstehen schmerzhafte Wassereinlagerungen, Lymphflüssigkeit staut sich im Gewebe und die Anfälligkeit für blaue Flecken steigt.

Lipödem wird in drei Stadien eingeteilt

Der Verlauf der Fettverteilungsstörung ist sehr unterschiedlich. Auch kann das Beschwerdebild variieren. Als Unterscheidungsmerkmal gilt:

  • Stadium 1: glatte Hautoberfläche, das Fettgewebe ist gleichmäßig verdickt in der Unterhaut (Subkutis)

  • Stadium 2: unebene, wellige Hautoberfläche, das Fettgewebe tastet sich knotig und verdickt unter der Haut

  • Stadium 3: Bildung von Fettschürzen an Ober- und Unterschenkeln sowie Ober- und Unterarmen, deutlicher Kalibersprung (abrupter Übergang zwischen Bereichen normaler Haut und den von Lipödem betroffenen Regionen)

Eine mögliche Vorstufe zum Lipödem ist die Lipohypertrophie. Sie bezeichnet krankhaft vermehrtes Fettgewebe an den Extremitäten, ohne dass jedoch Schmerzen auftreten.

Grafik mit den drei Stadien eines Lipödems
© Susana SAV – adobe.stock.com

Diese Symptome deuten auf das Lipödem hin

Oftmals lässt sich ein Lipödem nur schwer von Übergewicht oder einem Lymphödem abgrenzen. Folgende Symptome sprechen für das Reiterhosensyndrom:

  • Änderung des Hormonstatus: Der Beginn einer unklaren Gewichtszunahme an Beinen und Armen liegt oft in der Pubertät, nach einer Schwangerschaft oder am Anfang der Wechseljahre.

  • Disproportionalität: Die Fettansammlungen sind auf die Extremitäten beschränkt, der Rumpf bleibt schlank.

  • Kalibersprung: An den betroffenen Stellen bilden sich Wülste (Muff- oder Kragenbildung).

  • Auslassungen: Hände und Füße sind nicht betroffen und bleiben schlank.

  • Ödeme: Es kommt zur Einlagerung von Wasser und zum Übertritt von Lymphe in die Gewebszwischenräume.

  • Spannungsgefühl: Aufgrund massiver Wassereinlagerungen und des Lymphstaus schwellen die Extremitäten an und die Haut ist maximal gespannt.

  • Schmerzen: Die geschwollenen Partien neigen zu Entzündungen und sind durch die Flüssigkeitsansammlungen prall gefüllt. Das macht sie druck- und schmerzempfindlich.

  • Hämatomneigung: Eine erhöhte Membrandurchlässigkeit sorgt nicht nur für Wassereinlagerungen, sondern lässt auch Blutbestandteile in das Gewebe übertreten. Es kommt vermehrt zu Einblutungen und Blutergüssen (blaue Flecken).

  • Stemmer-Zeichen ist negativ: Das Stemmer-Zeichen ist eine nach seinem Entdecker benannte einfache Diagnosemöglichkeit eines Lymphödems. Der*die Arzt*Ärztin versucht dabei die Hautfalte über der zweiten und dritten Zehe oder den entsprechenden Fingern anzuheben. Beim Lymphödem ist die Haut nicht abhebbar, beim Lipödem in der Regel schon.

Lesetipp: Lipödem-Test – Bin ich betroffen?

Bewegung, Ernährung, Fettabsaugung: Therapie bei Lipödem

Mit der Behandlung sollen sich der Zustand des Lipidödems und die damit verbundenen Beschwerden bessern. Zusätzlich sollen Folgeerkrankungen aufgrund von Ödemen oder Übergewicht verhindert werden.

Bei einem Lipödem gilt die individuelle und an die Stadien angepasste Therapie. Möglich sind die folgenden Maßnahmen:

  • Ödemreduktion: Um vorhandene Ödeme zu reduzieren, kommt die komplexe physikalische Entstauungstherapie (KPE) zum Einsatz. Sie besteht aus manueller Lymphdrainage, das Tragen flachgestrickter medizinischer Kompressionsstrümpfe, Bewegungstherapie und Hautpflege.

  • Schmerzlinderung: Entsteht der Schmerz durch den Druck im Gewebe, ist auch hier die KPE das Mittel der Wahl, bevor Schmerzmittel verabreicht werden. Diese können zusätzlich eingenommen werden und haben meist auch eine entzündungshemmende Wirkung.

  • Hämatome verhindern: Lymphdrainage und Kompression unterstützen und schützen das Gewebe.

  • Ernährungsumstellung: Eine Änderung der Ernährung soll neues Fettgewebe in der Unterhaut verhindern und reduzieren. Am effektivsten ist eine kalorienarme Diät mit ausreichend Bewegung.

  • Sport: Regelmäßige Bewegung sorgt für Mobilität und Beweglichkeit. Geeignet sind Wassergymnastik, Schwimmen, Walken oder Radfahren.

  • Körperkonturen wiederherstellen: Bilden sich durch die Fettansammlungen Hautfalten oder Scheuerstellen (kommen häufig zwischen den Innenseiten der Knie und an den Oberschenkeln vor), drohen Entzündungen und Verhärtungen der Oberhaut. Diese Stellen können mittels plastisch-chirurgischen Eingriffen korrigiert werden.

Fettabsaugung erzielt sichtbare Erfolge

Als effektivste Therapiemaßnahme eines Lipödems aller Stadien gilt die Fettabsaugung (Liposuktion). Die abgesaugte Menge darf pro Sitzung allerdings maximal 10 Prozent des Körpergewichtes betragen.

Zudem profitieren Patient*innen davon, dass das auf Einlagerung programmierte Fettgewebe entfernt wird, sodass an den betroffenen Stellen an Armen oder Beinen wieder Platz für gesundes Fettgewebe in der Unterhaut entsteht. Das Lipödem kann sich an diesen Stellen in der Regel nicht neu bilden.

Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen unter bestimmten Voraussetzungen die Kosten für eine Fettabsaugung bei Lipödemen. Diese Bedingungen umfassen in der Regel, dass die Betroffenen nachweislich konservative Therapien wie Kompressionstherapie und manuelle Lymphdrainage ohne ausreichenden Erfolg durchgeführt haben und ein ärztliches Gutachten die medizinische Notwendigkeit der Operation bestätigt.

Ursachen: Wie und warum entsteht das Lipödem?

Vom Reiterhosensyndrom sind fast ausschließlich Frauen betroffen. In einzelnen Fällen wurde die Fettverteilungsstörung im Zusammenhang mit einer Hormonersatztherapie oder bei Lebererkrankungen auch bei Männern festgestellt.

Was genau das Lipödem auslöst, ist bislang ungeklärt. Eine Kombination aus genetischen und physiologischen Faktoren wird diskutiert. Die Gene veranlassen die Fettzellen dazu, sich an bestimmten Körperpartien zu vermehren (Hyperplasie) und im Vergleich zu normalen Fettzellen an Größe stark zuzunehmen (Hypertrophie). Gleichzeitig kommt es zu einer Zunahme der Durchlässigkeit der Gefäßwände, was zu Wassereinlagerungen in den Extremitäten führt und Einblutungen in die Zellzwischenräume verursacht.

Als sicher gilt, dass die krankhafte Fetteinlagerungssucht des Körpers nicht ernährungsbedingt ist.

So verläuft das Reiterhosensyndrom

Durch das Lipödem verändert sich das körperliche Erscheinungsbild auf typische Art: Die Fettansammlungen sind immer auf beiden Seiten symmetrisch verteilt. Der Fettanteil grenzt sich deutlich gegenüber den gesunden Regionen mit normalem Körperfett ab. Ein einzelnes Auftreten an nur einer Körperpartie ist selten, die Mischform von gleichzeitig betroffenen Armen und Beinen ist die Regel.

Nachdem Arme und Beine vollständig betroffen sind, lagert sich das Fett im Nacken- und Rückenbereich an. Selbst an Knien oder Fußgelenken entstehen Fettwülste (Wammen), die bei Bewegung gegeneinander reiben und scheuern. Dies führt zu mechanischen Schäden der Haut und es kommt zu großflächigen Hämatomen. Desweiteren können sich die aufeinanderliegenden Hautpartien entzünden.

Auch psychische Komplikationen wie Depressionen und ein niedriges Selbstwertgefühl können auftreten. Das gilt insbesondere, wenn die Krankheit fortschreitet oder Betroffene unter dem veränderten Körperbild leiden.

Lebensqualität durch Lipödem stark eingeschränkt

Für Patient*innen mit Reiterhosensyndrom ist der Alltag zunehmend beeinträchtigt. Da sich die Vergrößerung des Körpervolumens beim Lipödem auf die Extremitäten beschränkt, ist das Laufen oder Bewegen der Arme mit einem eigentlich normalgewichtigen Körperstamm deutlich schwerer als bei Adipositas.

Hitze ist für Betroffene oft nur schwer zu ertragen: Aufgrund einer erhöhten Durchlässigkeit der Gefäßwände neigen sie zu vermehrten Wassereinlagerungen und Lymphstau. Dieser Effekt wird durch Wärme verstärkt, sodass bei sommerlichen Temperaturen die Arme und Beine bis zum Abend schmerzhaft angeschwollen sind und besonders empfindlich auf jede Art von Berührung reagieren. Die Schmerzen werden als dumpf und drückend beschrieben und Beine und Arme fühlen sich schwer an.

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Diagnose des Lipödems nur schwer zu stellen

Bei Verdacht auf das Reiterhosensyndrom wird der*die Arzt*Ärztin zu Beginn der Diagnose Betroffene zu einer Ernährungsumstellung raten. Empfehlenswert ist eine Dokumentation der Körpermaße, die nicht nur auf das Gewicht beschränkt sein sollte: Dieses wird sich auch bei Menschen mit Lipödem reduzieren, doch die Wassereinlagerungen bleiben erhalten und Arme und Beine sind weiterhin angeschwollen.

Zudem sollten folgende Faktoren beobachtet werden:

  • Umfang von Oberschenkeln und Oberarmen

  • Body-Mass-Index (BMI)

  • Waist-to-Hip-Ratio (WHR), das Verhältnis aus Bauch- und Hüftumfang

  • Weist-to-Height-Ratio (WHR), das Verhältnis von Bauchumfang und Körpergröße

  • Täglicher Aktivitätsindex

Bei bestehendem Lipödem ist zwar eine Gewichtsreduktion zu erwarten, da aber das abgenommene Fettgewebe durch Wassereinlagerungen oder Lymphanstauungen aufgefüllt wird, bleiben die Verhältnisse von WHR und WTR beinahe unverändert und nur der BMI sinkt.

Bildgebende Verfahren wie Sonografie oder Magnetresonanztomografie (MRT) geben nur bedingt Auskunft. Die dabei ermittelbare Verdichtung des Fettgewebes in der Unterhaut gilt aber als wichtiger Marker.

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