Hyperparathyreoidismus: Überfunktion der Nebenschilddrüse
Als Hyperparathyreoidismus wird eine Überfunktion der Nebenschilddrüsen bezeichnet. Man erkennt sie an Symptomen wie Appetitverlust, Gewichtsabnahme oder Verstopfung. Klarheit lässt sich mit Blutwerten schaffen.
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Als Hyperparathyreoidismus (HPT) oder Nebenschilddrüsenüberfunktion wird eine Regulationsstörung der Nebenschilddrüsen bezeichnet. Die Nebenschilddrüsen sind vier pfefferkorngroße Hormon-bildende Drüsen. Bei einem Hyperparathyreoidismus bilden sie zu viel Parathormon, was den Kalziumhaushalt durcheinanderbringt.
Artikelinhalte im Überblick:
Symptome des Hyperparathyreoidismus
In den meisten Fällen eines Hyperparathyreoidismus werden die Veränderungen der Blutwerte bei einer Routine-Blutuntersuchung festgestellt, bevor überhaupt Symptome auftreten.
Bei einer leichten Form der Nebenschilddrüsenüberfunktion können folgende Symptome auftreten:
- Appetitverlust
- Übelkeit
- Erbrechen
- Gewichtsabnahme
- Verstopfung (Obstipation)
- Blähungen
- großer Durst (Polydipsie) mit häufigem Wasserlassen (Polyurie)
- Muskelschwäche
- Knochenschmerzen
- eingetrübte Stimmung
Besteht der Hyperparathyreoidismus länger, kommt es zum Abbau von Knochenmasse (Osteoporose), da das Parathormon die Knochen-abbauenden Zellen aktiviert, sodass vermehrt Kalzium aus dem Knochen freigesetzt wird. Außerdem können Nierensteine auftreten, weil größere Mengen Kalzium mit dem Urin ausgeschieden werden. Die gesteigerten Kalzium- und Phosphatkonzentrationen im Blut können zudem dazu führen, dass Muskeln und Blutgefäße verkalken.
Ursachen des Hyperparathyreoidismus
Je nach Ursache spricht man von einem primären, sekundären oder tertiären Hyperparathyreoidismus. Der Primäre und Tertiäre gehen mit einer Erhöhung des Parathormonspiegels und Serum-Kalziumspiegels einher. Beim sekundären Hyperparathyreoidismus ist nur der Parathormonspiegel erhöht.
Primärer Hyperparathyreoidismus
Hinter einem primären Hyperparathyreoidismus mit erhöhten Parathormon- und Kalziumspiegeln im Blutserum, steckt meist ein gutartiges, Hormon-produzierendes Adenom der Nebenschilddrüse. Das normale Gewebe der Nebenschilddrüse besitzt Sensoren für den Kalziumspiegel im Blut. Nur wenn sie unter den sehr eng eingestellten Sollwert abgefallen sind, wird Parathormon ausgeschüttet. Anders beim Adenom, hier ist die Parathormonproduktion nicht mehr am Bedarf orientiert, sondern geschieht kontinuierlich. Ein schwach ausgeprägter primärer Hyperparathyreoidismus kann auch genetische Ursachen haben.
Sekundärer Hyperparathyreoidismus
Bei einem sekundären Hyperparathyreoidismus mit gesteigerten Parathormon-, aber erniedrigten Serum-Kalziumspiegeln ist ein Vitamin D-Mangel die Ursache. Dieser ist meist auf eine Störung der Nierenfunktion zurückzuführen.
Tertiärer Hyperparathyreoidismus
Beim tertiären Hyperparathyreoidismus, der mit erhöhten Parathormon- und Serum-Kalziumspiegeln einhergeht, steckt ein über lange Zeit bestehender sekundärer Hyperparathyreoidismus dahinter.
Medikamente als weitere Ursachen
Schließlich kann die Nebenschilddrüsenüberfunktion durch Medikamente bedingt sein. Zum Beispiel das in der Behandlung von Patienten mit psychiatrischen Erkrankungen wie einer Manie eingesetzte Lithium oder bei hohem Blutdruck verordnete Thiaziddiuretika.
Ärztliche Diagnose des Hyperparathyreoidismus
In erster Linie erfolgt die Diagnose einer Nebenschilddrüsenüberfunktion durch den Nachweis eines erhöhten Spiegels an Parathormon und Kalzium im Blut. Durch die Untersuchung der Nierenfunktion und der Vitamin D-Metabolite kann zwischen einem primären und sekundären Hyperparathyreoidismus unterschieden werden. Die Krankengeschichte erlaubt die Unterscheidung zwischen einem primären und tertiären HPT.
Bei Kindern und Jugendlichen sind häufig Adenome die Ursache des primären HPT, weshalb eine Ultraschalluntersuchung des Hals- und Brustbereiches durchgeführt. Manchmal kann auch eine Computertomographie (CT) oder MRT erforderlich sein.
So wird Hyperparathyreoidismus behandelt
Die Therapie einer primären Hyperparathyreoidismus besteht in einer Operation (Parathyreoidektomie), bei der das Adenom beziehungsweise die Nebenschilddrüsen entfernt werden. Bei nur schwach erhöhten Serum-Kalziumwerten kann auch unter regelmäßiger Überprüfung der Blutwerte für Parathormon und Kalzium sowie der Knochendichte abgewartet werden.
Für Patienten, die nicht operiert werden können oder wollen, kommen Medikamente infrage, die lebenslang genommen werden müssen:
Medikamente, die den Knochenabbau hemmen, etwa Bisphosphonate oder selektive Östrogenrezeptormodulatoren, die eine östrogen-ähnliche Wirkung am Knochen entfalten
Calcimimetika, die an den Calcium-Sensing-Rezeptor binden und so das Signal geben, dass die Kalziumkonzentration bereits genügend hoch ist. Dadurch wird die Parathormonsynthese gehemmt.
Der Patient sollte in jedem Fall auf eine Kalzium-arme und Vitamin D-reiche Kost achten.
Behandlung des sekundären und tertiären Hyperparathyreoidismus
Der sekundäre Hyperparathyreoidismus wird durch die Therapie der Grunderkrankung, meist einer chronischen Nierenerkrankung, behandelt. Hier geht es vor allem darum, die Phosphatspiegel durch Phosphat-bindende Medikamente, sogenannte Phosphatbinder, zu senken und Vitamin D zuzuführen. Führt dies nicht zum Erfolg, kann ein Therapieversuch mit einem Calcimimetikum unternommen werden. Betroffene sollten auf eine Phosphat-arme Nahrung achten und deshalb möglichst wenig Fleisch essen.
Beim tertiären Hyperparathyreoidismus, der durch einen lange andauernden sekundären Hyperparathyreoidismus hervorgerufen wurde und zur jahrelangen Überstimulierung der Nebenschilddrüsen geführt hat, werden die Epithelkörper (Nebenschilddrüsen) operativ entfernt (Parathyreoidektomie) und ein Teil eines Epithelkörperchens in einen Muskel eingepflanzt (autologe Retransplantation), damit weiterhin Parathormon gebildet werden kann. Alternativ kann nur ein Teil der Epithelkörperchen herausgenommen werden (subtotale Parathyreoidektomie).
Sekundärer Nebenschilddrüsenüberfunktion kann man vorbeugen
Nur bei einem sekundären Hyperparathyreoidismus beziehungsweise der sogenannten renalen Osteopathie ist eine Prävention möglich.
Aufgrund des ursächlichen Zusammenhanges mit der Nierenfunktion kommt die vorsichtige Anhebung des erniedrigten Serumkalziums, die Senkung des erhöhten Serumphosphats sowie der Ausgleich des Vitamin-D-Mangels zur Vorbeugung einer Nebenschilddrüsenüberfunktion infrage. Dabei ist darauf zu achten, dass das Kalzium-Phosphatprodukt unter 55 mg2/dl2 bleibt, damit es nicht zu Kalkablagerungen außerhalb des Knochens kommt.
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