Spondylarthrose: Verschleiß der Facettengelenke
Bei der Spondylarthrose nutzen sich die Gelenkknorpel der kleinen Facettengelenke ab, welche die Wirbelkörper der Wirbelsäule miteinander verbinden. Die Folge sind oft erhebliche Rückenschmerzen, die den Alltag und die Lebensqualität beeinträchtigen. Wie lässt sich die Spondylarthrose (auch Facettensyndrom) behandeln und Schmerzen lindern?
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Im Lauf des Lebens zeigen Knochen und Gelenke Verschleißerscheinungen, die Teil des natürlichen Alterungsprozesses sind. Bei der Spondylarthrose verschleißen die kleinen Wirbelgelenke an der Rückseite der Wirbelbögen, die sogenannten Facettengelenke.
Spondylarthrose betrifft oft die LWS
Die Verschleißerkrankung hat noch einige andere Namen: Facettengelenksarthrose, Wirbelgelenkarthrose oder Facettensyndrom. Sie betrifft viele Menschen in höherem Lebensalter, obgleich es keine genauen Zahlen über die Häufigkeit gibt. Prinzipiell kann sie in allen Bereichen der Wirbelsäule auftreten. Meist verschleißen die Wirbelgelenke in Regionen, die zeitlebens besondere Belastungen aushalten müssen. Das gilt zum Beispiel für die gesamte Lendenwirbelsäule (LWS). Seltener sind die Abbauprozesse an der Brust- oder Halswirbelsäule (BWS, HWS) zu beobachten.
Symptome bei Spondylarthrose
Eine Wirbelgelenkarthrose kann vielfältige Symptome haben. Die typischsten Symptome sind Rückenschmerzen, die sich dumpf oder stechend anfühlen. Oft sind sie nicht genau lokalisierbar, weil sie in andere Körperbereiche ausstrahlen. Der Schmerzort hängt davon ab, welcher Bereich der Wirbelsäule betroffen ist. Meist ist die Lendenwirbelsäule besonderen Belastungen ausgesetzt. Bei einer Spondylarthrose der Lendenwirbelgelenke verspüren Betroffene oft Rückenschmerzen, die ins Bein, Gesäß oder in die Leiste ausstrahlen.
Bei Verschleiß der Facettengelenke in der Brustwirbelsäule sind die Schmerzen eher im Oberkörper spürbar. Ist die Halswirbelsäule betroffen, entstehen Nackenschmerzen, die oft in die Arme, Hände und Finger ausstrahlen. Tagsüber, bei körperlicher Betätigung oder beim Sport nehmen die Schmerzen meist zu, weil die Wirbelsäule stärker belastet wird. In Ruheposition lassen die Schmerzen dann oft wieder nach. Betroffene sind zudem erheblich in ihrer Bewegungsfähigkeit eingeschränkt. Es fällt ihnen schwer, sich zu bücken oder zur Seite zu beugen. Die Wirbelsäule wird unbeweglich und steif.
Die Intensität der Schmerzen ist individuell unterschiedlich und sagt meist nichts über die Schwere der Spondylarthrose aus. So können minimale degenerative Veränderungen starke Schmerzen auslösen, während größere Verschleißerscheinungen manchmal nur wenige Beschwerden verursachen.
Symptome bei fortgeschrittener Spondylarthrose
Im weiteren Verlauf der Facettengelenkarthrose können folgende Beschwerden hinzukommen oder sich verstärken:
Schmerzhafte Muskelverhärtungen und Muskelverspannungen, weil die Wirbelsäule ihre Stabilität einbüßt und auf die Bänder und Muskelansätze erhebliche Zugkräfte einwirken.
Kribbeln, Taubheitsgefühle, Lähmungen: Solche neurologischen Ausfallerscheinungen treten auf, wenn sich knöcherne Ausziehungen bilden; diese verengen die Löcher, durch welche die Nervenwurzeln hindurchtreten – die Nerven geraten immer mehr unter Druck.
Die Schmerzen und Entzündungen nehmen immer mehr zu.
Bei solchen Beschwerden sollte immer ein Arzt aufgesucht werden.
Ursachen der Spondylarthrose
Die Ursachen einer Spondylarthrose sind vielschichtig. Vermutlich spielen mehrere Faktoren bei der Entstehung eine Rolle. Der wichtigste Risikofaktor für die Erkrankung ist das Alter. Mit zunehmenden Alter sind Verschleißerscheinungen an den Knochen, Gelenken, Organen und Geweben normal. Auch wenn es keine genauen Zahlen zur Häufigkeit des Facettensyndroms gibt: Fast jeder ältere Mensch leidet unter Arthrose, die auch vor den kleinen Wirbelgelenken nicht Halt macht.
Arthrose, auch Gelenkverschleiß genannt, bedeutet, dass sich der schützende Gelenkknorpel abnutzt und schrittweise zerstört wird. Die Abbauprozesse stören die Mechanik des betroffenen Gelenks und es funktioniert nicht mehr so, wie es soll. Das Problem ist, dass Gelenkknorpel nicht nachwachsen. Die Knorpelschäden an den Gelenken sind also dauerhaft.
Risikofaktoren für das Facettengelenksyndrom
Neben dem Alter kommen noch weitere Risikofaktoren für die Wirbelgelenkarthrose in Betracht. Dazu zählen beispielsweise:
- Fehlbelastungen und Überlastungen der Wirbelsäule, zum Beispiel im Beruf: Gefährdet sind Menschen, die ständig schwere Lasten heben und tragen oder schwer körperlich arbeiten
- Sportarten, welche die Wirbelsäule und Wirbelgelenke strapazieren, zum Beispiel Gewichtheben
- Verschleiß der Bandscheiben: Ihre Höhe nimmt ab und die Wirbelgelenke erfahren dadurch eine Überlastung
- Bandscheibenvorfall (Diskusprolaps)
- Skoliose: die Wirbelsäule ist verbogen und verdreht
- Hyperlordose: die Wirbelsäule ist konvex gekrümmt
- Hohlkreuz
- entzündliche Erkrankungen wie rheumatoide Arthritis ("Rheuma")
- Knochenschwund (Osteoporose)
- Tumoren
- Übergewicht und Fettleibigkeit (Adipositas): Das Gewicht belastet die Wirbelsäule und Gelenke
- schwache Bauch- und Rückenmuskulatur
Infolge der Überlastung bilden sich manchmal knöcherne Auswüchse, um der zunehmenden Instabilität der Wirbelsäule entgegenzusteuern. Diese Verknöcherungen schränken aber die Beweglichkeit der Wirbelsäule stark ein.
Diagnose der Spondylarthrose mittels Schmerzfragebogen
Der richtige Ansprechpartner für die Diagnose ist zunächst der Hausarzt, der eventuell an einen Facharzt für Orthopädie überweist. In einem Anamnese-Gespräch fragt er zunächst nach den Beschwerden und der Krankengeschichte (Anamnese). Die Symptome sollten möglichst genau beschrieben werden. Nur so kann sich der Arzt ein Bild vom den Beschwerden und dem Verlauf der Erkrankung machen.
Wichtig sind zum Beispiel folgende Fragen:
- Welche Beschwerden haben Sie genau?
- Wo sind die Schmerzen? Sind sie auf einen Bereich begrenzt oder strahlen sie in andere Körperregionen aus?
- Seit wann haben Sie die Schmerzen?
- Wie intensiv sind die Schmerzen und wann treten sie auf?
- Gibt es Situationen, in denen sich die Schmerzen bessern oder verschlimmern? Im Liegen oder bei Bewegung?
- Wie würden Sie die Schmerzen beschreiben: dumpf, drückend, bohrend, stechend?
- Haben Sie weitere Beschwerden festgestellt?
- Haben Sie sich schon wegen Ihrer Symptome behandeln lassen?
Meist setzen Ärzte einen standardisierten Schmerzfragebogen ein, um die Intensität, den Ort und die Dauer der Schmerzen genauer festzuhalten. Im Anschluss folgt eine körperliche Untersuchung, bei der der Arzt den Körper mit den Händen abtastet und versucht, besonders schmerzintensive Punkte aufzuspüren und die Schmerzorte genauer einzugrenzen. Bei einer Spondylarthrose verstärken sich die Schmerzen, wenn der Arzt darauf drückt oder der Rücken nach vorne gebeugt wird. Auch Muskelverhärtungen lassen sich so ertasten. Zudem überprüft er die Funktion der Gelenke, die Beweglichkeit und das Gangbild.
Untersuchung der Wirbelsäule mit Ultraschall, Röntgen, CT und MRT
Die neurologische Untersuchung zeigt den Zustand des Nervensystems und wie gut es funktioniert. Getestet werden zum Beispiel die Reflexe, Haltung, Motorik, Sensibilität (Gefühls- und Empfindungsstörungen, Taubheitsgefühle) oder die Muskulatur mit der Muskelspannung und Muskelkraft, etwa beim Händedruck.
Als Ergänzung setzen Ärzte bildgebende Verfahren ein, wie beispielsweise Ultraschall, Röntgenuntersuchung, Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT, Kernspintomographie). Eine Röntgenaufnahme zeigt zum Beispiel den Zustand der Wirbelsäule, der Facettengelenke, der Knochen, vorhandene Arthrose, Knochenschwund (Osteoporose), Tumoren oder knöcherne Auswüchse. Mithilfe der MRT können Ärzte auch "weiche" Strukturen beurteilen, zum Beispiel Bandscheiben, Nervenwurzeln oder Bänder.
Manchmal bringen Ärzte ein Betäubungsmittel gezielt in die Facettengelenke ein und testen, ob sich die Schmerzen bessern. Diese Behandlung gilt als Diagnosemethode.
Behandlung der Spondylarthrose
Rückenschmerzen aufgrund von Spondylarthrose lassen sich in vielen Fällen konservativ behandeln, also ohne Operation. Meist kombinieren Ärzte verschiedene Methoden, um die Schmerzen zu lindern. Welche Therapien infrage kommen, hängt von der Intensität der Schmerzen ab.
Ärzte setzen folgende Strategien zur Behandlung ein:
Schmerzmittel: Entzündungshemmende Schmerzmedikamente, zum Beispiel Paracetamol, gibt es in Tablettenform. Alternativ bringt der Arzt das Schmerzmittel direkt in den Schmerzort (neben den Wirbel oder in das Facettengelenk) per Injektion oder Infiltration ein. Ärzte müssen die Injektion aber häufiger wiederholen, damit sich dauerhafte schmerzlindernde Effekte einstellen. Selten sind stärkere Schmerzmedikamente wie Opioide nötig.
Muskelentspannende Medikamente (Muskelrelaxantien): Die Arzneien lockern die Muskeln und lösen Verspannungen.
Physiotherapie (Krankengymnastik): Hilfreich sind passive Übungen, bei denen der Physiotherapeut bestimmte Körperteile bewegt, während der Betroffene inaktiv bleibt. Die Übungen verbessern die Beweglichkeit und stärken und dehnen die Muskeln. So ist oft wieder ein schmerzarmer Alltag möglich.
Massagen lockern verspannte Muskeln und wirken Muskelverhärtungen entgegen.
Rückentraining, um die Rückenmuskulatur mit gezielten Übungen zu stärken; starke Muskeln entlasten die Wirbelsäule und wirken Rückenschmerzen entgegen.
Physikalische Therapie: Elektrotherapie, Wärme, Kälte und Balneotherapie (Bäderanwendungen)
Spondylarthrose-Operation: Wann ist sie sinnvoll?
Manchmal raten Ärzte Betroffenen zu einer Operation. Dabei versuchen sie, die schmerzleitenden Nervenfasern auszuschalten. Wichtig ist, dass ein erfahrener Arzt in einem spezialisierten Zentrum diesen Eingriff vornimmt. Eine Operation kommt in Frage, wenn Patienten trotz konservativer Behandlung unter starken Schmerzen leiden oder sich diese nicht ausreichend lindern lassen.
Eine Möglichkeit ist, die Schmerzfasern der betroffenen Gelenkkapsel elektrochirurgisch zu veröden. Bei diesem Eingriff ist der Betroffene wach und muss aktiv mitarbeiten (keine Vollnarkose) und dem Arzt sagen, wo es weh tut. Erst wenn der Schmerz identifiziert wurde, werden die betroffenen Nervenfasern mit einer Hitzesonde verödet. Alternativ lassen sich die Nervenfasern, welche die Facettengelenke versorgen, auch mit einer Sonde vereisen und inaktivieren, damit sie keine Schmerzreize mehr weiterleiten. Mediziner nennen diesen Eingriff perkutane Cryodenervierung. Nach diesem Eingriff erhalten Patienten einige Tag lang Schmerzmittel und abschwellende Medikamente. Begleitend bekommen sie meist eine Physiotherapie, um die Muskelatur zu kräftigen. Diese Übungen sollten im Anschluss selbstständig und regelmäßig weitergeführt werden. Nur dann hat die Therapie auf Dauer Erfolg.
Bei fortgeschrittener Erkrankung ist manchmal eine größere Operation nötig. So beseitigen Chirurgen eine Engstelle der Durchtrittslöcher (Foramen) für die Nerven, indem sie einen kleinen Hautschnitt setzen und das Loch mit kleinen chirurgischen Instrumenten und Fräsen erweitern. Diesen Eingriff nennen Mediziner Foramendekompression.
Eine versteifende Operation hilft, wenn die Wirbelsäule bei sehr weit fortgeschrittenem Verschleiß bereits instabil und die Beweglichkeit damit extrem eingeschränkt ist. Dabei verschmilzt der Operateur ein oder mehrere Wirbel miteinander und festigt sie zum Beispiel mithilfe von Implantaten. Er nutzt dafür ein System aus Schrauben und Stäben. Für diese Wirbelsäulenversteifung gibt es verschiedene Techniken, je nachdem, welcher Teil der Wirbelsäule betroffen ist – die Lenden-, Brust- oder Halswirbelsäule. Nach einer größeren Operation muss sich der Betroffene schonen und vorsichtig mit der Mobilisierung beginnen. Eine stationäre Rehabilitation ist in der Regel erst etwa drei Monate nach dem Eingriff sinnvoll.
Spondylarthrose: Verlauf und Prognose
Die Verschleißerkrankung ist nicht heilbar, denn der geschädigte Gelenkknorpel regeneriert sich nicht mehr und wächst auch nicht nach. Aber die Symptome des Wirbelgelenksyndroms lassen sich lindern und das Fortschreiten der Spondylarthrose bremsen. Regelmäßige Bewegung, Physiotherapie und ein gesundes Gewicht tragen dazu bei, dass sich das Facettengelenksyndrom nicht weiter verschlimmert. Viele Betroffene können so einen schmerzarmen Alltag leben und ihre Lebensqualität verbessert sich deutlich.
Spondylarthrose vorbeugen
Die Spondylarthrose ist meist eine Alters- und Verschleißerscheinung, der nur bedingt vorgebeugt werden kann. Dennoch gibt es einige Maßnahmen, die bis zu einem gewissen Grad vor der Erkrankung schützen. Tipps für gesunde Gelenke und einen starken Rücken sind:
Bewegen Sie sich regelmäßig: Versuchen Sie, so viel Bewegung wie möglich in Ihren Alltag zu integrieren: Steigen Sie Treppen statt mit dem Aufzug zu fahren, laufen Sie zum Einkaufen in den Supermarkt und lassen Sie Ihr Auto öfters einmal stehen oder radeln zur Arbeit, statt öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen.
Rückenfreundlicher Sport: Manche Sportarten strapazieren den Rücken, die Gelenke, Knochen und die Muskeln erheblich, zum Beispiel das Gewichtheben. Versuchen Sie es mit bei Arthrose günstigen Sportarten, die die Muskulatur schonend kräftigen und den Rücken weniger belasten. Gut sind zum Beispiel Ausdauersportarten wie Schwimmen (Rückenschwimmen, Kraulen), (Nordic) Walking oder Radfahren. Diese Sportarten schonen die Gelenke und senken das Risiko für eine Spondylarthrose.
Rückenschule: Besuchen Sie eine Rückenschule, in der Sie Übungen für rückenfreundliches Sitzen und Lastenheben, aber auch Haltungen und Bewegungen erlernen, die Ihrem Rücken gut tun. Trainieren Sie diese Übungen regelmäßig, damit Sie Ihnen in „Fleisch und Blut“ übergehen. Starke Rückenmuskeln sind ein gutes Mittel im Kampf gegen Rückenschmerzen.
Übergewicht abbauen: Falls Sie einige Kilos zu viel wiegen, versuchen Sie abzunehmen. Schon einige Pfunde weniger tun Ihren Knochen und Gelenken gut. Eine gute Abnehmhilfe ist gesunde Ernährung: Essen Sie viel Obst, Gemüse, mehr Fisch als Fleisch, Vollkornprodukte und gesunde ungesättigte Fettsäuren (fetter Seefisch, pflanzliche Öle). Von Fertiggerichten, Fastfood, Süßigkeiten, Torten, Kuchen und zuckerhaltigen Getränken (Cola, Eistee, Limonaden, Energydrinks) lassen Sie besser die Finger.
Schwere körperliche Arbeit vermeiden: Das Heben schwerer Lasten strapaziert den Rücken und die Wirbelsäule massiv und die Wirbelgelenke verschleißen schneller, vor allem im Bereich der Lendenwirbelsäule. Besuchen Sie eine Rückenschule und verwenden Sie Hilfsmittel, zum Beispiel stabilisierende Stützgurte oder Korsetts (Orthesen), wenn Sie öfters schwere Lasten heben und tragen müssen.
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