Therapien von A bis Z

Strahlentherapie

Die Strahlentherapie ist heute eine der wichtigsten Behandlungsmethoden gegen Krebs. Zwischen 50 und 60 Prozent aller Tumorpatienten bekommen heute eine Bestrahlung, viele Tumorarten lassen sich mit der Strahlentherapie auch in fortgeschrittenen Stadien behandeln und heilen.

Strahlentherapie
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Die Behandlung mit energiereichen Strahlen wirkt im Gegensatz zu einer Chemotherapie nicht auf den ganzen Körper (systemisch), sondern lokal – dort, wo sich der Tumor im Körper befindet. Ziel der Behandlung ist es, die Tumorzellen zu zerstören.

Die Strahlentherapie kann vor oder nach einer Tumoroperation eingesetzt werden, aber auch allein, etwa wenn eine Operation nicht möglich ist. Häufig wird eine Strahlentherapie in Kombination mit einer Chemotherapie (Radiochemotherapie) angewendet. Eingesetzt wird sie auch, um die Lebensqualität von Krebspatienten zu verbessern sowie Schmerzen und andere Beschwerden zu lindern.

Nicht nur im Kampf gegen bösartige Tumoren kommen Strahlen zum Einsatz. Auch bei einer Reihe chronisch-entzündlicher Erkrankungen des Bewegungsapparats wie Arthrose, Schulterschmerzen, Tennisellenbogen oder Fersensporn wird die Strahlentherapie angewandt. Die eingesetzte Strahlendosis ist dabei jedoch wesentlich geringer als bei der Krebsbehandlung, sodass kein Gewebe abgetötet wird. Mit dieser Reizbestrahlung sollen Entzündungsprozesse gehemmt und Schmerzen gelindert werden.

So wirkt die Strahlentherapie

Bei der Strahlentherapie gegen Krebs wird Tumorgewebe  mit ionisierende und Teilchenstrahlen bestrahlt. Zum Einsatz kommen vor allem Gamma-, Röntgen- und Elektronenstrahlen, seltener die Bestrahlung mit schweren Teilchen wie Protonen und Schwerionen.

Bei der Behandlung wird das Erbgut der Tumorzellen geschädigt. Dadurch bilden sich Tumoren zurück oder werden nicht mehr größer, tumorbedingte Beschwerden lassen sich lindern und die Streuung von Tumorzellen in andere Organe (Metastasen) wird verhindert.

Bei der Behandlung wird auch gesundes Körpergewebe in Mitleidenschaft gezogen. Jedoch haben gesunde Zellen im vergleich zu krebszellen eine höhere Toleranz gegenüber der zellschädigenden Wirkung und effektivere Reparaturmechanismen und können sich so nach einer Bestrahlung  viel besser erholen. Um die Regeneration zu unterstützen, wird das  zu bestrahlende Gewebe sehr genau lokalisiert und die Strahlendosis in Anhängigkeit von der Tumorart genau eingestellt. Die Gesamt-Strahlendosis wird heute zudem in der Regel in mehrere kleine Einzelbestrahlungen aufgeteilt (Fraktionierung). Neuere Bestrahlungsmethoden erlauben es außerdem, die Strahlung punktgenau auf das Krebsgewebe zu bündeln, sodass die Strahlentherapie heute insgesamt deutlich weniger mit Nebenwirkungen behaftet als früher.

Verschiedene Arten und Techniken in der Strahlentherapie

Zum Einsatz kommen verschiedene Bestrahlungsmethoden, die allerdings nicht für alle Krebsarten gleichermaßen gut geeignet sind.

Bestrahlung von außen: Perkutane Strahlentherapie

Die Bestrahlung von außen erfolgt durch die Haut, also „perkutan“. Die Patienten liegen dabei auf einer Liege unter der Bestrahlungseinrichtung und werden, weil sie sich nicht bewegen dürfen, fixiert. Beweglich sind allerdings sowohl die Bestrahlungseinrichtung als auch die Liege, sodass die Richtung der Strahlung beliebig angepasst werden kann und nicht immer das gleiche gesunde Gewebe mitbestrahlt wird. Selbst die Atembewegungen des Patienten können so inzwischen ausgeglichen werden. In den meisten Fällen erfolgt die Strahlentherapie fraktioniert, das heißt in mehreren Sitzungen.

Konventionelle Strahlentherapie

Einsatz konventioneller „flacher“ (also nicht dreidimensionaler) Bestrahlungsfelder, zum Beispiel Bestrahlung nach brusterhaltender Operation bei Brustkrebs.

Konformationsbestrahlung (3D-Strahlentherapie)

Das Strahlenfeld wird mithilfe von Blenden und Filtern möglichst zielgenau an die Tumorform und -größe angepasst, um das umliegende Gewebe zu schonen. Die Konformationsbestrahlung kann bei Tumoren eingesetzt werden, die in der Nähe lebenswichtiger Organe oder Strukturen liegen, die nicht verletzt werden dürfen.

Intensitätsmodulierte Strahlentherapie (IMRT)

Die IMRT ist eine Weiterentwicklung der 3D-Strahlentherapie. Bei dieser Methode wird die Einstrahlrichtung fortwährend verändert. Die Strahlen laufen permanent durch den Tumor, aber immer wieder durch anderes gesundes Gewebe. Dadurch kann auch die Intensität der Strahlen innerhalb des Tumors variiert werden. Eingesetzt wird die IMRT zum Beispiel bei Prostatakrebs, Hirntumoren, Tumoren im Kopf-Halsbereich (Mund, Rachen, Hals), Tumoren des Verdauungstrakts und im Genitalbereich.

Stereotaktische Bestrahlung („Gamma Knife“)

Hierbei werden die Behandlungsstrahlen, die aus verschiedenen Einstrahlwinkeln auftreffen, punktgenau auf den Tumor gerichtet, wobei Lageveränderungen und Atembewegungen des Patienten teilweise automatisch ausgeglichen werden können. Da das gesunde Gewebe entlang der Einstrahlbahnen nur noch wenig Strahlendosis erhält, kann am Tumor selbst mit hohen Energiedosen bestrahlt werden. Die Bestrahlung ist dadurch sehr präzise, vergleichbar einem chirurgischen Eingriff („Gamma Knife“ = Gamma-Messer). Sehr gut einsetzbar ist die Methode bei Hirntumoren, Tumoren im Kopf-Halsbereich sowie Tumoren und Metastasen in Lunge, Leber, Prostata und Wirbelsäule.

Ionentherapie

Bei diesem Verfahren wird mit Protonen oder anderen schweren Ionen bestrahlt. Die Teilchen geben ihre Strahlenenergie erst dann frei, wenn sie beim Durchdringen des Gewebes abgebremst wurden und eine geringere Geschwindigkeit erreicht haben. Dadurch kann die Hauptdosis der Strahlung auf das Tumorgewebe gerichtet werden. Gut geeignet ist die Ionentherapie für die Bestrahlung langsam wachsender Tumoren, die gegen herkömmliche Bestrahlung vergleichsweise unempfindlich sind, zum Beispiel bei Tumoren der Schädelbasis wie Chondromen, Chondrosarkomen und Meningeomen, Tumoren der Speicheldrüsen und bei Prostatakrebs.

Bestrahlung von innen: Brachytherapie

Bei der Brachytherapie werden mit Punktionsnadeln kleinste Strahlungsquellen ("Seeds") direkt in den Tumor beziehungsweise an die Stelle eingesetzt, an der sich der Tumor vor der Operation befand. Die Strahlung hat nur eine geringe Reichweite von wenigen Millimetern („brachy“) und eine kurze Halbwertzeit, sodass sie schnell wieder abklingt. Das Tumorgewebe kann dadurch mit einer hohen Dosis von innen bestrahlt werden, das gesunde Gewebe wird dabei weitgehend geschont. Eingesetzt wird die Brachytherapie zum Beispiel bei Prostatakrebs.

Afterloading

Eine abgeleitete Variante ist das sogenannte Afterloading („nachladen“). Hierbei werden zunächst in der Nähe des Tumors Sonden und Applikatoren implantiert. Durch diese werden später ferngesteuert durch den Arzt starke Strahlungsquellen platziert. Diese bleiben je nach Behandlungsplan nur wenige Stunden im Körper und werden anschließend wieder entfernt. Eingesetzt wird das Afterloading beispielsweise bei Enddarmkrebs, wenn der Schließmuskel erhalten bleiben soll, bei Gebärmutterhalskrebs und Scheidenkrebs.

Strahlentherapie bei Krebs mit Radionukliden

Bei der Strahlentherapie gegen Krebs spielen auch nuklearmedizinische Anwendungen eine Rolle, etwa  die Therapie mit Radionukliden: Hierbei werden radioaktive Substanzen, meist Beta-Strahler oder aus Radionukliden (instabilen Atomsorten, deren Kerne radioaktiv zerfallen) hergestellte Arzneimittel zum Beispiel in den Körper injiziert. Die radioaktiven Substanzen zerfallen innerhalb von Stunden oder Tagen. Angewandt wird diese Methode beispielsweise bei Knochenmetastasen. Die Radionuklide reichern sich aufgrund des hohen Stoffwechsels bevorzugt in den Metastasen an und können diese zerstören.

Grundsätzlich kann  die Strahlentherapie auch in Kombination mit Chemotherapie als Radiochemotherapie erfolgen. Hierbei erhöhen die eingesetzten Medikamente die Strahlenempfindlichkeit des Tumorgewebes und dadurch die Effektivität der Strahlentherapie.

Vorbereitung, Ablauf und Dauer der Strahlentherapie

Um eine maximale Wirkung auf den Tumor zu gewährleisten und gleichzeitig das umliegende gesunde Gewebe möglichst weitgehend zu  schonen, wird eine Strahlentherapie im Vorfeld sehr sorgfältig geplant. Die Strahlendosis wird auf die vorhandene Tumorart abgestimmt und genau berechnet. Mit bildgebenden Verfahren wie Computertomographie (CT) oder MRT wird der Tumor genau lokalisiert und das  Bestrahlungsfeld dreidimensional vermessen.

All diese Ergebnisse münden in einem Bestrahlungsplan. Je nach Tumor und Technik ist der Zeitplan für eine Bestrahlung unterschiedlich. Bei der konventionellen Behandlung von außen  wird meist mit einer fraktionierten Bestrahlung gearbeitet, dass heißt, die Gesamt-Strahlendosis wird auf mehrere Sitzungen aufgeteilt. Diese können an aufeinanderfolgenden Tagen über mehrere Wochen mit dazwischenliegenden Pausen stattfinden. Auch mehrere Bestrahlungen an einem Tag sind möglich.

Wie lange dauert eine Sitzung?

Bestrahlung
© iStock.com/Jovanmandic

Eine einzelne Strahlentherapie-Sitzung dauert meist nicht länger als zehn bis 15 Minuten, die reine Bestrahlungszeit beträgt dabei meist nur ein bis zwei Minuten. Der Patient wird dafür auf eine Liege positioniert. Während der eigentlichen Bestrahlung darf man sich auf keinen Fall bewegen, deshalb wird der Patient fixiert.  Das Bestrahlungsgerät (Linearbeschleuniger) bewegt sich nach dem programmierten Schema über dem zu behandelnden Körperareal.

Wie oft bestrahlt wird, ist von Patient zu Patient verschieden: je nach Art und Größe des Tumors sind durchschnittlich zwischen sechs und 20 Einzelsitzungen notwendig. Die gesamte Behandlung kann sich über zwei bis sieben Wochen hinziehen. In Bestrahlungspausen soll sich das gesunde Gewebe regenerieren. 

In vielen Fällen kann die Strahlentherapie ambulant in einer Klinik oder spezialisierten Praxis durchgeführt werden. Der Patient kann nach der Behandlung wieder nach Hause gehen. Ist für die Bestrahlung jedoch eine umfangreiche Vorbereitung nötig ist sie mit einem operativen Eingriff verbunden wie bei einer Brachytherapie, dann ist ein Aufenthalt in der Klinik notwendig.

Nebenwirkungen und Spätfolgen der Strahlentherapie

Der Fortschritt in der Medizintechnik hat es möglich gemacht, dass heute die Strahlentherapie bei krebs viel von ihrem Schrecken verloren hat.  Neue Diagnose- und Behandlungsmethoden machen sowohl die genaue Lokalisierung des Tumors als auch die punktgenaue Bestrahlung möglich, so dass gesundes Körpergewebe und Organe weitgehend geschont werden. Trotzdem hat die Strahlentherapie eine Reihe von Nebenwirkungen, die je nach behandelter Körperregion, angewendeter Strahlung und Methode sowie der Vorerkrankung und körperlicher Verfassung des Patienten unterschiedlich ausfallen. Dazu gehören:

  • Reizungen der Haut im bestrahlten Areal, ähnlich eines Sonnenbrandes
  • Schleimhautreizungen bei Bestrahlungen im Mund- und Rachenraum, damit verbunden Beeinträchtigung der Nahrungsaufnahme
  • Übelkeit, Durchfall und andere Verdauungsbeschwerden bei Strahlentherapie im Bauchraum
  • Blasenreizung bei Behandlung von Blasen- und Prostatatumoren
  • Haaarausfall bei Bestrahlungen am Kopf
  • Allgemeines Krankheitsgefühl mit Müdigkeit, Fieber, Appetitlosigkeit und Kopfschmerzen

Diese Beschwerden verschwinden bei den meisten Patienten  wenige Wochen nach Ende der Therapie.

Schwere Spätfolgen der Strahlentherapie sind heute eher selten. Trotzdem ist die Strahlentherapie eine belastendes Verfahren für den Körper. Spätfolgen betreffen immer nur Gewebe und Organe, die während der Behandlung mitbestrahlt wurden.

So kann es an Haut und Unterhautgewebe es zu Veränderungen wie Verhärtungen oder Pigmentierungen kommen. Das behandelte Gewebe ist  nach einer Strahlentherapie bleibend empfindlicher – das trifft sowohl auf die Oberhaut, als auch Drüsen, Schleimhäute und innere Organe zu. An inneren Organen kann es zu Vernarbungen und Beeinträchtigungen der Funktion kommen. Gravierend ist der Verlust der Fortortpflanzungsfähigkeit, wenn Hoden, Prostata, Eierstöcke und Gebärmutter mit bestrahlt wurden.

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