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Urtinktur: Von der Pflanze zum homöopathischen Arzneimittel

Die Urtinktur ist die Basis vieler homöopathischer und phytotherapeutischer Arzneien, fungiert aber auch selbst als potentes Heilmittel. Während bestimmte Arzneistoffe wie Alchemilla, Calendula oder Thuja auch als Urtinktur verabreicht werden, sind andere Wirksubstanzen dazu nicht geeignet.

Calendula als homöopathische Urtinktur
© iStock.com/terra24

Die Urtinktur ist die unverdünnte, nicht potenzierte Form des homöopathischen Heilmittels. Samuel Hahnemann, der die Homöopathie vor mehr als 200 Jahren begründete, nutzte anfangs selbst toxische Rohstoffe als Urtinktur. Um Vergiftungen vorzubeugen, entwickelte er bald die Methode der Potenzierung: Das Arzneimittel wird nach und nach verdünnt, seine homöopathische Wirkung gleichzeitig verstärkt (Dynamisierung).

Urtinktur als Basis für homöopathische Arzneimittel

Die noch heute gültigen Verfahren zur Herstellung homöopathischer Arzneimittel sind im amtlichen Homöopathischen Arzneibuch (HAB) genau festgelegt. Besonders wichtig dabei: das Verhältnis von Ausgangsstoff und Trägersubstanz. Weil sie die Basis für etliche homöopathische Arzneimittel bildet, hat die Urtinktur ihre Bedeutung bis heute behalten.

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Um Dilutionen, Globuli und Co. anzufertigen, müssen die verwendeten Rohstoffe schließlich zunächst in eine lösliche Form gebracht werden. Das geschieht je nach Art der Grundsubstanz durch unterschiedliche Verfahren:  

  • Trituration: Unlösliche Stoffe, etwa Metalle wie Gold, anorganische Salze oder Mineralien, werden mit Milchzucker verrieben

  • Lösung: Salze, Säuren und bestimmte Harze werden in Wasser, Alkohol oder einer Mischung aus beiden gelöst

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So wird die Urtinktur hergestellt

Die Urtinktur wird vor allem aus pflanzlichen und tierischen Rohstoffen angefertigt, zum Beispiel:

  • Pflanzenpresssaft
  • frische Pflanzen oder Pflanzenteile
  • getrocknete Pflanzen oder Pflanzenteile, teilweise zu Pulver gemahlen
  • Harze
  • Tiere oder Tierteile
  • Nosoden (sterilisierte Krankheitsprodukte von Mensch oder Tier, zum Beispiel Viren, Bakterien, erkrankte Organe oder Gewebeteile)
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Der Ausgangsstoff wird mit einer Trägersubstanz (Alkohol und/oder Wasser) vermischt und nach einigen Tagen bis Wochen filtriert. Dieses Filtrat nennt man Urtinktur.

Urtinktur wird entweder potenziert oder direkt angewandt

Die Urtinktur dient als Ausgangsstoff für phytotherapeutische sowie potenzierte homöopathische Arzneiformen wie Dilutionen, Tabletten oder Globuli, ist aber auch ein eigenständiges Heilmittel. Im ersten Fall wird die Urtinktur durch die Potenzierung schrittweise verdünnt und durch Verschüttelung dynamisiert, gilt dadurch auf unstofflicher Ebene als umso wirkungsvoller. "Insbesondere für stark wirksame und in konzentrierter Form giftige Pflanzen ist diese Verarbeitung nötig. Beispielsweise eignen sich die besonders populären Fiebermittel Eisenhut (Aconitum) und Tollkirsche (Belladonna) nicht zur Einnahme als Urtinktur", erklärt Günter Fleischmann, Inhaber der Kur-Apotheke Bad Aibling.

Denn die Urtinktur besitzt einen höheren Gehalt des ursprünglichen Wirkstoffs. "Urtinkturen aus Giftpflanzen kann man meist nicht in konzentrierter Form einsetzen, ohne Schaden anzurichten", sagt Fleischmann. Um Nebenwirkungen und erhebliche Erstverschlimmerungen zu verhindern, werden daher meist gut verträgliche Urtinkturen direkt oder anderenfalls äußerlich angewendet. "Beispielweise kommt Thuja-Urtinktur nur zum Bepinseln von Warzen zum Einsatz, jedoch wird der Erfolg durch die Einnahme von Thuja D6 als Immunstimulans unterstützt", so Fleischmann.

Anwendungsgebiete ausgewählter Urtinkturen

Die meisten homöopathischen Urtinkturen könnten ohne Probleme direkt eingenommen werden. Ihre Anwendungsgebiete decken sich weitgehend mit denen potenzierter Homöopathika. Die konzentrierte Form kommt laut Fleischmann beispielsweise bei folgenden Wirkstoffen und Beschwerden zum Einsatz:

  • Alchemilla vulgaris (Frauenmantel): als universelles Frauenmittel etwa bei Wechseljahresbeschwerden, als gerbstoffreiches Magen-Darm-Mittel, zur "Blutreinigung" vor allem bei Hautunreinheiten junger Mädchen

  • Calendula (Ringelblume): zur Wundheilung; Einnahme und äußerliche Anwendung sollten kombiniert werden.

  • Propolis (Schutzharz der Bienen): als Immunstimulans und Antiseptikum zum Beispiel bei Infektanfälligkeit. Bei Herpes sollte es sowohl innerlich als auch äußerlich angewendet werden. Nicht mit Wasser verdünnen, sondern aufgrund der harzigen Konsistenz lieber auf dem Butterbrot einnehmen.

  • Avena sativa (Haferkraut): wirkt beruhigend; als Nervenmittel etwa bei Examensvorbereitung und Prüfungsangst, zur Unterstützung und Entwöhnung von Suchtmitteln

  • Thymus vulgaris (Thymian): ein echter Allrounder; bei Atemwegserkrankungen und grippalem Infekt, speziell auch bei Keuchhusten. Wirkt schleimlösend, keimtötend und beruhigend. Als Magen-Darm-Mittel (antiseptisch, blähungslösend), für die Harnwege (desifizierend, harntreibend). Auch äußerlich anwendbar für Bäder (bekämpft Bakterien und Pilze)

  • Carduus marianus (Mariendistel): als Lebermittel (enthält im Gegensatz zum isolierten Reinstoff Silymarin allerdings Alkohol)

  • Aesculus hippocastanum (Rosskastanie): bei Venenentzündungen, Krampfadern, Ödemen und Hämorrhoiden; Einnahme und äußerliche Anwendung sollten kombiniert werden.

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