Fremdes Herz

Herztransplantation: Neues Herz benötigt

Wenn das Herz zu versagen droht, bleibt als einzige Behandlung die Herztransplantation, also die Verpflanzung eines Spenderherzens, das die Funktion des kranken, schwachen Organs übernimmt. Wie wird eine Herztransplantation durchgeführt und welche Risiken birgt der Eingriff?

Ärzte bei Operation
©iStock.com/monkeybusinessimages

2020 wurden in Deutschland 339 Spenderherzen transplantiert. 528 Menschen wurden neu für eine Herztransplantation angemeldet, insgesamt standen zum Jahresende 700 Menschen auf der Warteliste für eine Herztransplantation. Aber wann ist ein Spenderherz überhaupt notwendig und wie läuft die Operation ab?

Artikelinhalte im Überblick:

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Was ist eine Herztransplantation?

Unter einer Herztransplantation versteht man die Verpflanzung eines noch lebensfähigen Spenderherzens in einen anderen Menschen. Die Operation ist meist die letzte Möglichkeit, ein geschädigtes Herz zu behandeln, nachdem andere Therapieoptionen bereits ausgeschöpft wurden.

Die erste Herztransplantation führte der südafrikanische Herzchirurg Christiaan Barnard im Dezember 1967 durch. Sie erregte weltweit großes Aufsehen. Die Herztransplantation hat sich in den folgenden Jahrzehnten enorm weiterentwickelt. Dabei haben sich die Operationsmethoden und auch die Nachbehandlung immer mehr verfeinert, mit neuen Medikamenten lassen sich die Abstoßungsreaktionen des Körpers besser beherrschen.

Lebenserwartung mit Spenderherz

Der Anteil der Menschen, die Jahre und Jahrzehnte mit dem neuen Organ leben, ist kontinuierlich gestiegen. Nach einem Jahr leben heute noch 80 Prozent, nach zehn Jahren noch 60 Prozent der Patient*innen mit einem Spenderherz.

Neue Forschung bringt Hoffnung

In den USA haben Fachleute 2022 zudem erstmals ein genetisch modifiziertes Schweineherz in einen Menschen eingesetzt. Der Eingriff weckt Hoffnungen, das zukünftig auch über Speziengrenzen hinaus Organe transplantiert werden können.

Wann wird eine Herztransplantation durchgeführt?

Die Transplantation wird in Erwägung gezogen, wenn ein erkranktes Herz nicht mehr medikamentös oder mithilfe anderer Operationen behandelt werden kann und die Gefahr des Herzversagens besteht.

Mögliche Gründe sind:

Wann wird keine Transplantation durchgeführt?

Trotz der schweren Herzerkrankung muss der*die Patient*in in einem stabilen Allgemeinzustand sein und seine*ihre Organe die Operation und die anschließende Behandlung gut verkraften können. Nicht für eine Herztransplantation infrage kommen daher zum Beispiel Menschen mit

  • lebensbedrohlichen Erkrankungen (zum Beispiel Krebs),
  • chronischen Infektionen (zum Beispiel HIV),
  • schweren Nieren-, Leber- und Lungenleiden,
  • erhöhtem Lungengefäßwiderstand,
  • schweren Gefäßverkalkungen der Arterien,
  • insulinpflichtigem Diabetes mit Organschäden.

Grundsätzlich kann eine Herztransplantation in jedem Alter durchgeführt werden, auch bei Kindern und Jugendlichen. Die meisten Herztransplantationen finden zwischen dem 50. und 65. Lebensjahr statt. Jenseits des 65. bis 70. Lebensjahrs sind Herztransplantationen selten, da meist zusätzliche Organerkrankungen vorliegen, die eine Transplantation erschweren oder ausschließen.

Warteliste und Organzuteilung bei Herztransplantationen

Ist ein*eine Patient*in mit einer dieser Indikationen in einem Organtransplantationsprogramm aufgenommen worden, beträgt die Wartezeit auf ein gesundes Herz meist noch zwischen sechs und 24 Monaten. Registriert werden die Betroffenen mit ihren Daten bei der Eurotransplant-Stiftung in den Niederlanden, von dort werden die Spenderorgane vermittelt.

Ob ein Spenderorgan für eine Person geeignet ist und zugeteilt werden kann, wird anhand mehrerer Kriterien entschieden:

  1. Blutgruppe von Spender*in und Empfänger*in müssen übereinstimmen.

  2. Gewicht und Größe von Spender*in und Empfänger*in sollten möglichst übereinstimmen, Abweichungen von bis zu 20 Prozent sind tolerierbar.

  3. Dringlichkeit: Menschen in akut lebensbedrohlichen Zustand bekommen bevorzugt ein Spenderorgan, rund 10 Prozent auf der Warteliste haben HU-Status (High urgency = hohe Dringlichkeit).

  4. Wartezeit des*der potentiellen Empfänger*in und Konservierungszeit für das Spenderorgan. Die Konservierungszeit ist der Zeitraum zwischen Entnahme und Transplantation des Herzens und soll möglichst kurz sein.

Steht aktuell kein Spenderorgan zu Verfügung und das Herz droht zu versagen, so gibt es die weitere Möglichkeit, zunächst ein mechanisches Unterstützungssystem zu implantieren. Rund ein Viertel der Patient*innen, die ein Spenderherz brauchen, erhalten heutzutage zunächst ein solches Kunstherz, ehe dann später eine Herztransplantation vorgenommen wird. Die mechanischen Unterstützungssysteme dienen als Überbrückung. Sie halten den Kreislauf aufrecht, bis ein geeignetes Spenderherz verfügbar wird.

Ablauf der Herztransplantation

Man unterscheidet bei der Herztransplantation grundsätzlich zwei Verfahren:

  • Bei der sogenannten orthotropen Transplantation wird das kranke Herz entfernt und durch das Spenderherz ersetzt.

  • Bei der heterotropen Transplantation bleibt das kranke Herz im Körper und bekommt Unterstützung durch das zusätzlich implantierte Spenderherz.

Auch eine gleichzeitige Transplantation von Herz und Lunge oder anderen Organen ist möglich.

Bereits während die ersten Informationen zu möglichen Spenderherzen zwischen Transplantationsklinik und Vermittlungsstelle ausgetauscht werden, wird der*die Patient*in informiert, zur Klinik gebracht (falls sie*er sich noch nicht dort befindet) und für die Operation vorbereitet.

Das Spenderherz kommt gekühlt im Operationssaal an. Unter Vollnarkose wird der Brustkorb geöffnet und der Blutkreislauf an eine Herz-Lungen-Maschine angeschlossen. Diese Apparatur sorgt für die Dauer der Transplantation (rund vier Stunden) dafür, dass der Körper mit Sauerstoff versorgt und der Blutkreislauf aufrecht erhalten bleibt.

Die*der Herzchirurg*in trennt nun zunächst die großen Blutgefäße vom kranken Herzen und entnimmt das Organ. Häufig verbleiben die Vorhöfe des alten Herzens im Brustkorb. Anschließend wird das Spenderherz mit den Blutgefäßen des Empfängers verbunden.

Wie lange dauert die Genesung?

Nach der Operation kommt der*die Patient*in zunächst auf die Intensivstation und wird dort je nach Verlauf für zwei bis sieben Tage überwacht. Der gesamte Klinikaufenthalt beträgt – wenn die Heilung komplikationslos verläuft – etwa zwei Wochen. Während dieser Zeit beobachtet man mögliche Abstoßungsreaktionen und stellt die individuelle Therapie mit Medikamenten ein. Nach dem Krankenhausaufenthalt erfolgt eine mehrwöchige Rehabilitation, während der*die Patient*in wieder körperlich fit wird und lernt, mit dem neuen Herzen zu leben. Viele Herztransplantierte spüren schon bald, dass es ihnen mit dem gesunden Herzen körperlich besser geht.

Mögliche Komplikationen nach der Herztransplantation

Die Herztransplantation ist ein großer operativer Eingriff und als solcher mit Risiken verbunden. Dazu gehören Blutungen während und nach der Operation, Wundheilungsstörungen und die Bildung von Blutgerinnseln.

Abstoßung des fremden Organs

Darüber hinaus besteht die Gefahr einer Abstoßungsreaktion. Auch wenn Spender*in und Empfänger*in möglichst genau zueinander passen, kann das neue Organ vom körpereigenen Immunsystem als "fremd" erkannt und attackiert werden. Die Abstoßungsreaktion hat unter Umständen zur Folge, dass das neue Organ geschädigt wird, seine Funktion einstellt und sogar abstirbt.

Besonders hoch ist das Risiko hierfür in den ersten Monaten nach der Herztransplantation, weshalb intensiv nach Methoden und Faktoren gesucht wird, die den Beginn einer solchen akuten Abstoßung frühzeitig anzeigen. Denn dann muss die Unterdrückung des Abwehrsystems (Immunsuppression) forciert werden.

Medikation zur Unterdrückung der Abstoßung

Dies gelingt in aller Regel, indem zumindest für eine gewisse Zeitspanne mehrere immunsuppressiv wirksame Medikamente kombiniert verabreicht werden. Die Dosis der Medikamente kann meist nach gewisser Zeit zurückgenommen werden.

Die Immunsuppressiva müssen von den Patient*innen aber ein Leben lang eingenommen werden, da ansonsten auch chronische Abstoßungsreaktionen drohen. Diese verlaufen schleichend und sind vor allem durch Entzündungsreaktionen der im Transplantat liegenden Blutgefäße gekennzeichnet. Sie können Durchblutungsstörungen des Spenderorgans verursachen und so dazu beitragen, dass das Organ in seiner Funktion nachhaltig gestört wird und schließlich abstirbt.

Unterdrückung des Immunsystems hat Konsequenzen

Die Gabe der Immunsuppressiva wird individuell eingestellt. Jedoch werden die Medikamente immer das körpereigene Immunsystem schwächen. Der Körper kann sich nicht mehr ausreichend gegen eindringende Krankheitskeime wehren, das Risiko für Infektionen durch Viren, Bakterien und Pilze ist ungleich höher als bei Menschen ohne Transplantat.

Es drohen schwere Infektionen bis hin zur Sepsis, wenn die durch die Immunsuppressiva entstandene Abwehrschwäche zu sehr ausgeprägt ist. Menschen mit einem transplantierten Herz müssen sehr genau auf Hygiene achten und ihr Infektionsrisiko möglichst minimieren.

Deshalb wird Erkrankten, bei denen eine Herztransplantation geplant ist, zu einem umfassenden Impfschutz geraten. Auch nach dem Eingriff sollten sie regelmäßig die Möglichkeiten der Schutzimpfungen, also zum Beispiel gegen Grippe oder SARS-CoV-2, nutzen. Eine gute gesundheitliche Überwachung ist außerdem erforderlich, weil die immunsuppressive Behandlung auf lange Sicht gesehen in Einzelfällen auch das Wachstum bösartiger Tumore fördern kann.

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